Handels- und Gesellschaftsrecht

Versäumung der Berufugnsfrist und  abgelehnter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Aktenzeichen  3 S 15/19

Datum:
2.5.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 38197
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 85 Abs. 2, § 97 Abs. 1, § 230, § 233, § 236 Abs. 2 S. 1, § 517, § 522 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Bleibt nach freibeweislicher Aufklärung der Frage der Wahrung der Berufungsfrist offen, geht dies zu Lasten des Berufungsführers.  (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein zulässiges Wiedereinsetzungsbegehren setzt eine Verfristung voraus.  (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

0102 C 1109/18 2019-01-16 Endurteil AGBAMBERG AG Bamberg

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bamberg vom 16.01.2019, Aktenzeichen 0102 C 1109/18, wird verworfen.
2. Der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand in die Berufungsfrist wird verworfen.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.808,84 € festgesetzt.

Gründe

Die Berufung des Beklagten vom 18.02.2019 gegen das Urteil des Amtsgerichts Bamberg vom 16.01.2019 ist infolge der Versäumung der Berufungsfrist als unzulässig zu verwerfen, § 522 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 ZPO (unten B.). Auch der Antrag des Beklagten vom 05.04.2019 auf Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist bleibt ohne Erfolg (unten C.).
A.
Gegen das dem Beklagtenvertreter am 18.01.2019 zugestellte amtsgerichtliche Urteil vom 16.01.2019 legte der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 18.02.2019 Berufung ein (vgl. Bl. 83 d.A.). Die vom Beklagtenvertreter nach seiner Darstellung eigenhändig in den Nachtbriefkasten des Landgerichts Bambergs eingeworfene Berufungsschrift vom 18.02.2019 wurde mit dem Stempel „Nachtbriefkasten“ Eingang „19. Feb. 2019“ versehen.
Im Folgenden wurden zur Frage des Eingangs der Berufungsschrift am 18.02.2019 (wie vom Beklagtenvertreter behauptet) oder am 19.02.2019 (wie ausweislich des Posteingangsstempels erfasst) mehrfach Stellungnahmen des Beklagtenvertreters und der für die Erfassung des Posteingangs zuständigen Wachtmeister des Landgerichts Bamberg eingeholt. Auf die Schriftsätze des Beklagtenvertreters vom 23.02.2019 (Bl. 85), 18.03.2019 (Bl. 88 ff.), 04.04.2019 (Bl. 104 ff.), 05.04.2019 (Bl. 102 ff.) und 16.04.2019 (Bl. 114 f.) sowie auf die Stellungnahmen der mit dem gegenständlichen Posterfassungsvorgang betrauten Wachtmeister JHS … und JSSin … vom 01.03.2019 (Bl. 94) und 05.04.2019 (Bl. 109) wird Bezug genommen. Unter dem 05.04.2019 beantragte der Beklagtenvertreter zugleich, dem Beklagten für eine etwaige Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (Bl. 102 f.).
Die Kammer wies mit Verfügung vom 01.04.2019 (Bl. 95) und 16.04.2019 (Bl. 110) auf ihre Bedenken gegen die Wahrung der Berufungsfrist und damit die Zulässigkeit der Berufung hin.
B.
Die Berufung erweist sich im Ergebnis bereits als unzulässig, § 522 Abs. 1 ZPO. Der Nachweis fristgerechten Eingangs der Berufungsschrift binnen der am 18.02.2019 abgelaufenen Monatsfrist des § 517 ZPO wurde nicht erbracht (vgl. dazu auch § 230 ZPO). Dies wirkt sich zum Nachteil des insoweit beweisbelasteten Berufungsführers und damit des Beklagten aus, zumal eine Glaubhaftmachung fristgerechten Eingangs allein nicht genügt (vgl. dazu Zöller, 32. Aufl. 2018, § 519 Rn. 20 m.w.N., § 522 Rn. 1).
