Aktenzeichen 14 U 2349/16
Leitsatz
1. Die Anfechtung nach § 135 Abs. 2 InsO soll nicht die Erfüllung der Forderung des Darlehensgebers, sondern die dadurch bewirkte Befreiung des Gesellschafters von der Haftung des Sicherungsobjekts bzw. von der Bürgschaftsverpflichtung rückgängig machen. Hierbei ist eine Teilanfechtung zulässig. (Rn. 60 – 61) (Rn. 75) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Bestimmtheit eines in einem Mahnverfahren geltend gemachten Anspruchs ist gegeben, wenn der Anspruch, auch durch Bezugnahme auf ein anderes Schriftstück, das der Schuldner bereits kennt oder dem Mahnantrag beigefügt ist, so bezeichnet ist, dass er von anderen Ansprüchen nach Art, Grund und Umfang abgegrenzt werden kann, und dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich hiergegen zur Wehr setzen will. (Rn. 92 – 93) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich gemäß § 689 Abs. 2 ZPO nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Antragstellers in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter. (Rn. 86) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
1 HK O 1347/14 2016-04-27 Urt LGMEMMINGEN LG Memmingen
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 27.04.2016, Az. 1 HK O 1347/14, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz gegeneinander aufgehoben werden.
2. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Memmingen ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss:
1. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 78.000,00 € festgesetzt.
2. Der Streitwertbeschluss des Landgerichts Memmingen vom 14.04.2016 wird dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für die Gerichtsgebühren und die anwaltlichen Verfahrensgebühren in erster Instanz auf 202.463,19 Euro festgesetzt wird und der Streitwert für die anwaltlichen Terminsgebühren auf 78.000,00 Euro.
Gründe
I.
Der Kläger macht in diesem Verfahren gegen den Beklagten als Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin zuletzt noch in Höhe von 70.787,59 Euro gemäß § 135 Abs. 2 InsO Rückerstattungsansprüche wegen der Befreiung von Sicherheiten aufgrund von Zahlungen auf Konten der Insolvenzschuldnerin bei der Sparkasse N. am 11.01.2010 bzw. 13.01.2010 wenige Tage vor dem Insolvenzantrag in Höhe von insgesamt über 200.000,00 Euro geltend.
In einem Vorprozess hatte der Kläger bereits erfolgreich gegen die frühere Geschäftsbank der Insolvenzschuldnerin, die H. Bank, aufgrund einer Insolvenzanfechtung wegen inkongruenter Deckung die Rückerstattung von 150.000,00 Euro wegen der Ablösung eines nicht gekündigten Kontokorrentsaldos der Insolvenzschuldnerin am 11.12.2009 aus deren neuen Krediten bei der Sparkasse N. erstritten (Urteil des OLG Stuttgart vom 02.12.2015, Az. 9 U 52/15, gemäß Anlage B12).
Außerdem erlangte der Kläger hinsichtlich der streitgegenständlichen Kredite einen weiteren Titel auf Rückerstattung von 118.018,00 Euro gegen die Sparkasse N. (Endurteil des LG Memmingen vom 27.05.2014, Az. 25 O 1921/13, Anlage K 1 zum Schriftsatz vom 16.9.2014; OLG München, Urteil vom 16.4.2015, Az. 24 U 2515/14, Anlage zum Schriftsatz vom 7.5.2015 = Bl. 45/46 d.A.).
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlichen Prozesserklärungen im hiesigen Verfahren wird auf das angefochtene Endurteil des Landgerichts Memmingen vom 27.04.2016, Az. 1 HK O 1347/14, Bezug genommen. Änderungen haben sich insoweit nicht ergeben.
Das Landgericht Memmingen hat den Beklagten in Ziffer I. des Tenors verurteilt, an den Kläger gemäß § 143 Abs. 3 InsO 70.787,59 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.04.2010 zu bezahlen, und die Klage im Übrigen abgewiesen.
In Ziffer II. des Tenors wurden dem Kläger 20% und dem Beklagten 80% der Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Zur Begründung der zusprechenden Entscheidung wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen von § 135 Abs. 2 InsO gegeben seien.
Eine Rechtshandlung, mit der eine Forderung eines Darlehens durch die Insolvenzschuldnerin gegenüber einem Dritten befriedigt worden sei, liege in der Kontokorrentabrede der Insolvenzschuldnerin mit der Sparkasse N. in Verbindung mit der Zahlung der S. F. GmbH auf die im Soll befindlichen Konten der Insolvenzschuldnerin bei der Sparkasse in Höhe von mindestens 190.445,02 Euro im Januar 2010.
Die Zahlung führe zu einer Gläubigerbenachteiligung, weil der Schuldner mit der Zahlung seine Forderung gegen den Angewiesenen, und damit die Gläubigergesamtheit den Anspruch verloren habe.
Dabei sei es unerheblich, ob der Verkauf der Früchte an die S. F. GmbH für die Insolvenzschuldnerin ein vorteilhaftes Geschäft gewesen sei.
Der Beklagte sei dadurch von seinen Sicherheiten jedenfalls in Höhe von 70.787,59 Euro frei geworden. Es stehe nach Vorlage entsprechender Urkunden (Anlagen K 20 und 21) fest, dass die streitgegenständlichen Kredite, die durch die Zahlung der S. F. GmbH getilgt worden seien, durch eine Bürgschaft des Beklagten und seiner Ehefrau in Höhe von 200.000,00 Euro sowie eine Buchgrundschuld über 58.048,41 Euro und eine von der H. Bank abgetretene Buchgrundschuld über 250.000,00 Euro an dem im Alleineigentum des Beklagten stehenden Wohnhaus in V. abgesichert gewesen seien.
Der Beklagte sei i.S. von § 135 Abs. 2 InsO von diesen Sicherheiten zumindest in Höhe der Klageforderung endgültig frei geworden unabhängig davon, ob er von der Sparkasse aus den Sicherheiten noch in Höhe von 118.018,00 Euro in Anspruch genommen werden könne. Offen bleiben könne, ob eine erneute Einräumung der an die Sparkasse N. abgetretenen Grundschuld zugunsten der H. Bank einem „Freiwerden“ gegenüber der Sparkasse entgegenstehe, da der Beklagte jedenfalls von seiner Bürgschaft befreit worden sei. Ohne Erfolg habe der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben, da diese rechtzeitig durch die Zustellung des Mahnbescheids bzw. gemäß § 167 ZPO durch den vorangegangenen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids vom 19.12.2013 gehemmt worden sei.
