Handels- und Gesellschaftsrecht

Wert für die Gerichtsgebühren bei Betriebsfortführung durch den Insolvenzverwalter

Aktenzeichen  22 T 899/16

Datum:
3.11.2016
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Ingolstadt
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GKG GKG § 58

 

Leitsatz

Führt der Insolvenzverwalter den schuldnerischen Betrieb fort, bemisst sich der Wert für die Berechnung der Gerichtsgebühren nach dem gesamten Umsatz im Fortführungszeitraum; die angefallenen Ausgaben sind nicht abzuziehen. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

IN 607/05 2016-05-09 Bes AGINGOLSTADT AG Ingolstadt

Tenor

1. Die Beschwerde gegen Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 09.05.2016, Az. IN 607/05, wird zurückgewiesen.
2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
3. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
Bei der Schuldnerin handelt es sich um ein Unternehmen für Kälte- und Klimatechnik.
Aufgrund des Eröffnungsbeschlusses des Amtsgerichts Ingolstadt vom 01.03.2006, Az. IN 607/05, wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet.
Während der Insolvenzverwaltung wurde das Unternehmen fortgeführt.
Mit Kostenrechnung vom 14.09.2015, KR XV, setzte das Amtsgericht Ingolstadt für die Berechnung der Durchführungsgebühr gem. Nr. 2320 KV-GKG einen Berechnungswert in Höhe von 483.116,77 € an. Bei der Wertberechnung wurden sämtliche mit der Betriebsfortführung erzielten Einnahmen berücksichtigt. Nicht berücksichtigt wurden hingegen die durch die Unternehmensfortführung entstandenen Ausgaben.
Der Insolvenzverwalter erhob gegen die Kostenrechnung Erinnerung und beantragte, den Berechnungswert um die mit der Betriebsfortführung verbundenen Kosten zu bereinigen. Nach Ansicht des Insolvenzverwalters sei nach Abzug der Kosten mithin eine bereinigte Aktivmasse in Höhe von 216.228,34 € zugrunde zu legen.
Der Bezirksrevisior bei dem Landgericht Ingolstadt wurde angehört: Er sprach sich gegen einen Abzug der Kosten aus. Die zuständige Kostenbeamtin half der Erinnerung gegen den Kostenansatz nicht ab und legte die Akte dem zuständigen Rechtspfleger gem. § 66 Abs. 1 GKG zur Entscheidung vor.
Mit Beschluss vom 09.05.2016 wies das Amtsgericht Ingolstadt die Erinnerung vom 22.03.2016 gegen die Schlusskostenrechnung vom 14.09.2015 zurück.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Insolvenzverwalters vom 10.06.2016, eingegangen beim Amtsgericht Ingolstadt am 14.06.2016. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die angefochtene Entscheidung sich lediglich auf eine Entscheidung des OLG München vom 08.08.2012 – 11 W 832/12 stütze, jüngere gegenläufige Entscheidungen jedoch unberücksichtigt lasse (OLG Hamm, Beschluss vom 14.05.2013 – I – 15 W 198/12; OLG Dresden, Beschluss vom 26.08.2013 – 3 W 793/13; OLG Koblenz, Beschluss vom 20.01.2014 – 12 W 630/13; OLG Stuttgart, Beschluss vom 30.04.2014 – 8 W 149/14). Zwar umfasse der Begriff der Insolvenzmasse nach §§ 35-37 InsO das gesamte Vermögen, welches dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehöre und das er während des Verfahrens erlange. Auf den Begriff der Insolvenzmasse nach § 35 InsO dürfe bei der Gebührenerhebung für das Insolvenzverfahren gem. § 58 GKG indes nicht abgestellt werden. Denn § 35 InsO verfolge einen abweichenden Regelungszweck. § 35 InsO stelle nicht auf die Insolvenzmasse bei Beendigung des Insolvenzverfahrens ab, sondern definiere, welches Vermögen vom laufenden Insolvenzverfahren erfasst werden solle, d. h. auf welche Vermögensteile sich die Beschlagnahme erstrecke. § 58 Abs. 1 Satz 1 GKG enthalte hingegen den Zusatz, dass es auf den Wert der Insolvenzmasse „zur Zeit der Beendigung des Verfahrens“ (Teilungsmasse) ankomme. Für diesen seien aber die mit der Betriebsfortführung verbundenen Kosten in Abzug zu bringen. Anzusetzen sei daher die bereinigte Bruttoaktivmasse von 216.228,34 €.
