Handels- und Gesellschaftsrecht

Keine Gesamtschuld zwischen Energieversorgungsunternehmen und Unternehmen des Bilanzkreises

Aktenzeichen  41 O 424/19

Datum:
10.1.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 18760
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 426 Abs. 1
EEG 2017 § 60 Abs. 1 S. 6, § 60a S. 2
ZPO § 256 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Bei der Frage, ob ein Energieversorgungsunternehmen als Bilanzkreisverantwortliche mit stromkostenintensiven Unternehmen des Bilanzkreises gesamtschuldnerisch haftet, handelt es sich um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen den Parteien. (Rn. 10 – 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Stromversorgungsunternehmen als Bilanzkreisverantwortliche haftet neben den angeschlossenen Unternehmen nicht als Gesamtschuldner aus § 426 Abs. 1 BGB, § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 i.V.m. § 60 a Satz 2 EEG 2017. (Rn. 16 – 27) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 261.478,45 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet.
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht auch hinsichtlich des Feststellungsantrags (Antrag 2) das erforderliche Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO.
Bei der Frage, ob die Beklagte als Bilanzkreisverantwortliche mit stromkostenintensiven Unternehmen, die dem Bilanzkreis der Beklagten zugeordnet sind, gesamtschuldnerisch haftet, handelt es sich um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen den Parteien. Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO ist jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien; auch das Bestehen eines Anspruchs ist feststellungsfähig (BGH, Urteil vom 03.05.1983, NJW 1984, 1556). Genau darum geht es der Klägerin hier: Sie begeht die Feststellung, dass sie neben einem Anspruch gegen stromkostenintensive Letztverbraucher auch einen Anspruch gegen die Beklagte als Bilanzkreisverantwortliche hinsichtlich der EEG-Umlageschuld hat.
Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei dem Antrag der Klägerin auch nicht um einen solchen, der nur auf die Beantwortung einer abstrakten Rechtsfrage gerichtet wäre. Es ist zwar richtig, dass abstrakte oder nur gedachte Rechtsbeziehungen nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein können (MüKoZPO/Becker-Eberhard, 5. Aufl. 2016, ZPO § 256 Rn. 22). Darum geht es hier aber nicht. Der Antrag ist dahingehend konkretisiert, dass die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten mit solchen Letztverbrauchern festgestellt werden soll, die ihrem Bilanzkreis zugeordnet sind. Die Klägerin hat sodann – von der Beklagten unwidersprochen – dargelegt, dass es noch vier weitere stromkostenintensive Unternehmen in dem streitgegenständlichen Bilanzkreis der Beklagten gibt, nämlich die … GmbH, die … KG, die … GmbH und die … GmbH. Damit ist hinreichend dargetan, dass sich der Feststellungsantrag eben nicht auf eine nur abstrakte Rechtsfrage bezieht, sondern gerade auf die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten mit eben diesen vier Unternehmen.
Die streitgegenständliche gesamtschuldnerische Haftung betrifft auch ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis: Sollte den Ausführungen der Klägerin nämlich zu folgen sein, stünde es der Klägerin frei, die Beklagte gesamtschuldnerisch auf Zahlung der von den stromintensiven Unternehmen geschuldeten EEG-Umlage in Anspruch zu nehmen und zwar unabhängig davon, ob die Unternehmen im konkreten Fall in Zahlungsschwierigkeiten kommen oder gar insolvent werden. Es handelt sich somit keineswegs um einen zukünftigen und ungewissen Anspruch, sondern es stellt sich die Frage, ob der Anspruch gegenwärtig besteht. Ob und wie die Klägerin diesen Anspruch geltend macht, ist eine andere Frage.
Es besteht auch ein Feststellungsinteresse der Klägerin. Es ist nicht auszuschließen, dass die Klägerin in der Zukunft darauf angewiesen ist, die Beklagte als Gesamtschuldnerin in Haftung zu nehmen, weil weitere stromintensive Unternehmen aus dem Bilanzkreis der Beklagten als Schuldner der EEG-Umlage ausfallen. Insofern besteht auch eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit, weil die Beklagte das Bestehen einer gesamtschuldnerischen Haftung bestreitet (Zöller/Greger, 32. Auflage 2018, § 256 Rn. 7).
