Handels- und Gesellschaftsrecht

Zur Schmerzensgeldbemessung bei einem Treppensturz

Aktenzeichen  123 C 2093/15

Datum:
5.2.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 136751
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Aschaffenburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 253 Abs. 2, § 823

 

Leitsatz

Bei einem vorsätzlichen Verhalten des Schädigers, einer gravierenden Verletzung der Geschädigten (Sprunggelenksfraktur), einer Heilungsdauer von gut sechs Wochen und den nach Ausheilung des Bruchs noch immer geklagten Beschwerden einerseits sowie fehlender Erforderlichkeit einer operativen Behandlung andererseits kann ein Schmerzensgeld von 1.500 EUR angemessen sein. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.060,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.09.2015 sowie weitere 201,71 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.09.2015 zu zahlen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 27 % und der Beklagte 73 zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Klägerin steht gemäß §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 253 BGB, 223 StGB ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu, den die Klägerin zutreffend ursprünglich in Höhe von 1.500,00 € geltend gemacht hatte.
Soweit der Beklagte bestritten hatte, dass die Weber-A-Fraktur, die ärztlicherseits als im Bereich der Fibulaspitze vorhanden bei der Röntgenkontrolle am 17.12.2014 diagnostiziert wurde, bei dem Sturz entstanden war, so war weder aus den ärztlichen Attesten dafür eine Bestätigung zu finden noch waren sonst Anhaltspunkte für einen fehlenden Zusammenhang mit dem Sturz vorhanden. Die hierzu angehörte Klägerin führte aus, dass in der Erstbehandlung Salbe und ein Verband angelegt wurden, bei einem Anruf am nächsten Morgen aber bereits mitgeteilt worden war, dass die Verletzung eher nach einem Bruch aussieht und sie daraufhin auch einen Gips erhalten hatte, mithin eine Ruhigstellung des Beines erfolgte. Die von der Klägerin geschilderte Schwellung im Bereich des linken oberen Sprunggelenks entspricht der Ausführung des Arztes der Notaufnahme im Klinikum Aschaffenburg vom 07.12.2014 (Anlage K1 = Blatt 5 der Akten). Die Therapie war unter anderem mit Unterarmgehstützen darin vorgesehen. Bereits aus dem Vermerk unter „Procedere“ ergab sich hieraus, dass die Diagnose nicht endgültig ist nur mit einer Distorsion, nachdem bei Fortdauer der Beschwerden (Beschwerdepersistenz) eine Empfehlung zur Durchführung eines MRT des linken oberen Sprunggelenks empfohlen wurde. Aus der weiteren Bescheinigung vom 23.06.2015 wurde das Belassen einer Unterschenkelschiene am 17.12.2014 nach sicherer Feststellung der dislozierten Weber-A-Fraktur bescheinigt und eine Rezept über einen Vakuped-Schuh ausgestellt, wobei die Belastung für fünf Wochen auf eine Teilbelastung eingeschränkt war.
Das Gericht ist deshalb davon überzeugt, dass die knöcherne Verletzung der Klägerin, die in dem selben Bereich vorhanden war wie die zunächst diagnostizierte Distorsion am oberen Sprunggelenk, nachdem die Fibulaspitze den Auslauf des Wadenbeins als Bestandteil des Sprunggelenks darstellt, so dass die Mutmaßung der Beklagtenseite, es handele sich dabei um eine Oberschenkelfraktur neben der Sache ist.
Im Hinblick auf das vorsätzliche, ohne jegliche Provokation der Klägerin veranlasste vorsätzliche Verhalten des Beklagten, der, nachdem sich das Geschehen auf einem Treppenabsatz ereignete, auch damit rechnen musste, dass die Klägerin durch sein Wegschieben auf der steinernen Treppe zu Sturz kommen könnte und sich dabei gravierend verletzen kann, der langen Heilungsdauer von immerhin gut sechs Wochen und den von der Klägerin auch nach Ausheilung des Bruchs noch immer geklagten Beschwerden, die sie bereit war zu ertragen ohne Krankschreibung, nachdem sie aus Anlass einer Prüfung im Rahmen einer Fortbildungsmaßnahme wieder dienstfähig sein wollte, erschien, nachdem auf der anderen Seite eine operative Behandlung nicht erforderlich war, sondern allein durch Ruhigstellung und Minderbelastung über allerdings einen erheblichen Zeitraum und dem Umstand, dass der Beklagte sich erst auf richterliche Anordnung hin um Wiedergutmachung bemühte durch Zahlung auf den Wiedergutmachungsbetrag, unter Berücksichtigung aller Umstände ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500,00 € für die vorliegenden Schmerzen und Beeinträchtigungen und den besonderen Unrechtsgehalt der vom Beklagten verübten Tätlichkeit als angemessen, aber auch ausreichend, um dem klägerischen Anspruch auf finanziellen Ausgleich der erlittenen Unbill zu genügen. Nachdem die hierzu im Rahmen der strafrechtlichen Ahndung angesetzte Wiedergutmachung mit einem Betrag von 440,00 € bereits bezahlt ist und die Parteien hierwegen übereinstimmend Erledigung der Hauptsache erklärt hatten, war der Beklagte zur Bezahlung des Restbetrages zu verurteilen. Wann insoweit die Zahlungen erfolgt sind, hat die Klägerseite nicht vorgetragen, so dass der insoweit gemäß § 286 Abs. 1 BGB als mit der Zahlungsaufforderung verbundenen Mahnung eingetretene Verzug ab 02.09.2015 als auf den noch geltend gemachten Betrag beschränkt zu erachten war. Der klägerische Antrag ließ nichts anderes zu.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 a, 91 ZPO.
Im Hinblick auf die an die Klägerin am 15.09.2015 und 14.10.2015 gezahlten Raten in Höhe von jeweils 200,00 €, war die mit Schriftsatz vom 06.11.2015 erhobene, am 10.11.2015 bei Gericht eingegangene Klage im Hinblick auf die teilweise Erfüllung des klägerischen Anspruchs zu diesem Zeitpunkt bereits unbegründet, so dass es angemessen war, insoweit der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gründet sich auf § 249 BGB in Verbindung mit Nummern 2300, 7002, 7008 VV RVG.

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