Aktenzeichen W 6 K 18.935
Leitsatz
1. Als unzuverlässig ist auch ein Gewerbetreibender anzusehen, der trotz mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit seinen Gewerbebetrieb weiterführt. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Restschuldbefreiung ist während des laufenden Insolvenzverfahrens nur eine abstrakte Möglichkeit der Schuldenbefreiung, die sich erst durch Beendigung des Insolvenzverfahrens und der erfolgten Restschuldbefreiung bzw. zumindest deren Ankündigung durch entsprechenden Beschluss des Insolvenzgerichts zu einer konkreten Aussicht verdichtet. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ermessenserwägungen können nach § 114 S. 2 VwGO zwar auch noch im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden. Dies gilt jedoch nur, sofern eine Ermessensbetätigung überhaupt stattgefunden hat, nicht jedoch im Falle eines Ermessensausfalls. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 2018 wird in Nr. 2 aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens haben der Kläger ¾ und die Beklagte ¼ zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die erhobene Versagungsgegenklage ist zulässig und hat teilweise Erfolg. Die Klage ist bezüglich der Nr. 2 des Versagungsbescheides der Beklagten vom 6. Juli 2018 (Schließungsanordnung) begründet, nicht jedoch bezüglich Nr. 1 des Bescheides (Ablehnung der Gaststättenerlaubnis). Die Schließungsanordnung in Nr. 2 des Bescheides, die trotz zwischenzeitlichen Ablaufs der gesetzten Frist dem Grunde nach noch nicht als erledigt zu betrachten ist, ist infolge Ermessensausfall rechtswidrig und der Kläger hierdurch in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Diese war deshalb aufzuheben. Der Kläger hat jedoch im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Gaststättenerlaubnis nach § 2 GastG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), da die erforderliche Zuverlässigkeit gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG nicht vorliegt. Diesbezüglich war die Klage deshalb abzuweisen.
1. Der Kläger hat im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Erteilung einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis gemäß § 2 GastG zum Betrieb der Schank- und Speisewirtschaft „R …“ in B … Nach § 2 GastG bedarf, wer ein Gaststättengewerbe betreiben will, der Erlaubnis. Der Ausnahmetatbestand nach § 2 Abs. 2 GastG (Ausschank lediglich alkoholfreier Getränke, Abgabe lediglich zubereiteter Speisen) liegt hier nicht vor. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG ist die Erlaubnis unter anderem dann zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Gewerberechtlich unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der keine Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft sein Gewerbe ordnungsgemäß ausüben wird. Dies beinhaltet eine auf Tatsachen mit Gewerbebezug gestützte Prognose, die gerichtlich voll überprüfbar ist. Hierbei können auch weiter zurückliegende Tatsachen berücksichtigungsfähig sein (Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung, 8. Aufl., § 35 Rn. 27, 28). Zur ordnungsgemäßen Gewerbeausübung gehört auch die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Zahlungspflichten. Die Nichtabführung gewerbebezogener Steuern und insbesondere von Gewerbetreibenden treuhänderisch für den Staat vereinnahmter Steuern (z.B. Umsatzsteuer, Lohnsteuer) stellt ein gravierendes Fehlverhalten eines Gewerbetreibenden dar. Steuerrückstände sind dann geeignet, einen Gewerbetreibenden als unzuverlässig einzustufen, wenn sie sowohl ihrer absoluten Höhe nach als auch im Verhältnis zur steuerlichen Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind. Nur durch Vorlage eines tragfähigen Sanierungskonzepts, das eine Abtragung der aufgelaufenen Steuerrückstände und das Nichtentstehen neuer Steuerschulden erwarten lässt, kann die Unzuverlässigkeit wieder ausgeräumt werden. Bloßer guter Wille oder die einmalige Überweisung von Geldbeträgen reicht nicht. Als unzuverlässig ist auch ein Gewerbetreibender anzusehen, der trotz mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit seinen Gewerbebetrieb weiterführt. Im Interesse einer ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs ist im Falle anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit (Vorliegen ungeordnete Vermögensverhältnisse insbesondere bei Gastwirten) die Einstellung der gewerblichen Betätigung zu fordern. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist insbesondere im Fall einer ausweglosen wirtschaftlichen Krise anzunehmen, wenn ein wirtschaftlich sinnvolles und tragfähiges Sanierungskonzept fehlt. Die Ausweglosigkeit ist förmlich festgestellt, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. In diesem Fall ist die Sperrwirkung des § 12 GewO, der auch im Bereich des Gaststättenrechts gemäß § 31 GastG anwendbar ist, zu beachten.