Die Zustellung des Mahnbescheids vom 25.02.2014 sei i.S. von § 167 ZPO „demnächst“ erfolgt, weil die Verzögerung zwischen dem Eingang des Antrags und der Zustellung auf der unberechtigten Unterlassung der Zustellung durch das Amtsgericht Coburg und nicht auf Nachlässigkeiten des Klägers beruht habe. Dieser habe bereits in seinem Antrag klargestellt, dass er als Insolvenzverwalter der Insolvenzschuldnerin agiere, und zwar wegen einer Anfechtung nach §§ 129 ff InsO. Daraus habe sich die Zuständigkeit des Amtsgerichts Coburg gemäß § 689 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 19 a ZPO ergeben. Auch der Forderungsgrund sei hinreichend genau bezeichnet gewesen. Der Kläger habe jeweils auf die unberechtigten Monierungsschreiben des Mahngerichts in angemessener Weise reagiert.
Der Anspruch auf die Verzinsung ergebe sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Soweit der Kläger eine Verzinsung ab 22.01.2010 beantragt habe, sei die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich der Erledigterklärung, die mangels der Zustimmung des Beklagten und mangels Fristsetzung gemäß § 91 a Abs. 1 Satz 2 ZPO als einseitige auszulegen sei, sei die Klage unbegründet, weil bereits bei Klageerhebung festgestanden habe, dass der Kläger die berechtigte Insolvenzanfechtung gegenüber der Sparkasse geltend gemacht habe und der Beklagte in Höhe von 118.018,00 Euro nicht von seinen Sicherheiten frei geworden sei. Unerheblich sei, dass die Anfechtungsklage gegenüber der Sparkasse erst mit Endurteil vom 26.2.2015 rechtskräftig entschieden worden sei. Die Kostenentscheidung ergebe sich aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Mit seiner Berufung rügt der Beklagte, dass es entgegen den Ausführungen des LG Memmingen bereits an einer Gläubigerbenachteiligung fehle.
Angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der S. GmbH Internationaler Vertrieb (Insolvenzschuldnerin) habe die Firma S. F. GmbH dieser die gegenständliche Lieferung zum Preis von 190.445,02 Euro abgekauft und danach weiterveräußert. Der vereinbarte Kaufpreis habe ausweislich der Rechnung vom 07.01.2010 gemäß Anlage B 1 auch eine Marge, einen Gewinnzuschlag, von 5% zugunsten der S. GmbH Internationaler Vertrieb beinhaltet. Die im Rechtsstreit von der Beklagten vorgelegten Rechnungen der S. F. GmbH an die A. D. AG vom 11.01.2010 hätten insoweit ihre Richtigkeit.
Wäre dieses Geschäft nicht erfolgt, so hätte auch kein Anspruch der S. I. V. GmbH bestanden. Das Geschäft sei vor Insolvenzantragstellung erfolgt und vollständig abgewickelt worden. Die Lieferung der Ware sei erst nach der Bezahlung erfolgt.
Hätte die S. GmbH Internationaler Vertrieb das Geschäft – wie ursprünglich vorgesehen selbständig abgewickelt, wäre die Insolvenzverwaltung im Ergebnis sogar schlechter gestellt worden, da dann die 5%ige Gewinnmarge nicht hätte erzielt werden können.
Der Beklagte sei im Ergebnis auch nicht von seinen Sicherheiten frei geworden.
Die Grundschulden hätten für die streitgegenständlichen Kredite nicht haften können, da diese bereits am 11./13.01.2013 (gemeint ist offensichtlich 2010) zurückgeführt worden seien und die Eintragung der Grundschulden erst am 14.01.2010 erfolgt sei.
In Höhe von 118.018,00 Euro sei die Haftung des Beklagten der Sparkasse gegenüber aufgrund des erfolgreichen Anfechtungsrechtsstreits wieder aufgelebt.
Darüber hinaus sei der Beklagte nach dem Obsiegen des Klägers in dem Rechtsstreit gegen die H.Bank in Höhe von 150.000,00 Euro von dieser dazu aufgefordert worden, die gegenständliche Grundschuld zur Besicherung dieses Betrags wieder einzuräumen (Anlage B 11). Soweit das Landgericht Memmingen in dem angefochtenen Urteil vom 27.04.2016 von einer erfolgreichen Teilanfechtung ausgehe, sei diese Auffassung rechtsfehlerhaft bzw. nicht durchdacht, nachdem der Beklagte aufgrund der Vorprozesse von den beiden Banken in Höhe von insgesamt 268.018,00 Euro zzgl. Zinsen in Anspruch genommen werden könne.
Die Haftung des Beklagten sei also um 68.018,00 Euro höher als die Kreditsumme der Sparkasse N.
Der durch die Klage geltend gemachte Anspruch sei entgegen der Auffassung des Landgerichts Memmingen auch verjährt.
Unstreitig sei, dass die die Zustellung veranlassende Partei vor Nachteilen geschützt sei, die ihre Ursachen im gerichtlichen Geschäftsbetrieb hätten.
Dies sei hier jedoch nicht der Fall, da die Voraussetzungen von § 19 a ZPO, auf die der Kläger die Anrufung des Mahngerichts Coburg gestützt habe, nicht vorgelegen hätten. § 19 a ZPO gelte nur für Passivprozesse des Insolvenzverwalters, die sich auf die Insolvenzmasse beziehen. Aktivprozesse seien vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift ausgenommen, es verbleibe insoweit bei den allgemeinen Regeln.
Das Mahngericht habe daher seine örtliche Zuständigkeit bei dem streitgegenständlichen Aktivprozess des Insolvenzverwalters berechtigterweise moniert. Der Fehler bzw. die dadurch entstanden Verzögerung hätten daher in der Sphäre des Klägers gelegen.
