Insolvenzrecht

Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH & Co. KG: Schuldner der Masseverbindlichkeiten; Haftung des Kommanditisten für von der Insolvenzschuldnerin selbst begründete Masseverbindlichkeiten

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Aktenzeichen  IX ZR 54/20

Datum:
28.1.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:280121UIXZR54.20.0
Normen:
§ 54 InsO
§ 55 Abs 4 InsO
§ 80 InsO
§ 93 InsO
§ 128 HGB
§ 171 Abs 2 HGB
Spruchkörper:
9. Zivilsenat

Leitsatz

1. Schuldner der Masseverbindlichkeiten ist der Insolvenzschuldner.
2. Der Kommanditist haftet in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kommanditgesellschaft für Masseverbindlichkeiten, welche von der Insolvenzschuldnerin begründet worden sind.
3. Die persönliche Haftung des Gesellschafters für Masseverbindlichkeiten in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft scheidet grundsätzlich nicht bereits aus insolvenzrechtlichen Gründen aus (Aufgabe von BGH, Urteil vom 24. September 2009 – IX ZR 234/07, ZIP 2009, 2204).

Verfahrensgang

vorgehend OLG Karlsruhe, 7. Februar 2020, Az: 4 U 167/18, Urteilvorgehend LG Konstanz, 9. August 2018, Az: 9 O 40/17 KfH

Tenor

Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe – Zivilsenate in Freiburg – vom 7. Februar 2020 aufgehoben und das Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Konstanz vom 9. August 2018 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.293,59 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Juni 2015 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 9. Oktober 2014 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der A.        GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin befasste sich mit dem Erwerb und dem Betrieb des Containerschiffs M.     . Der Beklagte ist Kommanditist der Schuldnerin und mit einer Hafteinlage von 100.000 DM im Handelsregister eingetragen. In den Jahren 2002 bis 2007 zahlte die Schuldnerin an den Beklagten Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 13.293,59 €.
2
Die Schuldnerin wechselte im Jahr 2003 von der Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1, § 5 EStG zur Gewinnermittlung bei Handelsschiffen im internationalen Verkehr gemäß § 5a EStG (sogenannte Tonnagegewinnermittlung). Die gesonderte und einheitliche Feststellung des Unterschiedsbetrags zwischen Buchwert und Teilwert nach § 5a Abs. 4 EStG auf den 31. Dezember 2002 erfolgte mit Feststellungsbescheid vom 30. März 2012.
3
Mit Beschluss vom 2. Mai 2014 bestellte das Insolvenzgericht den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien. Die Schuldnerin veräußerte das Schiff am 2. Juli 2014; der Kläger stimmte der Veräußerung in seiner Eigenschaft als vorläufiger Insolvenzverwalter zu. Das Finanzamt Bremen setzte mit Bescheid vom 3. Juni 2016 eine Gewerbesteuer für das Jahr 2014 in Höhe von 309.552,40 € fest. Hierbei rechnete das Finanzamt gemäß § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG den fortgeschriebenen Unterschiedsbetrag dem Gewinn hinzu. Von der Gewerbesteuerforderung sind 4.994,74 € durch Verrechnung getilgt. Den verbleibenden Betrag von 304.557,66 € hat das Finanzamt als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO eingeordnet. Die zur Insolvenztabelle festgestellten Insolvenzforderungen sind aufgrund von anderen Kommanditisten erbrachter Zahlungen vollständig gedeckt. Hingegen kann die Verbindlichkeit aus dem Steuerbescheid nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden.
4
Der Kläger macht geltend, der Beklagte hafte als Kommanditist für die noch offene Gewerbesteuerforderung, und verlangt Zahlung von 13.293,59 €. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

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