Das Amtsgericht Ingolstadt half der Beschwerde nicht ab und legte die Akten dem Landgericht Ingolstadt zur Entscheidung über die Beschwerde vom 10.06.2016 vor.
II.
Die gem. § 66 Abs. 2 GKG gegen den angefochtenen Beschluss statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung ist nicht zu beanstanden.
Das Amtsgericht Ingolstadt ist im Anschluss an die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts München mit Recht davon ausgegangen, dass ein Abzug der durch die Betriebsfortführung entstandenen Kosten nicht stattfindet.
1. Gem. § 58 Abs. 1 Satz 1 GKG werden die Gebühren für den Antrag auf Eröffnung und für die Durchführung des Insolvenzverfahrens nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens erhoben.
In der obergerichtlichen Rechtsprechung besteht Uneinigkeit, wie der Wert der Insolvenzmasse i. S. d. § 58 Abs. 1 Satz 1 GKG im Fall der Betriebsfortführung zu bestimmen ist.
Nach einer Ansicht, welcher auch das Oberlandesgericht München folgt, ist für die Wertbestimmung auf sämtliche Einkünfte ohne Abzug der durch die Betriebsfortführung verursachten Kosten abzustellen (OLG München, Beschluss vom 08.08.2012 – 11 W 832/12 im Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2010 – 10 W 60/10).
Nach anderer Ansicht ist für den Wert der Insolvenzmasse der durch die Betriebsfortführung erwirtschaftete Überschuss maßgeblich, d. h. der während der Betriebsfortführung erwirtschaftete Gewinn (“Reinerlös“, OLG Stuttgart, Beschluss vom 30.04.2014 – 8 W 149/14; OLG Koblenz, Beschluss vom 20.01.2014 – 12 W 640/13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.03.2012 – 3 W 286/11; OLG Hamm, Beschluss vom 14.05.2013 – I-15 W 198/12 m. w. N.; OLG Dresden, Beschluss vom 26.08.2013 – 3 W 739/13).
2. Die letztgenannte Ansicht beruft sich unter Heranziehung der Gesetzessystematik und der Intention des Gesetzgebers im Wesentlichen darauf, dass die Grundlagen der Wertberechnung der Verwaltervergütung und der Gerichtskosten nicht voneinander abweichen könnten:
Hierfür spreche zunächst der Wortlaut des § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG, wonach sich die Verwaltervergütung ebenfalls nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens richte. Aufgrund der gleichlautenden Formulierung sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine einheitliche Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters und für die Gerichtskosten habe schaffen wollen. Bei der Vergütung des Insolvenzverwalters habe der Gesetzgeber jedoch für den Fall der Betriebsfortführung in § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 b) InsVV ausdrücklich bestimmt, dass nur der Überschuss zu berücksichtigen ist, der sich nach Abzug der Ausgaben von den Einnahmen ergibt. Entsprechendes müsse für die Berechnung der Gerichtskosten gelten (vgl. OLG Koblenz und OLG Stuttgart, a. a. O.).
Vorstehendes werde durch die Gesetzesmaterialien gestützt. Im Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum EGInsO vom 24.11.1992 (BT-Drs. 12/3803, S. 72) und zur InsO vom 15.04.1992 (BT-Drs. 12/2443, S. 130) habe der Gesetzgeber ausgeführt, dass für das einheitliche Insolvenzverfahren der Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens maßgeblich sein solle – für die Erhebung der Gerichtskosten ebenso wie für die Berechnung der Vergütung des Insolvenzverwalters. Die Einheitlichkeit des neuen Insolvenzverfahrens mache auch eine einheitliche Berechnungsgrundlage und eine einheitliche Vergütungsstruktur notwendig (vgl. OLG Stuttgart, a. a. O.).
