IT- und Medienrecht

Ablehnung des Erlasses einer eA, den Vollzug der §§ 97 Abs 1, 98 Abs 1 SGB 4 idF vom 28.03.2009 (ELENA-VfG) einstweilen auszusetzen – Unzulässigkeit wg unzureichender Darlegung der Eilbedürftigkeit

Aktenzeichen  1 BvR 872/10

Datum:
14.9.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Ablehnung einstweilige Anordnung
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2010:rk20100914.1bvr087210
Normen:
Art 1 Abs 1 GG
Art 2 Abs 1 GG
§ 23 Abs 1 S 2 Halbs 1 BVerfGG
§ 32 Abs 1 BVerfGG
ELENA-VfG
§ 97 Abs 1 SGB 4 vom 28.03.2009
§ 98 Abs 1 SGB 4 vom 28.03.2009
Spruchkörper:
1. Senat 1. Kammer

Verfahrensgang

nachgehend BVerfG, 8. März 2012, Az: 1 BvR 872/10, Kammerbeschluss

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe

1
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG, der auf die Aussetzung des Vollzugs von § 97
Abs. 1 und § 98 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (im Folgenden: SGB IV) in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes über
das Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises (ELENA-Verfahrensgesetz) vom 28. März 2009 (BGBl I S. 634) gerichtet ist,
ist unzulässig. Er ist nicht den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BVerfGG entsprechend begründet.

2
Gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig
regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund
zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Wird die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes begehrt, darf das Bundesverfassungsgericht
von seiner Befugnis, das Inkrafttreten eines Gesetzes zu verzögern oder ein in Kraft getretenes Gesetz wieder außer Kraft
zu setzen, nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch machen, weil der Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung stets ein
erheblicher Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist. Ein Gesetz darf deshalb nur dann im Wege einer einstweiligen
Anordnung vorläufig außer Kraft gesetzt werden, wenn die Gründe, die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechen,
ein ganz besonderes Gewicht haben (vgl. BVerfGE 104, 23 ; 112, 284 ; 117, 126 ; 122, 342 ). Nur unter
diesen Voraussetzungen besteht die für den Erlass einer den Vollzug gesetzlicher Regelungen aussetzenden einstweiligen Anordnung
nach § 32 Abs. 1 BVerfGG erforderliche Eilbedürftigkeit, weil der Erlass einer solchen Anordnung dringend geboten ist.

3
Nach diesen Maßstäben haben die Beschwerdeführer die notwendige Eilbedürftigkeit nicht den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz
2 Halbsatz 1 BVerfGG entsprechend dargetan. Zwar legen sie substantiiert dar, dass die Datenspeicherung – auch wenn ein Abruf
der gespeicherten Daten grundsätzlich erst ab 1. Januar 2012 erfolgen kann – ein Eingriff ist, der ein Risiko unbefugter und
missbräuchlicher Datenzugriffe schafft und, wie im Hauptsacheverfahren näher zu prüfen sein wird, ihre Grundrechte möglicherweise
verletzt. Angesichts der Regelungen, die der Gefahr solcher Zugriffe entgegenwirken, die rechtmäßige Datenverwendung begrenzen
oder sie außer zu Erprobungszwecken derzeit noch gänzlich ausschließen, reicht dies jedoch zur Darlegung eines Eilfalls, der
den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung dringend geboten erscheinen lässt, nicht aus.

4
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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