Aktenzeichen 41 O 2378/18
ZPO § 141 Abs. 3, § 287, § 291,§ 709
EG-FGV § 27 Abs. 1
EU-VO 715/2007/EG Art. 5 Abs. 2
Leitsatz
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21.668,48 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit … Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs … mit der Fahrgestellnummer … zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem … mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.171,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem … freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 66,1% und der Beklagte 33,9% zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 47.202,33 € festgesetzt.
Gründe
A.
Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Die Klagepartei hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 21.668,48 € Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs aus § 826 BGB sowie aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 27 Abs. 1 EG-FGV. Weiter besteht ein Anspruch der Klagepartei gegen die Beklagte auf Zahlung von Verzugsszinsen auf die Hauptforderung sowie auf vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe. Der Annahmeverzug war festzustellen. Im Übrigen war die Klage als unbegründet abzuweisen.
I.
Der klägerische Anspruch ergibt sich aus § 826 BGB. Die Beklagte hat der Klägerpartei in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt. Die Handlung, durch die die Beklagte die Klagepartei geschädigt hat, war das Inverkehrbringen – unter Verschweigen der gesetzeswidrigen Softwareprogrammierung – von Dieselmotoren zum Zweck des Weiterverkaufs, deren Motorsteuerungssoftware so programmiert war, dass sie den Betrieb des Fahrzeugs auf einem Prüfstand im Neuen Europäischen Fahrzyklus erkannte und die Abgasbehandlung in den sogenannten Modus 1 versetzte. Wie mittlerweile allgemein bekannt ist, waren die Fahrzeuge aus dem VW-Konzern, damit auch das streitgegenständliche Fahrzeug des Klägers, mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüstet. Obwohl die Hersteller teilweise bereits das Vorliegen eines Mangels bestreiten und die Abschaltvorrichtungen teilweise als „Motorenschutzmaßnahmen“ etc. beschönigen, ist an der Unzulässigkeit der installierten Einrichtungen spätestens seit dem am … vom KBA gegenüber der … angeordneten Rückrufaktion (abzurufen unter https://www.kba.de/DE/Presse/Archiv/VW/vw_inhalt.html?nn=1633522) der betroffenen Fahrzeuge mit EA 189-Motoren nicht mehr an der Unzulässigkeit der verbauten Einrichtungen zu zweifeln.
2. Die schädigende Handlung ist der Beklagten zuzurechnen. Die jeweils verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten haben in – jedenfalls zurechenbarer – Kenntnis der Tatsache, dass die gesetzlichen Typenzulassung der Fahrzeuge derjenigen Baureihe, der das Klägerische Fahrzeug angehört wegen des Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 2 der EU-Verordnung 715/2007/EG gemäß Art. 10 Abs. 2 der EU-Verordnung 715/2007/EG nicht vorliegen, vorsätzlich eine falsche Übereinstimmungsbescheinigung im Sinne des § 6 Abs. 1 EG-FGV für das Fahrzeug ausgestellt. Die damit einhergehenden Täuschungshandlung sind nach Überzeugung der Kammer auch nur vorsätzlich denkbar, weil der Beklagten als etablierte Fahrzeugherstellerin unter arbeitsteiligem Einbau des von ihrem Mutterkonzern hergestellten Motors die Kenntnis der Programmierung ihrer eigenen Fahrzeuge bzw. der von ihr massenweise bezogenen und eingebauten Fahrzeugteile, sowie der für sie einschlägigen Rechtsnormen unterstellt werden kann. Jedenfalls liegt insofern aufgrund der substanziierten Darlegung der Klagepartei eine sekundäre Darlegungslast bei der Beklagten, welcher die Beklagte nicht genügt hat. Diese beruft sich lediglich darauf, dass die Klagepartei eine Kenntnis ihrer Organe nicht nachgewiesen habe.