Auf den Begriff der Insolvenzmasse nach §§ 35-37 InsO sei hingegen nicht abzustellen, weil § 58 Abs. 1 Satz 1 GKG und die §§ 35-37 InsO unterschiedliche Regelungszwecke verfolgten. § 35 InsO stelle nicht auf die Insolvenzmasse bei Beendigung des Verfahrens ab, sondern definiere, welches Vermögen vom laufenden Insolvenzverfahren erfasst werden solle und auf welche Vermögensbestandteile sich die Beschlagnahme erstrecke (vgl. OLG Hamm, a. a. O.).
Schließlich ergebe sich aus dem Wortlaut „Insolvenzmasse bei Beendigung des Verfahrens“, dass es sich hierbei um die bei Abschluss des Verfahrens vorhandene Teilungsmasse handele. Es widerspreche dem Wortsinn, solche Werte der Insolvenzmasse hinzuzurechnen, die am Ende des Verfahrens nicht mehr vorhanden seien (OLG Hamm, a. a. O.).
3. Vorstehende Ansicht überzeugt nicht.
a) Den Gesetzesmaterialien ist nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber für Gericht und Verwalter eine einheitliche Vergütungsstruktur angestrebt hat.
Die Intention des Gesetzgebers war vielmehr eine andere: Die Vergütungsstruktur des Verwalter sollte so ausgestaltet werden, dass er sämtliche Verwertungsarten – (1) Liquidation, (2) übertragene Sanierung des Schuldnerunternehmens oder (3) Sanierung des Schuldners – als gleichrangig ansieht. Der Verwalter sollte aufgrund der Vergütungsstruktur nicht dazu veranlasst werden, ein Verfahrensergebnis vor dem anderen zu bevorzugen. Diese Einheitlichkeit des neuen Insolvenzverfahrens hat nach Ansicht des Gesetzgebers eine neue einheitliche Berechnungsgrundlage und eine einheitliche Vergütungsstruktur erforderlich gemacht (vgl. BT-Drs. 12/2443, S. 130). Während nach früherem Recht der Vergleichsverwalter etwa eine Vergütung nach dem Aktivvermögen zu Beginn des Verfahrens erhalten hat, der Konkursverwalter hingegen eine Vergütung nach dem Wert der Insolvenzmasse bei Beendigung des Verfahrens, wurde insoweit eine Vereinheitlichung angestrebt, als mit der Neuregelung der Wert bei Beendigung des Verfahrens maßgeblich sein sollte (BT-Drs. a . a. O.).
Rein tatsächlich wäre eine einheitliche Vergütungsstruktur für Gericht und Verwalter ohnehin nicht zu erreichen, da der Insolvenzverwalter eine Staffelvergütung nach § 2 InsVV erhält, für das Insolvenzverfahren jedoch Gerichtsgebühren nach dem Kostenverzeichnis des GKG anfallen.
b) Ein allgemeiner Rechtssatz, dass die für § 58 GKG und § 63 InsO maßgebliche Insolvenzmasse um die Kosten der Betriebsfortführung zu bereinigen sei, ist der InsVV nicht zu entnehmen.
Auch bei der Vergütung des Verwalters entspricht es dem Regelfall, dass Masseverbindlichkeiten nicht in Abzug gebracht werden, § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 InsVV (vgl. OLG München, a. a. O.).
§ 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 lit. b) InsVV macht hiervon trotz des missverständlichen Wortlauts keine Ausnahme. Denn nach der Vorschrift erhält der Verwalter aus dem Überschuss eine Vergütung, den er aus der Betriebsfortführung erzielt.
Zwar ist der Überschuss mittelbar von der Höhe der Betriebskosten abhängig, denn der Überschuss fällt regelmäßig umso höher aus, je geringer die Betriebskosten sind. Dies macht die Betriebskosten aber nicht zum bestimmenden Bemessungskriterium für die Insolvenzmasse. Bestimmend für die Vergütung des Verwalters ist ausschließlich die Höhe des „Überschusses“.
Dies hat praktische Konsequenzen für den Fall, dass ein Fortführungsverlust anfällt: Übersteigen die Kosten der Betriebsführung den erwirtschafteten Ertrag, entfällt schlimmstenfalls mangels Überschuss die Zusatzvergütung des Verwalters. Die Kosten der Betriebsfortführung können jedoch auch unter Berücksichtigung der Regelung des § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 lit. b) InsVV für den Vergütungsanspruch nicht unmittelbar zu einer Minderung der vorhandenen Insolvenzmasse und damit zu einer Minderung des Vergütungsanspruchs des Verwalters führen.
