Insolvenzrecht

Zuständigkeit für die Zwangsmittelfestsetzung bei Nichtabgabe der eidesstattlichen Versicherung

Aktenzeichen  1 AR 41/20

Datum:
10.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 12342
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 889 Abs. 1, § 899 Abs. 2

 

Leitsatz

Das gemäß § 889 Abs. 1 ZPO für die Entgegennahme einer eidesstattlichen Versicherung örtlich zuständige Amtsgericht als Vollstreckungsgericht ist auch für die Festsetzung von Zwangsmitteln gemäß § 889 Abs. 2 ZPO zuständig. (Rn. 25)

Verfahrensgang

651 M 3460/19 — AGERLANGEN AG Erlangen

Tenor

Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen nicht vor.

Gründe

I.
Die im Bezirk des Amtsgerichts Schleswig wohnende Schuldnerin ist Erbin nach ihrem Ehemann. Die beiden im Bezirk des Amtsgerichts Erlangen wohnenden Gläubiger sind Kinder des Ehemanns aus einer früheren Ehe. Sie erlangten im Wege der Widerklage ein Teilurteil des Amtsgerichts Erlangen, in dem die Schuldnerin verurteilt wurde, an Eides statt zu versichern, dass der Bestand des Nachlasses ihres Ehemanns in einem notariellen Nachlassverzeichnis so vollständig wie möglich und nach bestem Wissen angegeben sei; zur Begründung führte das Gericht aus, der Anspruch ergebe sich aus § 2314 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 260 Abs. 2 BGB. Die Berufung der Schuldnerin dagegen wies das Landgericht Nürnberg-Fürth zurück (Az. 6 S 8747/18).
Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2019 haben die Gläubiger beim Amtsgericht Erlangen – Vollstreckungsgericht – beantragt, einen Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu bestimmen. Das Amtsgericht Erlangen hat den Antrag unter dem Aktenzeichen 651 M 3460/19 erfasst und den Gläubigern mit Verfügung vom 21. Oktober 2019 mitgeteilt, es sei örtlich unzuständig, weil sich die Zuständigkeit nach dem allgemeinen Gerichtsstand der Schuldnerin richte (§§ 889 Abs. 1, 802 ZPO), und ihnen Gelegenheit gegeben, einen Antrag auf Abgabe an das Amtsgericht Schleswig – Vollstreckungsgericht – zu stellen oder den Antrag zurückzunehmen. Nachdem die Gläubiger die Abgabe beantragt hatten, hat sich das Amtsgericht Erlangen – ohne Anhörung der Schuldnerin – mit Beschluss vom 29. Oktober 2019 für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Amtsgericht Schleswig verwiesen. Der Beschluss ist nur den Gläubigern mitgeteilt worden.
Das Amtsgericht Schleswig hat unter dem Aktenzeichen 6 M 2281/19 Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bestimmt. In diesem Termin hat die Schuldnerin erklärt, der Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß dem Teilurteil des Amtsgerichts Erlangen nicht nachkommen zu können, weil das Landgericht Nürnberg-Fürth zeitlich nach dem amtsgerichtlichen Urteil ausgeurteilt habe, dass das ursprüngliche Nachlassverzeichnis verbessert bzw. ergänzt werden solle (Az. 6 S 8747/18); sie habe daraufhin das ursprüngliche Nachlassverzeichnis nachgebessert. Dieses versichere sie an Eides statt.
Die Gläubiger haben hierzu die Auffassung vertreten, dass die Schuldnerin die eidesstattliche Versicherung, zu deren Abgabe sie verurteilt worden sei, nicht abgegeben habe und deren Angaben unzutreffend seien, weil das amtsgerichtliche Teilurteil rechtskräftig sei, sowie um Mitteilung gebeten, wie in der Sache weiter verfahren werden solle. Das Amtsgericht Schleswig hat darauf geantwortet, dass es den Gläubigern obliege, einen Antrag gemäß § 889 Abs. 2 ZPO zu stellen.