Bei Anlegung dieses Maßstabs hat der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung der Gaststättenerlaubnis gemäß § 2 GastG, da er derzeit wegen wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit als gewerberechtlich unzuverlässig nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG anzusehen ist.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass er die Gaststätte „R …“ aktuell betreibt. Er hat diesbezüglich ein Geheft übergeben lassen, aus dem sich ergibt, dass er sein Gaststättengewerbe beim Finanzamt B. K. zur steuerlichen Erfassung angemeldet hat und aktuell Anmeldungen zur Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 2. und 3. Quartal 2018 getätigt hat. Des Weiteren enthält das Geheft ein Schreiben der DAK Gesundheit, Hamburg, vom 16. Oktober 2018, in dem der Kläger aufgefordert wird, eine Mitarbeiterin zur gesetzlichen Krankenkasse anzumelden. Des Weiteren ließ der Kläger einen Beschluss des Amtsgerichts Schweinfurt – Abteilung für Insolvenzsachen – vom 18. August 2014 (Az.: …) überreichen, aus dem sich ergibt, dass ihm als Schuldner die Kosten des eröffneten Insolvenzverfahrens einschließlich des Insolvenzeröffnungsverfahrens und des Restschuldbefreiungsverfahrens gestundet sind, soweit sein Vermögen zur Kostendeckung nicht ausreicht. Aus den Gründen des Beschlusses ergibt sich, dass dem Stundungsantrag des Klägers zu entsprechen war, da nach Prüfung der vorgelegten Unterlagen das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, die Kosten des Verfahrens zu decken. Auch eine Ratenzahlungsauflage war nicht veranlasst, da die anzurechnenden Gesamteinkünfte des Schuldners unter der Pfändungsfreigrenze liegen. Der Kläger erklärte in der mündlichen Verhandlung hierzu, dass er dennoch freiwillig 40,00 EUR monatlich auf die Verfahrenskosten leiste. Weitere Zahlungen leiste er jedoch nicht, da sein Einkommen noch nicht so hoch sei. Er könne sich damit zwar selbst unterhalten, es bleibe aber kein Betrag übrig bzw. er liege unter der Pfändungsgrenze. Er gebe in jedem Quartal seine Belege über seine wirtschaftliche Tätigkeit an den Insolvenzverwalter ab. Das Finanzamt sei der Hauptgläubiger seiner Schulden. Insgesamt bestünden allerdings Schulden von ca. 300.000,00 EUR aus seiner früheren Tätigkeit als Steinmetz. Diese Tätigkeit habe er 1999 aufgegeben.
