Insolvenzrecht

Kostentragungspflicht des Schuldners

Aktenzeichen  11 T 3044/18

Datum:
13.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZInsO – 2019, 577
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
InsO § 4, § 14 Abs. 1 S. 2
ZPO § 91 a Abs. 1 S. 2, § 567 Abs. 2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

IN 93/18 2018-04-12 Bes AGFUERTH AG Fürth

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom 12.04.2018, Az. IN 93/18, in Ziffer 1 wie folgt neu gefasst:
Die Kosten des Verfahrens, einschließlich der durch den Beweisbeschluss vom 07.03.2018 entstandenen Sachverständigenkosten, hat der Schuldner zu tragen.

Gründe

I.
Mit Schreiben vom 09.02.2018, eingegangen bei Gericht am 16.02.2018 stellte die D… R… K…-B…-S… Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners und begründete dies mit Forderungen in Höhe von 2.025,46 Euro.
Der Antrag wurde dem Schuldner am 21.02.2018 zugestellt.
Daraufhin leistete der Schuldner eine Zahlung in Höhe von 2.075,00 EUR an die Gläubigerin, wodurch das Beitragskonto des Schuldners bei der Gläubigerin nunmehr ein Guthaben in Höhe von 49,54 Euro auswies. Dies bestätigte die Gläubigerin dem Schuldner mit Schreiben vom 28.02.2018.
Mit Schreiben vom 28.02.2018, eingegangen bei Gericht am 06.03.2018, teilte die Gläubigerin mit, dass der Schuldner die rückständige Forderung vollständig beglichen habe, ihr Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedoch gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 InsO zulässig bleibe. Sie bat um Fortführung des Verfahrens, da die Betriebsstätte des Schuldners nicht geschlossen sei und die konkrete Gefahr bestünde, dass die weitere wirtschaftliche Tätigkeit neue Verbindlichkeiten begründe.
Mit Beschluss vom 07.03.2018 beauftragte das Gericht daraufhin Herrn Rechtsanwalt M… A… als Sachverständigen damit, ein Gutachten darüber zu erstellen, ob das Vermögen des Schuldners die Kosten des Verfahrens decken würde, ein Eröffnungsgrund vorläge und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestünden.
Mit Schreiben vom 15.03.2018, eingegangen bei Gericht am 15.03.2018, erklärte die Gläubigerin ihren Antrag für erledigt und beantragte dem Schuldner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Mit Verfügung vom 19.03.2018 wurde dem Schuldner Gelegenheit zur Stellungnahme zur Erledigterklärung der Gläubigerin binnen einer Notfrist von zwei Wochen und unter Hinweis auf die Folgen gemäß § 4 InsO, § 91 a Abs. 1 S. 2 ZPO gegeben.
Das Amtsgericht Fürth – Insolvenzgericht – entschied mit Beschluss vom 12.04.2018, dass der Schuldner die Kosten des Verfahrens zu tragen habe, mit Ausnahme der durch den Beweisbeschluss vom 07.03.2018 entstandenen Sachverständigenkosten. Diese trage die Gläubigerin.
Dieser Beschluss wurde der Gläubigerin durch Aufgabe zur Post am 02.05.2018 zugestellt.
Mit Schreiben vom 14.05.2018, eingegangen beim Amtsgericht Fürth am 16.05.2018, legte die Gläubigerin sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom 12.04.2018, eingegangen bei der Gläubigerin am 04.05.2018, ein und beantragte, die Kosten vollumfänglich dem Schuldner aufzuerlegen.
Mit Beschluss vom 16.05.2018 half das Amtsgericht Fürth – Insolvenzgericht – der Beschwerde nicht ab und legte die Akten mit Verfügung vom gleichen Tag dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vor.
Mit Verfügung vom 28.05.2018 räumte das Beschwerdegericht der Gläubigerin und dem Schuldner bis zum 15.06.2018 Gelegenheit zur Stellungnahme zu der Frage ein, wann die Beschwerdeführerin über die Stillegung des Betriebs und die Neuverpachtung an einen anderen Besitzer informiert worden sei.
Die Gläubigerin führte mit Schreiben vom 13.06.2018, eingegangen beim Beschwerdegericht am gleichen Tag, aus, sie habe erst am 13.03.2018 hiervon Kenntnis erlangt und legte die entsprechende Korrespondenz mit dem Schuldner und dem Schuldnervertreter vor.
Der Schuldner gab keine Stellungnahme ab.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet, so dass die Entscheidung des Amtsgerichts Fürth – Insolvenzgericht – abzuändern war.
1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 4, 6 InsO, 91 a Abs. 2 ZPO statthaft, die Gläubigerin ist beschwerdebefugt und der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt vorliegend mit 312,97 EUR auch den Grenzwert von 200 EUR, § 567 Abs. 2 ZPO. Weiterhin wurde die Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt, §§ 4, 6 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 InsO, 569 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO.
2. Nach den Grundsätzen der Billigkeit i.S.d. § 91 a Abs. 1 S. 1 ZPO hat der Schuldner auch die Kosten des Gutachtens zu tragen.
Die Gläubigerin hat in ihrer Beschwerde vom 14.05.2018 dargelegt, dass sie erst durch einen Anruf des Schuldnervertreters am 13.03.2018 über die Stilllegung des Betriebs und die Neuverpachtung an einen anderen Besitzer informiert worden sei. In der Stellungnahme vom 13.06.2018 hat sie dies nochmals betont und schriftliche Korrespondenz mit dem Schuldner und dem Schuldnervertreter vorgelegt, die ebenfalls darauf schließen lässt, dass die Stilllegung des Betriebs und Verpachtung erstmals im Telefonat vom 13.03.2018 thematisiert wurde. Der Schuldner hat seine Frist zur Stellungnahme ungenutzt verstreichen lassen. Die Angaben der Gläubigerin erscheinen glaubhaft und wurden seitens des Schuldners auch nicht widerlegt.
Es ist daher davon auszugehen, dass die Gläubigerin erst am 13.03.2018, mithin erst nach Erlass des Beweisbeschlusses des Gerichts über die Erholung des Sachverständigengutachtens, Kenntnis von der Stillegung des Betriebs und die Neuverpachtung erhielt, woraufhin sie ihren Antrag mit Schreiben vom 15.03.2018 für erledigt erklärte. Von einer verspätet erklärten Erledigungserklärung, die die Kosten des Gutachtens veranlasste, ist demnach nicht auszugehen. Vielmehr bestanden berechtigte Gründe seitens der Gläubigerin ihren Antrag zunächst noch aufrechtzuerhalten. Nichts anderes kann sich daraus ergeben, dass die Gläubigerin anhand der Listen der Arbeitnehmer hätte ersehen können, dass diese alle nur bis längstens Ende Januar 2018 beschäftigt waren. Dies bedeutet nicht zwingend, dass der Betrieb auch gänzlich eingestellt wurde. Insbesondere verbleibt, anders als bei einer längerfristigen Verpachtung an einen Dritten, die jederzeitige Möglichkeit der Wiederaufnahme des Betriebs.
Nach alldem muss es auch in Hinblick auf die Kosten des Gutachtens mit der Verteilung der Kosten unter Zugrundelegung des voraussichtlichen Verfahrensausgangs sein Bewenden haben. Danach hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens zu tragen, wie bereits im Beschluss des Amtsgerichts Fürth ausgeführt.

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