Der Beklagte beantragt,
Unter Abänderung des am 27.04.2106 verkündeten Urteils des Landgerichts Memmingen, Aktenzeichen 1 HK O 11347/14, wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung des Beklagten, verteidigt insoweit das Ersturteil und beantragt außerdem im Wege der Anschlussberufung:
Das Urteil des Landgerichts Memmingen, Az. 1 HK O 1347/14 vom 27.4.2016 wird in Ziffer II abgeändert. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Anschlussberufung.
Zur Begründung der Anschlussberufung wurde ausgeführt, dass das Landgericht Memmingen dem Kläger zu Unrecht eine Kostenlast von 20% auferlegt habe. In diesem Umfang stelle der Kläger das Urteil daher zur Überprüfung durch das Berufungsgericht.
Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Klage in Höhe von 118.018,00 Euro schon bei Klageerhebung unbegründet gewesen sei und somit keine Erledigung eingetreten sei. Im Zeitpunkt des gegen den Beklagten gerichtlich geltend gemachten Anfechtungsanspruchs nach § 135 Abs. 2 InsO seien die Forderungen der Sparkasse N. in voller Höhe ausgeglichen gewesen, d.h. die Sparkasse habe mangels Forderung keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Inanspruchnahme aus den bestellten Sicherheiten gehabt.
Diese Forderung sei gemäß § 144 Abs. 1 ZPO erst nach Auskehrung des Betrags von 118.018,00 Euro an die Insolvenzmasse wieder aufgelebt, weswegen erst zu diesem Zeitpunkt Erledigung eingetreten sei und die Klage ursprünglich zulässig und begründet gewesen sei.
Der Senat hat mit Verfügungen vom 29.11.2016 (Bl. 262 d.A.), 29.12.2016 (Bl. 276 d.A.), 20.3.2017 (Bl. 290/293 d.A.) und 25.4.2017 (Bl. 312/313 d.A.) rechtliche Hinweise erteilt, zu denen sich die Parteien jeweils geäußert haben.
Von Seiten des Klägers wurde ergänzend vorgetragen, dass er gemäß Anlage BK 1 gegenüber dem Mahngericht Coburg Einziehungsermächtigung erteilt habe, und außerdem klargestellt, dass die erstinstanzliche Teilrücknahme in Höhe von 13.657,60 Euro erfolgt sei, da der Beklagte in dem vorgerichtlichen Schreiben vom 11.03.2014 gemäß Anlage K 10 erklärt habe, dass er einen Teilbetrag von 19.800,00 US-Dollar, entspricht 13.657,60 Euro, zusätzlich überwiesen habe, um das streitgegenständliche Währungskonto der Insolvenzschuldnerin (Sollstand am 11.01.2010: 129.496,00 US-Dollar) auszugleichen, während sämtliche weiteren Zahlungen zum Ausgleich der Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin bei der Sparkasse auf dem Verkauf von Preiselbeeren an die S. F. GmbH basieren würden. Die Behauptung einer Schenkung des Beklagten in Höhe von umgerechnet 13.657,60 Euro, die vom Insolvenzverwalter mangels Gläubigerbenachteiligung nicht angefochten werden könne, könne nicht widerlegt werden. Im übrigen könne der Kläger nur dazu vortragen, dass bei der Zahlung der S. F. GmbH zur Glattstellung des Girokontos der Insolvenzschuldnerin in Höhe von 113.245,63 Euro gemäß Anlage K 7 der Verwendungszweck „Verrechnung Warenkauf“ angegeben worden sei. Der Rechtsgrund der Zahlung von insgesamt 129.496,00 US-Dollar (umgerechnet 89.217,56 Euro) sei aus der vorhandenen Umsatzliste gemäß Anlage K 8 nicht ersichtlich. Die Sparkasse habe auf den geltend gemachten Anfechtungsanspruch 118.018,00 Euro bezahlt, ohne den Betrag dem Girokonto oder dem Dollar-Konto zuzuordnen.
Der Beklagte hat sich schließlich noch gemäß Anwaltsschriftsatz vom 14.3.2018 geäußert.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und übergebenen Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist – mit der Modifikation der aus dem Tenor ersichtlichen Kostenentscheidung – ebenso wie die zulässige Anschlussberufung auch unter Berücksichtigung der letzten Ausführungen der Beklagtenseite unbegründet.
A.
Das Erstgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger gegen den Beklagten gemäß §§ 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 Satz 1 und 2 InsO ein Erstattungsanspruch in Höhe von 70.787,59 Euro zusteht.
Sämtliche Anspruchsvoraussetzungen von § 135 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 InsO i.V. m. § 143 Abs. 3 InsO sind insoweit erfüllt.
1. Die Darlehen der Insolvenzschuldnerin bei der Sparkasse Neu-Ulm – Illertissen in Höhe von zuletzt insgesamt 202.463,19 Euro aufgrund des Universalkreditvertrags vom 09.12.2009 gemäß Anlagen K 6 und B 4 wurden durch Zahlungen am 11.01.2010 und 13.01.2010 kurz vor der Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 19.01.2010 getilgt.
Als Sicherheiten für diese Darlehensverbindlichkeiten hatte der Beklagte gemäß Anlagen K 6 bzw. B 4 sowie K 21 und K 22 eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 200.000,00 Euro und außerdem Grundschulden auf dem Anwesen des Beklagten in Höhe von 58.048,81 Euro und 250.000,00 Euro gestellt, wobei die Grundschuld in Höhe von 250.000,00 Euro ausweislich Anlage K 20 zugunsten der H. Bank eingetragen war und von dieser mit notariell beglaubigter Urkunde vom 10.12.2009 an die Sparkasse N. abgetreten worden war. Es kann hier dahinstehen, ob im Rahmen von § 135 Abs. 2 InsO hinsichtlich der Grundschuld, die aufgrund der weiteren Darlehensvereinbarung zwischen der Sparkasse N. und der S. F. GmbH vom 13.01.2010 gemäß Anlage B 10 für den der S. F. GmbH zur Verfügung stehenden Universalkredit weiterhaften sollte, auf den Zeitpunkt der Zweckerklärung vom 01.12.2009 gemäß Anlage K 22, der Abtretung vom 10.12.2009 oder der Eintragung zugunsten der Sparkasse N., die erst am 14.01.2010 erfolgte, abzustellen ist. Einmal ist der Beklagte – soweit es um die hier noch streitgegenständliche, klägerische Forderung in Höhe von 70.787,59 € geht (hierzu finden sich nähere Ausführungen unter 3.) -jedenfalls von seiner konkret nur auf die streitgegenständlichen Kredite bezogenen Bürgschaftsverpflichtung gemäß Anlage K 21 frei geworden. Sollte eine Haftung der Grundschuld für die streitgegenständliche Forderung, die ausschließlich an die Gewährung des Darlehens der Sparkasse N. gegenüber der S. GmbH Internationaler Vertrieb als Insolvenzschuldnerin anknüpft, überhaupt nicht eingetreten sein, weil dieses Darlehen am 13.01.2010 und damit vor Eintragung der Grundschuld zu Gunsten der Sparkasse am 14.01.2010 bereits getilgt war, wäre die Bestellung der Sicherheit „Grundschuld“ durch den Beklagten für diese Forderung fehlgeschlagen.
