Handels- und Gesellschaftsrecht

Rückzahlung eines Vorschusses zur Beseitigung von Baumängeln bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum

Aktenzeichen  2 U 609/15

Datum:
13.1.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 135778
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 214, § 242, § 633, § 287

 

Leitsatz

1. Ein Rückzahlungsanspruch bezüglich des Mängelbeseitigungsvorschusses ist fällig, wenn der Besteller ihre Ansprüche auf Schadensersatz umgestellt hat.(Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Besteller kann gegen den Rückzaahlungsanspruch nicht mit Minderungsansprüchen bezüglich Mängeln am Gemeinschaftseigentum aufrechnen, wenn Ansprüche durch die WEG – welche insoweit die geborene Ausübungsbefugnis hat – gegen den Werkunternehmer verjährt sind. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die WEG kann den Eigentümern den Minderungsanspruch nicht abtreten, denn sie ist nicht Anspruchsinhaberin, allenfalls kann sie die Eigentümer zur Ausübung ermächtigen.(Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

1 O 108/14 (2) (4) 2015-02-25 Endurteil LGREGENSBURG LG Regensburg

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 02.03.2015, Az. 1 O 108/14 (2) (4), wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Regensburg sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 41.234,35 € festgesetzt.

Gründe

II.
1. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden.
2. In der Sache bleibt die Berufung aber ohne Erfolg, weil das Landgericht die Beklagte zu Recht zur Rückzahlung des geleisteten Vorschusses verurteilt hat.
a) Wegen der Umstellung durch die Beklagte auf Schadensersatz ist der Anspruch auf Rückzahlung des Mangelbeseitigungsvorschusses grundsätzlich fällig. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Beklagte (noch) die Absicht hat, den von ihr behaupteten Mangel zu beseitigen. Auch die von der Klägerin aufgrund des Urteils aus dem Vorprozess gezahlten Prozesszinsen sind zurückzuzahlen. Soweit der geleistete Vorschuss nicht für die Mangelbeseitigung verwendet wird, stellen die Zinsen kein Äquivalent für die geschuldete Mangelbeseitigung dar und verbleiben – anders als bei Verwendung des Vorschusses für die Mangelbeseitigung – nicht beim Auftraggeber (BGH, Urt. v. 20.05.1985 – VII ZR 266/84, NJW 1985, 2325, recherchiert bei juris).
b) Der Rückzahlungsanspruch ist nicht durch Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch der Beklagten erloschen. Ein solcher Schadensersatzanspruch mag zwar grundsätzlich bestehen; die Beklagte kann ihn aber nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs gegenüber der Klägerin nicht mehr geltend machen.
α) In rechtlicher Hinsicht geht der Senat von Folgendem aus:
Es ist zu unterscheiden zwischen den Rechtsverhältnissen, die einerseits zwischen der Klägerin als Werkunternehmerin und der Beklagten als Auftraggeberin, andererseits zwischen der Beklagten (als Bauträgerin) und der Wohnungseigentümergemeinschaft bestehen.
Vertragspartner der Klägerin aus dem Werkvertrag ist die Beklagte. Dieser stehen daher auch die Mängelansprüche zu, die sich aus der Verletzung des zwischen den Parteien bestehenden Werkvertrages ergeben. Dadurch, dass die Beklagte die Wohnungen an Erwerber weiterverkauft (und sich die Einheit N 1 zurückbehalten) hat, ändert sich daran nichts.
Davon zu trennen sind Ansprüche der Erwerber sowie der Beklagten als Eigentümerin der Einheit N 1 wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum, über deren Geltendmachung die Gemeinschaft entscheiden muss, da nicht verschiedene Eigentümer jeweils andere und einander widersprechende Rechtsfolgen (Minderung, kleiner Schadensersatz, Nachbesserung) aus ihnen herleiten können. Deswegen muss die Gemeinschaft durch Beschluss festlegen, welche Ansprüche insoweit gegen den Bauträger als Vertragspartner der einzelnen Werkverträge mit den Eigentümern geltend gemacht werden sollen und wer sie geltend machen kann.
Das Glasdach gehört zum Gemeinschaftseigentum, zumal es nicht über der Einheit N 1 „schwebt“, sondern (wie sich aus der Anlage K 1 sowie den Bildern 5 und 6 im Gutachten des Sachverständigen F vom 10.01.2003 ergibt – Beiakte des Landgerichts Regensburg, Az. 6 OH 81/02) konstruktiv mit den anderen Teilen des Bauwerks verbunden ist; es kann auch nicht durch Regelungen in der Teilungserklärung zur Gegenstand von Sondereigentum werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.04.2008 – I-3 Wx 254/07, recherchiert bei juris). Die Regelung in § 4 der Gemeinschaftsordnung erfasst das Glasdach daher weder dem Wortlaut noch dem Sinn nach. Davon geht auch die Eigentümergemeinschaft in ihrem Beschluss vom 29.12.2014 zutreffend aus.
