Aktenzeichen 33 O 1812/17
StVZO § 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 3
ZPO § 29, § 256
Leitsatz
1. Die Verteidigung gegen die negative Feststellungsklage unterbricht nicht die Verjährung des mit dieser Klage geleugneten Anspruches. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Installation einer Manipulationssoftware, welche die korrekte Messung der Stickoxidwerte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen vortäuscht, als sie tatsächlich entstehen, stellt eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar (ebenso OLG Celle BeckRS 2016, 13999). (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Verhalten der Herstellerin ist der Händlerin gem. § 278 BGB zuzurechnen. Ist der Händler zumindest Servicepartner und vertreibt Fahrzeuge, unterliegt er im Rahmen der Vertriebsorganisation Weisungsrechten des Herstellers im Hinblick auf das operative Geschäft und die geforderten Standards, das Einkaufs- und Präsentationsverhalten, die Einrichtung und Führung des Geschäftsbetriebes, die Durchführung von Werbung, Verwendung der vom Hersteller vorgeschriebenen Software sowie auch Sicherstellung der Qualifikation der Mitarbeiter bei regelmäßiger Weiterbildung. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
4. Es kommt nicht darauf an, ob das Software-Update geeignet ist, in technischer Hinsicht den Mangel dahingehend zu beseitigen, dass das Fahrzeug nunmehr auch ohne manipulativen Eingriff in die Motorsteuerung die Grenzwerte der Euro-5-Abgasnorm einhält ohne anderweitige technische Nachteile zu erleiden, da das klägerische Fahrzeug jedenfalls weiterhin mangelhaft ist, da auch durch das Aufspielen des Software-Updates es bei der Eigenschaft des Fahrzeugs als ein solches Fahrzeug, das von dem sog. „Abgasskandal“ betroffen war, verbleibt. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Parteien haben den Rechtsstreit hinsichtlich der Klage in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
3. Die Widerklage wird abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Der Beklagte hat 50% der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu tragen, im Übrigen trägt diese ihre Kosten selbst.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 25.580,38 € festgesetzt.
Gründe
Die negative Feststellungsklage wurde von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt, die Widerklage ist nicht begründet.
I.
Die negative Feststellungsklage war ursprünglich zulässig, § 256 ZPO, insbesondere war sie am örtlich zuständigen Gericht erhoben. Der Gerichtsstand der negativen Feststellungsklage ist in der Regel dort, wo die gegenläufige Leistungsklage zu erhoben wäre (Zöller/Greger § 256 Rn. 20). Bei einem Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen geltend gemachter Mängel hätte der Widerkläger an seinem Wohnsitz Klage erheben können, § 29 ZPO (Zöller/Schultzky § 29 Rn. 25, Einzelne Verträge, Rückabwicklung), einheitlicher Erfüllungsort und Gerichtsstand ist der Ort, wo sich die Kaufsache zur Zeit des Rücktritts nach dem Vertrag bestimmungsgemäß befindet.
Die negative Feststellungsklage kann jedoch auch dort erhoben werden, wo der Antragsteller den vom Antragsgegner behaupteten Anspruch im Falle der Begründetheit der Ansprüche hätte erfüllen müssen (OLG Frankfurt a.M. vom 16.1.2014, 11 SV 110/13 = BeckRS 2014,). Im Rahmen einer negativen Feststellungsklage ist Leistungsort im Sinne des § 29 ZPO damit der Ort, an dem der Antragsteller im Fall des wirksamen Vertragsschlusses seine Verpflichtungen hätte erfüllen müssen (OLG Frankfurt a.M. vom 16.1.2014, 11 SV 110/13 = BeckRS 2014, ; MüKo/Patzina ZPO 5. Aufl. § 29 Rn. 4; Musielak/Voit ZPO 14. Aufl. § 29 Rn. 14 ZPO § 29 Randnummer 20, Stichwort „Negativen Feststellungsklagen“; Zöller/Vollkommer ZPO 31. Aufl. § 256 Rn. 20, OLG München (34. Zivilsenat), Beschluss vom 22.06.2017 – 34 AR 97/17). Zwischen mehreren Gerichtsständen hat die Klägerin die Wahl, § 35 ZPO.
Durch Erhebung der Widerklage auf Leistung ist die negative Feststellungsklage unzulässig geworden. Die Parteien haben auf rechtlichen Hinweis des Gerichts hin deshalb übereinstimmend Erledigung in der Hauptsache erklärt (Protokoll vom 31.10.2018).
II.
Die Widerklage ist nicht begründet.
Die Widerbeklagte hat unwidersprochen die Gewährleistungsfrist für das Gebrauchtfahrzeug durch AGB auf ein Jahr abgekürzt. Der Widerkläger erwarb das Fahrzeug am 03.01.2012. Gemäß § 309 Ziffer 8 b ff) konnte die Widerbeklagte die zweijährige Verjährungsfrist auf ein Jahr wirksam abkürzen. Dies gilt jedoch lediglich für Sachmängel, die der Widerkläger kennen konnte oder ohne grobe Fahrlässigkeit hiervon Kenntnis erlangen hätte müssen, § 199 Abs. 1 2 BGB. Bei den von ihm erhobenen Rügen um die Abgaseigenschaften des gekauften Fahrzeuges war dies ersichtlich nicht der Fall, erst im September 2015 sind gerichtsbekannt diese Umstände durch Pressearbeit publik geworden.
Wie bei jedem anderen Kläger aus dem einschlägigen Themenbereich auch konnte der Widerkläger damit bis zur Vollendung des Jahres 2017 Gewährleistungsansprüche aus dem Kauf eines Fahrzeuges, das mit der Abgasproblematik behaftet ist, geltend machen.