Sollte es hingegen trotzdem zu einer Haftung auch der Grundschuld für das Darlehen gegenüber der S. GmbH Internationaler Vertrieb gekommen sein, ist der Beklagte durch die oben dargestellte Tilgung – ebenso wie bezüglich seiner Bürgschaftsverpflichtung – auch von der Haftung „seiner“ Grundschuld für diese Darlehensverpflichtung frei geworden und frei geblieben. Denn der Umstand, dass die Grundschuld im Anschluss für Forderungen der Sparkasse N. gegenüber der S. F. GmbH haftete, ändert nichts daran, dass die Befreiung von einer Haftung für Ansprüche gegen die S. GmbH Internationaler Vertrieb – und nur auf die Beziehung zur Insolvenzschuldnerin ist abzustellen (vgl. Dauernheim in FK-InsO, 9.Aufl., Rn. 38 zu § 135) – eingetreten ist. Das Verhältnis des Beklagten zu anderen Rechtssubjekten als der Insolvenzschuldnerin hat hingegen außer Betracht zu bleiben.
Rechtshandlung i.S. von § 135 Abs. 2 InsO ist im vorliegenden Fall die Befreiung des Gesellschafters, der die Sicherheit gestellt hatte (vgl. BGH, Urteil vom 1.12.2011, Az. IX ZR 11/11, Tz. 7 m.w.N., zitiert nach Juris).
Wie die Klagepartei im Schriftsatz vom 25.01.2017 zutreffend ausgeführt hat, soll entgegen dem Eindruck der Formulierung des seit 01.11.2008 in Kraft getretenen § 135 Abs. 2 InsO (der der Regelung des § 32 b GmbHG a.F. entspricht) mit der Anfechtung nach dieser Vorschrift nicht die Erfüllung der Forderung des Darlehensgebers, sondern die dadurch bewirkte Befreiung des Gesellschafters von der Haftung des Sicherungsobjekts bzw. von der Bürgschaftsverpflichtung beseitigt bzw. rückgängig gemacht werden (vgl. Braun, InsO, 7. Aufl., Rn. 17 zu § 135, Henckel in Jaeger, InsO, Bd. 4, Rn. 23 zu § 135, s. auch Schmidt in Scholz, GmbHG, 10. Aufl, Rn. 190 zu § 32 b GmbHG a.F.).
Dem sichernden Gesellschafter wird der Kredit wie ein kapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen zugerechnet (vgl. Schmidt, a.a.O., Rn. 185 zu § 32 b GmbHG).
2. Auch die Gläubigerbenachteiligungsabsicht gemäß § 129 InsO wurde vom Erstgericht zutreffend bejaht.
Wie bereits vom Landgericht zutreffend dargelegt wurde und zuletzt nochmals in den Hinweisverfügungen des Senats vom 20.03.2017 und 25.04.2017 ausgeführt wurde, liegt eine Gläubigerbenachteiligung bereits in der Zahlung auf ein debitorisches Konto der Insolvenzschuldnerin, da zwar der eine Gläubiger (hier die Sparkasse Neu-Ulm – Illertissen) befriedigt wurde, der werthaltige Zahlungsanspruch aber den anderen Gläubigern vorenthalten und das Gesellschaftsvermögen der Insolvenzschuldnerin insoweit geschmälert wurde (vgl. BGH, NZG 2007, 462, BGH, Urt. vom 3.6.2014, Az. II ZR 100/13, de Bra in Braun, InsO, 7. Aufl., Rn. 35 ff zu § 129 m.w.N.).
Die Insolvenzgläubiger werden benachteiligt, wenn sich ihre Befriedigungsmöglichkeiten ohne die fragliche Rechtshandlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (vgl. BGH, Urteil vom 11.11.1993, Az. IX ZR 257/92, Tz. 26 m.w.N., zitiert nach Juris).
Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob das der Zahlung zugrundeliegende Geschäft für die Insolvenzschuldnerin möglicherweise vorteilhaft war.
Auch kann es dahinstehen, ob der Zahlungsanspruch der Insolvenzschuldnerin, der zu den Geldzuflüssen auf die Konten der Insolvenzschuldnerin bei der Sparkasse N. geführt hat, aus dem Verkauf von 120 Tonnen Preiselbeeren gemäß der Rechnung mit dem Datum 07.01.2010 in Höhe von 190.445,02 Euro gegenüber der S. F. GmbH oder aber in Höhe von insgesamt 118.018,00 Euro gemäß Verkaufsbestätigung vom 20.10.2009 (Anlage K 19) aus den Rechnungen Anlagen K 12 und K 13 bzw. K 16 gegenüber der Fa. D. AG (betreffend insgesamt 72 Tonnen Preiselbeeren) sowie aus einer weiteren Kaufpreisforderung gegenüber einem weiteren Abnehmer der Insolvenzschuldnerin (evtl. U. A. in Litauen entsprechend Anlage B 5 betreffend 48 Tonnen Preiselbeeren) bestanden hatte.
Es spricht bereits ein Anscheinsbeweis dafür, dass in dem eröffneten Insolvenzverfahren die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um alle Gläubigeransprüche zu befriedigen (BGH, Urteil vom 20.2.2014, Az. IX ZR 164/13).
Darüber hinaus waren ausweislich des Ergebnisses der staatsanwaltschaftlichen (Vor-)Ermittlungen gemäß Anlage B 9 zum Jahresende 2010 Forderungen in Höhe von fast 600.000,00 Euro zur Insolvenztabelle angemeldet, wovon ca. 375.000,00 Euro auf die Eheleute S. bzw. mit diesen in Verbindung stehende Firmen entfallen seien.