Der Kläger befindet sich somit noch in einem laufenden Insolvenzverfahren, das wegen Zahlungsunfähigkeit des Klägers eröffnet wurde (Beschluss des Amtsgerichts Schweinfurt – Abteilung für Insolvenzsachen – vom 18.8.2014 – …). Zwar ist zutreffend, dass der Kläger Restschuldbefreiung beantragt hat (§ 287 InsO) und dies im Falle eines entsprechenden Beschlusses des Insolvenzgerichts (§ 287a InsO) zu einer Befreiung des Klägers von den Restschulden führen kann. Ob das Insolvenzgericht diesem Antrag entsprechen wird, ist jedoch zum derzeitigen Zeitpunkt offen und hängt davon ab, ob die gesetzlichen Voraussetzungen (§§ 287a ff. InsO) zum maßgeblichen Zeitpunkt vorliegen werden. Bis dahin ist weiterhin von der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Antragstellers auszugehen. Stellt ein wirtschaftlich leistungsunfähig Gewerbetreibender einen auf Erteilung der Restschuldbefreiung gerichteten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und wird das Verfahren eröffnet, kann hieraus noch kein Beginn zur Bewältigung der Krise und Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit gesehen werden (siehe zum Ganzen die Kommentierung bei Tettinger/Wank/Ennuschat, a.a.O., § 35 GewO, Rn. 54, 58, 67, und 71 mit Hinweisen auf obergerichtliche Rechtsprechung). Auch wenn der Kläger mit den in der mündlichen Verhandlung übergebenen Unterlagen den Eindruck einer nunmehr ordnungsgemäßen Gewerbeausübung erwecken will, ändert dies nichts an der derzeit noch bestehenden wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit. Dass die Schulden teilweise auch aus einer bereits im Jahr 1999 aufgegebenen gewerblichen Tätigkeit als Steinmetz stammen, ändert nichts daran, dass sie aktuell weiterhin bestehen und die Zahlungsunfähigkeit des Klägers begründen. Auch die Zahlung von lediglich 40,00 EUR monatlich auf die Verfahrenskosten des derzeit noch nicht beendeten Insolvenzverfahrens unter Hinweis darauf, dass – entgegen den im Eilverfahren in Aussicht gestellten Zahlungen von 150,00 EUR monatlich auf die Insolvenzmasse – keine weiteren Zahlungen derzeit erfolgen, weist auf die weiterhin bestehende wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit des Klägers hin, denn diese Zahlungen reichen für eine Rückführung der Schulden nicht aus. Der Kläger hat auch ausgeführt, dass er derzeit nach seinen Einkommensverhältnissen keine höheren Zahlungen erbringen kann.
Anzeichen für eine Besserung der Vermögensverhältnisse des Klägers sind auch nicht allein darin zu sehen, dass dieser selbst im Jahr 2014 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat, das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren eröffnet hat und infolgedessen die Regelungen der Insolvenzordnung auch bezüglich der aufgelaufenen Steuerschulden anwendbar sind, sodass aktuell keine Vollstreckungen durch die Finanzverwaltung erfolgen können (§ 89 InsO). In dieser Vorgehensweise kann weder ein tragfähiges Sanierungskonzept des Klägers im oben genannten Sinne gesehen werden noch lässt dies den Kläger vor Beendigung des Insolvenzverfahrens und einer erfolgten oder zumindest angekündigten Restschuldbefreiung wieder als wirtschaftlich leistungsfähig erscheinen. Das laufende Insolvenzverfahren ändert nichts an der derzeitigen tatsächlichen wirtschaftlichen Situation des Antragstellers. Die Restschuldbefreiung ist während des laufenden Insolvenzverfahrens nur eine abstrakte Möglichkeit der Schuldenbefreiung, die sich erst durch Beendigung des Insolvenzverfahrens und der erfolgten Restschuldbefreiung bzw. zumindest deren Ankündigung durch entsprechenden Beschluss des Insolvenzgerichts zu einer konkreten Aussicht verdichtet (OVG NRW, B.v.2.6.2004 – 4 A 223/04 – NVwZ-RR 2004,746; BayVGH, B.v. 20.12.2005 – 22 C 05.3222 – juris; OVG Münster, U.v. 8.12.2011 – 4 A 1115/10 – juris). Der Kläger selbst rechnet mit einer Restschuldbefreiung voraussichtlich erst im Jahr 2020, voraussichtlich im August. Wie das Insolvenzgericht über den Antrag des Klägers im Restschuldbefreiungsverfahren (§§ 286 ff. InsO) entscheiden wird, ist derzeit völlig offen. Allein wegen der Stellung eines Insolvenzantrags mit Antrag auf Restschuldbefreiung und angesichts der derzeit nur geringfügigen Zahlungen des Klägers kann deshalb noch nicht von einer wieder erlangten wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Klägers ausgegangen werden.