Zuletzt ist es der Klägerin derzeit auch nicht möglich, die Beklagte mit einer vorrangigen Leistungsklage in Anspruch zu nehmen: Ob, wann und wie die Klägerin möglicherweise gezwungen ist, die Beklagte wegen des Ausfalls eines weiteren stromkostenintensiven Unternehmens im Bilanzkreis der Beklagten in Anspruch zu nehmen, ist nicht absehbar. Gleichzeitig erscheint es aber nicht zumutbar, der Klägerin auf eine Leistungsklage zu verweisen, bis tatsächlich ein stromkostenintensives Unternehmen als Schuldner ausfällt. Dies schon angesichts der erheblichen im Raum stehenden Beträge: Unstreitig betrugen die geschuldeten EEG-Umlagen für vier Unternehmen bereits für das letzte Quartal 2018 über 300.000,00 €.
2. Die Klage erweist sich allerdings als unbegründet. Die Beklagte haftet der Klägerin weder in Bezug auf die von der … GmbH geschuldeten EEG-Umlagen als Gesamtschuldner, noch in Bezug auf die von andere stromkostenintensiven Unternehmen geschuldete EEG-Umlagen.
A.
Die Klägerin kann einen solchen Anspruch zum einen nicht auf § 426 Abs. 1 BGB, § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 i.V.m. § 60 a Satz 2 EEG 2017 stützen. Aus den genannten Vorschriften des EEG 2017 lässt sich eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten mit stromkostenintensiven Unternehmen nicht ableiten.
AA.
Der Wortlauf des § 60 a Satz 2 EEG 2017 spricht eindeutig gegen das Bestehen einer Gesamtschuldnerschaft zwischen stromkostenintensivem Unternehmen und Inhaber eines zugeordneten Abrechnungsbilanzkreises. Zu Recht merkt die Beklagte an, dass § 60 a Satz 2 EEG 2017 lediglich statuiert, dass die Bestimmungen zur EEG-Umlage auf Letztverbraucher, die nach Satz 1 zur Zahlung verpflichtet sind, entsprechend anzuwenden ist. Letztverbraucher ist in § 3 Nr. 33 EEG 2017 definiert als jede natürliche oder juristische Person, die Strom verbraucht. Die Beklagte fungiert aber gerade nicht als Letztverbraucher, sondern als Elektrizitätsversorgungsunternehmen und Inhaber eines Abrechnungsbilanzkreises. § 60 a Satz 2 EEG 2017 ordnet gerade nicht die entsprechende Anwendung auch auf Inhaber zugeordneter Bilanzkreise an. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in § 60 a Satz 2 EEG 2017 davon die Rede ist, dass „die Bestimmungen (…) zur EEG-Umlage für Elektrizitätsunternehmen“ entsprechend anzuwenden sind und dass dieser Passus gleichzeitig die Überschrift des § 60 EEG 2017 bildet. Denn es ändert sich nicht daran, dass die Anwendung dieser Vorschriften eben ausdrücklich nur für Letztverbraucher statuiert wird. Eine gleichzeitige Verpflichtung auch von Inhabern zugeordneter Abrechnungsbilanzkreise vermag das Gericht dem Wortlaut beim besten Willen nicht zu entnehmen.
BB.
Es finden sich auch keine systematischen Argumente, die die Ansicht der Klägerin stützen würden. Das Gesetz trennt klar zwischen den Regelungen des § 60 und des § 60 a EEG 2017. Es handelt sich um selbstständige Anspruchsgrundlageneinmal gegenüber Elektrizitätsversorgungsunternehmen und einmal gegenüber stromkostenintensiven Unternehmen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 gleichsam auch für § 60 a EEG 2017 „vor die Klammer“ gezogen worden wäre und automatisch auch für § 60 a EEG 2017 Geltung beanspruchen würde. Das Gegenteil ergibt sich gerade aus § 60 a Satz 2 EEG 2017: Dieser Satz wäre überflüssig, wenn es sich bei § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 um eine Regelung handeln würde, bei der der Gesetzgeber schon davon ausging, diese werde auch für § 60 a EEG 2017 gelten. Insofern vermag das Gericht dem Argument der Klägerin nicht zu folgen, es sei nicht erkennbar, dass § 60 EEG 2017 nur für die gesamtschuldnerische Haftung der Bilanzskreisverantworltichen gemäß § 60 Absatz 1 Satz 6 EEG 2017 nicht geltend soll. Systematisch hätte es eines Verweises auf die Anwendbarkeit auch des § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 gerade bedurft.
