Aktenzeichen 14 HK O 865/16
Leitsatz
1. Ein für den Fall des Rücktritts vertraglich vereinbartes Nutzungsentgelt ist eine unangemessen hohe Vergütung, soweit diesem einschließlich eines Zinsanteils nur eine 5- und nicht eine 10-jährige Laufzeit und Nutzungsdauer zugrunde liegt. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Lässt sich der Finanzierungsgeber eines Finanzierungsvertrages das Rücktrittsrecht hinsichtlich des Kaufvertrags (abgeschlossen zwischen einem Dritten und dem Finanzierungsnehmer) vom Verkäufer abtreten, wird der Finanzierungsgeber selbst nicht nur Gläubiger, sondern auch Schuldner des Rückgewähranspruchs im Hinblick auf das Rückabwicklungsverhältnis aus § 346 BGB. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
14 HK O 865/16 2017-03-07 Versäumnisurteil LGMUENCHENI LG München I
Tenor
1. Das Versäumnisurteil in dieser Sache vom 07.03.2016 wird aufgehoben.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin mit Ausnahme der Kosten der Säumnis, die der Beklagte zu tragen hat.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Der Streitwert für das Verfahren wird auf EUR 29.421,– festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage blieb letztendlich wegen der Gegenrechte des Beklagten infolge des Rücktritts der Klägerseite vom Kaufvertrag erfolglos.
I.
Das Gericht konnte zwar der Klägerin im Wesentlichen dem Grunde nach die dargelegten Schadenspositionen zusprechen, wenn es auch Abzüge der Höhe nach vornahm.
1. Die Klägerin hat gemäß § 346 I Abs. 2 Nr. 1 BGB einen Anspruch auf Nutzungsersatz für die 5 Monate, in denen der Radlader bei dem Beklagten war. Entgegen der Ansicht der Beklagtenseite ist § 346 Abs. 2 Nr. 3, 2. Halbsatz BGB hier nicht anwendbar zugunsten des Beklagten, da es sich bei dieser gesetzlich angeordneten Nichtanrechnung nur um Kosten der bestimmungsgemäßen „Erstingebrauchnahme“ handelte. Im vorliegenden Fall stehen der Klägerin jedoch nach § 346 I Abs. 2 Nr. 1 BGB normaler Wertersatz bezüglich gezogener Nutzungen zu.
Der Höhe nach kann jedoch ein Nutzungsersatz zugunsten der Klägerin nicht aus den Vertragsbedingungen, insbesondere aus Ziffer § 2 Nr. 1 (vgl. Anlage K 10) hergeleitet werden, wonach die Klägerin sich berechtigt glaubt, die offenen Finanzierungsraten unter Berücksichtigung des § 3 Ziff. 1 als Nutzungsentschädigung begehren zu können.
Die monatliche Rate betrug hier EUR 2.737,78 bei einer Laufzeit von insgesamt 60 Monaten. Vor dem Hintergrund, dass Baumaschinen eine deutlich höhere Lebenserwartung haben und auch die Finanzverwaltung Abschreibungsfristen von 10 Jahren hier ansetzt, ist ein Nutzungsentgelt in Höhe von EUR 2.737,78 eine unangemessen hohe Vergütung, da dieser einschließlich eines Zinsanteils von 3,19 % nur eben eine 5- und nicht eine 10-jährige Laufzeit und Nutzungsdauer zugrunde liegt.
Nach § 307 BGB i.V. unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens aus § 308 Nr. 7 a BGB ist eine solche Klausel nichtig.
Auf Vorschlag des Gerichts haben sich die Parteien zumindest in dieser Instanz darauf geeinigt, dass eine 10-jährige Nutzungsdauer angesetzt werden kann, weshalb das Gericht hier einen Nutzungsersatzanspruch der Klägerseite in Höhe von EUR 8.750,– für 5 Monate brutto ansetzte (vgl. Berechnungsgrundlage im Hinweisbeschluss, Bl. 104 d.A.).
2. Ferner kann die Klägerin Schadensersatz verlangen für die fehlgeschlagene Finanzierung über die restlichen 55 Darlehenslaufzeitmonate. Nachdem sich aus den Unterlagen insbesondere der Anlagen K 2 und K 8 ergibt, dass die Zinsmarge der Klägerin 1,8 % betrug, konnte der Klägerin insoweit ein Zinsmargenschaden in Höhe von EUR 5.764,50 zugesprochen werden (vgl. Berechnung im Hinweisbeschluss Bl. 104 d.A.).