Die Widerklage wurde jedoch erst mit Schreiben vom 27.09.2018, eingegangen beim Landgericht Ingolstadt am 01.10.2018, bei alsbaldiger Zustellung, erhoben. Damit ist die Widerklage erst zu einem Zeitpunkt erhoben worden, als zumindest kaufrechtliche Ansprüche bereits verjährt waren. Die Widerklage nimmt ausschließlich kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche als Anspruchsgrundlage (Blatt 3 der Widerklage) und setzt sich ausführlich mit der Darstellung von Sachmängeln nach § 434 BGB auseinander. Hierauf wird verwiesen. Deliktische Ansprüche werden demgegenüber nicht erhoben, §§ 823, 826 BGB.
An dieser Stelle ist nicht entscheidungserheblich geworden, dass die Klägerin die behaupteten Mängel bei Vertragsschluss nicht gekannt habe sowie nicht Vertragspartner des Herstellers, sondern lediglich Servicepartner sei.
Der Umfang der Verjährungshemmung wird durch den Streitgegenstand der Klage bestimmt (BGH NJW 05, 2004, Palandt/Ellenberger § 204 Rn. 13). Zum Streitgegenstand gehört der anspruchsbegründende Lebenssachverhalt sowie die zur Rechtsverfolgung gestellten Anträge. Zum Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage waren kaufrechtliche Ansprüche bereits verjährt.
Auch die Erhebung der negativen Feststellungsklage durch die Klägerin (nunmehrige Widerbeklagte) konnte die Verjährungsfrist nicht mehr hemmen, § 204 Abs. 1 Ziffer 1 BGB. Die Erhebung einer negativen Feststellungsklage hemmt die Verjährung insoweit nicht, BGHZ 72, 28, NJW 12, 3633). Die Verteidigung gegen die negative Feststellungsklage unterbricht nicht die Verjährung des mit dieser Klage geleugneten Anspruches. Der BGH hat in der zitierten Entscheidung an der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dieser Frage festgehalten. Zur Begründung wird im Wesentlichen angegeben, dass der Anspruchsinhaber zur Herbeiführung der Hemmungswirkung selbst aktiv werden müsse. Wenn bei ihm der Gedanke an die Möglichkeit der Verjährung seiner Forderung nicht auftaucht, hat er das sich selbst zuzuschreiben, so das Revisionsgericht (NJW 1978, 1975, beckonline).
Die Widerklage ist damit unbegründet.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 a, 92 I, 101 ZPO. Die ursprünglich erhobene negative Feststellungsklage war vor Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig, jedoch unbegründet.
Zum Zeitpunkt ihrer Erhebung (Rechtshängigkeit am 15.12.2017) waren die aus dem Kaufvertrag vom 03.01.2012 hergeleiteten Rechte noch nicht verjährt, der Widerkläger hatte sich in seinem Schreiben vom 20.09.2017, Anlage K3, entsprechender Ansprüche berühmt und hierdurch Anlass zur Erhebung der negativen Feststellungsklage geliefert.
In dem Pkw des streitgegenständlichen Fahrzeuges ist der Dieselmotor des Typs EA 189 eingebaut, dessen Motorsteuerungssoftware zur künstlichen Optimierung der Stickstoff-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren beigetragen hat. Hierbei erkennt die Software, ob sich das Fahrzeug in einer Prüfsituation ohne Ortsveränderung zur Ermittlung der Emissionswerte oder unter tatsächlichen Verhältnissen im Straßenverkehr befindet. Der Prüfsituation sind bestimmte Fahrbewegungen immanent, deren Abfolge das Fahrzeug erkennt. Die Software bewirkt, dass auf dem Prüfstand geringere Stickstoffwerte (NOx) ausgestoßen werden als beim normalen Fahrbetrieb. Die Software regelt hierbei selbständig, in welchem Modus das Fahrzeug betrieben wird.
Das gegenständliche Fahrzeug wurde im Rahmen der Auflistung der technischen Daten mit der Euro-5-Abgasnorm angeboten. Die hierfür geltenden Grenzwerte erreicht das Fahrzeug nur, wenn die Software die Motorsteuerung automatisch schaltet. Im tatsächlichen Betrieb bzw. ohne Einschreiten der Software, überschreitet das Fahrzeug die vorgegebenen Grenzwerte.
Das Fahrzeug ist jedoch fahrbereit und verkehrssicher, auch die EG-Typengenehmigung wurde dem Fahrzeug bislang nicht entzogen.
IV.
Im Zeitpunkt des Gefahrübergangs war das gegenständliche Fahrzeug mangelhaft.
Die Mangelhaftigkeit des gegenständlichen Fahrzeugs ergibt sich sowohl aus §§ 434 Abs. 1 S. 1, 434 Abs. 1 S. 2 sowie Satz 3 BGB.
Der vom Beklagten gekaufte Pkw weist nicht die vereinbarte Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB auf. Als Beschaffenheit einer Sache i. S. v. § 434 Abs. 1 BGB sind sowohl alle Faktoren anzusehen, die der Sache selbst anhaften, als auch alle Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben (BGH, NJW 2016, 2874, beck online; BGH, NJW 2013, 1948 Rn. 15; NJW 2013, 1671; Senat, Beschluss vom 26.8.2014 – VIII ZR 335/13, BeckRS 2014, 17609; OLG Koblenz, MDR 2012, 507 [508] = BeckRS 2012, ; ähnl. Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 434 Rn. 54; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl., § 434 Rn. 10; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl., Rn. 2441, jew. mwN; enger hingegen Erman/Grunewald, BGB, 14. Aufl., § 434 Rn. 3).