Zwar ist zutreffend, dass nach § 287b InsO der Schuldner im Interesse der Insolvenzgläubiger bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens verpflichtet ist, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und er darf keine zumutbare Tätigkeit ablehnen. Dem Kläger ist es auch unbenommen eine (abhängige oder erlaubnisfreie selbstständige) Erwerbstätigkeit auszuüben. Die Erwerbsobliegenheit ersetzt jedoch nicht die dafür erforderlichen staatlichen Erlaubnisse wie die Gaststättenerlaubnis, die an zwingende gesetzliche Voraussetzungen gebunden ist. Bei wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit und damit vorliegender Unzuverlässigkeit ist die Gaststättenerlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG zwingend zu versagen, unabhängig davon, ob der Insolvenzverwalter diese Tätigkeit „begrüßt“.
Die Sperrwirkung des § 12 GewO greift vorliegend nicht ein. Nach § 31 GastG i.V.m. § 12 GewO finden während eines laufenden Insolvenzverfahrens die Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen sind, ermöglichen, keine Anwendung in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübt wurde. Im vorliegenden Fall hat der Kläger zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 18. August 2014 die Gaststätte „R …“ weder betrieben noch war er (später) im Besitz der hierfür erforderlichen Gaststättenerlaubnis – auch nicht einer vorläufigen. Auf die Versagung einer nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erstmals beantragten Erlaubnis findet § 12 GewO keine Anwendung. Der Ausschluss der gewerblichen Untersagungsmöglichkeiten bezieht sich nur auf dasjenige Gewerbe, dass der Schuldner zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübt hat. Will er danach neue Gewerbetätigkeiten beginnen, kann insoweit die Gewerbebehörde wegen der finanziellen Unzuverlässigkeit einschreiten und die Gaststättenerlaubnis verweigern (Tettinger/Wank/Ennuschat, a.a.O., § 12 GewO Rn. 4, 9).
Auch aus der von Klägerseite zitierten Entscheidung des VG Würzburg vom 21. Dezember 2012 (W 6 S 12.1070) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die dortige Konstellation (Widerruf einer erteilten Gaststättenerlaubnis) ist mit dem vorliegenden Verfahren bereits nicht vergleichbar. Die dort zitierte Entscheidung des BayVGH (B.v. 13.12.2011 – 22 CS 11.2428), wonach im Hinblick auf Art. 12 GG und dem Rechtsstaatsprinzip die sofortige Vollziehbarkeit schon vor Rechtskraft der Hauptsache-Entscheidung als Präventivmaßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren einer besonderen Begründung bedarf, war lediglich im Hinblick auf die sich im Eilverfahren stellende Frage der erforderlichen sofortigen Vollziehbarkeit von Relevanz. Hierzu wurde im vorangegangenen Eilverfahren Stellung genommen.
Ein Anspruch auf Erteilung der Gaststättenerlaubnis besteht deshalb derzeit nicht und die Klage musste insoweit erfolglos bleiben.
2. Die Klage hat jedoch Erfolg, soweit in Nr. 2 des Bescheides vom 6. Juli 2018 die Schließung des Gaststättengewerbes zum 13. Juli 2018 angeordnet und ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht wurde. Diesbezüglich wurde im Beschluss des Gerichts vom 10. August 2018 im vorangegangenen Eilverfahren (W 6 S 18.936) bereits die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt bzw. angeordnet. Auch wenn die gesetzte Frist bereits verstrichen ist, hat sich die Schließungsanordnung dem Grunde nach – bei erforderlicher neuer Fristsetzung – noch nicht erledigt, sodass hierüber noch zu entscheiden war. Der Schließungsanordnung, die auf der Grundlage des § 31 GastG i.V.m. § 15 Abs. 2 GewO ergehen konnte, mangelt an einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung (Art. 40 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG), die auch im gerichtlichen Verfahren wegen des vollständigen Ermessensausfalles nicht gemäß § 114 Satz 2 VwGO ergänzt und damit geheilt werden konnte. Die Schließungsanordnung und die hieran anknüpfende Zwangsgeldandrohung waren deshalb rechtswidrig und aufzuheben.