Im Hinblick auf den Werkvertrag zwischen den Parteien stehen Mängelansprüche der Beklagten zu und nicht der Eigentümergemeinschaft. Deren Entscheidung ist allenfalls in tatsächlicher Hinsicht insoweit von Belang, als die Beklagte gegenüber der Klägerin keine Nachbesserung (bzw. Vorschuss) verlangen könnte, wenn die Gemeinschaft gegenüber der Beklagten als Bauträger Minderung oder kleinen Schadensersatz verlangt und eine Nachbesserung untersagt. Die Geltendmachung von Schadensersatz durch die Beklagte als Bestellerin gegenüber der Klägerin als Werkunternehmerin ist aber nicht davon abhängig, wie sich ggf. die Eigentümergemeinschaft entscheidet; erhielte die Beklagte von der Klägerin Schadensersatz, könnte sie den Eigentümern gegenüber ggf. immer noch nachbessern.
β) Aufgrund der Mängelrügen und Nachfristsetzungen seitens der Beklagten steht dieser daher grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch zu, sofern das Dach mangelhaft ist.
Dies kann aber für die Entscheidung dahinstehen. Die Klägerin kann einem solchen Schadensersatzanspruch nämlich den Einwand des Vorteilsausgleichs gemäß § 242 BGB entgegensetzen, weil die Beklagte ihrerseits von der Wohnungseigentümergemeinschaft (die wegen Mängeln am Glasdach als Gemeinschaftseigentum berechtigt ist) wegen Verjährungseintritts keine Ansprüche wegen der Mängel am Glasdach mehr zu befürchten braucht. Ebenso wie in den Fällen einer Leistungskette von Bauherr, Haupt- und Subunternehmer stellt die Bauträgerin mit ihrer Stellung zwischen Werkunternehmer und Erwerber wirtschaftlich nur eine Zwischenstation dar, da sie mit den Bauleistungen des Werkunternehmers ihrerseits die von ihr den Erwerbern gegenüber eingegangenen Bauverpflichtungen erfüllt. Entsprechend der im Urteil des BGH vom 28.07.2007 (VII ZR 81/06, BGHZ 173, 83) entwickelten Betrachtungsweise kann die Bauträgerin daher insoweit keine Ansprüche aus Mängeln gegenüber dem Werkunternehmer geltend machen, als sie selbst den Erwerbern wegen dieser Mängel nichts (mehr) zu leisten hat (vgl. BGH, Urt. v. 10.07.2008 – VII ZR 16/07, NJW 2008, 3359; recherchiert bei juris). Dies ist hier der Fall, da Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen die Beklagte als Bauträger wegen Mängeln am Glasdach unstreitig verjährt sind. Die Beklagte wäre gegebenenfalls zwecks Minderung des Schadens zur Erhebung der Verjährungseinrede gehalten. Zwar erlischt eine Forderung nicht, wenn sie verjährt (vgl. § 214 BGB). Vielmehr bleibt sie erfüllbar. Indes ist der Fall, in dem der Gläubiger des Schuldbefreiungsanspruchs der gegen ihn gerichteten Forderung seines Gläubigers die Einrede der Verjährung entgegensetzen kann, grundsätzlich nicht anders zu behandeln als jener, in dem die Forderung nicht besteht. Das folgt aus dem – auch für den Gläubiger des Freistellungsanspruchs erkennbaren und zu berücksichtigenden – Interesse des Schuldners, diesen nur insoweit von seiner Schuld befreien zu müssen, als er auf deren Erfüllung in Anspruch genommen werden kann (BGH, Urt. v. 12.03.1984 – II ZR 82/83, VersR 1984, 580; recherchiert bei juris). Diese Wertung greift auch im Hinblick auf den Gedanken des Vorteilsausgleichs (BGH, Urt. v. 28.07.2007 – VII ZR 81/06, a. a. O.).
γ) Auch der Beschluss der Eigentümergemeinschaft vom 29.12.2014 kann der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Soweit darin der Beklagten Ansprüche der Eigentümergemeinschaft abgetreten werden, geht dies ins Leere, da die Eigentümergemeinschaft nicht Vertragspartner der Klägerin ist und daher Ansprüche wegen Baumängeln nicht gegen diese, sondern allenfalls gegen die Beklagte besitzt. Ob der Beschluss auch dahingehend ausgelegt werden kann, dass die Beklagte ermächtigt wird, den Mangel am Gemeinschaftseigentum in ihrer Eigenschaft als Miteigentümerin gleichsam gegen sich selbst in ihrer Eigenschaft als Bauträger geltend zu machen, kann dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn darin eine wirksame Geltendmachung von Mängelrechten gegenüber der Beklagten im Sinne der Grundsätze des Vorteilsausgleichs im Verhältnis zur Klägerin läge, wären Ansprüche der Eigentümergemeinschaft gegen die Beklagte doch schon vor der Ermächtigung verjährt gewesen, woran sich durch die Ermächtigung nichts ändert.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Die Entscheidung wirft keine höchstrichterlich noch nicht entschiedenen Rechtsfragen auf, sondern wendet die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den festgestellten Sachverhalt an.
Verkündet am 13.01.2016

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