Handels- und Gesellschaftsrecht

Zur Bedeutung einer Reparaturfreigabeerklärung eines Autovermieters gegenüber dem Werkstattinhaber

Aktenzeichen  13 O 3307/16

Datum:
2.12.2016
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 631, § 812, § 818 Abs. 3
VVG VVG § 82 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Zwischen dem Vermieter eines während der Mietzeit verunfallten Fahrzeugs und dem Inhaber einer Reparaturwerkstatt kommt ein Werkvertrag nicht dadurch zustande, dass der Vermieter nach einem durch den Mieter erteilten Reparaturauftrag die Freigabe der Reparatur erklärt. Die Erteilung einer derartigen Freigabeerklärung erfolgt vielmehr erkennbar allein aufgrund der Obliegenheit des Vermieters gegenüber seinem Kaskoversicherer, vor Durchführung der Reparatur dessen Weisungen zu befolgen (vgl. § 82 Abs. 2 VVG). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Enthält eine Reparaturfreigabeerklärung nicht gleichzeitig die Erklärung, die Reparaturkosten vollumfänglich zu übernehmen, fehlt es regelmäßig an einem für eine Schuldübernahme oder einen Schuldbeitritt erforderlichen Beitritts- oder Mitübernahmewillen des Erklärenden. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
1. Der Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung der Reparaturkostenrechnung gemäß §§ 631, 812 BGB zu.
2. Ein Anspruch aus § 631 BGB besteht nicht.
Zwischen der Klägerin und der Beklagten ist kein wirksamer Werkvertrag zustande gekommen. Vielmehr wurde der Reparaturauftrag unstreitig durch Herrn O. erteilt und zwar am 26.6.2013. Dass Herr O. dabei als Vertreter der Beklagten gehandelt haben soll und bevollmächtigt war, ist weder substantiiert dargelegt noch ersichtlich. Vielmehr hat auch die Klägerin in der Klage ausdrücklich vorgetragen, der Auftrag sei durch Herrn O. erteilt worden.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Freigabeerklärung zur Reparatur vom 5.7.2016. Die Erteilung der Reparaturfreigabe ergibt sich daraus, dass der Versicherungsnehmer vertraglich verpflichtet ist, die Weisung der Versicherung zu befolgen, bevor er eine Reparatur vornimmt oder vornehmen lässt, insbesondere darf eine Besichtigung des beschädigten Fahrzeugs verlangt werden. Es liegt auf der Hand, dass eine Verletzung dieser Verpflichtung zum Verlust des Versicherungsschutzes kann. Zudem ist es auch im Interesse der Versicherung, dass zunächst Beweise zu den vorliegenden Schäden gesichert werden. Aus diesem Grund sollte das Fahrzeug auch fotografiert werden. Erteilt nun die A. und hieran anschließend die Beklagte die Freigabe zur Reparatur, so bedeutet dies zunächst, dass Einverständnis mit der durchzuführenden Reparatur besteht. Bedeutsam ist hier insbesondere die Freigabeerklärung der A.versicherung. Jedoch wird durch die Freigabeerklärung weder durch sie noch durch die Beklagte der Reparaturauftrag gegenüber der Klägerin erteilt.
3. Aus der Freigabeerklärung lässt sich auch eine Schuldübernahme in Form einer Kostenübernahme nicht herleiten. Hier fehlt es schon an übereinstimmenden Willenserklärungen seitens der Klägerin und er Beklagten/der Versicherung. Wird in einer Reparaturfreigabeerklärung kann nicht gleichzeitig die Erklärung enthalten sein, die Reparaturkosten vollumfänglich zu übernehmen. Damit würde der Erklärung eine Tragweite beigemessen, die sie nicht hat; dies würde nämlich bedeuten, dass in jedem Fall ein Anspruch auf Regulierung besteht, unabhängig davon, wie eine spätere rechtliche Würdigung bezüglich der Verursachung des Schadens vorgenommen wird. Entsprechende Gründe und insbesondere auch der Wortlaut der Erklärung sprechen gegen einen Schuldbeitritt, welcher zu einer Gesamtschuldnerischen Haftung des Beitretenden führen würde. Ein Beitritts- oder Mitübernahmewille ist nicht erkennbar.
4. Es wäre in Betracht gekommen, dass sich die Klägerin den Werklohnanspruch durch eine Forderungsübertragung sichert. Eine Abtretung eines möglichen Erstattungsanspruchs gegen die Versicherung oder gegen die Beklagte liegt hier allerdings nicht vor.
5. Ein Anspruch aus § 812 BGB besteht ebenfalls nicht.
Ein solcher Anspruch ist nicht schlüssig dargelegt, worauf im Termin auch hingewiesen wurde. Im Bereicherungsrecht findet eine Rückabwicklung primär im Leistungsverhältnis statt. Die Zahlung der Versicherung erfolgte jedenfalls in dem Leistungsverhältnis zur Beklagten. Die A.versicherung wollte hier auch keine Leistung der Klägerin gegenüber der Beklagten bewirken, sondern sie verfolgte eigene Zwecke aus dem Versicherungsverhältnis.
Hinsichtlich einer denkbaren Wertsteigerung durch die Reparatur verfolgte die Klägerin einen Leistungszweck gegenüber dem Auftraggeber, dem Mieter O., nämlich Erfüllung ihrer Verbindlichkeit aus dem abgeschlossenen Reparaturauftrag. Darüber hinaus wäre eine solche Wertsteigerung an dem streitgegenständlichen Pkw jedoch nicht als Bereicherung in die Hände der Beklagten gelangt. Denn das Fahrzeug ist nicht auffindbar und somit liegt ein Fall des § 818 Abs. 3 BGB vor.
6. Die Klage war daher abzuweisen.
Kosten: § 91 ZPO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO
Der Schriftsatz der Klagepartei vom 24.11.2016 war nicht nachgelassen und ist verspätet (§ 296 a ZPO). Das Gericht hatte im Termin die Parteien bereits darauf aufmerksam gemacht, dass teilweise möglicherweise österreichisches Recht zur Anwendung kommen könnte. Ein Vortrag hierauf erfolgte nicht.
Im Übrigen greift die entsprechende Argumentation hier auch nicht ein. Denn maßgeblich wurde die Freigabe durch die A.versicherung erklärt (die im Übrigen auch eine Rechnung erwünschte). Auch für die Klägerin war offensichtlich, dass eine Zahlung von Reparaturkosten allenfalls durch die A.versicherung erfolgen könnte. Als Empfängerin dieser Erklärungen hat die Klägerin auch entsprechend gehandelt, sie hat nämlich die Rechnungen sowohl am 9.8.2013 als auch 1.7.2014 an die A.versicherung bzw. deren Generalvertretung gesandt (K2; K3). Auch soweit die Klägerin auf den Grundsatz von Treu und Glauben hinweist, beträfe dies die Versicherung, die gegebenenfalls die Kosten des Reparaturschadens erstattet. Hiervon ist zu unterscheiden die Rechtsbeziehung aus dem Versicherungsverhältnis zwischen der Beklagten und der A.versicherung und die – vermeintliche – Rechtsbeziehung zwischen den Parteien.

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