Vorstehendes schützt den Verwalter im Fall des Fortführungsverlusts vor einem Wegfall seines Vergütungsanspruchs. Bleibt bei der Firmenfortführung ein die Kosten übersteigender Massezufluss aus und ist dem Verwalter insofern eine Zusatzvergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 b) InsVV verwehrt, ermöglicht § 3 Abs. 1 lit. b) InsVV die Festsetzung eines Zuschlags, um den mit der Betriebsfortführung verbundenen Mehraufwand des Verwalters zu vergüten.
Da die Kosten der Betriebsfortführung auch nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 lit. b) InsVV keinen unmittelbaren Einfluss auf die Insolvenzmasse haben, überzeugt es nicht, den „Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens“ in §§ 58 GKG, 63 InsO als „Teilungsmasse“ zu verstehen. Denn im Fall des Fortführungsverlusts ist die tatsächlich zu verteilende Masse geringer, als die für § 63 InsO anzusetzende Masse. § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 lit. B) InsVV erfüllt insofern für den Vergütungsanspruch des Verwalters eine Begrenzungsfunktion.
c) Die Regelung des § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 lit. b) InsVV ist nicht auf die Bemessung der Gerichtskosten anwendbar. Sie ist der Erfolgsbezogenheit der Verwaltertätigkeit geschuldet und kann als Sondervorschrift nicht verallgemeinert werden.
Im Einzelnen:
Gem. § 1 InsO schuldet der Verwalter mit seiner Tätigkeit einen Erfolg. Er hat für die Verwertung des Vermögens des Schuldners, die Verteilung des Erlöses und damit eine gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger zu sorgen.
Der Erfolg des Insolvenzverwalters ist auch nach der Regelungssystematik der InsVV die maßgebliche Berechnungsgröße für seine Vergütung. Denn je besser der Verwalter wirtschaftet, umso größer ist die für seine Vergütung maßgebliche Insolvenzmasse. Dies schafft für den Insolvenzverwalter einen Anreiz, sich um einen möglichst hohen Ertrag in einem Verfahren zu bemühen (zur Regelungssystematik der InsVV: Haarmeyer/Mock, Insolvenzrechtliche Vergütung (InsVV), 5. Auflage 2014, § 1 Rn 1).
Führt der Verwalter unter Übernahme des unternehmerischen Risikos ein Unternehmen fort und erzielt er aus der Betriebsfortführung einen entsprechenden Überschuss, dann ist dies eine zu honorierende und deshalb gesondert festzusetzende vergütungsträchtige Leistung (vgl. Haarmeyer/Mock, Insolvenzrechtliche Vergütung (InsVV), 5. Auflage 2014, § 1 Rn 91).
Mit der Regelung des § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 lit. b) InsVV hat sich der Verordnungsgeber dafür entschieden, auch im Fall der Betriebsfortführung ein am konkreten Erfolg des Verwalters orientiertes Bemessungskriterium einzuführen: der vom Insolvenzverwalter mit der Betriebsfortführung erwirtschaftete Überschuss (vgl. Haarmeyer/Mock, Insolventzrechtliche Vergütung (InsVV), 5. Auflage 2014, § 1 InsVV Rn 92). Dies ist sachgerecht, da ein Verwalter, der bei einer Betriebsfortführung unter Einsatz seiner Arbeitskraft kostenorientiert im Sinne der Gläubiger wirtschaftet, auch eine höhere Vergütung verdient.
Erwirtschaftet er keinen Überschuss oder entsteht gar ein Fortführungsverlust, tritt an die Stelle des § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 lit. b) InsVV ein Zuschlag nach § 3 Abs. 1 lit. b) InsVV (s. o.).