Nach § 15 Abs. 2 GewO kann die Fortsetzung des Betriebs von der zuständigen Behörde verhindert werden, wenn ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist, ohne diese Zulassung betrieben wird. Wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die seitens des Gerichts nur eingeschränkt auf Ermessensfehler überprüfbar ist (§ 114 Satz 1 VwGO).
Zwar war der Kläger nicht im Besitz einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis nach § 2 GastG, auch nicht einer vorläufigen Erlaubnis gemäß § 11 GastG, sondern dem Kläger war lediglich mündlich von der Beklagten mitgeteilt worden, dass der Betrieb der Gaststätte bis zur Entscheidung über die beantragte Gaststättenerlaubnis geduldet werde, was bedeutet, dass die Beklagte gegen den (rechtswidrigen) Betrieb der Gaststätte zunächst – bis zur endgültigen Entscheidung über die beantragte Gaststättenerlaubnis – nicht einschreiten werde; dies vor dem Hintergrund, dass der Kläger bereits vor der Antragstellung darauf hingewiesen wurde, dass er wegen des laufenden Insolvenzverfahrens nicht mit einer Erlaubnis – auch nicht mit einer vorläufigen – rechnen könne. Selbst wenn in dieser Duldung eine konkludent erteilte vorläufige Erlaubnis gemäß § 11 GastG hätte gesehen werden können, hätte sich diese in jedem Fall mit der abschließenden Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Gaststättenerlaubnis erledigt. Eine Schließungsanordnung nach § 15 Abs. 2 GewO war deshalb grundsätzlich veranlasst. Diese steht jedoch im Ermessen der Behörde. Zu prüfen war demnach, ob die Beklagte ihr Ermessen erkannt hat und unter Zugrundelegung eines zutreffenden Sachverhalts dieses pflichtgemäß ausgeübt hat (Art. 40 BayVwVfG). Im vorliegenden Fall ist der Begründung des Bescheides nichts dergleichen zu entnehmen. Weder ist die Rechtsgrundlage benannt noch sind Ermessenserwägungen – etwa bezüglich der Fristsetzung – zu erkennen. Auch im gerichtlichen Verfahren wurde hierzu nichts ausgeführt. Zwar können Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO auch noch im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden. Dies gilt jedoch nur sofern eine Ermessensbetätigung überhaupt stattgefunden hat, nicht jedoch im Falle eines Ermessensausfalls.
Auch von einer „Ermessensreduzierung auf Null“, die im Falle ihres Vorliegens eine Ermessensausübung erübrigen würde, kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Da die Beklagte den Betrieb der Gaststätte bereits geraume Zeit geduldet hatte, war im Rahmen der Schließungsanordnung eine Ermessensausübung unter Berücksichtigung der Interessen des Klägers hinsichtlich der Modalitäten der Schließung (z.B. der Fristsetzung) veranlasst.
Die Regelung in Nr. 2 des Bescheides war deshalb aufzuheben. Der Beklagten bleibt es unbenommen, eine neue Schließungsanordnung zu treffen. Hierauf wurde bereits im vorangegangenen Eilverfahren hingewiesen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO, wonach bei teilweisen Obsiegen bzw. Unterliegen die Kosten verhältnismäßig zu teilen sind. Das Gericht hält die Bewertung des Obsiegens des Klägers mit einem Viertel für angemessen, da es dem Kläger hauptsächlich um die Erteilung der Gaststättenerlaubnis ging und es sich insoweit bei Nr. 2 des Bescheides lediglich um eine Nebenentscheidung handelte. Dem Kläger waren deshalb ¾ und der Beklagten ¼ der Kosten aufzuerlegen.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.