Die Beschaffenheitsvereinbarung beruht auf der Fahrzeugbeschreibung, die die Sollbeschaffenheit des Fahrzeugs festlegt. Aus Sicht eines Kaufinteressenten werden solche Vorfeldangaben deshalb Grundlage einer Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 S. 1 BGB (BGHZ 170, 86 = NJW 2007, 1346; BGH, NJW-RR 2011,462; NJW 2012, 2723; NJW 2013, 1074; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl. 2014, Rn. 2429; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl. 2016, § 434 Rn. 15; OLG Hamm, NJW-RR 2017, 49, beckonline).
Für eine derartige Beschaffenheitsvereinbarung ist weder erforderlich, dass die Beschaffenheitsvereinbarung selbst Rechtscharakter aufweist (OLG Hamm, NJW-RR 2017, 49 beckonline), noch ist es erforderlich, dass bestimmte Beschaffenheitsanforderungen ausdrücklich festgelegt werden. Eine solche Vereinbarung kann sich vielmehr auch aus den Umständen des Vertragsschlusses wie etwa dem Kontext der dabei geführten Gespräche oder den bei dieser Gelegenheit abgegebenen Beschreibungen ergeben (BGH, Urteil vom 17. März 2010 – VIII ZR 253/08, WM 2010, 990 Rn. 13).
Auch wenn der typische Kfz-Käufer sich bislang keine Vorstellungen zu konkreten Schadstoffemissionen gemacht hat, ist eine Mangelhaftigkeit der Sache anzunehmen.
Die aktuelle Debatte über die Feinstaubbelastung in den bayerischen Großstädten und damit drohende Fahrverbote und Einschränkungen der Fahrzeugnutzung beflügelt diese dargestellte Interessenlage unabhängig von der Differenzierung in die Themenbereiche Feinstaub, Stickoxide, Kohlendioxid, Ruß und Methan.
Insbesondere kann die für eine Beschaffenheitsvereinbarung erforderliche Willensübereinstimmung auch konkludent in der Weise erzielt werden, dass der Käufer dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand zur Kenntnis bringt und dieser zustimmt (Senatsurteil vom 20. Mai 2009 – VIII ZR 191/07, BGHZ 181, 170 Rn. 9 unter Hinweis auf BT-Drucks. 14/6040, S. 213). Ebenso ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass in Fällen, in denen der Verkäufer bei Vertragsschluss die Eigenschaften der verkauften Sache in einer bestimmten Weise beschreibt und der Käufer vor diesem Hintergrund seine Kaufentscheidung trifft, die Erklärungen des Verkäufers ohne Weiteres zum Inhalt des Vertrages und damit zum Inhalt einer Beschaffenheitsvereinbarung werden (BT-Drucks. 14/6040, S. 212) (BGH Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 96/12, BeckRS 2013, 1763, beckonline).
Danach wurde vorliegend zwischen den Kaufvertragsparteien vereinbart, dass der NOx-Ausstoß innerhalb der Grenzwerte der Euro-5-Abgasnorm liegt und das Fahrzeug dieser Kategorie entspricht. Tatsächlich werden die maßgeblichen Grenzwerte nur durch das Eingreifen der Software in die Motorsteuerung erzielt, so dass tatsächlich das gegenständliche Fahrzeug nicht diese Vorgaben erfüllt und damit die vereinbarte Beschaffenheit nicht aufweist.
Die Fahrzeuge wurden als besonders umweltfreundliche, sparsame und emissionsarme Fahrzeuge bezeichnet. Damit wurde angepriesen, dass sowohl Umwelt als auch Geldbeutel (hinsichtlich der Verbrauchswerte) des Käufers geschont würden.
Ein Fahrzeug, das mit einer Software ausgestattet ist, die ausschließlich auf dem Rollenprüfstand einen anderen – niedrigeren – Schadstoffausstoß generiert als er im Echtbetrieb zu erwarten wäre, ist auch mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB ist.
Dies gilt unbeschadet von den zwischen den Parteien streitigen Fragen des tatsächlichen Schadstoffausstoßes des Fahrzeugs im Echtbetrieb schon deshalb, weil das Kraftfahrtbundesamt wie auch die entsprechenden Behörden im benachbarten Ausland – aufgrund des „VW-Skandals“ allgemein bekannt – prüfen muss, ob eine Entziehung der Betriebserlaubnis geboten ist, wenn der Hersteller innerhalb einer angemessenen Frist nicht für Abhilfe sorgt. Um letztere ist, auch dies ist zwischen den Parteien unstreitig, die Streithelferin bemüht und hat deshalb auch angekündigt, kostenlos die entsprechenden Maßnahmen an den mit der „Schummelsoftware“ ausgestatteten Fahrzeugen vorzunehmen. Ihre Darstellung, sie betreibe diesen mit beträchtlichen Kosten verbundenen Aufwand nur aus „Kulanz“, ist als perplexer Parteivortrag insoweit unbeachtlich, da dies, träfe es denn zu, den Vorwurf der Untreue im Sinne von § 266 StGB gegen das Management des VW-Konzerns begründen würde (OLG München, Beschluss vom 23. März 2017 – 3 U 4316/16 -, Rn. 14, juris).
Darüber hinaus liegt aber auch ein Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 BGB vor.
Nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB ist der Kaufgegenstand frei von Sachmängeln, wenn er sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache verlangen kann. Zwar eignet sich das Fahrzeug trotz der eingebauten Software und der so manipulierten Abgaswerte für die gewöhnliche Verwendung.
