Aktenzeichen 21 T 1767/16
Leitsatz
Eingehende Beträge sind bei der Bemessung der Treuhändervergütung nur insoweit zu berücksichtigen, als sie zur Befriedigung der Gläubigerforderungen erforderlich waren. Überschießende Beträge sind bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Treuhändervergütung nicht zu berücksichtigen. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
2 IK 450/13 2016-10-27 Bes AGINGOLSTADT AG Ingolstadt
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde des Treuhänders vom 10.11.2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 27.10.2016, Az. 2 IK 450/13 wird
zurückgewiesen.
II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 411,96 € festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Im Verbraucherinsolvenzverfahren für Frau … mit dem Az. 2 IK 450/13 war Herr Rechtsanwalt … durch Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 21.10.2013 zum Treuhänder bestimmt worden.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 11.10.2016 wurde der Schuldnerin vorzeitig Restschuldbefreiung erteilt.
Durch Beschluss vom 27.10.2016 hat das Amtsgericht Ingolstadt die Vergütung des Rechtsanwalts … als Treuhänder auf 1.512,19 € (inklusive MwSt.) festgesetzt. Der weitergehende Antrag des Treuhänders, nämlich die Vergütung auf insgesamt 1.805,15 € festzusetzen, wurde zurückgewiesen.
Der Beschluss wurde zur Zustellung an den Treuhänder am 28.10.2016 zur Post gegeben. Mit Schriftsatz vom 10.11.2016, am gleichen Tage per Telefax beim Amtsgericht Ingolstadt eingegangen legte der Treuhänder Beschwerde gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Gerichts vom 27.10.2016 ein.
Durch weiteren Beschluss vom 15.11.2016 hat das Amtsgericht Ingolstadt der sofortigen Beschwerde des Treuhänders nicht abgeholfen. Die Sache wurde dem Landgericht Ingolstadt zur Beschwerdeentscheidung vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde ist vorliegend der statthafte Rechtsbehelf, sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht eingelegt.
Die sofortige Beschwerde erweist sich in der Sache allerdings als nicht begründet und war demgemäß zurückzuweisen.
Im Kern geht es darum, welcher Bemessungsbetrag als Grundlage für die Festsetzung der Treuhändervergütung nach § 14 Abs. 1 InsVV heranzuziehen ist.
Nach § 14 Abs. 1 InsVV wird die Vergütung des Treuhänders nach § 293 InsO nach der Summe der Beträge berechnet, die aufgrund der Abtretung des Schuldners (§ 287 Abs. 2 InsO) oder auf andere Weise zur Befriedigung der Gläubiger des Schuldners beim Treuhänder eingehen. In seinem Beschluss vom 27.10.2016 geht das Insolvenzgericht Ingolstadt davon aus, dass ein Betrag in Höhe von 25.691,65 € als Berechnungsgrundlage anzusetzen ist. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 24.765,55 €, welche vom Treuhänder an die Gläubiger ausgeschüttet wurden, zuzüglich der Gerichtskosten. Im Ergebnis ist das Amtsgericht Ingolstadt der Meinung, zugeflossene Beträge seien bei der Bemessung der Treuhändervergütung nur insoweit zu berücksichtigen, als sie letztlich auch der Befriedigung der Gläubiger dienten. Überschießende Beträge seien nicht zu berücksichtigen.
Demgegenüber meint der Beschwerdeführer, als Bemessungsgrundlage müsste ein Betrag von 37.231,00 € in Ansatz gebracht werden. Vorliegend hat nämlich die Schuldnerin einen hälftigen Anteil aus einer Erbschaft, nämlich insgesamt 37.231,00 € an den Treuhänder bezahlt. Dies führte letztlich dazu, dass sämtliche Gläubiger vollumfänglich befriedigt und der Schuldnerin vorzeitig Restschuldbefreiung erteilt werden konnte.
Wegen der Einzelheiten zum Sach- und Streitstand sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des Beschlusses des Amtsgerichts Ingolstadt vom 27.10.2016 sowie auf die ausführliche Darstellung in der Beschwerdebegründung vom 10.11.2016 verwiesen.
Das Beschwerdegericht schließt sich nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage der Meinung des Amtsgerichts Ingolstadt an. Dies aus folgenden Erwägungen:
1. Nach Meinung der Kammer spricht bereits der Wortlaut des § 14 Abs. 1 InsVV klar für die vom Amtsgericht vertretene Meinung. Der Zusatz im Verordnungstext „… zur Befriedigung der Gläubiger des Schuldners …“ spricht eindeutig dafür, dass eingehende Beträge nur insoweit Berücksichtigung bei der Bemessung der Betreuervergütung finden können, soweit sie tatsächlich zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich waren. Der entsprechende Zusatz im Verordnungstext wäre ansonsten völlig überflüssig.
2. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Entscheidung des Landgerichts Hannover vom 15.03.2011, Az. 6 T 20/11 überzeugt weder im Ergebnis noch in der Begründung. Eine eigentliche Begründung enthält die Entscheidung des Landgerichts Hannover nämlich nicht. Insbesondere setzt sich die Entscheidung schon gar nicht mit dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 InsVV auseinander.
3. Für die vorliegend zu treffende Entscheidung kann dahinstehen, ob grundsätzlich sonstige Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 InsO bei der Berechnung einbezogen werden müssten. Derartige Masseverbindlichkeiten gab es nämlich im vorliegenden Verfahren nicht.
4. In die Berechnungsgrundlage ist jedenfalls aber nicht die Vergütung des Treuhänders einzurechnen, mit der Folge, dass dieser Betrag zu den Gläubigerforderungen und den Gerichtskosten hinzuzurechnen wäre. Insoweit hat der Beschwerdeführer bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass in diesem Fall sich die Vergütung nach einer Bemessungsgrundlage richten müsste, diese aber wiederum von der Höhe der zu zahlenden Vergütung abhängig wäre, was letztlich eine Art Zirkelschluss ergeben würde. Derartiges war zum einen vom Verordnungsgeber sicher nicht gewollt.
Andererseits hat jedoch auch der Bundesgerichtshof bereits im Beschluss vom 20.11.2014 (IX ZB 16/14) entschieden, dass zu den Kosten des Insolvenzverfahrens gerade nicht die Vergütung des Treuhänders nach § 293 InsO zählt, weil sie erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens entsteht. Demgemäß ist die Vergütung für den Treuhänder auch nicht in § 54 InsO aufgeführt.
5. Auch der Hinweis auf § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Beschluss des Amtsgerichts vom 12.08.2016 wiederholt auch insoweit letztlich nur den Gesetzeswortlaut. Die entsprechende Vorschrift wurde aber sicherlich nicht im Hinblick auf die Vergütung des Treuhänders erlassen. Die Vorschrift zielt doch ganz offensichtlich darauf ab, dass geregelt wird, welchen Teil einer Erbschaft der Schuldner für sich behalten darf und welchen er (letztlich zur Erlangung der Restschuldbefreiung) (jedenfalls zunächst) an den Treuhänder abzuführen hat.
6. An einem überspitzten Beispiel zeigt sich eindrucksvoll und abschließend, dass die Rechtsmeinung des Beschwerdeführers nicht richtig sein kann: Nähme man an, ein Schuldner würde durch einen glücklichen Zufall in den Genuss einer Erbschaft im Bereich von beispielsweise 40 Millionen € gelangen, bei einem vergleichbaren Schuldenstand des Schuldners wie vorliegend. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum hieraus dann eine Vergütung für den Treuhänder in Höhe von etwas mehr als 200.000,00 € resultieren sollte, nachdem der Schuldner ja, ohne Rücksicht auf den Schuldenstand, die Hälfte der Erbschaft zunächst an den Treuhänder zahlen müsste. Auch bei einem solch extremen Beispiel müsste die Berechnung der Treuhändervergütung zu einem gerechten Ergebnis führen, was aber erkennbar dann nicht der Fall wäre. Dies zeigt, dass der Wortlaut des § 14 Abs. 1 InsVV tatsächlich ernst zu nehmen ist und die Treuhändervergütung nicht abstrakt von der Summe gesehen werden darf, die letztlich zur Befriedigung der Gläubiger herangezogen werden kann und dieser diente.
Insgesamt ergibt sich, dass die Entscheidung des Amtsgerichts Ingolstadt der Sach- und Rechtslage entspricht und nicht zu beanstanden ist.
III.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 4 InsO i.V.m. § 97 ZPO.
IV.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wurde auf 411,96 € festgesetzt. Dies entspricht der Differenz zwischen der vom Beschwerdeführer begehrten Vergütung und der Vergütung, wie sie das Amtsgericht im angefochtenen Beschluss festgesetzt hat.
V.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 ZPO).
Es handelt sich vorliegend offensichtlich um einen sehr seltenen Ausnahmefall. Mit Ausnahme der bereits zitierten Entscheidung des Landgerichts Hannover konnte keine vergleichbare Rechtsprechung gefunden werden. Die zu entscheidende Rechtsfrage hat die in der Praxis also kaum Relevanz.