Die gegenständliche Berufungsschrift vom 18.02.2019 ging ausweislich des Eingangsstempels und der eingeholten Stellungnahme der mit dem Vorgang befassten Justizwachtmeister JHS … und JSSin … am 19.02.2019 bei den Justizbehörden ein, mithin erst nach der am 18.02.2019 abgelaufenen Berufungseinlegungsfrist. Nach Darstellung der zuständigen Wachtmeister wurde der Berufungsschriftsatz vom 18.02.2019 bei der Posteingangskontrolle am Morgen des 20.02.2019 im Nachtbriefkasten vorgefunden und erfasst. Wäre der Berufungsschriftsatz bereits am 18.02.2019 eingegangen, so wäre ein diesbezüglicher Eingang bereits bei der Posteingangskontrolle am Morgen des 19.02.2019 erfasst worden. Erfassungsfehler bei der Posteingangskontrolle könnten ausgeschlossen werden.
Aus Sicht der Kammer ergeben sich keine Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Stellungnahme der betreffenden gerichtsbekanntermaßen erfahrenen sowie zuverlässig und sorgfältig arbeitenden Wachtmeister. Gleichgelagerte Streitfragen hinsichtlich des Posteingangs von Dokumenten, die via Nachtbriefkasten eingegangen sind, sind der Kammer nicht bekannt. Es spricht daher viel dafür, dass die gegenständliche Berufungsschrift erst am 19.02.2019 und damit verspätet in den Nachtbriefkasten eingeworfen wurde und hiernach bei der üblichen morgendlichen Posteingangskontrolle am 20.02.2019 ordnungsgemäß erfasst wurde.
Andererseits hat die Kammer für sich genommen auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, an der anwaltlich versicherten Darstellung des Beklagtenvertreters, er habe die Berufungsschrift bereits am Abend des 18.02.2019 in den Nachtbriefkasten geworfen, zu zweifeln.
Nach alledem bleibt indes – nach freibeweislicher Aufklärung der Frage der Wahrung der Berufungsfrist – jedenfalls offen, ob diese durch den Berufungsführer bzw. seinen Bevollmächtigten gewahrt wurde oder nicht, was sich zum Nachteil der Beklagtenseite auswirkt.
C.
Der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend eine etwaige Versäumung der Berufungsfrist bleibt gleichfalls ohne Erfolg, da Gründe schuldloser Versäumung der Berufungsfrist nicht hinreichend geltend gemacht werden. Der Wiedereinsetzungsantrag erweist sich bereits als unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet.
Es wird im Ausgangspunkt bereits kein zulässiges Wiedereinsetzungsbegehren geltend gemacht, §§ 233, 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Sinngemäß hält die Beklagtenseite auch für die Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrags an ihrer Darstellung fest, wonach die Berufungsschrift vor Ablauf der Berufungsfrist in den Nachtbriefkasten eingeworfen worden sei und allein die verzögerte Erfassung des Schriftstücks durch die Justizbehörden der Beklagtenseite nicht angelastet werden könne (vgl. Bl. 102/103 und Bl. 115). Damit wird indessen gar kein Wiedereinsetzungsgrund dargetan, da Wiedereinsetzung in den vorigen Stand denknotwendig eine Verfristung voraussetzt (vgl. dazu den Wortlaut des § 233 ZPO: „War eine Partei ohne ihr Verschulden gehindert, eine Notfrist (…) einzuhalten“).
Jedenfalls erweist sich der Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet, da durchgreifende Gründe, weshalb die Versäumung der Berufungsfrist um einen Tag ohne Verschulden im Sinne des § 233 ZPO gewesen sein soll, weder dargelegt noch glaubhaft gemacht werden, § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Vielmehr sind keine nachvollziehbaren Gründe dafür dargetan oder sonst ersichtlich, warum die am 18.02.2019 abgelaufene Berufungsfrist nicht hätte eingehalten werden können (vgl. dazu auch § 85 Abs. 2 ZPO).
D.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
E.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.

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