Allerdings entspricht ein Fahrzeug nicht schon dann der üblichen und berechtigterweise von einem Käufer zu erwartenden Beschaffenheit, wenn es technisch sicher und fahrbereit ist und über alle Genehmigungen verfügt. Vielmehr stellt die Installation einer Manipulationssoftware, welche die korrekte Messung der Stickoxidwerte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen vortäuscht, als sie tatsächlich entstehen, eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar (OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 – 28 W 14/16, (PKH-Verf.), juris Rn. 28; vgl. OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016 – 7 W 26/16, (PKH-Verf.), juris Rn. 6; LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, juris Rn. 22; LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 72/16, juris Rn. 22; LG Oldenburg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16, juris Rn. 26; LG Lüneburg, Urt. v. 02.06.2016 – 4 O 3/16, Pkt. B.1.a); LG Braunschweig, Urteil vom 12.10.2016 – 4 O 202/16, Rn. 19; von denjenigen, die Ansprüche aus anderen Gründen verneint haben: LG Paderborn, Urt. v. 17.05.2016 – 2 O 381/15, juris Rn. 16; LG Paderborn, Urteil vom 09.06.2016 – 3 O 23/16, juris Rn. 27; LG Dortmund, Urt. v. 12.05.2016 – 25 O 6/16, juris Rn. 26; LG Münster, Urt. v. 14.03.2016 – 11 O 341/15, juris Rn. 18; LG Bochum, Urt. v. 16.03.2016 – 2 O 424/15, juris Rn. 17; LG Frankenthal, Urt. v. 12.05.2016 – 8 O 208/15, juris Rn. 21; offengelassen von: LG Düsseldorf, Urt. v. 23.08.2016 – 6 O 413/15, juris Rn. 21; LG Bielefeld, Urteil vom 02.05.2016 – 3 O 318/15; LG München I, Urt. v. 14.04.2016 – 23 O 23033/15, juris Rn. 23).
Ein Durchschnittskäufer eines Fahrzeuges kann davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte nicht nur deshalb eingehalten und entsprechend attestiert werden, weil eine Software installiert worden ist, die dafür sorgt, dass der Prüfstandlauf erkannt und über entsprechende Programmierung der Motorsteuerung in gesetzlich unzulässiger Weise insbesondere der Stickoxidausstoß reduziert wird. Insoweit resultiert die Mangelhaftigkeit nicht etwa daraus, dass die unter Laborbedingungen (Prüfstandlauf) gemessenen Werte im alltäglichen Straßenverkehr nicht eingehalten werden, sondern basiert darauf, dass der Motor die Vorgaben im Prüfstandlauf nur aufgrund der manipulierten Software einhält (LG Münster, Urteil vom 14. März 2016 – 11 O 341/15, 011 O 341/15).
Dies stellt einen Mangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 BGB dar (so im Ergebnis auch: OLG Celle, Beschluss vom 30. Juni 2016 – 7 W 26/16).
Der Mangel des streitgegenständlichen Fahrzeugs lag bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vor. Auf Beweislastregeln oder die Frage einer Verbrauchereigenschaft des Widerklägers kommt es vorliegend nicht an.
V.
Das Verhalten der Streithelferin ist der Klägerin als Händlerin gem. § 278 BGB zuzurechnen. Letztere ist zumindest Servicepartnerin und vertreibt Fahrzeuge der Streithelferin. Der so tätige Händler unterliegt im Rahmen der Vertriebsorganisation Weisungsrechten des Herstellers im Hinblick auf das operative Geschäft und die geforderten Standards, das Einkaufs- und Präsentationsverhalten, die Einrichtung und Führung des Geschäftsbetriebes, die Durchführung von Werbung, Verwendung der vom Hersteller vorgeschriebenen Software sowie auch Sicherstellung der Qualifikation der Mitarbeiter bei regelmäßiger Weiterbildung. Auch geben die Hersteller der Fahrzeuge lediglich den vertragsgebundenen Werkstätten fahrzeugspezifische Informationen an die Hand, auf den freien Markt gelangen diese hingegen nicht.
Der Klägerin kann ohne weiteres abgenommen werden, dass sie von der Motorkonfiguration vor September 2015 keine Kenntnis hatte. Die notwendige Zurechnung des vertraglichen Verschuldens erfolgt, wie dargelegt wurde, nach § 278 BGB.
Der Vertragshändlervertrag ist dabei ein Vertrag sui generis, der gemischttypische Elemente mit vorherrschend geschäftsbesorgungsrechtlichen Inhalten aufweist (BGHZ 74, 140). Danach sind die Hauptpflichten des Vertragshändlers die absatzfördernde Tätigkeit für den Hersteller und die Wahrung und Förderung seiner Interessen durch den Verkauf der Vertragswaren als selbstständiger, auf eigene Rechnung tätiger Gewerbetreibender. Dabei hat der Vertragshändler bei seinem Einsatz für den Warenabsatz und für die Marke den Weisungen des Herstellers in den gebotenen Grenzen Folge zu leisten. Wie auch der Handelsvertreter unterliegt er einem Wettbewerbsverbot, auch der Ersatz des Händlers im Sinne einer Substitution ist ihm nicht gestattet, zumal der Vertrieb der Erzeugnisse nur dem ausgewählten Vertragshändler anvertraut ist. Der Verweis der Klägerin auf die formalrechtliche Selbstständigkeit des Händlers entfaltet angesichts der starken wirtschaftlichen Abhängigkeit, die ein freies Agieren des Vertragshändlers nicht ermöglicht, demgegenüber keine Bedeutung. Diese starke Abhängigkeit beweist sich auch in der von der Klägerin ausgesprochenen Streitverkündung in Richtung der Herstellerin. Die Herstellerin trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin auch bei.