Die vorstehend dargelegte Erfolgsbezogenheit ist eine Besonderheit der Verwaltertätigkeit, die in der Tätigkeit des Gerichts keine Entsprechung findet. Es gibt keinen Grund, die Gerichtskosten am erwirtschafteten Überschuss zu bemessen. Denn das Gericht hat hierauf – anders als der Verwalter – keinen Einfluss. Daher ist es auch nicht geboten, die Sondervorschrift über den Begriff der „Insolvenzmasse“ i. S. d. § 58 GKG auf die Bemessung der Gerichtskosten anzuwenden, zumal es inkosequent ist, für die Bemessung der Gerichtsgebühren § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 lit. b) InsVV zur Anwendung zu bringen, § 3 Abs. 1 lit. b) InsVV hingegen nicht. Das Vergütungssystem des Verwalters basiert aber auf beiden Vorschriften und nicht allein auf § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 lit. b) InsVV.
d) Es überzeugt auch gesetzessystematisch nicht, § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 lit. b) InsVV auf die Bemessung der Gerichtsgebühren nach § 58 GKG anzuwenden.
Die Verordnung gilt ausschließlich für die Vergütung des Insolvenzverwalters, § 65 InsO. Dies bedeutet, dass die Regelungen nicht unmittelbar zur Ausfüllung des Rechtsbegriffs der Insolvenzmasse bei der Bemessung der Gerichtsgebühr nach § 58 GKG herangezogen werden kann.
Für eine analoge Anwendung der Vorschrift fehlt es an der erforderlichen Regelungslücke, denn § 35 InsO definiert bereits den Begriff der Insolvenzmasse. Darüber hinaus kann § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 lit. b) InsVV als – im Zusammenhang mit § 3 Abs. 1 lit. b) InsVV stehende – Sonderregelung nicht verallgemeinert werden (vgl. OLG München, a. a. O.).
e) Schließlich verfängt der Einwand nicht, dass der Begriff der Insolvenzmasse aus § 35 InsO deshalb nicht auf § 58 GKG angewandt werden dürfe, weil beide Vorschriften abweichende Regelungszwecke verfolgten.
Zutreffend ist, dass § 35 InsO definiert, welches Vermögen vom laufenden Insolvenzverfahren erfasst werden soll, d. h. auf welche Vermögensteile sich die Beschlagnahme erstreckt. Hieraus ergibt sich jedoch kein Widerspruch zur Regelung des § 58 GKG, nimmt doch die Beschlagnahme eine zentrale Funktion im gerichtlichen Verfahren ein. Insofern erschließt sich nicht, warum der Wert der Beschlagnahme nicht wertbestimmend für die Gerichtsgebühren sein kann. Dies ist jedenfalls überzeugender, als am erwirtschafteten Überschuss anzuknüpfen.
§ 35 InsO und § 58 GKG schließen sich auch nicht begrifflich aus. § 35 InsO zählt zur Insolvenzmasse das Vermögen des Schuldners zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und dasjenige, was er während des Verfahrens erlangt. § 58 GKG stellt demgegenüber auf den Wert der Insolvenzmasse bei Beendigung des Verfahrens ab. Hieraus ergibt sich nur dann ein Widerspruch, wenn man den Begriff der Insolvenzmasse i. S. v. § 58 GKG aufgrund des Beendigungszeitpunkts als „Teilungsmasse“ versteht. Bei einem derartigen Verständnis kann die Gegenmeinung berechtigt anführen, dass nichts mehr verteilt werden kann, was sich nicht mehr in der Masse befindet (vgl. OLG Hamm und OLG Stuttgart, a. a. O.).
Dass der Begriff in § 63 InsO nicht als „Teilungsmasse“ verstanden werden kann, ergibt sich daraus, dass ein aus der Betriebsfortführung entstandener Fortführungsverlust nach der Regelung des § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 lit. b) InsVV die Insolvenzmasse und damit den Vergütungsanspruch des Verwalters nicht mindert (s. o.).
Bereits deshalb gebietet der in § 58 GKG und § 63 InsO übereinstimmende Wortlaut „Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens“ nicht, die Masse als „Teilungsmasse“ zu verstehen.
Der vermeintliche Widerspruch löst sich auf, wenn man die Insolvenzmasse i. S. d. § 58 GKG nicht als Teilungsmasse, sondern als Summe sämtlicher Aktiva definiert, welche vom Beendigungszeitpunkt gesehen i. S. v. § 35 InsO rückblickend dem Insolvenzbeschlag unterlagen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.
IV.
Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage wird die weitere Beschwerde zugelassen.

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