Eine Zurechnung der jeweiligen Handlungen auch verschiedener Mitarbeiter an die Beklagte erfolgt über eine entsprechende Anwendung von § 831 BGB sowie § 31 BGB. Dabei muss im Rahmen der Rechtsprechung zur Repräsentantenhaftung auch denjenigen Personen das deliktische Handeln der Mitarbeiter nach § 31 BGB zugerechnet werden, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung, bedeutsame Funktionen zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren. Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob diese Personen satzungsgemäß oder (nur) im Rechtsverkehr die juristische Person vertreten, da letztere nicht selbst darüber entscheiden soll (durch die eigene Satzung), für welche Personen sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will (vgl. BGH III ZR 296/11).
Es bedarf keiner konkreten Feststellung, welcher konkrete Repräsentant der Beklagten vorsätzlich handelte. Dies festzustellen ist der Klagepartei, die keine Einblicke in die betriebsinterne Aufgabenverteilung der Beklagten und der Konzernmutter VW hat, nicht dezidiert möglich. Sie hat jedoch – im Rahmen ihrer Möglichkeiten – substantiiert vorgetragen, so dass es der Beklagten im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast oblegen hätte, den Vortrag zu entkräften oder die Repräsentanten zu benennen. Beides ist nicht erfolgt.
Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob die jeweiligen Repräsentanten Kenntnis zur Zeit der Software-Entwicklung hatten. Abzustellen ist vielmehr auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens der betroffenen Fahrzeuge. Eine Kenntnis der entsprechenden Repräsentanten zu diesem Zeitpunkt ist für die Kammer jedoch nicht anzuzweifeln, da insoweit ein eigenmächtiges Handeln von Mitarbeitern, die nicht als Repräsentanten im obigen Sinne zu sehen sind, zur Überzeugung des Gerichts nicht vorstellbar ist.
3. Die Beklagte hat der Klagepartei den Schaden vorsätzlich zugefügt. Die Programmierung der hier in Rede stehenden Software setzt eine aktive und ergebnisorientierte präzise Programmierung der Motorsteuersoftware voraus. Die Annahme einer fahrlässigen Herbeiführung dieses Zustandes ist daher zur Überzeugung der Kammer ausgeschlossen, so dass es keiner weiteren Beweisaufnahme hierzu bedurfte, § 291 ZPO. Mangels jeglicher entgegenstehender Anhaltspunkte muss ebenso davon ausgegangen werden, dass den Organen der Beklagten völlig klar war, dass der Mutterkonzern Dieselmotoren an Tochterunternehmen lieferte und auch selbst in eigenen Fahrzeugen verkaufte, die hinsichtlich der Abgaswerte nicht den einschlägigen Vorschriften entsprachen, und dass somit die Kunden der Beklagten selbst und ihrer Tochterunternehmen sowie die Käufer von betroffenen Gebrauchtwagen wirtschaftlich nachteilige Kaufverträge abschlossen.
4. Das Verhalten der Beklagten verstieß auch gegen die guten Sitten. Die Täuschung durch die Beklagte diente – andere Motive sind weder von der Beklagten dargelegt noch sonst ersichtlich – dem Zweck, zur Kostensenkung (und möglicherweise zur Umgehung technischer Probleme) rechtlich und technisch einwandfreie, aber teurere Lösungen der Abgasreinigung zu vermeiden und mit Hilfe der scheinbar umweltfreundlichen Prüfstandwerte Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Schon dieses Gewinnstreben um den Preis der bewussten Täuschung und Benachteiligung von Kunden gibt dem Handeln der Beklagten das Gepräge der Sittenwidrigkeit (siehe zum Ganzen statt vieler LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16, VuR 2017, 111). 5.