Auch das Oberlandesgericht München hat durch Beschluss vom 23.03.2017 (3U 4316/16) ausgeführt, dass der Verkäufer sich das Verhalten des Herstellers zurechnen lassen muss, hierauf sei verwiesen (OLG München, Beschluss vom 23. März 2017 – 3 U 4316/16 -, juris, dort Rn. 15).
VI.
Der Beklagte braucht sich auf die von der Streithelferin angebotene Nachbesserung des Fahrzeuges nicht einzulassen.
Die Nachbesserung muss ohne jede Einschränkung zu einem vertragsgemäßen Zustand der Sache führen. Es reicht also nicht aus, wenn die Kaufsache deutliche Spuren der Reparatur- oder Austauschmaßnahmen des Verkäufers aufweist oder wegen verbliebener und nicht behebbarer Umstände auch in Zukunft Nachbesserungsmaßnahmen nötig sind (MüKoBGB/Westermann BGB § 439 Rn. 9-11, beckonline).
Das Aufspielen des Software-Updates ist nicht geeignet, den Mangel vollständig zu beseitigen.
Es kommt hierbei nicht darauf an, ob das Software-Update geeignet ist, in technischer Hinsicht den Mangel dahingehend zu beseitigen, dass das Fahrzeug nunmehr auch ohne manipulativen Eingriff in die Motorsteuerung die Grenzwerte der Euro-5-Abgasnorm einhält ohne anderweitige technische Nachteile zu erleiden, da das klägerische Fahrzeug jedenfalls weiterhin mangelhaft ist, da auch durch das Aufspielen des Software-Updates es bei der Eigenschaft des Fahrzeugs als ein solches Fahrzeug, das von dem sog. „Abgasskandal“ betroffen war, verbleibt. Diese dem Fahrzeug anhaftende Eigenschaft kann nicht durch das Aufspielen des Software-Updates beseitigt werden, so dass ein Makel an dem Fahrzeug verbleibt.
Auch muss berücksichtigt werden, dass der sog. „Abgasskandal“ Gegenstand breiter öffentlicher Wahrnehmung und Diskussion war und weiterhin ist, einschließlich der Nachbesserungsversuche von Herstellerseite. Bereits das Bestehen eines naheliegenden Risikos eines bleibenden merkantilen Minderwerts ist ausreichend (so im Ergebnis auch OLG Hamm, Urteil vom 09.02.2012 – I-28 U 186/10 LG München I, Urteil vom 14. April 2016 – 23 O 23033/15 -, Rn. 46, zitiert nach juris, LG Oldenburg Urt. v. 1.9.2016 – 16 O 790/16, BeckRS 2016, 15963, beckonline).
Folglich stellt die von der Streithelferin angebotene Form der Nachbesserung keine taugliche Nachbesserung dar, ohne, dass es darauf ankommt, ob das Software-Update aus technischer Sicht den Mangel beseitigen kann ohne, dass es zu Folgeschäden an dem Fahrzeug kommt.
Im Gegensatz zur typischen Fällen des Gewährleistungsrechts aus dem BGB kann der Käufer oder Besteller eines Werkes die Fehlerhaftigkeit des Produkts und damit den Mangel regelmäßig selbst erkennen. Anders liegt es hier, da der Mangel am Fahrzeug in einem für den Käufer nicht ersichtlichen Bereich der Softwareaufspielung, die die Motorsteuerung und Rückführung von Abgasen in den Verbrennungsraum regelt, stattfindet. Kein durchschnittlicher Käufer wird von sich behaupten können, von diesen Prozessen auch eine nur laienhafte Ahnung zu haben. Diesen Umstand hat sich die Streithelferin zunutze gemacht und erhebliche Fahrzeugzahlen unerkannt mit der manipulierten Software ausgestattet. Es bedurfte der Arbeit mehrerer amerikanischer Wissenschaftler, die Differenzen zwischen tatsächlichem Abgasverhalten der Fahrzeuge und den hierfür freigegebenen Werten aufzudecken.
Ebensowenig wie der Käufer aus eigener Untersuchung auf den Sachmangel schließen konnte, vermag er auch die von der Streithelferin angebotene Mangelbehebung in ihrer Erfolgsaussicht zu beurteilen. Auch hier müsste der Käufer sich erneut in die Hände der Herstellerin, die in eingangs bereits getäuscht hat, begeben, um auf Mängelbeseitigung zu hoffen. Ob und wie diese von statten geht, vermag der Käufer, im Gegensatz zu Standardfällen des Gewährleistungsrechts, erneut nicht zu beurteilen.
Der Kunde kann damit die Ordnungsgemäßheit einer Nachbesserung nicht beurteilen. Er ist gehalten, dem Gebaren der Streithelferin aufgrund einer nachvollziehbar nicht mehr vorhandenen Vertrauensgrundlage Glauben zu schenken.
Auch darin liegt die Unzumutbarkeit der Nachbesserung für den Käufer. Nicht ihm ob liegt die Darlegungs- und Beweislast, dass das Update erfolglos oder problembehaftet sei, sondern der Klageseite ist aufzugeben, den Nachweis des Gegenteils zu führen. In der Unbedenklichkeitsbescheinigung des in diesem Zusammenhang allenfalls durch Untätigkeit und Passivität auffallenden KBA kann ein solcher Nachweis nicht gesehen werden.
