Insolvenzrecht

Insolvenzanfechtung – Zahlung über Konto eines Dritten

Aktenzeichen  6 AZR 538/14

Datum:
22.10.2015
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BAG:2015:221015.U.6AZR538.14.0
Normen:
§ 131 Abs 1 Nr 1 InsO
§ 131 Abs 1 Nr 2 InsO
§ 133 InsO
Spruchkörper:
6. Senat

Leitsatz

Entgeltzahlungen sind kongruent und darum nicht nach § 131 InsO anfechtbar, wenn sie in für das Arbeitsverhältnis üblicher Weise über das Geschäftskonto des Arbeitgebers erfolgen. Das gilt auch dann, wenn es sich bei dem Geschäftskonto um das Konto eines Dritten handelt.

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Dresden, 11. Dezember 2013, Az: 7 Ca 4365/12, Urteilvorgehend Sächsisches Landesarbeitsgericht, 10. April 2014, Az: 8 Sa 39/14, Urteil

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 10. April 2014 – 8 Sa 39/14 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über die Rückzahlung des von einem Konto des Sohnes des späteren Schuldners gezahlten Arbeitsentgelts im Wege der Insolvenzanfechtung.
2
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem auf Antrag vom 18. Februar 2009 am 22. April 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des U (Schuldner), der bereits im Jahr 2005 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte. Der Schuldner betrieb in den Jahren 2008 und 2009 ein Baueinzelunternehmen und beschäftigte dafür seit dem 1. Januar 2008 den Beklagten. Dieser war als Buchhalter tätig, nahm allerdings keine Kontierungen vor, sondern erfasste lediglich Daten für das Steuerbüro des Schuldners.
3
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wickelte der Schuldner seinen geschäftlichen Zahlungsverkehr über ein Bankkonto seines Sohnes M ab. Dies geschah im Wege des Onlinebanking, für das ihm sein Sohn die erforderlichen Daten zur Verfügung gestellt hatte. Der Schuldner zog eigene Forderungen auf dieses Konto ein, indem er seine Kunden seit Einrichtung des Kontos anwies, Zahlungen auf dieses Konto zu leisten, und beglich hiervon auch seine eigenen Verbindlichkeiten. Der Sohn des Schuldners nutzte das Konto selbst nicht. Er erhielt weder Kontoauszüge noch holte er solche ab noch nahm er irgendwelche Verfügungen über das Konto vor. Vielmehr wurden über dieses Konto ausschließlich Umsätze für den Schuldner abgewickelt.
4
Der Beklagte erhielt von dem Konto des Sohnes des Schuldners am 4. Dezember 2008, am 12. Januar 2009 und am 5. Februar 2009 insgesamt 1.897,00 Euro gezahlt. Dabei handelte es sich jeweils um das Entgelt für den der Zahlung vorhergehenden Monat. Die Entgeltzahlungen waren seit Beginn des Arbeitsverhältnisses zwischen Schuldner und Beklagtem über das Konto des Sohnes erfolgt. Dem Beklagten war bekannt, dass die Zahlungen von einem Konto des Sohnes des Schuldners erfolgten.
5
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die streitbefangenen Zahlungen seien iSv. § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO und § 133 InsO anfechtbar erlangt. Dadurch, dass ihm sein Sohn die Daten für das Onlinebanking zur Verfügung gestellt habe, sei der Schuldner bevollmächtigt worden, über die Guthaben auf diesem Konto zugunsten seiner Gläubiger zu verfügen. Dadurch sei zugleich seine Forderung auf Auszahlung der Kontogutschriften gegen seinen Sohn erloschen. Der Schuldner sei deshalb jeweils einerseits Anweisender, andererseits (als bevollmächtigter Vertreter seines Sohnes als Kontoinhaber) Empfänger der Zahlungsanweisung gewesen. Damit liege eine inkongruente Direktzahlung vor. Ohnehin seien Zahlungen über das Konto eines Dritten inkongruent. Ob eine Leistung verkehrsüblich sei, müsse losgelöst vom Einzelfall nach allgemeiner Verkehrsanschauung bewertet werden. Es fehle jeder Hinweis dafür, dass der Beklagte mit dem Schuldner vereinbart habe, die Zahlungen über das Konto des Sohnes zu leisten. Leistungen würden nicht dadurch kongruent, dass sie über einen längeren Zeitraum inkongruent erbracht würden.
6
Der Kläger hat behauptet, der Schuldner sei bereits vor dem 1. November 2008 wegen Verbindlichkeiten von mehr als 3.000.000,00 Euro zahlungsunfähig gewesen. Die Inkongruenz sei ein starkes Beweisanzeichen sowohl für den von § 133 InsO vorausgesetzten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners als auch für die diesbezügliche Kenntnis des Beklagten. Der Beklagte habe als Buchhalter die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gekannt.
7
Der Kläger hat beantragt,
        
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.897,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 23. April 2009 zu zahlen.
8
Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, bei den Zahlungen habe es sich um Bargeschäfte gehandelt. Es seien keine Zahlungen durch einen Dritten erfolgt. Vielmehr habe der Schuldner allein über das Konto verfügt, so dass eine Leistung des Schuldners selbst vorliege. Die Vorsatzanfechtung scheitere an der fehlenden Gläubigerbenachteiligung und an den fehlenden subjektiven Voraussetzungen dieses Tatbestands. Die Zahlungen seien aus seiner Sicht völlig unauffällig gewesen, so dass er keine Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Schuldners habe haben müssen.
9
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

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