Bekannt ist aus dem Vorprozess insbesondere eine von den Hamburger Gerichten titulierte Forderung des Logistikers H. W. in Höhe von 118.728,05 Euro (vgl. S. 3 des Urteils des LG Memmingen vom 27.05.2014, Anlage K 1 zum Schriftsatz vom 16.9.2011). Zuletzt berichtete die Klagepartei im Verhandlungstermin vom 22.02.2018 über Forderungen des Hauptzollamts H. gegen die Insolvenzschuldnerin in Höhe von über 342.000,00 Euro, deren Berechtigung noch nicht habe überprüft werden können.
3. Wie bereits dargelegt wurde, ist der Beklagte jedenfalls aufgrund der Rückführung des Universalkredits der Insolvenzschuldnerin gegenüber der Sparkasse N. von seiner Bürgschaftsverpflichtung in Höhe von 200.000,00 Euro frei geworden.
Die Klagepartei hatte zwar ursprünglich entsprechend der Höhe der im Januar 2010 getilgten Kredite bei der Sparkasse N. eine Zahlungsklage über einen Betrag von 202.463,19 Euro erhoben, der allerdings durch eine Teilrücknahme in Höhe von 13.657,60 Euro auf einen Betrag von 188.805,59 Euro reduziert wurde.
Von einem Kreditbetrag in dieser Höhe, der aus Mitteln der S. F. GmbH beglichen worden war, hat der Kläger in Verbindung mit seiner erstinstanzlichen Teilerledigterklärung die Summe von 118.018,00 Euro in Abzug gebracht, zu deren Erstattung die Sparkasse N. aufgrund der Anfechtung durch den Kläger im Parallelprozess 24 U 2515/14 vom OLG München rechtskräftig verurteilt worden war, mit der Folge des Wiederauflebens der Darlehensforderung der Sparkasse gegen die Insolvenzschuldnerin in dieser Höhe gemäß § 144 Abs. 1 InsO. Hinsichtlich der restlichen vormaligen Darlehensforderung der Sparkasse aus dem durch die Bürgschaft des Beklagten abgesicherten Universalkredit der Insolvenzschuldnerin in Höhe von noch 70.787,59 Euro ist der Beklagte durch die Zahlungen vom Januar 2010 nach wie vor von seiner Bürgschaftsverpflichtung und auch – sollte sie überhaupt eingetreten sein – von der Haftung aus seiner Grundschuld befreit und deswegen gemäß § 143 Abs. 3 Satz 1 und 2 InsO in dieser Höhe zur Zahlung an den Kläger bzw. die Insolvenzmasse verpflichtet.
Abgesehen davon, dass der Kläger ursprünglich eine vollumfängliche Anfechtung erklärt hatte, wäre auch eine Teilanfechtung gemäß § 135 Abs. 2 InsO zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 11.11.1993, a.a.O., Tz. 70 m.w.N.).
4. Diesem Anspruch steht nicht entgegen, dass der Kläger bereits Zahlungsansprüche in Höhe von insgesamt 268.018,00 Euro gegen die Kreditgeber der Insolvenzschuldnerin erstritten hat und auch durchsetzen konnte, und dass der Beklagte deswegen von den Banken wieder als Sicherungsgeber wieder in Anspruch genommen werden könnte bzw. kann.
Wie das OLG Stuttgart bereits in seinem Urteil vom 02.12.2015 gemäß Anlage B 12, dort auf S. 6 unter Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zutreffend ausgeführt hat, sind die anfechtbaren Rechtshandlungen grundsätzlich für sich zu betrachten und zu beurteilen.
Die Insolvenzmasse soll durch Insolvenzanfechtungen nach § 143 Abs. 1 InsO grundsätzlich in den Zustand versetzt werden, in dem sie sich befinden würde, wenn die anfechtbare Rechtshandlung unterblieben wäre. Die Anfechtung ist darauf gerichtet, die durch die Rechtshandlung verursachte Gläubigerbenachteiligung zu beseitigen, soll den Insolvenzgläubigern aber keine unberechtigten Vorteile verschaffen (vgl. Dauernheim, Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 9. Aufl., Rn. 3 zu § 143 InsO). Maßgeblich abzustellen ist im Rahmen dieser Vorschrift im hiesigen Verfahren nur auf die Kredite der Insolvenzschuldnerin bei der Sparkasse N.
Die Summe der vom Insolvenzverwalter in den verschiedenen Verfahren zuletzt zurückgeforderten Beträge betreffend den Universalkredit vom 09.12.2009 übersteigt weder die Höhe des Kredits noch der Bürgschaft des Beklagten.
Soweit der Beklagte sich auf eine unangemessene Massebereicherung berufen möchte, indem er die aufgrund von anfechtbaren Rechtshandlungen von verschiedenen Anfechtungsgegnern zu erstattenden Beträge und die Klageforderung aufaddiert und dem Kreditvolumen bei der Sparkasse N. gegenüberstellt, ist zu berücksichtigen, dass der Umfang der Erstattungspflicht nach Anfechtung durch § 143 Abs. 3 InsO neu definiert wurde und dass die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen nach § 135 Abs. 2 InsO auf den früheren Vorschriften aus dem GmbHG zum Eigenkapitalersatz basiert (vgl. Dauernheim, a.a.O., Rn. 6 zu § 135 InsO). Die Geschäfte der Insolvenzschuldnerin wurden nach den Feststellungen im Vorprozess des OLG Stuttgart gemäß Anlage B 12 fortgeführt, obwohl die H.Bank, die der Insolvenzschuldnerin zunächst einen Kredit über 250.000,00 Euro eingeräumt hatte, die tatsächlich noch etwas darüber hinaus in Anspruch genommene Kreditlinie der Schuldnerin im Oktober 2009 auf 150.000,00 Euro reduziert hatte, woraufhin von Seiten der Insolvenzschuldnerin Anfang Dezember 2009 eine Umschuldung vorgenommen wurde.