Mit an das Amtsgericht Erlangen – Vollstreckungsgericht – gerichtetem Antrag vom 11. März 2020, bei Gericht am 16. März 2020 eingegangen, haben die Gläubiger beantragt, die Schuldnerin zu einem Zwangsgeld zu verpflichten, hilfsweise zu Zwangshaft, weil sie die eidesstattliche Versicherung nicht abgegeben habe. Das Amtsgericht Erlangen hat den Antrag unter dem Aktenzeichen 606 M 926/20 erfasst sowie sich mit Beschluss vom 17. März 2020 – ohne Anhörung der Parteien – für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Amtsgericht Schleswig verwiesen. Zur Begründung hat es, wie schon in seinem Beschluss vom 29. Oktober 2019, 651 M 3460/19, ausgeführt, dass sich die örtliche Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts in Verfahren auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach bürgerlichem Recht gemäß §§ 889 Abs. 1, 802 ZPO ausschließlich nach dem Wohnsitz des Schuldners bzw. in Ermangelung eines solchen nach dessen Aufenthalt bestimme; sei beides nicht vorhanden, sei die eidesstattliche Versicherung vor dem Vollstreckungsgericht am Sitz des Prozessgerichts im ersten Rechtszug zu leisten. Das angegangene Gericht sei örtlich unzuständig, weil die Schuldnerin im Bezirk des Amtsgerichts Schleswig wohne; das ergebe sich aus den Angaben der Gläubiger. Auch dieser Beschluss ist nur den Gläubigern mitgeteilt worden.
Die Akten 606 M 926/20 sind am 26. März 2020 beim Amtsgericht Schleswig eingegangen, das sie zu seinen Akten 6 M 2281/19 genommen hat. Mit Beschluss vom 2. April 2020 hat sich das Amtsgericht Schleswig für unzuständig erklärt, weil das Amtsgericht Erlangen als Prozessgericht des ersten Rechtszugs zuständig sei, und die Sache dem Oberlandesgericht Nürnberg vorgelegt. Der Beschluss ist ohne Anhörung der Parteien ergangen, diesen aber mitgeteilt worden.
Das Oberlandesgericht Nürnberg hat die Akten an das Bayerische Oberste Landesgericht weitergeleitet.
Im Bestimmungsverfahren haben sich nur die Gläubiger geäußert. Sie sind der Ansicht, § 889 Abs. 2 ZPO sei so zu verstehen, dass das Vollstreckungsgericht am Wohnsitz des Schuldners gemäß § 889 Abs. 1 ZPO auch für den Antrag nach § 888 ZPO zuständig bleibe. Das Amtsgericht Erlangen habe daher das Verfahren zu Recht an das Amtsgericht Schleswig verwiesen; dieser Verweisungsbeschluss sei nach § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO bindend.
II.
1. Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen nicht vor.
a) Das Bayerische Oberste Landesgericht wäre zwar für die Bestimmungsentscheidung nach § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO zuständig, weil das für die am negativen Kompetenzkonflikt beteiligten Gerichte gemeinschaftliche im Rechtszug zunächst höhere Gericht der Bundesgerichtshof ist und das mit der Rechtssache zuerst befasste Gericht in Bayern liegt.
Auch ist § 36 ZPO im Zwangsvollstreckungsverfahren ebenso wie im Erkenntnisverfahren anwendbar (vgl. BGH, Beschluss vom 2. März 1983, IVb ARZ 49/82, NJW 1983, 1859 [juris Rn. 6]; BayObLG, Beschluss vom 1. August 2019, 1 AR 12/19, FamRZ 2020, 41 [juris Rn. 11]).
b) Es sind jedoch die Voraussetzungen für die Bestimmung der (örtlichen) Zuständigkeit gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO im Übrigen nicht gegeben.
Diese Vorschrift findet Anwendung, wenn sich die beteiligten Gerichte „rechtskräftig“ für unzuständig erklärt haben. Das erfordert grundsätzlich, dass die entsprechenden Entscheidungen allen Parteien bekannt gemacht worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juni 1997, XII ARZ 13/97, NJW-RR 1997, 1161 [juris Rn. 4]; BayObLG, Beschluss vom 19. Mai 2020, 1 AR 28/20, juris Rn. 20; OLG Braunschweig, Beschluss vom 26. November 2019, 1 W 82/19, juris Rn. 10). Zwar kann sich aus besonderen Verfahrensvorschriften auch für das Bestimmungsverfahren Abweichendes ergeben (etwa aus § 10 InsO [vgl. BayObLG, Beschluss vom 19. Dezember 2019, 1 AR 139/19, juris Rn. 12] oder aus § 834 ZPO [vgl. dazu BayObLG, Beschluss vom 1. August 2019, 1 AR 12/19, juris Rn. 39]); für das Verfahren gemäß § 889 ZPO bestehen indes keine derartigen Ausnahmeregelungen.
Vorliegend hat das Amtsgericht Erlangen seinen Beschluss vom 17. März 2020 der Schuldnerin nicht mitgeteilt. Damit ist dieser Beschluss nicht wirksam geworden, so dass eine Entscheidung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nicht in Betracht kommt.
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Erlangen vom 17. März 2020 entfaltet entgegen der Auffassung der Gläubiger keine Bindungswirkung gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO.