Der Klagepartei ist nach Überzeugung der Kammer durch die Bindung an einen nicht erwartungsgerechten Vertrag ein Schaden entstanden, der einen Anspruch auf Schadensersatz in Gestalt der Rückabwicklung des Fahrzeugerwerbs auslöst gemäß §§ 249 ff. BGB.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist auch bei objektiver Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung eine Verpflichtung zum Schadensersatz in Form der Naturalrestitution gemäß § 249 Abs. 1 BGB gegeben, wenn ein getäuschter Vertragspartner den Vertrag ohne das haftungsauslösende Verhalten, also die Ausstellung der unrichtigen Bescheinigung, nicht eingegangen wäre (BGH NJW 1998, 302; BGH NJW-RR 2005, 611; BGH NJW 2005, 1579; BGH NJW 2010, 2506; VersR 2012, 1237). Voraussetzung ist lediglich, dass der Geschädigte die erfolgte Vertragsbindung nicht willkürlich als Schaden ansieht, sondern dass sie sich auch nach der Verkehrsanschauung bei Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls als unvernünftig erweist (BGH NJW 1998, 302; BGH NJW 2005, 1579). Hierfür genügt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs, dass die Leistung des anderen Vertragspartners, obwohl objektiv werthaltig, für die Zwecke des geschädigten Kontrahenten nicht vollumfänglich brauchbar ist (BGH NJW-RR 2005, 611; BGH NJW 2005, 1579; VersR 2012, 1237; NJW-RR 2014, 277). Der Schaden besteht dann allein in dem durch das haftungsauslösende Verhalten bewirkten Eingriff in das Recht, über die Verwendung des eigenen Vermögens selbst zu bestimmen (BGH NJW 2010, 2506) und in der Entstehung einer ungewollten Verpflichtung aus diesem Vertragsverhältnis (BGH NJW-RR 2005, 611).
Wendet man diese Grundsätze auf den hier vorliegenden Fall an, kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass ein Fahrzeugerwerber, wie die Klägerpartei hier, infolge des dem Hersteller zur Last fallenden Fehlverhaltens eine zweckwidrige Vertragsbindung eingegangen ist, die zur Rückabwicklung des Kaufvertrags führt. Hätte der Hersteller keine unrichtige Übereinstimmungsbescheinigung erteilt und stattdessen offengelegt, dass die in Verkehr gebrachten Fahrzeuge gerade keinem genehmigten Typ entsprechen, hätte deren Erwerber davon abgesehen, diese Fahrzeuge zu kaufen. Dabei spielt es keine Rolle, welches konkrete Motiv für den einzelnen Erwerber bestimmend gewesen wäre. Ein Teil der Käufer mag besonderen Wert darauf gelegt haben, im Interesse des Umweltschutzes ein Fahrzeug zu nutzen, das die geltenden Grenzwerte für Abgasemissionen einhält, ein anderer Teil nicht. Aber nach Ansicht der Kammer waren zumindest alle Erwerber interessiert daran, ein Fahrzeug zu erwerben, dessen Produktion und Inverkehrgabe keinen rechtlichen Bedenken unterlag.
Die über den Prozessbevollmächtigten erfolgte Anhörung der Klagepartei bestätigte auch, dass dieser zum Kaufzeitpunkt ein sparsames und günstiges Fahrzeugs erwerben wollte, wobei auch der Umweltschutzgesichtspunkt seinem Mandanten wichtig gewesen sei, weil dieser grundsätzlich die Vorstellung gehabt habe, dass der Diesel die saubere Antriebstechnik darstellen würde und das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass dies bei seinem Fahrzeug gerade nicht der Fall war. Es sei auch nicht Ausdruck seiner Zufriedenheit gewesen, das Fahrzeug am Ende der Finanzierung zu übernehmen, sondern die rein wirtschaftliche Überlegung, dass es für ihn finanziell ungünstig sei, das Fahrzeug am Ende der Finanzierung für den vereinbarten Rückkaufpreis zurück zu geben, weil zu besorgen sei, dass er dann in den vorausgehenden Raten – die dies eingepreist hätten – bereits zu viel abbezahlt hätte. Das Gericht hat keinen Grund gefunden, an dieser Darstellung zu zweifeln.
Jedenfalls lässt sich nach Überzeugung der Kammer keinem der Erwerber unterstellen, ihm wäre gleichgültig gewesen, ob das Fahrzeug ordnungsgemäß produziert und in den Verkehr gebracht worden ist oder nicht. Die Investition in ein neues Fahrzeug war deshalb aus Sicht der Erwerber jedenfalls zweckwidrig, selbst wenn man unterstellt, dass das haftungsträchtige Verhalten zu keinerlei in Geld zu bemessender Einbuße bei den Fahrzeugerwerbern geführt hat.
