Aktenzeichen 13 O 654/18 Bau
ZPO § 138 Abs. 2
Leitsatz
Ein pauschales Bestreiten der Mängel oder der überhöhten Mängelbeseitigungskosten auf substantiiertes Vorbringen reicht nicht aus. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 114.500,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.05.2018 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin weiteren, den Klageantrag zu 1. übersteigenden Schaden zu ersetzen, der diesem Zusammenhang mit der Beseitigung der vom Beklagten an dem Anwesen … hinterlassen Mängel und Schäden entstehen wird.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 152.351,00 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage ist begründet.
I.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht Kempten sachlich und örtlich zuständig.
Auch besteht das notwendige Feststellungsinteresse der Klägerin offensichtlich.
II.
Die Klage ist begründet. Die geltend gemachten Mängelrechte, vorliegend nach Klarstellung des Klägervertreters im Termin am 11.03.2019 hinsichtlich Ziff. 1 in der Gestalt eines Vorschussanspruches nach §§ 634 Nr. 2, 637 BGB und hinsichtlich Ziff. 2 im Rahmen der Schadensersatzpflicht, stehen der Klägerin zu.
1. Unstreitig schloss der Beklagte mit den Mitgliedern der Klägerin entsprechende Bauträgerverträge, die die Errichtung der Anlage … zum Gegenstand hatten.
2. Ebenfalls weist diese Anlage die klägerseits geltend gemachten Mängel auf, zu deren Beseitigung zumindest ein Geldbetrag in Höhe von 114.550,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer notwendig ist.
2.1. Die jeweils aufgeführten und im Einzelnen vorgetragenen Mängel wurden vom Beklagten nur pauschal bestritten. Der Beklagte ging auf keinen einzigen der genannten Mängel individuell ein, obwohl dies zu erwarten gewesen wäre. Vielmehr hat der Beklagte sich weiteren Vortrag hierzu zwar vorbehalten, diesen jedoch nicht erbracht.
Gemäß § 138 Abs. 2 ZPO besteht eine Erklärungslast jeder Partei über die von ihrem Gegner behaupteten Tatsachen. Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht, § 138 Abs. 3 ZPO. Die Erklärungslast ist in Bestehen und Umfang davon abhängig, wie die darlegungspflichtige Partei vorgetragen hat (BGH NJW 1999, 1404, 1405; Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 138, Bearb.: Greger, Rn. 8a). Die erklärungsbelastete Partei hat deshalb, wenn ihr Vortrag beachtlich sein soll, auf die substantiierten Behauptungen ihres Prozessgegners grundsätzlich substantiiert, also mit positiven Angaben, zu erwidern (BGH NJW 2010, 1357, 1358 Musielak, ZPO, 8. Aufl. 2011, § 138 Rn. 10; Zöller-Greger a.a.O.). Hieraus folgt, dass ein substantiiertes Vorbringen grundsätzlich nicht pauschal bestritten werden kann (BGH a.a.O.). Die Verpflichtung zu einem substantiierten Gegenvortrag setzt aber voraus, dass ein solches Vorbringen der erklärungsbelasteten Partei möglich ist, was jedoch in der Regel der Fall ist, wenn sich die behaupteten Umstände in ihrem Wahrnehmungsbereich verwirklicht haben (BGH a.a.O.) (OLG Hamm: 24 U 61/11 vom 27.03.2012)
2.2. Ebenso pauschal behauptet der Beklagte, die geltend gemachten Mängelbeseitigungskosten seien krass übersetzt, ohne sich im Einzelnen mit den Feststellungen des Privatgutachters, die die Klägerin sich zu eigenem Vortrag gemacht hatte, auseinanderzusetzen. Dies wäre von dem Beklagten als Bauträger allerdings durchaus zu erwarten gewesen.
3. Auch die Geltendmachung der Mängelrechte durch die Klägerin begegnet vorliegend keinen Bedenken. Das Vorgehen der Klägerin ist unzweifelhaft von den Beschlüssen in der Eigentümerversammlung vom 09.11.2017 gedeckt und nicht unter eine nicht eingetretene Bedingung gestellt.
4. Soweit der Beklagte den Mängelansprüchen der Klägerin entgegenhält, die ihm jeweils zur Nachbesserung gesetzten Fristen seien unwirksam bzw. zu kurz gewesen, verfängt dies nicht.
4.1. Der Beklagte war bereits im Oktober 2017 zur Mängelbeseitigung aufgefordert worden und unternahm, bis auf die Beauftragung eines Sachverständigen zur Klärung von Schimmelursachen sowie die Beseitigung dreier geringfügiger Mängel, die mit der hiesigen Klage nicht mehr geltend gemacht werden, nichts.
4.2. Auch ließ der Kläger die mit Schreiben der Hausverwaltung vom 13.11.2017, Anlage K 6, wirksam gesetzten Fristen im Übrigen verstreichen. Zweifellos ergab sich aus dem Schreiben sowie dem diesem beigefügten Protokoll, Anlage K 5, dass sämtliche Mitglieder der Eigentümerversammlung die Beseitigung der jeweiligen Mängel vom Beklagten innerhalb der genannten Fristen forderten.
4.3. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, die letzte Frist bis zum 20.04.2018 sei mit 10 Tagen viel zu kurz bemessen, bleibt festzuhalten, dass der Beklagte bereits seit Oktober 2017 Gelegenheit zur Mangelbeseitigung hatte.
Soweit der Beklagte anführt, die Klägerin habe diese Frist nicht abgewartet, sondern bereits am letzten Tag der Frist vor Ablauf Klage erhoben, bleibt festzuhalten, dass nach dem unbestrittenen klägerischen Vortrag die Klageerhebung als Reaktion auf das Schreiben des Beklagtenvertreters vom selben Tag erfolgte, in dem dieser angab, die Mängel im Innenbereich seien vollständig behoben, lediglich eine weitere Prüfung desselben sei noch veranlasst.
Jedenfalls bis zum 02.05.2019 wäre dem Beklagten die Mangelbeseitigung möglich gewesen.
5. Weitere Einwendungen liegen nicht vor.
6. Aus denselben Gründen sowie dem Umstand, dass wie bei derartigen baulichen Anlagen üblich eine Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen bzw. auch noch nicht abschließend beziffert werden kann, was sich ebenfalls aus dem vorgelegten und nicht angegriffenen Privatgutachten ergibt, war die Verpflichtung des Beklagten zur Schadensersatzpflicht dem Grunde nach festzustellen.
III.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.