3. Der Klägerseite war ferner weiterer Schaden insoweit entstanden, als ihr auch unter Zugrundelegung der Verwertung des zurück erhaltenen Radladers noch eine Kaufpreishöhe von EUR 12.096,80 verblieben ist, die der Beklagte als Kaufpreisanteil gegenüber … der Klägerin gegenüber nicht getilgt hatte (vgl. Hinweisbeschluss Bl. 105 d.A.).
4. Schließlich waren der Klägerseite zuzusprechen DEKRA-Gutachtenkosten in Höhe von EUR 434,29, ausstehende Zins- und Gebührenanteile in Höhe von EUR 110,87 und ausgebliebene Versicherungsraten in Höhe von EUR 579,–.
Diesen drei Positionen ist der Beklagte nicht bzw. nicht substantiiert genug insbesondere im Hinblick auf das DEKRA – Gutachten entgegengetreten.
Insgesamt stehen der Klägerin daher EUR 27.740,46 zu.
II.
Diese Hauptforderung der Klägerseite ist jedoch durch den Rückgewähranspruch der Beklagtenseite vollständig erloschen.
Der Beklagte kann im vorliegenden Fall der Klägerin die von dem Beklagten an die Fa. Zeppelin geleistete Anzahlung in Höhe von insgesamt EUR 60.170,– entgegenhalten. Das Gericht ist hierbei der Ansicht, dass im Wege der Verrechnung gem. § 346 I BGB der Beklagte den Anspruch auf Berücksichtigung der von ihm geleisteten Anzahlung an die … hat.
a) Aus diesem Grund kann es dahinstehen, ob tatsächlich durch die Vereinbarung zwischen der Klägerin und der … es zu einer Vertragsübernahme des Kaufvertrags von … durch die Klägerin gekommen ist. Ein Argument gegen eine Vertragsübernahme könnte sein, dass die Gewährleistungsverpflichtungen der … offensichtlich bei dieser verbleiben sollten – vernünftigerweise vor dem Hintergrund, dass die Klägerin als Finanzierungsgesellschaft schon nicht über die Werkstatteinrichtungen verfügen würde.
b) Dadurch, dass die Klägerin jedoch sich das Rücktrittsrecht hinsichtlich des Kaufvertrags von der Fa. Zeppelin abtreten ließ, wurde sie selbst nicht nur Gläubigerin, sondern auch Schuldnerin des Rückgewähranspruchs im Hinblick auf das Rückabwicklungsverhältnis aus § 346 BGB (vgl. Münchner Kommentar Gaier § 346 Rn. 30).
Wenn die Klägerin hinsichtlich der Rechtsfolgen des Rücktritts die Rolle der … übernehmen will und übernommen hat, kann sie keine Rosinenpickerei betreiben und bei der von dem Beklagten geleisteten Anzahlung ihre Schuldnerstellung aus § 346 BGB verneinen. Dies widerspräche auch bereits dem Grundgedanken des § 348 BGB, wonach die sich aus dem Rücktritt ergebenden Verpflichtung der Parteien allesamt Zug um Zug zu erfüllen sind.
Die Klägerin ist vom Kaufvertrag in seiner Gesamtheit zurückgetreten, hatte die Maschine als Ganzes heraus verlangt und verwertet. Der Verwertungserlös speiste sich somit aus der im Kaufvertrag insgesamt vereinbarten Leistung ohne Beschränkung auf einen etwaig abzutrennenden Teil, der die Anzahlung unberücksichtigt lassen würde.
Aus diesem Grund kann der Beklagte seinerseits von der Klägerin nunmehr nach § 346 I BGB die von ihm geleistete Anzahlung zurückfordern.
Dem Gesetz ist eine solche Konstruktion auch nicht fremd, wie im Bereich der Verbraucherverträge beispielsweise die Regelungen für verbundene Verträge über § 358 IV BGB, 357 a I, II BGB beispielhaft zeigen. Diese Regelungen wurden im Hinblick auf dezidierte europarechtliche Vorgaben insbesondere hinsichtlich der Belehrung von Verbrauchern gesondert in das BGB aufgenommen.
Sie sollten damit jedoch gerade nicht ausschließen, dass die normalen Rechtsfolgen des § 346 BGB im übrigen Vertragsbereich nicht gelten sollten. Der Klägerin kann auch insoweit nicht Recht gegeben werden, als dann die Schadenspositionen verbleibende Kaufpreisforderung sich erhöhen würde, welche das Gericht mit rund EUR 12.100,– im vorliegenden Fall beziffert hatte.