Nach Ansicht der Kammer liegt hierin auch kein allgemeiner Vermögensschutz, der im Deliktsrecht ja gerade nicht gelten soll, sondern es wird konkret auf den Vertragsschluss als Schaden abgestellt. Durch die Rückabwicklung des Vertrages soll vorwiegend der Sinn und Zweck der EG-FGV effektiv umgesetzt werden. Dass dies auch die Rückzahlung des Kaufpreises nach sich zieht, ist die konsequente Wirkung dieser Rechtsfolge. Dass das Vermögen allein aber nicht geschützt wird, ist auch aus der anzurechnenden Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer ersichtlich, welche sich manche Kläger unter Berufung auf den rechtswidrigen Zustand nicht anrechnen lassen wollen.
Die Klagepartei hat daher gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs unter Anrechnung von Gebrauchsvorteilen im Sinne des § 249 Abs. 1 BGB.
6. Im Rahmen der Rückabwicklung muss sich die Klagepartei den Abzug von Gebrauchsvorteilen in Form einer Nutzungsentschädigung gefallen lassen, welche sie auch bereits selbst in ihrem Klageantrag – vorläufig ohne jede Bezifferung – berücksichtigte. Allerdings hat sie den Nutzungsersatz im Termin nicht bzw. ausdrücklich mit „Null“ beziffert und sich insoweit auch auf ihre bereits schriftsätzlichen Ausführungen bezogen, dass sie diesen bei sittenwidriger Täuschung nicht schulde. Hierbei handelt es sich jedoch um einen Vorteilsausgleich, der nach Überzeugung des Gerichts auch bei einer deliktischen Haftung vorzunehmen ist. Nach dem im Deutschen Recht geltenden Schadensausgleich soll nämlich der Geschädigte durch die schädigende Handlung grundsätzlich nicht besser gestellt werden, als ohne das schädigende Ereignis, §§ 249 ff BGB. Da die Klagepartei aber offensichtlich ein Bedürfnis für die Nutzung eines Pkws – zu privaten und/oder beruflichen Zwecken – hatte und das streitgegenständliche Fahrzeug entsprechend genutzt hat, wie sich aus der Kilometerleistung ergibt, ist davon auszugehen, dass sie für den Fall, dass sie dieses Fahrzeug nicht gekauft hätte, ein anderes Fahrzeug erworben und ebenfalls in gleicher Weise genutzt hätte, was zu einem entsprechenden Verschleiss und Wertverlust geführt hätte.
Die Nutzungsentschädigung, die die Klagepartei an die Beklagte im Wege der Zugum-Zug-Rückabwicklung zu entrichten hat, ist nach Überzeugung der Kammer im vorliegenden Fall auf 14.750,85 € festzusetzen. Die Berechnung nimmt die Kammer dabei nach folgender Formel vor:
Bruttokaufpreis (€) x gefahrene Strecke (km)
Restleistung bei Vertragsschluss unter Ansatz einer Gesamtkilometerleistung von 300.000 (km)
Da die Klagepartei das Fahrzeug mit einem Kilometerstand von Null erworben hat, hat sie bei einem unbestritten gebliebenen Kilometerstand zum Schluss der mündlichen Verhandlung von 209.247 km Nutzungsentschädigung für diese gefahrenen Kilometer zu leisten. Dies bestimmt sich nach gerichtlicher Schätzung gemäß § 287 ZPO.
Das Gericht geht im Rahmen der Berechnung weiter aufgrund einer Schätzung gemäß § 287 ZPO von einer Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Höhe von 300.000 km aus, da hier von einer durchschnittlichen Laufleistung der leistungsstarken Dieselmotoren auszugehen ist (so auch LG München I, Az. 23 O 23033/15).
Die Nutzungsentschädigung beläuft sich daher auf 39.608,19 € (Kaufpreis) x 209.247 km (gefahrene Strecke) : 300.000 km (Restlaufzeit bei Kauf) = 25.533,85 €.