Mit Hilfe eines möglicherweise aus Sicht der Insolvenzschuldnerin vorteilhaften Geschäfts mit der Folge der streitgegenständlichen Zahlungsflüsse wurden zwar die Forderungen der Sparkasse N. befriedigt, nicht jedoch die sonstigen Gläubiger der Insolvenzschuldnerin, die einen höheren Finanzbedarf hatte.
Der Beklagte hat keine Umstände nachvollziehbar vorgetragen, die auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zum Eigenkapitalersatz seiner Inanspruchnahme als (Mehrheits-)Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin im streitgegenständlichen Umfang entgegenstehen würde.
Zudem ist Folgendes zu bedenken: Die Zahlung der S. F. GmbH ist auf ein zu diesem Zeitpunkt debitorisches Konto der Insolvenzschuldnerin und nicht etwa der H. Bank erfolgt. Deren Forderungen gegen die Insolvenzschuldnerin waren vielmehr schon deutlich früher, nämlich am 09.12.2009 (vgl. das Urteil des OLG Stuttgart, Anl. B 12, dort S. 2) befriedigt worden. Wenn der Beklagte nun auch wegen dieses Sachverhalts Ansprüchen ausgesetzt ist, so hat dies mit der hier inmitten stehenden Zahlung der S. F. GmbH nichts zu tun. Vielmehr beruht diese Inanspruchnahme auf einem weiteren Lebenssachverhalt, auf Grund dessen der Kläger als Insolvenzverwalter den Gläubigern der Insolvenzschuldnerin zusätzliche, von der Zahlung der S. F. GmbH völlig unabhängige Ansprüche gesichert hat.
5. Der eingeklagte Anspruch ist nicht verjährt.
Unstreitig begann die 3-jährige Verjährungsfrist gemäß § 146 Abs. 1 InsO, § 195 BGB nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens im April 2010 gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des Jahres 2010 und endete demzufolge mit dem Ende des Jahres 2013.
Der Ablauf der Verjährungsfrist wurde jedoch rechtzeitig durch Einleitung des Mahnverfahrens gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB i.V. mit § 167 ZPO gehemmt.
Im Hinblick auf die von Seiten der Klagepartei erteilte Einziehungsermächtigung, können dem Kläger im Ergebnis keine nennenswerten Verzögerungen zugerechnet werden, die einer Anwendung von § 167 ZPO mit der Folge einer Hemmung der Verjährung ab 19.12.2013 entgegenstehen würden.
5. 1. Der klägerische Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids in Höhe von 202.463,19 Euro wegen einer Hauptforderung „Anfechtung nach §§ 129 ff InsO vom 14.10.2013“ ging am 19.12.2013 unter Angabe der Bankverbindung der Klagepartei beim Mahngericht Coburg ein.
Da in dem in Bezug genommenen Schreiben gemäß Anlage K 9, das der Beklagte nach dem Inhalt seines Schreibens vom 11.03.2014 am 17.12.2013 erhalten hatte, diese Forderung näher dargelegt wurde, bestehen – entgegen einem Monierungsschreiben des Mahngerichts vom 23.01.2014 (Bl. 13 d.A.) – keine Bedenken gegen die Bestimmtheit des Anspruchs. Erforderlich ist nur, dass der Anspruch – auch durch Bezugnahme auf ein anderes Schriftstück, das dem Antrag beigefügt ist oder dem Schuldner bereits bekannt ist – so bezeichnet ist, dass er von anderen Ansprüchen nach Art, Grund und Umfang unterschieden und abgegrenzt werden kann, und dass dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht wird, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl., Rn. 9 zu § 690 m.w.N.).
Dies war hier der Fall.
5.2. Zwar erfolgte die Zustellung des am 10.02.2014 erlassenen Mahnbescheids erst am 25.02.2014. Verzögerungen über die im Rahmen von § 167 ZPO unschädlichen geringfügigen Verzögerungen hinaus sind dem Kläger jedoch im vorliegenden Fall nicht zuzurechnen.
Der Kläger hat nach Einreichung des Mahnbescheidsantrags am 19.12.2013 und Erhalt der Beanstandungen durch das Mahngericht Coburg unverzüglich alles aus seiner Sicht erforderliche getan, um eine baldige Zustellung des beantragten Mahnbescheids zu ermöglichen.
5.2.1. Wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Frage, ob eine Zustellung i.S. von § 167 ZPO „demnächst“ erfolgte und somit die verjährungshemmende Wirkung bereits ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Antrags eintritt, im Wege einer wertenden Betrachtung zu beantworten. Eine absolute zeitliche Grenze besteht nicht. Bei der Berechnung der Zeitdauer einer Verzögerung ist nur auf die Zeitspanne abzustellen, um die sich die Zustellung aufgrund einer Nachlässigkeit des Klägers verzögert (vgl. Hüßtege, a.a.O., Rn. 10 ff).
5.2.2. Im vorliegenden Fall hatte das Mahngericht Coburg, das im Rahmen von § 689 Abs. 2 ZPO zentrales Mahngericht für Bayern ist, zunächst mit Monierungsschreiben vom 20.12.2013 seine örtliche Zuständigkeit in Frage gestellt, dann aber offensichtlich nach dem Antwortschreiben des Klägers vom 23.12.2013, bei Gericht eingegangen am 27.12.2013, doch bejaht.
Der Kläger hatte in diesem Schreiben unter Beifügung des Eröffnungsbeschlusses des Amtsgerichts Neu-Ulm vom 17.04.2010 seinen allgemeinen Gerichtsstand gemäß § 19 a ZPO dargelegt und vorsorglich hilfsweise Verweisung an das zuständige Mahngericht beantragt (Bl. 5/8 d.A.).
Anstelle einer Verweisung monierte das Mahngericht danach mit Schreiben vom 23.01.2014 die Angaben zum Anspruchsgrund, woraufhin der Kläger mit Schreiben vom 27.01.2014 hilfsweise die Änderung des Wortes „Anfechtung“ in „Insolvenzanfechtung“ beantragte und um Mitteilung bat, falls auch diese Konkretisierung nicht für ausreichend erachtet werde (Bl. 14 d.A.). Wie bereits ausgeführt wurde, war die Monierung einer zu unbestimmten Bezeichnung des Anspruchs nicht berechtigt.