aa) Zwar ist diese Vorschrift grundsätzlich auch im Zwangsvollstreckungsverfahren anwendbar (vgl. BayObLG, Beschluss vom 26. November 1985, Allg Reg 90/85, BayObLGZ 1985, 397 [399 f. unter II. 3. b} aa}]; Foerste in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 281 Rn. 2; Greger in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 281 Rn. 2; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 40. Aufl. 2019, § 281 Rn. 1; Bartels in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2017, § 889 Rn. 5 a. E.; Prütting in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 281 Rn. 6; zur Ausnahme des § 828 Abs. 3 ZPO BayObLG, Beschluss vom 13. Juli 2005, 1Z AR 143/05, juris Rn. 6).
bb) Gleichwohl kommt dem Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Erlangen vom 17. März 2020 keine Bindungswirkung zu.
(1) Der Gesetzgeber hat in § 281 Abs. 2 Sätze 2 und 4 ZPO die grundsätzliche Unanfechtbarkeit von Verweisungsbeschlüssen und deren Bindungswirkung angeordnet. Dies ist im Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu beachten. Im Falle eines negativen Kompetenzkonflikts innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist daher grundsätzlich das Gericht als zuständig zu bestimmen, an das die Sache in dem zuerst ergangenen Verweisungsbeschluss verwiesen worden ist. Demnach entziehen sich auch ein sachlich zu Unrecht ergangener Verweisungsbeschluss und die diesem Beschluss zugrunde liegende Entscheidung über die Zuständigkeit grundsätzlich jeder Nachprüfung. Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn der Verweisungsbeschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen anzusehen ist, etwa weil er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als objektiv willkürlich betrachtet werden muss (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 15. August 2017, X ARZ 204/17, NJW-RR 2017, 1213 Rn. 15;
BayObLG, Beschluss vom 5. März 2020, 1 AR 144/19, juris Rn. 84; Greger in Zöller, ZPO, § 281 Rn. 16 f.; jeweils m. w. N.).
(2) Bei Anlegung dieses Maßstabs entfaltet der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Erlangen keine Bindungswirkung.
Zwar lässt der Umstand, dass die Verweisung ohne Antrag der Gläubiger erfolgt ist, die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses nach § 281 ZPO nicht entfallen, da auch Verweisungsbeschlüsse, die auf Verfahrensmängeln beruhen und deshalb rechtsfehlerhaft sind, grundsätzlich wirksam sind (vgl. BGH, Beschluss vom 12. April 2018, IX ZB 66/17, juris Rn. 5 m. w. N.).
Die Fehlerhaftigkeit des Verweisungsbeschlusses erschöpft sich indes nicht in diesem Mangel. Der Beschluss ist darüber hinaus ergangen, ohne dass das Gericht die Parteien zu seiner Verweisungsabsicht gehört hätte, und hat deshalb das grundrechtsgleiche Recht sowohl der Gläubiger als auch der Schuldnerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Dieser Verstoß begründet nicht nur einen einfachen Verfahrensmangel, sondern lässt die Bindungswirkung der Verweisung entfallen.
b) Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob das Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 889 Abs. 1 ZPO und das sich gegebenenfalls anschließende Zwangsmittelverfahren gemäß § 889 Abs. 2 ZPO trotz des Umstands, dass Absatz 1 ein spezielles Verfahren zur freiwilligen Leistung, Absatz 2 hingegen eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung regelt, in der Weise als zusammengehöriges Ganzes anzusehen sind, dass einem Verweisungsbeschluss hinsichtlich des Verfahrens zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung auch hinsichtlich des Zwangsmittelverfahrens Bindungswirkung zukommen kann. Denn jedenfalls entfaltet auch der erste Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Erlangen vom 29. Oktober 2019 keine Bindungswirkung, weil er ebenfalls ohne Anhörung der Schuldnerin ergangen ist und deshalb deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
c) Zuständig für die Entscheidung über den Zwangsmittelantrag der Gläubiger dürfte das Amtsgericht Schleswig sein.