Es verbleibt daher ein Rückzahlungsbetrag an die Klagepartei in Höhe von 39.609,19 € – 25.533,85 € = 14.074,34 €.
Als weiteren Schadensposten geltend machen kann die Klagepartei den für die Finanzierung geleisteten Zinsaufwand in Höhe von 7.594,48 €.
Die Klagepartei wird ihres Anspruchs auch nicht dadurch verlustig, dass sie von ihrem verbrieften Rückgaberecht keinen Gebrauch gemacht hat. Dass die reguläre Abwicklung des Gesamtvertrags in Form der vollständigen Kaufpreiszahlung zuzüglich des erbrachten Finanzierungsaufwands einen Schadensbetrag darstellt, der bereits durch den durch diesen verbundenen Vertrag eingetreten ist, den wirtschaftlich eingetretenen Schaden nicht entfallen lässt, kann schon daraus erkannt werden, dass der Kläger bei der Rückgabe des Fahrzeugs lediglich einen Rückkaufpreis in Höhe der gegenüber der … fälligen Schlussrate vom Händler erhalten hätte, dann aber das Auto nicht mehr gehabt hätte. Bei einer Rückabwicklung wegen deliktischer Haftung gegenüber dem Hersteller erhält dieser aber den Kaufpreis abzüglich der Nutzungsentschädigung in Höhe von 14.074,34 EUR und die Finanzierungskosten in Höhe von 7.594,14 EUR zurück. Es kann ihm daher auch nicht nach § 254 BGB entgegen gehalten werden, dass er bei Rückgabe des Fahrzeugs – zugunsten des Schädigers, aber zu seinen eigenen erheblichen Lasten – davon keinen Gebraucht gemacht hat. Auch kann in der Nichtwahrnehmung der Rückgaberechte generell kein Mitverschulden erkannt werden, da dieses Verschulden einen vorwerfbaren Verstoßes gegen Gebote des eigenen Interesses voraussetzen würde, also gegen eigene Obliegenheiten, nämlich, dass diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren. Dass es vorliegend nicht als ein solcher Verstoß gegen eigene Obliegenheiten angesehen werden kann, ein finanziertes Fahrzeug zu Konditionen zurückgeben zu müssen, die die hier zugrundeliegende besondere Konstellation einer Abgasmanipulation mit entsprechenden Schadensersatzansprüchen gegen den Hersteller in keiner Weise berücksichtigt und dem Berechtigten daher erhebliche finanzielle Nachteile gegenüber einer im Wege des Schadensersatzes möglichen Rückabwicklung gesamten verbundenen Vertrages bringen würde, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Ausführungen.
II.
Der klägerische Anspruch ergibt sich vorliegend außerdem auch aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV, §§ 249 ff. BGB (vgl. beispielsweise LG Ingolstadt, Urteil vom 08.04.2019, Az. 53 O 1520/17; a.A. OLG München, Beschluss vom 03.09.2019, Az. 21 U 1896/19). Nähere Ausführungen dazu erübrigen sich derzeit aufgrund des oben bereits festgestellten Anspruchsgrundes.
III.
Der klägerische Anspruch ist nach fruchtloser Mahnung gemäß § 286, 288 BGB zu verzinsen.
Die Rückforderung des Kaufpreises ist wie aus dem Tenor ersichtlich erst ab wirksamer Inverzugsetzung zu verzinsen (§ 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB). Den Beklagten wurde eine erfolglose Frist zur Rückabwicklung des Kaufvertrags spätestens zum 21.12.2018 gesetzt, die den Verzug begründet. In dem Schreiben wurde auch Zugum-Zug die Rückgabe des Fahrzeugs und die Anrechnung eines Nutzungsersatzes für die bis dahin gefahrenen Kilometer angeboten.
IV.