Nachdem das Mahngericht bis dahin nicht reagiert hatte, wies der Kläger mit Schreiben vom 07.02.2014, per Fax bei Gericht eingegangen am selben Tag, auf die Verjährungsproblematik hin und drohte Amtshaftungsansprüche an (Bl. 16/17 d.A.), woraufhin das Mahngericht Coburg tätig wurde und dem Mahnbescheidsantrag unverändert stattgab (Bl. 20 d.A.). Am selben Tag wurde der erforderliche Gebührenvorschuss bei der Klagepartei, die – was sich bereits aus der Verfügung der Rechtspflegerin des Mahngerichts Coburg vom 24.4.2014 ergab (Bl. 27 d.A.) – Einzugsermächtigung erteilt hatte, eingezogen und ein Mahnbescheidsausdruck angefordert, der gemäß Anordnung vom 24.02.2010 am 25.02.2010 zugestellt wurde.
5.2.3. Dem Kläger kann im Rahmen von § 167 ZPO auch nicht vorgeworfen werden, den Antrag an das falsche Mahngericht adressiert zu haben.
Denn im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Beklagten handelt es sich bei der Frage, wonach sich die (örtliche) Zuständigkeit des Mahngerichts bestimmt, nicht um die Frage, welcher Gerichtsstand des Insolvenzverwalters für Passivprozesse gilt, sondern um die Frage, welcher Gerichtsstand für ein von einem Insolvenzverwalter betriebenes Mahnverfahren gilt. Zutreffend ist an den Ausführungen des Beklagten lediglich, dass nach wohl herrschender Meinung § 19 a ZPO den allgemeinen Gerichtsstand des Insolvenzverwalters nur für Passivprozesse begründet. Diese Auslegung entspricht jedoch genau dem, wofür ein allgemeiner Gerichtsstand (§§ 12 ff. ZPO) auch sonst herangezogen wird, nämlich der Bestimmung des (örtlich) zuständigen Gerichts für Klagen gegen eine Person (vgl. Hüßtege, a.a.O., Rn. 2 § 12 Vorb; Schultzky in Zöller, ZPO, 32.Aufl., Rn. 6 zu § 12 m.w.N.), also für Passivprozesse.
Die Ratio dieser Regelung liegt also darin, dass bei einer Klageerhebung zur Bestimmung des (örtlich) zuständigen Gerichts auf die Verhältnisse auf der Passivseite, also beim Beklagten abgestellt wird.
Ganz anders ist das Mahnverfahren strukturiert: Hier hat der Gesetzgeber durch die Regelung des § 689 Abs. 2 ZPO für die Bestimmung (auch) der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts ausschließlich auf den Antragsteller, also die Aktivseite abgestellt. Zur Bestimmung dieses Gerichts wird dann lediglich der allgemeine Gerichtsstand des Antragstellers herangezogen, ohne dass damit aber sein üblicher Verwendungszweck – die Zuständigkeitsregelung beim Passivprozess – erfüllt sein muss oder kann. Damit war für die Frage, bei welchem Gericht der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter seinen Mahnantrag zu stellen hatte, auf Neu-Ulm als Sitz des Insolvenzgerichts für das Insolvenzverfahren über das Vermögen der S. GmbH Internationaler Vertrieb abzustellen, was dann wiederum zur Zuständigkeit des für Bayern als Mahngericht zentral zuständigen Amtsgerichts Coburg geführt hat.
Es kann hier dahinstehen, ob die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Coburg gemäß § 689 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 19 a ZPO möglicherweise deshalb hätte in Frage gestellt werden können, weil Insolvenzanfechtungsklagen nicht die in § 19 a ZPO genannte Insolvenzmasse gemäß § 35 InsO im engeren Sinne betreffen.
Abgesehen davon, dass in der Literatur eine weite Auslegung der Klagen, „die sich auf die Insolvenzmasse beziehen“ befürwortet wird (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 76. Aufl., Rn. 4 zu § 19 a), hat der Bundesgerichtshof bereits mit Urteil vom 24.1.1983, Az. VIII ZR 178/81, = BGHZ 86, 324 ff entschieden, dass die verjährungsunterbrechende Wirkung der Zustellung eines Mahnbescheids auch dann mit der Antragstellung eintreten kann, wenn der Antrag auf Erlass des Mahnbescheids bei einem unzuständigen Gericht eingereicht worden ist. Im konkreten Fall wurde das Verschulden des Antragstellers als geringfügig veranschlagt, weil erst ca. 1/2 Jahr zuvor die Novellierung von § 689 Abs. 2 ZPO stattgefunden hatte, mit der Folge, dass für das Mahnverfahren nicht mehr die allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften maßgeblich waren.
Im vorliegenden Fall ist der Anwendungsbereich von § 19 a ZPO im Rahmen von § 689 Abs. 2 ZPO noch nicht zweifelsfrei geklärt, was hier jedoch nicht abschließend entschieden werden muss.
Jedenfalls hat der Antragsteller rechtzeitig mit Schriftsatz vom 27.12.2013 vorsorglich Verweisung des Mahnverfahrens beantragt, was ggf. eine rechtzeitige Zustellung bereits Anfang 2014 durch das Amtsgericht Stuttgart ermöglicht hätte.
5.2.4. Das Verfahren wurde auch rechtzeitig vor Ablauf der Hemmungswirkung gemäß § 204 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO weiterbetrieben, indem nach dem Widerspruch des Beklagten vom 04.3.2014 und der entsprechenden Mitteilung an den Kläger vom 7.3.2014 mit Schriftsatz vom 07.08.2014, bei Gericht eingegangen am selben Tag, die Abgabe an das Streitgericht zur Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt wurde (Bl. 24 d.A.) und die hierfür erforderlichen Gerichtsgebühren einbezahlt wurden (Eingang 14.08.2014, Bl. 26 d.A.). Nach Anforderung der Anspruchsbegründung gemäß gerichtlicher Verfügung vom 03.09.2014 (Bl. 29 d.A.) wurde auf Antrag vom 16.9.2014 durch Gerichtsbeschluss vom 18.12.2014 das hiesige Streitverfahren bis zur Erledigung des Rechtsstreits OLG München, Az. 24 U 2515/14, gemäß § 148 ZPO ausgesetzt mit der Folge, dass gemäß § 249 Abs. 1 ZPO bis zur Beendigung der Aussetzung Fristen weder weiterliefen noch zu laufen begannen (vgl. Hüßtege, a.a.O., Rn. 4 zu § 249).