CC.
Die Gesetzeshistorie spricht ebenso wie der Wortlauf eindeutig gegen die Ansicht der Klägerin. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 eine besondere Fallkonstellation im Blick hatte. Der Gesetzgeber führt in seinen Erwägungen zum EEG 2017 (BT-Drs. 18/8860) hierzu wie folgt aus:
„Zu § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017:
Zu Nummer 10 Zu Buchstabe a In den vergangenen Jahren war wegen komplexer vertraglicher Strukturen wiederholt unklar, wer Elektrizitätsversorgungsunternehmen und damit Schuldner der EEG-Umlage ist. Dieses Problem tritt insbesondere dann auf, wenn die Person des Bilanzkreisverantwortlichen und des Elektrizitätsversorgungsunternehmens auseinander fallen. Diese Fallkonstellationen nehmen zu. Für den Übertragungsnetzbetreiber ist in der Folge kaum erkennbar, wer sein Anspruchsgegner ist. Folge sind oft jahrelange Prozesse und entsprechend lange Zeiträume, in denen die EEG-Umlage nicht entrichtet wird. Mit der neuen Regel sollen Anreize gesetzt werden, dass der Bilanzkreisverantwortliche die Fragen der Zahlung der EEG-Umlage mit allen Unternehmen klärt, die Strom über seinen Bilanzkreis liefern. Diese Pflicht kann ein erhebliches wirtschaftliches Risiko auf den Bilanzkreisverantwortlichen überlagern. Dies ist allerdings verhältnismäßig, weil der Bilanzkreisverantwortliche – anders als der Übertragungsnetzbetreiber – alle Personen kennt, denen er Zugang zu seinem Bilanzkreis gewährt und das Risiko über vertragliche Regelungen absichern kann.“
Diese Sonderkonstellation, die den Gesetzgeber zur Einführung von § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 bewogen hat, kann aber bei der Konstellation des § 60 a EEG 2017 nicht eintreten. Denn im Fall des § 60 a EEG 2017 ist für die Klägerin als Übertragungsnetzbetreiber eindeutig, wer Schuldner der EEG-Umlage ist, nämlich das stromkostenintensive Unternehmen. Die Unklarheit, die der Gesetzgeber mit § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 beseitigen wollte, kann hier gar nicht eintreten. Weil es kein Nebeneinander von Elektrizitätsversorgungsunternehmen und Bilanzkreisverantwortlichem geben kann. Auch der von dem Gesetzgeber zur Begründung der erheblichen Risikoüberlagerung auf den Bilanzkreisverantwortlichen angegebene Grund, dass der Bilanzkreisverantwortliche alle Personen kennt, denen er Zugang zu seinem Bilanzkreis gewährt und sich daher absichern kann, passt hier nicht. Denn der Schuldner der EEG-Umlage ist bei stromkostenintensiven Unternehmen klar: Es ist jeweils der Letztverbraucher. Verwechselungen können hier weder bei der Klägerin noch bei der Beklagten auftreten.