Die vorgerichtlich geltend gemachten Kosten als 2,0 Gebühr waren auf die hier auch in vergleichbaren Verfahren für angemessen angesetzte 1,3 fachte Gebühr zu kürzen und nur aus dem zuletzt zugesprochenen Gegenstandswert von 21.668,48 EUR zu berechnen. Zutreffend bestritt die Beklagte die geforderte Gebühr als überhöht, da keine Gründe geltend gemacht wurden, die es rechtfertigen, die Kappungsgrenze der Nr. 2300 VV RVG zu überschreiten. Zudem wäre der zugrunde zu legende Gebührenstreitwert auf den letztlich hier ausgeurteilten Betrag unter Abzug einer Nutzungsentschädigung zu korrigieren gewesen. Der Rechtsstreit betrifft lediglich eine Kaufsache und deliktische Ansprüche, basierend auf einer behaupteten Täuschung/betrügerischen Handlung, wobei der Sachverhalt in den zahlreichen gleichgelagerten Fällen weitgehend identisch ist und sich letztlich auf Vortrag einer Erwerbshandlung und einer Betroffenheit des Fahrzeugs im Sinne des sog. „Dieselskandals“ erschöpft. Dabei handelt es sich zudem um Massenklagen, die bei allenfalls kleinen Nuancen der Einzelsachverhalte letztlich einen massenhaft gleichartigen Sachverhalt und identische rechtliche Argumente beinhalten, die in der Regel seit Beginn der Klagewellen in 2016 von den meisten Anwaltskanzleien lediglich von Musterschriftsätzen kopiert oder abgeschrieben werden und sich gegenüber den Herstellern mittlerweile alle auf §§ 823 II, 826 i.V. m. § 831 und §§ 249 ff BGB beschränken. Eine besondere Schwierigkeit des hier betreffenden Einzelfalls ist insoweit auch nicht vorgetragen oder erkennbar, es handelt sich vielmehr um einen typischen Rückabwicklungsfall derartiger „Dieselfälle“. Die Gebühr errechnet sich daher wie folgt:
„Außergerichtliches Verfahren 1,3 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV, 13 RVG: € 964,60 zuzüglich 20,00 € Postpauschale Nr. 7002 VV und 187,07 € Mehrwertsteuer (16%), ergibt 1.171,67 €.“
Der Kläger hat auch seine bestrittene Aktivlegitimation für die Geltendmachung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr trotz einer Deckungszusage/Vorausleistung der Rechtsschutzversicherung des Klägers nicht nachgewiesen hat, war ihm nur ein Freiststellungsanspruch in der vorbezeichneten Höhe zuzusprechen.
B.
Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.
I.
Bezüglich des Klageantrags zu 1) war Nutzungsersatz anzusetzen und in Abzug zu bringen (siehe hierzu oben). Diesen hat die Klagepartei jedoch im Antrag und im Termin nicht konkret beziffert, weshalb die Klage in Höhe des vom Gericht festzusetzenden Nutzungsersatzes in der Hauptsache abzuweisen war. Abzuweisen war auch die Zuvielforderung hinsichtlich der außergerichtlichen Verfahrensgebühr, zudem der Anspruch auf Zahlung in einen bloßen Freistellungsanspruch zu kürzen.
II.
Zinsen nach § 849 BGB ab Kaufvertragsschluss bzw. Bezahlung des Kaufpreises schuldet die Beklagte nicht. § 849 BGB ist bereits dem Wortlaut nach nicht anwendbar. Die Beklagte hat weder eine Sache der Klagepartei entzogen noch beschädigt. Der Kaufpreis ging vielmehr an den Verkäufer. Außerdem ist § 849 BGB zwar über den bloßen Wortlaut hinaus auch auf die Entziehung von Geldmitteln anzuwenden (BGH, Versäumnisurteil vom 26. 11. 2007 – II ZR 167/06, NJW 2008, 1084), allerdings ist der Anwendungsbereich auf die Überlassung von Geldern ohne gleichzeitig nutzbare Gegenleistung zu beschränken. Der Zinsanspruch nach § 849 BGB soll nämlich mit einem pauschalierten Mindestbetrag den Verlust der Nutzbarkeit einer Sache ausgleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann. Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn der Geschädigte eine nutzbare Gegenleistung erhalten hat, auch wenn diese später im Rahmen eines Schadensersatzanspruches an den Schädiger übereignet wird. Denn durch einen Fahrzeugkauf, den die Klagepartei in jedem Fall beabsichtigte und nach dem sie das Fahrzeug auch nutzte, hätte sie auch ohne die Täuschung der Beklagten den Kaufpreis nicht gewinnbringend anlegen können. Ein allgemeiner Rechtsgedanke dahingehend, dass Schadensersatzansprüche ab dem Zeitpunkt der Entstehung zu verzinsen seien, ist dem deutschen Recht fremd (Wagner, in: MüKo, § 849 Rn. 4).