Nach Beendigung des Berufungsverfahrens durch Endurteil vom 16.04.2015, der Klagepartei zugestellt am 22.04.2015, beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 07.05.2015 die Wiederaufnahme des streitigen Verfahrens und begründete binnen der mit Beschluss vom 12.05.2015 gesetzten Frist, seinen Anspruch (Bl. 47 ff d.A.), ohne dass das Verfahren danach nochmals zum Stillstand gekommen wäre.
B.
Die Anschlussberufung ist in der Sache nicht erfolgreich, da ausdrücklich nur die Kostenentscheidung in Ziffer II. des Ersturteils angegriffen wurde, nicht jedoch die Klageabweisung in Ziffer I. Satz 2 des Tenors, die daher in Rechtskraft erwachsen ist.
Die Berufungsbegründung der Klagepartei konnte nicht über den Wortlaut der Antragstellung hinaus ausgelegt werden, da sich die ausdrückliche Beschränkung auf den Kostenausspruch nicht nur aus dem Berufungsantrag, sondern auch aus dem Einleitungssatz der Begründung der Anschlussberufung auf S. 15 des Schriftsatzes vom 06.10.2016 (Bl. 244 d.A.) ergibt. Auch die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die gerichtliche Kostenentscheidung und nicht die erstinstanzliche Klageabweisung des durch die einseitige Erledigterklärung bewirkten klägerischen Feststellungsantrags, die an keiner Stelle erwähnt wird. Insoweit kann trotz des sachlichen Zusammenhangs die klägerische Berufung nicht dahingehend ausgelegt werden, dass auch die Klageabweisung gemäß Ziffer I. Satz 2 des Tenors mit der Berufung angegriffen werden sollte.
III.
1. Die erstgerichtliche Entscheidung hinsichtlich der Verzinsung des zugesprochenen Erstattungsbetrags ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist zutreffend (§ 143 Abs. 1 S. 2 InsO, § 819 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 288 Abs. 1 Satz 2, 291 Satz 1 BGB).
Die Gesetzesänderung mit Wirkung ab 5.4.2017 durch Einfügen von § 143 Abs. 1 Satz 3 InsO hat gemäß Art. 103 j Abs. 2 EGInsO auf den vorliegenden Fall keine Auswirkungen (vgl. Dauernheim, a.a.O, Rn. 42 ff zu § 143).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2
(analog) ZPO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47, 48 GKG, § 3 ZPO.
Auch über die Verteilung der erstinstanzlichen Kosten war ohne besonderen Antrag des Beklagten gemäß § 308 Abs. 2 ZPO zu befinden.
Das Erstgericht hat die Kostenquote ausgehend von einem Streitwert für das streitige Verfahren von 72.846,00 Euro errechnet und dabei lediglich den zuletzt verbliebenen Zahlungsantrag und ein mit 2.058,00 Euro angesetztes Kosteninteresse aus dem Mahnverfahren berücksichtigt. Die entsprechende Streitwertfestsetzung war jedoch nicht zutreffend.
Tatsächlich wurden die Teilklagerücknahme und die Erledigterklärung der Klagepartei erst nach Abgabe vom Mahngericht und zwischenzeitlicher antragsgemäßer Aussetzung des Rechtsstreits im Hinblick auf das Berufungsverfahren zwischen dem Kläger und der Sparkasse Neu-Ulm -Illertissen, Az. 24 U 2515/14, erst mit Schriftsatz vom 28.05.2015 erklärt. Auch wenn mit diesem Schriftsatz erstmals der klägerische Anspruch begründet wurde, war das streitige Verfahren zuvor in vollem Umfang des Mahnbescheids rechtshängig geworden. Da die allgemeine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 1210 KV GKG bereits mit Eingang der Akten beim Streitgericht entsteht, ist maßgeblich für die Wertbestimmung im streitigen Verfahren, ob sich der Gegenstandswert des Mahnverfahrens bis zu diesem Zeitpunkt reduziert hat, was in Form eines Teilwiderspruchs oder einer Reduzierung des klägerischen Begehrens vor Abgabe der Akte an das Streitgericht möglich wäre (vgl. Schneider, Streitwertkommentar, 14. Aufl., Rn. 3621 m.w.N.).
Richtigerweise ist daher von einem Streitwert für die Gerichtsgebühren und die anwaltlichen Verfahrensgebühren (vgl. § 32 Abs. 1 RVG) von 202.463,189 Euro auszugehen. Lediglich bei den anwaltlichen Terminsgebühren wirkten sich die Klageänderung und Teilklagereduzierung mit Schriftsatz vom 25.05.2015 aus, wobei der Senat der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend davon ausgeht, dass das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Feststellung der nachträglichen Erledigung in Höhe von 118.018,00 Euro mangels eines erkennbaren sonstigen Interesses nur mit dem anteiligen Kosteninteresse zu bewerten ist (vgl. Schneider, a.a.O. Rn. 2191 ff, 2211 ff, m.w.N.; vgl. BGH, Beschluss vom 13.7.2005, Az. XII ZR 295/02, Tz. 6, zitiert nach Juris).
Abzustellen ist nach h.M. auf die bis zum Zeitpunkt der Erledigterklärung entstandenen Kosten (vgl. Hüßtege, in Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl, Rn. 61 zu § 91 a, m.w.N.), wobei im vorliegenden Fall zu berücksichtigen ist, dass nur ein Teil des anfänglichen Streitgegenstandes betroffen war.
Der Senat bewertet dieses Kosteninteresse mit ca. 7.200,00 Euro. Dies entspricht ca. 44% der unter Berücksichtigung der Terminsgebühren entstandenen Gesamtkosten des erstinstanzlichen Rechtsstreits, wobei aufgrund der rechtskräftigen Klageabweisung des Feststellungsantrags insoweit von einem Unterliegen der Klagepartei ausgegangen werden muss. Entsprechende Überlegungen gelten für die anteilige Kostentragung der Klagepartei aufgrund der Teilrücknahme in Höhe von 13.657,60 Euro vor dem Verhandlungstermin, so dass für das Verfahren 1. Instanz insgesamt eine Kostenaufhebung sachgerecht ist.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.