Eine pflichtwidrige Untätigkeit des Kraftfahrtbundesamtes muss in der Tat den Verdacht einer durch wirtschaftliche Belange motivierten Zusammenarbeit der Behörde mit den Herstellern erwecken, deren Tätigkeit den Ruf einer neutralen Behörde letztlich nicht verdient. Die Ansicht der Streithilfe, die Überwachung der technischen Überarbeitung durch das Kraftfahrtbundesamt als Vertrauensgrundlage zu begreifen, wird vom Gericht nicht geteilt. Auch das Schweigen der Politik zum Themenkomplex wird schwerlich als Indiz für Neutralität und Unabhängigkeit gewertet werden können.
Da die Streithelferin die Übernahme einer Garantiehaftung zur Nachbesserung abgelehnt, sieht der Käufer sich dem Risiko ausgesetzt, eine nicht ausreichende oder ihrerseits problemursächliche Nachbesserung vornehmen zu lassen, die in nachfolgend rechtlos stellt. Im Deliktsrecht gilt der Grundsatz, dass der Geschädigte sich zur Behebung des Schadens nicht erneut in die Hände des Schädigers begeben muss. Man stelle sich nur einen Arzt vor, der schuldhaft haftungsbegründend im Rahmen einer Operation einen Fehler macht, und gebe nun dem Patienten auf, sich zum Revisionseingriff erneut in die Behandlung desselben Operateurs zu begeben. Eine derartige Obliegenheit zur Schadensminderung (§ 254 BGB) wäre unangemessen.
Für den Beklagten als Käufer des Fahrzeugs offenbart sich vielmehr ein Entscheidungskonflikt zwischen der drohenden Stilllegung seines Fahrzeuges und dem für ihn als aufgedrängt empfundenen Aufspielen des Updates. Seine Täuschung durch die Streithelferin bliebe für die Urheberin danach folgenlos, er sähe sich gezwungen, das von ihm als Betrug empfundene Verhalten rechtlos hinnehmen zu müssen.
Im Vertragsrecht sei ferner hingewiesen auf die Risiken eines wirtschaftlich starken und dominanten Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, der seinem Vertragspartner einseitig unangemessene Regelungen aufzwingt. Eine Verhandlungsmacht besitzt der wirtschaftlich schwächere Kunde demgegenüber regelmäßig nicht. Für den Fall unwirksamer allgemeiner Geschäftsbedingungen wird nach völlig einhelliger Auffassung eine geltungserhaltende Reduktion der unwirksamen Regelungen nicht ausgesprochen, um das überzogene Verhalten des dominierenden Verwenders nachhaltig zu sanktionieren. Er muss mit dem völligen Wegfall der einschlägigen Norm im Vertragsverhältnis rechnen. Diese Sanktion soll den Verwender mäßigen und ermahnen, seine wirtschaftliche Überlegenheit gegenüber dem Kunden nicht unangemessen zu seinen Gunsten im Vertragsverhältnis auszunutzen.
Ganz ähnlich stellt es sich für den Käufer in vorliegender Konstellation dar, das Gericht empfindet es nicht als hinnehmbar, dass er das Risiko technischer Defekte oder rechtlich gebotener Stilllegung seines erworbenen Fahrzeuges hinnehmen muss. Auch dies spricht gegen eine Obliegenheit des Käufers zur Hinnahme der technischen Aufarbeitung, die als „Update“, also Erneuerung und Pflege einer Software, nicht jedoch als deren inhaltliche Abänderung oder „Service“ betitelt wird, was den Eindruck einer zu Gunsten des Klägers durchgeführten fachlich qualifizierten Leistung zur Pflege und zum Erhalt seines Fahrzeuges erwecken soll. Beides liegt ersichtlich nicht vor.
Auch der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung vom 10.03.2010, VIII ZR 182/08 darauf hingewiesen, dass einem Käufer die Nachbesserung durch den Verkäufer regelmäßig unzumutbar ist, wenn dieser ihn arglistig über den Kaufgegenstand oder bei der Vertragsabwicklung getäuscht hat. Wegen der erwiesenen Unzuverlässigkeit des Verkäufers darf der Käufer von einer weiteren Zusammenarbeit Abstand nehmen, um sich vor eventuellen neuerlichen Täuschungsversuchen zu schützen. Eine Nachbesserung durch den arglistig Täuschenden muss danach nicht hingenommen werden (BGH 09.01.2008, VIII ZR 210/06). Zu Fragen der Zurechnung darf nach oben verwiesen werden.
VII.
Der Käufer musste der Beklagten vor Erklärung des Rücktritts auch keine Frist zur Nacherfüllung setzen.
Die Voraussetzungen des § 323 Abs. 1 BGB liegen vor, da die Klägerin ihrer Verpflichtung aus dem Kaufvertrag zur Lieferung einer mangelfreien Kaufsache nicht nachgekommen ist.
Zwar liegen die Voraussetzungen für die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 2 BGB nicht vor, jedoch greift § 440 S. 1, 3. Alt. BGB ein. § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist schon deswegen nicht gegeben, weil die Streithelferin eine Nacherfüllung nicht verweigert.
Auch § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB liegt ganz offensichtlich nicht vor.
Zu berücksichtigen ist bei dieser Beurteilung, dass die Betriebserlaubnis für den Pkw kraft Gesetzes gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StVZO erloschen ist. Dass die Behörden an diesen Umstand momentan für Hunderttausende Kraftfahrzeugführer keine Folgen knüpfen, ist eher Ausdruck einer Ermessensentscheidung und für sich genommen für § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StVZO unerheblich, da die Rechtsfolge kraft Gesetzes eintritt -unabhängig von behördlichen Maßnahmen.