Nichts anderes ergibt sich auch aus den Erwägungsgründen für § 60 a EEG 2017. Hierzu führt der Gesetzgeber an:
„Zu § 60 a EEG 2017:
Zu Nummer 11 Der neu eingefügte § 60 a EEG 2016 regelt, dass die Übertragungsnetzbetreiber die EEG-Umlage direkt von stromkostenintensiven Unternehmen oder Schienenbahnen, deren EEG-Umlage nach der Besonderen Ausgleichsregelung begrenzt sind, verlangen können. Bisher erfolgt dies nach § 60 EEG 2014 über die Elektrizitätsversorgungsunternehmen. Es ist aber administrativ einfacher, wenn die Übertragungsnetzbetreiber in diesen Fällen direkt mit den Letztverbrauchern abrechnen. Denn sie müssen dabei ohnehin die Begrenzungsentscheidungen des BAFA in der Abrechnung berücksichtigen. Insbesondere in Fällen, in denen ein Letztverbraucher von mehr als einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen beliefert wird, häufig noch an unterschiedlichen begrenzten Abnahmestellen, muss bisher die abzuführende Umlage zwischen den beteiligten Elektrizitätsversorgungsunternehmen abgestimmt werden. Dieser Aufwand entfällt mit der Neuregelung. Bei der EEG-Umlage für die Eigenversorgung von Unternehmen, deren EEG-Umlage nach der Besonderen Ausgleichsreglung begrenzt ist, sind nach § 61 EEG 2016 in Verbindung mit § 7 Absatz 1 Nummer 2 AusglMechV ebenfalls die Übertragungsnetzbetreiber zuständig für die Erhebung der EEG-Umlage (nicht die Verteilernetzbetreiber). Mit der neuen Regelung wird also die Erhebung der EEG-Umlage für die Eigenversorgung und den Fremdbezug von Unternehmen in der Besonderen Ausgleichsreglung bei den Übertragungsnetzbetreibern gebündelt.“
An keiner Stelle erwähnt der Gesetzgeber auch nur im Ansatz, dass die Regelung des § 60 a Satz 2 EEG 2017 auch beinhaltet, dass § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 Anwendung finden soll. Dies wäre allerdings zu erwarten gewesen, wenn der Gesetzgeber eine entsprechende Absicht verfolgt hätte: Denn der Gesetzgeber war sich bewusst, dass mit der Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 eine erhebliche Risikoverschiebung zulasten der Bilanzkreisverantworltichen verbunden war. Gleichzeitig passen die Erwägungen, die zur Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 geführt haben, aber offensichtlich nicht auf die in § 60 a EEG 2017 geregelte Konstellation, da das dortige Problem bei § 60 a EEG 2017 gar nicht auftreten kann. Es wäre dann aber zu erwarten gewesen, dass sich der Gesetzgeber bei seinen Erwägungen dazu äußert, warum die von ihm selbst bei § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 diagnostizierte erhebliche Risikoverschiebung auch in der Konstellation des § 60 a Satz 2 EEG 2017 gerechtfertigt ist. Dies veranlasst das Gericht zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber die in § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 geregelte Risikoverteilung gerade nicht auch für § 60 a EEG 2017 konzipiert hat.
DD.
Auch der Sinn und Zweck des §§ 60 Abs. 1 Satz 6, 60 a Satz 2 EEG 2017 spricht nicht zwingend dafür, dass die Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 auch für § 60 a EEG 2017 gilt. Es ist nicht erkennbar, dass mit diesen Regelungen eine umfassende Umverteilung des Risikos der Einbringbarkeit von EEG-Umlagen auf den Bilanzkreisverantwortlichen beabsichtigt ist. Ziel der Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 6 EGG 2017 war und ist es vielmehr, dem Übertragungsnetzbetreiber Klarheit hinsichtlich seines Schuldners zu verschaffen. Nur auf diesen Gesichtspunkt stützt der Gesetzgeber – wie gezeigt – die im Falle des § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 vorgenommenen Risikoüberlagerung.