Soweit eine weitere Verzinsung nach § 849 BGB gefordert wurde, war der Antrag daher abzulehnen. Die Sondervorschrift des § 849 BGB gilt nur für die z. B. betrügerisch erlangte Entziehung einer Sache oder deren Beschädigung mit Eintritt einer Wertminderung bei Unterstellung, dass keine entsprechende Gegenleistung erbracht wurde.
Vorliegend ist als Schaden aber nicht die Entziehung des Kaufpreises anzusehen, sondern das Eingehen eines wirtschaftlich nachteiligen Vertrags, der dann erst auf Verlangen hinsichtlich der gegenseitig gewährten Leistungen rückabzuwickeln ist. Die Sache war auch nicht beschädigt dergestalt, dass eine Gebrauchs- oder Wertminderung nachweislich eingetreten wäre, die es rechtfertigen könnte, ausnahmsweise von einem Vorteilsausgleich abzusehen. Der Geldbetrag wurde zwar auf Grundlage eines bemakelten Vertrags hingegeben, jedoch in Abwicklung des zunächst wirksam geschlossenen Vertrags (keine Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts im Sinne von § 134 oder § 138 BGB!).
Bei der Vorschrift des § 849 BGB handelt es sich gerade nicht um einen allgemeinen Rechtsgedanken im Schadensrecht, der großzügig ausweitend auszulegen wäre (Pal. 78. Aufl. § 849 – Sprau – Rz. 1 mit Hinweis auf BGH NJW 18, 2479 Rz. 45). Eine Ausweitung dieser Sondervorschrift mit Ausnahmecharakter im Deliktsrecht ist auch nicht geboten, denn im Deliktsrecht ist die Frage, ob ein zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, nach der sogenannten Differenzhypothese durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte, zu beurteilen. Dabei ist der deliktische Schadensersatzanspruch auf das negative Interesse beschränkt (vgl. BGH Urteil vom 25.11.1997, Az. VI ZR 402/96; Pal. BGB 78. Aufl. Einf. Vor § 823 Rn. 24). Damit kann der Kläger lediglich fordern so gestellt zu werden, wie er ohne die Täuschung stünde. Dabei ist allerdings davon auszugehen, dass er damals zwar nicht das betreffende Fahrzeug, aber ein vergleichbares anderes Fahrzeug gegebenenfalls auch eines anderen Herstellers erworben hätte, da davon auszugehen ist, dass der Kläger auf jeden Fall ein Fahrzeug für seine beruflichen und privaten Zwecke benötigt hätte. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass er dieses Geld dann alternativ angelegt und damit Zinseinkünfte erwirtschaftet hätte. Ein genereller Verzinsungsanspruch des ursprünglich bezahlten Kaufpreises aus dem Kaufvertrag mit einem Dritten kann somit auch aus § 849 BGB, bei der es sich vielmehr um einen eng begrenzten Ausnahmetatbestand im Deliktsrecht handelt, nicht entnommen werden.