Letztlich können die Voraussetzungen des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB dahinstehen, da in jedem Fall die Voraussetzungen des § 440 S. 1, 3. Alt. BGB vorliegen. Denn dem Beklagten ist die Nacherfüllung durch die Klägerin „unzumutbar“. Im Unterschied zu den besonderen Umständen des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB kommt es für das Vorliegen der Unzumutbarkeit nicht auf eine Abwägung der beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien an, sondern es ist lediglich auf das Interesse des Beklagten abzustellen.
Der Käufer hatte ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits einen Anspruch auf Übereignung eines mangelfreien Pkws. Schon der Zeitraum von mehreren Monaten bis zur denkbaren Durchführung einer Nachbesserung und die Unwägbarkeiten, die mit dieser Nachbesserung selbst nach dem Vortrag der Beklagten verbunden sein können, müssen von einem Käufer nicht hingenommen werden. Die Auswirkungen auf den Alltagsgebrauch einer neuen, der Euronorm 5 entsprechenden Software sind noch nicht absehbar. Dass das Eingehen dieses Risikos für den Käufer unzumutbar ist, liegt auf der Hand.
Die Streithelferin kann auch die unausgesprochene Frage, weswegen in der Vergangenheit nicht schon eine Software entwickelt worden ist, die dazu führt, dass der Pkw den Voraussetzungen der Euronorm 5 entspricht, nicht schlüssig beantworten. Wenn sich das Einhalten der Norm lediglich auf ein Softwareproblem reduzieren ließe, so ist nicht nachvollziehbar, weswegen sie dieses technische Problem nicht schon in der Vergangenheit bewältigen konnte. Deswegen darf der Beklagte nachvollziehbar und berechtigt Sorge tragen, dass das Softwareupdate an mehreren Punkten den Fahrzeuggebrauch im Sinne von Einschränkungen, Erschwernissen oder Wertbeeinträchtigungen zu seinen Lasten verändern wird. Eine Gewissheit im Sinne einer naturwissenschaftlichen Erkenntnis hierüber ist zum jetzigen Zeitpunkt für die Beantwortung der Rechtsfrage nicht erforderlich. Abgesehen davon ist es Aufgabe der Streithelferin, Sicherheit über den künftigen Erfolg der Nachbesserung zu schaffen.
VIII.
Der Rücktritt ist auch nicht gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen.
Da es sich um einen Haftungsausschluss handelt, sind Klägerin und ihre Streithelferin für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen darlegungs- und beweispflichtig.
Ein Ausschluss liegt dann vor, wenn die Pflichtverletzung „unerheblich“ ist. Hierfür ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Nicht entscheidend ist das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung für die Entscheidung dieser Rechtsfrage (BGH: Urteil vom 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, Randnr. 17, zitiert nach juris). Dann kann aber auch das Fehlen einer Funktionsbeeinträchtigung kein maßgebliches Kriterium für die Anwendung des Ausschlusstatbestandes sein.
Soweit der BGH bei einem behebbaren Mangel -einen solchen zu Gunsten der Klägerin unterstelltwesentlich auf die Mängelbeseitigungskosten abstellt und diese ab 5% des Kaufpreises als erheblich ansieht, ist schon der Sachvortrag der Beklagten insoweit unschlüssig. Dass nicht allein die Überspielungskosten für die Software auf den Pkw des Käufers durch Hersteller oder deren Beauftragte Maßstab sein können, ist offensichtlich. Maßgeblich sind alle Kosten, die dadurch entstehen, damit das Fahrzeug des Klägers in einen der Euronorm 5 entsprechenden Zustand versetzt wird. Auch die Entwicklungskosten der Software sind hierzu zu rechnen.
Es geht in dieser Vorschrift nicht um die Erheblichkeit des Mangels an sich, sondern um die der Pflichtverletzung. Deshalb ist der Aufwand in Geld zur Behebung des Mangels nur ein Kriterium bei der Anwendung dieser Vorschrift. In der Rechtsprechung als erheblich anerkannt ist die Erheblichkeit von Pflichtverletzungen bei Kaufverträgen insbesondere auch dann, wenn Mängel arglistig verschwiegen worden sind (BGH NJW 2006, 1960) oder wenn gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung verstoßen wurde (BGH NJW 2013, 1365).
Die Pflichtverletzung der Streithelferin als Herstellerin ist allein deshalb erheblich, weil das streitgegenständliche Kraftfahrzeug nicht der erteilten EG-Typgenehmigung entspricht, sondern der ordnungsgemäße Zustand erst durch die von dem Kraftfahrtbundesamt nunmehr freigegebene technische Überarbeitung – Entfernung der unzulässigen Abschalteinrichtung – eigens hergestellt werden muss. Weitergehender Vortrag zur Erfolgsaussicht eines Updates ist dem Beklagten nicht zuzumuten. Ein Umstand, über den er keine Kenntnis haben konnte, weil er über ihn getäuscht wurde, kann ein Defizit in seinem Vortrag jedoch nicht auslösen. Für ihn gilt der Grundsatz „ultra posse nemo tenetur“.
Zur fehlenden Zumutbarkeit der Mangelbeseitigung kann dahingestellt bleiben, ob das Vertrauen des Beklagten in eine ordnungsgemäße Nacherfüllung nicht bereits dadurch nachhaltig gestört ist, dass die Herstellerin die streitgegenständliche Abgas-Manipulationssoftware eingebaut und dadurch die Öffentlichkeit und die Käufer systematisch über die Abgaswerte der von ihr hergestellten Fahrzeuge getäuscht hatte. Nach einem Teil der Rechtsprechung kann es dem Käufer schon deshalb nicht zugemutet werden, das betreffende Fahrzeug zu behalten und sich auf eine – wenn auch vom Verkäufer durchgeführte, so doch vom Hersteller gesteuerte – Nachbesserung einzulassen (LG Krefeld Urt. vom 14.09.2016, 2 O 72/16 und 2 O 83/16 – MDR 2016, 1201).