Die Zuständigkeitsregelung in § 889 Abs. 1 ZPO gilt auch für das Verfahren gemäß § 889 Abs. 2 i. V. m. § 888 ZPO (vgl. OLG München, Beschluss vom 2. März 1990, 5 W 952/90, MDR 1991, 796; Sturhahn in Schuschke/Walker/Kessen/Thole, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 7. Aufl. 2020, § 889 ZPO Rn. 6; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, § 889 Rn. 6 unter Bezugnahme auf Rn. 2; Krüger in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2019, § 261 Rn. 2; Rensen in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. 2015, § 889 Rn. 14; a. A. [Prozessgericht des ersten Rechtszugs] Röver in beckOGK, Stand: 1. Mai 2020, § 261 BGB Rn. 11; Toussaint in Herberger/Martinek/Rüßmann/ Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl. Stand: 1. Februar 2020, § 261 BGB Rn. 8).
aa) Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Schleswig ergibt sich die Zuständigkeit für das Zwangsmittelverfahren nicht aus „§§ 889 Abs. 2, 888 ZPO“, denn § 889 Abs. 2 ZPO spricht nicht davon, dass das Gericht gemäß § 888 ZPO – das (dort ausdrücklich so bezeichnete) Prozessgericht des ersten Rechtszugs – zuständig sei. Angeordnet wird in dieser Vorschrift vielmehr, dass „das Vollstreckungsgericht“ nach § 888 ZPO zu verfahren habe. Damit wird lediglich die Befugnis zur Festsetzung der in § 888 ZPO vorgesehenen Zwangsmittel begründet, nicht auch die Zuständigkeitszuweisung jener Vorschrift übernommen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2014, I ZB 37/13, NJW-RR 2015, 58 Rn. 8, wo ausdrücklich die Rede davon ist, dass das Vollstreckungsgericht den Schuldner durch Zwangsmittel zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung anzuhalten habe).
bb) Ungeachtet der Frage, an welchem Ort die Festsetzung eines Zwangsmittels i. S. d. § 764 Abs. 2 ZPO „stattfindet“ und damit die örtliche Zuständigkeit nach dieser allgemeinen Vorschrift begründet sein könnte, ist es aus Gründen der Zweckmäßigkeit angezeigt, den Begriff des Vollstreckungsgerichts in § 889 Abs. 2 ZPO dahin auszulegen, dass er das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht gemäß § 889 Abs. 1 ZPO bezeichnet.
Während des gesamten Vollstreckungsverfahrens ist zu prüfen, ob die Zwangsvollstreckung noch notwendig ist und der Gläubiger noch einen Anspruch auf Erzwingung der geschuldeten Leistung hat. Denn Zweck des Beugezwangs ist es, den Schuldner zur Erfüllung der geschuldeten Leistung zu veranlassen; aus dem Zwangsmittelfestsetzungsbeschluss darf mithin bei nachträglicher Vornahme der geschuldeten Handlung nicht mehr vollstreckt werden, weil er gegenstandslos wird. Der Schuldner ist also durch den Beschluss nicht gehindert, die geschuldete Handlung jederzeit vorzunehmen; geschieht dies, bevor die festgesetzten Zwangsmittel vollstreckt sind, ist die Zwangsvollstreckung einzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2014, IX ZB 42/14, NJW-RR 2015, 610 Rn. 12 m. w. N.).
Der Schuldner kann auch selbst einen Termin vor dem Vollstreckungsgericht an seinem Wohnsitz zur Erfüllung seiner Verpflichtung beantragen (vgl. Sturhahn in Schuschke/Walker/Kessen/Thole, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, § 889 ZPO Rn. 7; Seibel in Zöller, ZPO, § 889 Rn. 2; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Juli 1993, 3 W 253/93, MDR 1994, 306 [juris Rn. 6] zur Befugnis des Schuldners, eine Terminsverlegung zu beantragen); anders ist es ihm gar nicht möglich, dem Beugezwang Folge zu leisten. Die dem Vollstreckungsgericht nach § 889 Abs. 2 ZPO obliegende Prüfung, ob die Zwangsvollstreckung noch notwendig ist, erfordert deshalb die andauernde Berücksichtigung der Terminslage bei dem nach § 889 Abs. 1 ZPO zuständigen Gericht. Das gebietet es, diese Vorschriften dahin auszulegen, dass beide Zuständigkeiten bei demselben Gericht liegen.
d) In der Sache könnte das Vollstreckungsgericht zu erwägen haben, bei Vorliegen eines entsprechenden Antrags der Gläubiger anzuordnen, dass die Schuldnerin ihre nachgebesserte Auskunft – und nicht nur die Nachbesserung als solche – an Eides statt versichert (vgl. BGH, NJW-RR 2015, 58 Rn. 11).

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