Handels- und Gesellschaftsrecht

Unwirksamer Widerruf eines Darlehensvertrags

Aktenzeichen  17 U 2632/19

Datum:
29.7.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 45205
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 522 Abs. 2

 

Leitsatz

Bei einem schlichten Eintragungsfehler liegt eine Undeutlichkeit in der Widerrufsinformation nicht vor, wenn der betreffende Tageszins mit einer auch für einen Nichtjuristen schlichten Rechnung selbst berechenbar ist. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

17 U 2632/19 2019-07-09 Hinweisbeschluss OLGMUENCHEN OLG München

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 26.04.2019, Aktenzeichen 22 O 1683/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 30.648,10 festgesetzt.

Gründe

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs vom 26.01.2018 (Anlage frühere Bl. 63/64) durch den Kläger betreffend den Darlehensvertrag der Parteien vom 25.07.2014 (Anlagen B1a und B1b), mit dem die Beklagte den PKW-Kauf des Klägers am gleichen Tag finanzierte (Anlage B2a).
Hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf das klageabweisende Endurteil des LG München I vom 26.04.2019 (Bl. 241/261 d. A.), hinsichtlich des Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und bezüglich der Berufungsanträge auf den Schriftsatz des Klägers vom 01.07.2019 (Bl. 277 d. A.) sowie den Schriftsatz der Beklagten vom 12.06.2019 (Bl. 276 d. A.) verwiesen.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 26.04.2019, Aktenzeichen 22 O 1683/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 522 Abs. 2 ZPO hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats im Beschluss vom 09.07.2019 (Bl. 322/327 d. A.) Bezug genommen.
Der Schriftsatz des Klägers vom 25.07.2019 gibt zu folgenden Anmerkungen Anlass:
1. Bei der Tageszinsangabe € 0,00 handelt es sich um eine individuelle Vereinbarung der Parteien, weshalb schon deshalb aufgrund des vorliegenden Einzelfalls eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch dann zu verneinen ist, wenn andere Gerichte diese Vereinbarung in ihren zu entscheidenden Einzelfällen anders auslegen. Im Übrigen ist nicht so recht ersichtlich, wieso bei einem aus der Sicht des Klägers schlichten Eintragungsfehler eine Undeutlichkeit in der Widerrufsinformation vorliegen sollte, da doch der Tageszins dann mit einer auch für einen Nichtjuristen schlichten Rechnung (€ 19.261,39 x 0,0295 / 365 = € 1,56) selbst berechenbar ist. Das gilt um so mehr, als der Tageszins im konkreten Fall, für einen juristischen Laien ebenfalls problemlos erkennbar, entsprechend dem zweiten Absatz zu „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“, dort erster und letzter Spiegelstrich, bei einem wirksamen Widerruf keine Rolle spielt.
2. Der Kläger zeigt nicht auf, welche Auffassung er zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung entsprechend Ziffer 4.3 der Allgemeinen Darlehensbedingungen vertritt. Im Übrigen gibt er die Erläuterungen des Senats im Beschluss vom 09.07.2019 verkürzt und damit unkorrekt wieder. Nach dem Ausgangspunkt von € 50,00 sieht Ziffer 4.3 der Allgemeinen Darlehensbedingungen weitere Rechenschritte vor, die ein juristischer Laie ebenfalls problemlos selbst vornehmen kann. Auf Ziffer 2 der Gründe des Senatsbeschlusses vom 09.07.2019 (Bl. 323/325 d. A.) wird im Übrigen verwiesen.
3. Der Senat kann auch nichts daran ändern, dass der Kläger die mit seiner Klage vom 25.01.2018 eingereichten Anlagen nicht nach K 1, K 2 usw. gekennzeichnet hat. Ihm ist es daher aus Verschulden des Klägers unmöglich, „die Anlage doch bitte namentlich – bspw. B1 – [zu] bezeichnen“. Es handelt sich bei Anlage frühere Bl. 57/62 schlicht um das Darlehensvertragsantragsexemplar, und dort Seiten 5 von 10 bis 10 von 10. Wie ein Sachverständigengutachten belegen soll, das der Kläger sein Kundenexemplar (erst) mit der Annahmebestätigung ausgehändigt bekommt, ist dem Senat schleierhaft. Im Übrigen trägt der Kläger unrichtig vor. Auf Seite 19 seiner Klage vom 25.01.2018 (Bl. 21 d. A.) heißt es nämlich: „Die Unterlagen, die die Beklagte der Klägerseite bei der Vertragsanbahnung zur Verfügung gestellt hat, sind zu diesem Zeitpunkt weder eine Vertragsurkunde… Die bei dem Darlehensnehmer verbleibende Unterlage wird auch nicht nachträglich…“ Und die einzig mögliche dem Kläger zur Verfügung gestellte Unterlage war die vom Senat in Bezug genommene Abschrift des Vertragsantragsexemplars (vgl. Ziffer 6 des Senatsbeschlusses vom 09.07.2019 = Bl. 326 d. A.). Etwas anderes trägt der Kläger auch selbst nicht vor.
4. Hinsichtlich Gesamtbetrag hat der Kläger bedauerlicherweise nicht erklärt, wie er monatlich 14/47 Eurocent bezahlen können will. Im Übrigen wird auf die umfangreichen Ausführungen unter Ziffer 9 des Senatsbeschlusses vom 09.07.2019 (Bl. 327 d. A.) verwiesen.
5. Es bleibt dem Kläger unbenommen, hinsichtlich Ratenschutzversicherungen und verbundene Geschäfte anderer Ansicht als der BGH (vgl. Ziffer 10 des Senatsbeschlusses vom 09.07.2019 (Bl. 327 d. A.) zu sein. Zur grundsätzlichen Bedeutung gelangt diese Rechtsfrage dadurch aber nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils und dieses Beschlusses erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, § 708 Nr. 10 analog, § 711 ZPO (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 13.11.2014, NJW 2015, 77, 78, Randziffer 16).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der § 63 Abs. 2 Satz 1, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG; § 4 Abs. 1 ZPO bestimmt.

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