Hinzu treten weitere Umstände, die jedenfalls die Unzumutbarkeit der Mangelbeseitigung begründen. Maßgeblich für die Zumutbarkeit ist auch das Verhalten des Verkäufers im Umgang mit den Gewährleistungsrechten des Käufers, nachdem ein Mangel gerügt wurde. Das Verhalten der Beklagten bei dem Management des so genannten Abgasskandals hat ein etwa noch verbliebenes Vertrauen des Klägers in die Redlichkeit des Fahrzeugherstellers nachvollziehbar zerstört.
Die Streithelferin verhält sich im Verhältnis zu den Endkäufern ihrer mit Motoren der Baureiche EA 189 ausgerüsteten Produkte widersprüchlich und unredlich.
Sie hatte unmittelbar nach dem öffentlichen Bekanntwerden der gegen sie erhobenen Vorwürfe angekündigt, von ihr so genannte Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Dieselmotoren aufzuklären. Es gebe auffällige Abweichungen zwischen den Prüfstandswerten und dem realen Fahrbetrieb. Oberstes Ziel des Vorstands bleibe es, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen und Schaden von den Kunden abzuwenden. Der Konzern werde die Öffentlichkeit über den weiteren Fortgang der Ermittlungen fortlaufend und transparent informieren.
Der Umgang mit dem Beklagten wird dieser Ankündigung nicht einmal im Ansatz gerecht.
Den Verwaltungsbehörden wie etwa dem Kraftfahrtbundesamt gegenüber hat die Streithelferin die Wertung der so genannten Umschaltlogik als Verstoß gegen die europäischen Normen zur Verringerungen von Abgasemissionen zumindest hingenommen und sich bei der Entwicklung der technischen Maßnahmen zur Beseitigung der unzulässigen Abschalteinrichtungen als kooperativ gezeigt. Der bestandskräftige Bescheid des Kraftfahrtbundesamts gem. § 25 Abs. 2 der EG-FahrzeuggenehmigungsVO bezieht sich folgerichtig auf die Beseitigung von Mängeln der bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeuge. Wegen dieser Mängel werden Fahrzeuge mit nicht nachgerüsteten EA 189-Motoren seither nicht mehr zugelassen, ohne dass sich ein Unternehmen des VW-Konzerns dagegen gewehrt hätte.
Auch vorliegend bestreitet die Streithelferin sogar ausdrücklich das Vorliegen eines Sachmangels. Es ist aber schlechthin unmöglich, dass der streitgegenständliche Dieselmotor einerseits nicht im Einklang mit der erteilten EG-Typgenehmigung steht, deshalb eine „technische Überarbeitung“ zur Optimierung des Emissionsverhaltens erforderlich sein soll, er aber andererseits im kaufrechtlichen Sinn keinen Sachmangel aufweisen soll. Um Abhilfe ist die Streithelferin vordergründig bemüht und hat deshalb auch angekündigt, kostenlos die entsprechenden Maßnahmen an den mit der „Schummelsoftware“ ausgestatteten Fahrzeugen vorzunehmen. Ein Fahrzeugkäufer wie der Beklagte steht diesen den Gesetzen der Logik widersprechenden Äußerungen aus dem Volkswagen-Konzern rat- und hilflos gegenüber. Er sieht sich damit in seiner Erwartung getäuscht, die Volkswagen AG stehe zu ihren Fehlern und Versäumnissen und bemühe sich nach Kräften, mehr als nur den Imageschaden für das eigene Unternehmen wieder gut zu machen.
Für den Beklagten muss sich der Eindruck aufdrängen, dass die Streithelferin ihn nicht ernst nimmt, über Wesentliches falsch, unvollständig oder gar nicht informiert und überhaupt bei der Bewältigung der Folgen des so genannten Abgas-Skandals darauf bedacht ist, den Schaden für die eigene Unternehmensgruppe möglichst gering zu halten.
IX.
Das Rücktrittsverlangen des Beklagten war vor Verjährung begründet. Als Folge des Rücktritts sind gem. § 346 Abs. 1 BGB die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Der Beklagte muss seinerseits den Pkw nebst Fahrzeugpapieren und Schlüsseln an die Beklagte zu 1) 33 O 1812/17 – Seite 15 – zurückgeben. Darüber hinaus hat er den Wert der von ihm gezogenen Nutzungen zu ersetzen, § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Die Höhe des Nutzungsersatzes ergibt sich aus der Multiplikation des Bruttokaufpreises und der zurückgelegten Fahrtstrecke geteilt durch die zu erwartende Gesamtlaufleistung des Fahrzeuges (vergleiche OLG Hamm NJW-RR 2011,14 123).
X.
Die Kosten des Rechtsstreits sind gegeneinander aufzuheben, § 92 I ZPO.
Der Widerkläger hat daneben auch die Hälfte der außergerichtlichen Auslagen der Streithelferin zu tragen, § 101 ZPO.
Er schuldet jedoch Zahlung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten der Klägerin nicht. Die Klägerin hat kostenpflichtigen Rechtsrat beim Klägervertreter zu einem Zeitpunkt eingeholt, zu dem der Widerkläger mit der Verpflichtung zur Erklärung, er werde keine Rechte aus dem Kaufvertrag mehr herleiten, noch nicht in Verzug war. Die entstandenen Rechtsverfolgungskosten können deshalb nicht als verzugsbegründeter Schaden begriffen werden, § 288 IV BGB.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz eins, Satz zwei ZPO.