Im übrigen ging sogar die Klägerin von „Rückzahlungsforderungen“ des Beklagten aus, wie sich aus den klägerischen AGB Anlage K 10, § 3.1 am Ende ergibt. Damit zeigt sich, daß auch der Klägerin sich ggf. aus dem Rücktritt ergebenden Forderungen des Beklagten bewußt war.
Eine solche Inanspruchsnahme durch … hat die Klägerin gerade nicht dargetan. Auch ist sie trotz Hinweisen des Gerichts auf mögliche dreiseitige Regelungen für einen Vergleich zwischen der Klägerin und der … und dem Beklagten weiteren Sachvortrag diesbezüglich schuldig geblieben.
Auch hier zeigen die parallelen Normen aus dem Verbraucherschutzrecht in den genannten Vorschriften, dass insoweit offene Positionen aus den „Grundgeschäften“ bei den Finanzierungsgesellschaften verbleiben können.
c) Selbst wenn man im übrigen eine Verrechnung der Ansprüche nach § 346 BGB verneinen würde, käme die Berücksichtigung der Beklagtenpositionen im Wege der von ihr ausgesprochen Hilfsaufrechnung unter Zugrundelegung des § 406 BGB (allerdings dann streitwerterhöhend) zum Tragen.
§ 406 BGB erlaubt im vorliegenden Fall auch eine Aufrechnung der mit der Rückzahlungsforderung des Beklagten nach § 346 BGB, wenn sich diese nur gegen … richten würde.
Im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses hat der Beklagte bereits einen Rückforderungsanspruch aus § 346 BGB erworben, da bereits zu diesem Zeitpunkt die rechtlichen Grundlagen für den Rückforderungsanspruch entstehen (vgl. Münchner Kommentar BGB Roth, Rn. 7 zu § 406 BGB).
Nachdem im vorliegenden Fall der Vertragsschluss mit Zeppelin zeitlich dem Finanzierungsvertrag nebst Abtretung an die Klägerin erfolgte, kommt es auf das Rechtsproblem einer etwaigen gleichzeitigen Entstehung von Gegen- und Hauptforderung gar nicht mehr an (vgl. insoweit BGH NJW 1996, 1056, 1057).
Der Kaufvertrag war schon am 24.07.2014 geschlossen worden, der Finanzierungsvertrag erst am 21.10.2014. Somit ist die Forderung des Beklagten auch nicht später als die abgetretene Forderung, die Forderung der Klägerin hier, fällig geworden, so dass ein Ausschluss nach § 406 BGB, Alternative 2 nicht besteht.
IV.
Da die Beklagte über die Klageforderung hinaus gehende betragliche Positionen nicht geltend macht, insbesondere im Rahmen einer etwaigen Widerklage, seien zur Bestimmung der Rechtskraft und der einzelnen Erlöschenstatbestände die Verrechnungspositionen gegeneinander aufgelistet.
Das Gericht hat, wie oben bereits dargelegt, der Klägerin insgesamt einen Anspruch in Höhe von EUR 27.740,46 zugesprochen.
Es wertet die Erklärung der Parteien, insbesondere des Beklagten dahingehend, dass dieser zunächst eigene Ansprüche auf die Hauptschuld verrechnet wissen will; dies heißt im vorliegenden Fall EUR 26.350,–, die er als Kaufpreistilgungsanteil an die … bereits geleistet hatte.
Die dann verbleibenden Klageforderung in Höhe von EUR 1.390,46 verrechnet das Gericht in dieser Höhe auf den weiteren Anzahlungsteil, den der Beklagte an die … geleistet hatte im Rahmen der Bezahlung der fälligen Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt EUR 33.820,–.
Insoweit bleibt der Beklagte nun hier der Verantwortung, ggf. entsprechenden umsatzsteuerrechtliche Verpflichtungen, insbesondere Korrekturanmeldungen in Höhe von € 1.390,46 nachzukommen, da mutmaßlich er die an … geleistete Umsatzsteuer seinerseits mindernd als Vorsteuer geltend gemacht haben dürfte.
V.
Kosten, vorläufige Vollstreckbarkeit §§ 91, 344, 708 Nr. 11, 709, 712 ZPO. Das Versäumnisurteil war auch in gesetzlicher Weise ergangen, da die Verrechnung nach §§ 346, 348 BGB nur nach Einrede stattfinden konnte, vgl. Münchner Kommentar zum BGB Gaier # 4 zu § 348 BGB.