Dies erscheint auch im Hinblick darauf, dass dem Kläger umgekehrt eine Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs vom Kaufpreis in Abzug gebracht wird, nicht unbillig. Denn anders als der Kaufpreis, der im vorliegenden Fall auch nicht an die Beklagte, sondern an einen Händler bezahlt wurde, wird das streitgegenständliche Fahrzeug durch die bestimmungsgemäße Nutzung tatsächlich „verbraucht“ und verliert dadurch zunehmend an Wert, während der abstrakte Geldwert als solcher nicht „verbraucht“ wird, und allenfalls einer möglichen, aber nicht zwingenden Inflation unterfällt. Zudem ist nicht davon auszugehen, dass die Beklagte den irgendwann aufgrund eines eigenen Vertragsverhältnisses unabhängig vom Kläger als späteren Endkunden erhaltenen Händlereinkaufspreis zur gewinnbringenden Nutzung zur Verfügung hatte, da von diesem Preis zunächst ihre eigenen Aufwendungen für die Entwicklung, Produktion und Vertrieb des streitgegenständlichen Fahrzeugs abzuziehen wären, so dass allenfalls ein hier nicht näher bekannter möglicher Gewinnanteil der Beklagten verbleiben würde, aus dem diese einen wirtschaftlichen Nutzen gezogen haben könnte.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO. Allerdings war hier zu berücksichtigen, dass die Klagepartei ein erhebliches Zuviel an deliktischen Zinsen seit dem Kaufzeitpunkt gefordert hatte und insoweit unterlegen ist. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH und verschiedener Obergerichte (vgl. z. B. BGH VIII ZR 222/59, BGH NJW 1988, 2173, BGH III ZR 143/12, OLG Koblenz 5 U 52/08 und KG 8 U 258/11), sowie einschlägiger Kommentierungen zu § 92 ZPO (z. B. Zöller ZPO, 32. Aufl. § 92 Rz. 11) war hier ein fitkiver Streitwert unter Hinzurechnung des geltend gemachten Zinsbetrags für den Zeitraum ab Kauf bis zum Eintritt des Verzugszinsanspruchs zu bilden, und die Kosten waren im Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens auch in Ansehung der Zuvielforderung an Deliktszinsen zu verteilen.
Dies ergibt einen nur für die Kostenentscheidung zu berücksichtigenden fiktiven Streitwert von 47.202,33 EUR zuzüglich dem Verzugszinsanspruch von 4% aus diesem Betrag für den Zeitraum 14.02.11 bis 21.12.2018 (16.713,56 EUR), somit in Höhe von insgesamt 63.915,89 EUR. Insoweit obsiegt die Klagepartei lediglich in Höhe von 21.668,48 EUR, denn sie verlor in Höhe der Nutzungsentschädigung und des deliktischen Zinsanspruchs. Dies ergibt aus dem 41 O 2378/18 – Seite 15 – fiktiven Streitwert eine Kostenquote der Klagepartei in Höhe von 66,1%, für die Beklagte ergibt sich eine Kostenquote von 33,9%.
D.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
E.
Der Streitwert bemisst sich allein nach der Höhe des Leistungsantrags zu 1), wie er in der Klageschrift zum Ausdruck kam.
Da hier die Finanzierungskosten (Zinsen) bereits ausgerechnet und als erheblicher eigener Schadensposten im Hauptsachebetrag geltend gemacht wurden, waren auch diese Finanzierungszinskosten streitwerterhöhend zu berücksichtigen.
Mangels Angabe zur damaligen Höhe eines abzuziehenden Nutzungsersatzes verbleibt es bei der vollen Höhe des Kaufpreises und der ausgerechneten Finanzierungszinsen, da darüber streitig zu entscheiden war.
Die allgemeinen gesetzlichen Verzugszinsen und außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten bleiben als Nebenforderungen unberücksichtigt.
Die Feststellung des Annahmeverzugs hat keinen messbaren Wert, da kein nennenswerter Betrag einer Kostenersparnis für die Klagepartei ersichtlich ist, wenn er sich durch die Feststellung den Aufwand, die eigene Leistung anbieten zu müssen, erspart. Ein solcher Aufwand ist auch klägerseits nicht näher dargelegt oder beziffert worden. Da dieser sich allenfalls im geringfügigen Bereich von wenigen Euro bewegen dürfte, kann er beim vorliegenden Streitwert keinen Kostensprung auslösen und ist daher nicht zu berücksichtigen.