Unabhängig davon erscheint es auch keineswegs von vornherein unbillig oder widersprüchlich, dass der Klägerin als Übertragungsnetzbetreiberin im Falle des § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 zwei Schuldner zur Verfügung stehen, im falle des § 60 a EGG 2017 aber nur einer. Zwar erscheint nachvollziehbar, dass bei einem stromkostenintensiven Unternehmen generell ein höheres EEG-Umlageaufkommen anfallen wird, mit der Folge, dass die Klägerin einen höheren Ausfall zu verkraften hat, wenn ein stromkostenintensives Unternehmen als Umlagenschuldner ausfällt. Andererseits ist allerdings auch zu sehen, dass die Einstufung als stromkostenintensives Unternehmen nicht durch das Unternehmen selbst vorgenommen wird. Eine entsprechende Einstufung erfolgt vielmehr erst durch Bescheid des BAFA, welches zuvor prüft, ob das Unternehmen die Voraussetzungen des § 64 EEG 2017 erfüllt. Das BAFA prüft hierbei unter anderem, ob das Unternehmen einen bestimmten Stromumsatz erreicht. Als Unterlagen sind dabei von dem Unternehmen gemäß § 64 Abs. 3 Nr. 1.c) unter anderem die Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers auf Grundlage geprüfter Jahresabschlüsse für drei Geschäftsjahre einzureichen. Mit diesen Anforderungen wird allerdings auch gewährleistet, dass nur solche Unternehmen als stromkostenintensives Unternehmen eingestuft werden, die zumindest für einige Jahre ihr Geschäft betrieben haben und eine gewisse Größenordnung erreichen. Damit korrespondiert gleichzeitig aber ein geringeres Ausfallrisiko der als solche eingeschätzte stromkostenintensive Unternehmen: Eine gewisse Größe und Umsatzstärke bürgen für ein gegenüber „normalen“ Unternehmen geringeres Insolvenzrisiko der stromkostenintensiven Unternehmen als EEG-Umlagenschuldner. Aus diesem Grund erscheint es auch möglich, der Klägerin als Übertragungsnetzbetreiber in diesem Fall ein höheres Ausfallrisiko zuzumuten als in der Konstellation des § 60 EEG 2017, einfach weil der Eintritt einer Insolvenz als solches unwahrscheinlicher ist. Dass das Risiko einer Insolvenz freilich trotzdem nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, zeigt der hiesige Fall, gehört aber letztendlich zum allgemeinen Risiko jedes Gläubigers.
EE.
Zusammenfassend können die Regelungen der §§ 60 a Satz 2, 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Klägerin als Übertragungsnetzbetreiberin auch in der Konstellation des § 60 a EGG 2017 die Beklagte als Inhaber eines Abrechnungsbilanzkreises mit stromkostenintensiven Unternehmen als Gesamtschuldner für die EEG-Umlage haftet. Wortlaut, Systematik, Gesetzeshistorie und der Wille des Gesetzgebers sprechen gegen eine derartige Auslegung.
B.
Eine analoge Anwendung des § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 auf § 60 a EEG 2017 kommt nicht in Betracht. Das Gericht kann schon nicht erkennen, dass eine planwidrige Regelungslücke bestehen würde, die durch eine Analogie geschlossen werden müsste. Vielmehr ist nach der Gesetzeshistorie davon auszugehen, dass sich der Gesetzgeber bewusst dafür entschlossen hat, dem Übertragungsnetzbetreiber nur in der Konstellation des § 60 a EGG 2017 den Inhaber des zugeordneten Abrechnungsbilanzkreises als weiteren Umlagenschulder zu Verfügung zu stellen. Eine anderweitig Wille des Gesetzgebers ist nicht erkennbar, weswegen sich das Gericht außerstande sieht, dem Gesetzgeber eine versehentliche Ungenauigkeit zu unterstellen. Soweit ersichtlich hat sich der Gesetzgeber bislang auch nicht veranlasst gesehen die Regelung der §§ 60, 60a EGG 2017 einer nochmaligen Überarbeitung zu unterziehen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
3. Der Streitwert für den Leistungsantrag beträgt 18.278,45 €. Hinsichtlich des Feststellungsantrags folgt das Gericht der Einschätzung der Klägerin und schätzt den Wert gemäß §§ 3, 5 ZPO anhand der von der Klägerin mitgeteilten Umlageschuld der vier weiteren stromkostenintensiven Unternehmen für das letzte Quartal 2018, die dem Bilanzkreis der Beklagten zugeordnet sind, auf 304.000,00 €. Hiervon ist der bei Feststellungsklagen übliche Abschlag von 20 % vorzunehmen, sodass für den Feststellungsantrag ein Streitwert von 243.200,00 € verbleibt. Für beide Anträge beträgt der Streitwert damit gemäß § 39 Abs. 1 GKG insgesamt 261.478,45 €.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel