Aktenzeichen AN 9 K 17.01239
BayVwVfG Art. 24 Abs. 1
Leitsatz
1 Die Nutzungsuntersagung ist bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben schon dann gerechtfertigt, wenn dieses ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion hat, den Bauherren auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, kommt es insoweit nicht darauf an, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine insofern formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (hier verneint). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Wettbüro ist als Vergnügungsstätte einzustufen, da – in Abgrenzung zu einer bloßen Wettannahmestelle vergleichbar einer Lotto-Toto-Annahmestelle als Laden – in solchen Räumlichkeiten nicht nur Gelegenheit zur Abgabe von Wetten und zur Entgegennahme von Gewinnen besteht, sondern diese auch zur kommerziellen Unterhaltung dienen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2 Dabei reicht es insoweit für die Annahme einer Vergnügungsstätte bereits aus, wenn im Wettbüro Live-Wetten vermittelt werden und die Möglichkeit besteht, sich in den Räumlichkeiten aufzuhalten, um die aktuellen Quotenergebnisse live zu verfolgen. Bereits daraus resultiert der Verweilcharakter und die Annahme einer kommerziellen Unterhaltung, wie sie eine Vergnügungsstätte bietet. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
Die Klage, über die wegen Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, hat keinen Erfolg.
1. Das Gericht hat bereits Zweifel an der Zulässigkeit der Klage. Die Umstellung einer ursprünglichen Anfechtungsklage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach Erledigung des angegriffenen Verwaltungsaktes stellt zwar eine gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO stets zulässige, privilegierte Klageänderung dar. Die Klägerin konnte jedoch ein berechtigtes Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht hinreichend darlegen, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO.
Soweit sich die Klägerin auf eine bestehende Wiederholungsgefahr beruft, wäre für eine solche nicht nur die konkrete Gefahr erforderlich, dass künftig ein vergleichbarer Verwaltungsakt erlassen wird; vielmehr müssen darüber hinaus die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert sein. Die Klägerin vermochte jedoch schon nicht schlüssig darzulegen, dass sie unter im Wesentlichen unveränderten Umständen der Gefahr einer gleichlautenden Nutzungsuntersagung ausgesetzt ist. Der bloße Hinweis, dass sie weitere Wettbüros betreibe, ist lediglich der Verweis auf das allgemeine Lebensrisiko möglicherweise Adressat einer Nutzungsuntersagung zu werden, genügt aber im Übrigen diesen Anforderungen nicht. Ausweislich der Begründung der Nutzungsuntersagung durch die Beklagte erging diese auf Grundlage eines spezifischen Einzelfalles, was sich schon daraus ergibt, dass allein die Störerauswahl immer die konkreten Umstände des Einzelfalls in den Blick nehmen muss.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Vorbereitung eines Amtshaftungsverfahrens vermag das Gericht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht zu erkennen. Für ein solches müsste die Klägerin unter anderem aufzeigen, was sie konkret anstrebt, welchen Schaden bzw. welche Schadens- oder Entschädigungspositionen sie im Zivilrechtsweg geltend machen will und dass ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist. Zwar dürfen an den Vortrag keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Der Vortrag zur Rechtfertigung des mit der Fortsetzung des Prozesses verbundenen Aufwands muss aber zumindest über die bloße Behauptung hinaus nachvollziehbar erkennen lassen, dass ein Amtshaftungsprozess tatsächlich angestrebt wird und dieser nicht offensichtlich aussichtslos ist. Hierzu gehört auch eine zumindest annähernde Angabe der Schadenshöhe (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2014 – 15 ZB 14.510 – juris Rn. 10 f.). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Klägerin nicht.
2. Letztlich kann die Frage des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses und der Zulässigkeit der Klage im Übrigen aber dahinstehen, da die Klage jedenfalls (auch) unbegründet ist. Die mit Bescheid vom 19. Juni 2017 ausgesprochene Nutzungsuntersagung ist rechtmäßig und vermag die Klägerin nicht in ihren Rechten zu verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; dazu 2.1). Selbiges gilt für die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids (dazu 2.2).
2.1 Rechtsgrundlage für die getroffene Nutzungsuntersagung ist Art. 76 Satz 2 BayBO. Danach kann die Nutzung einer Anlage untersagt werden, wenn sie öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Ein Rechtsverstoß im Sinne dieser Bestimmung, der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt, liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben schon dann vor, wenn dieses ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Da die Nutzungsuntersagung – insofern der Baueinstellung (Art. 75 Abs. 1 BayBO) vergleichbar – in erster Linie die Funktion hat, den Bauherren auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, kommt es insoweit nicht darauf an, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften über die Genehmigungspflicht formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (BayVGH, B.v. 27.2.2017 – 15 CS 16.2253 – juris Rn. 33; B.v. 19.5.2016 – 15 CS 16.300 – juris Rn. 21 m.w.N.).
Die danach erforderlichen tatbestandlichen Voraussetzungen für die angefochtene Nutzungsuntersagung liegen vor (dazu 2.1.1). Auch die seitens der Beklagten erfolgte Ermessensausübung ist nicht zu beanstanden (dazu 2.1.2). Selbiges gilt für die Anordnung im Übrigen (dazu 2.1.3).
2.1.1 Die Räumlichkeiten im Anwesen … (Ebenen -1 bis 3) in … werden formell baurechtswidrig und damit im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, weil die Änderung der Nutzung der in Rede stehenden Räumlichkeiten von einem Ladengeschäft hin zu einem Betrieb zur Vermittlung von (Sport-)Wetten eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstellt. Aufgrund der in der Behördenakte befindlichen Fotos vom Ortstermin der Beklagten im Juni 2017 und den von dieser getroffenen Feststellungen hat das Gericht keinen Zweifel daran, dass die zum Zeitpunkt der Untersagungsanordnung vorgefundene Betriebsform als Vergnügungsstätte in Form eines Wettbüros zu qualifizieren ist.
Ein Wettbüro ist nach ständiger Rechtsprechung als Vergnügungsstätte einzustufen, da – in Abgrenzung zu einer bloßen Wettannahmestelle vergleichbar einer Lotto-Toto-Annahmestelle als Laden – in solchen Räumlichkeiten nicht nur Gelegenheit zur Abgabe von Wetten und zur Entgegennahme von Gewinnen besteht, sondern diese auch zur kommerziellen Unterhaltung dienen. Dabei reicht es insoweit für die Annahme einer Vergnügungsstätte nach der überzeugenden Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bereits aus, wenn im Wettbüro Live-Wetten vermittelt werden und die Möglichkeit besteht, sich in den Räumlichkeiten aufzuhalten, um die aktuellen Quotenergebnisse live zu verfolgen. Bereits daraus resultiert der Verweilcharakter und die Annahme einer kommerziellen Unterhaltung, wie sie eine Vergnügungsstätte bietet. Die Ausstattung der Räumlichkeiten mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind hingegen keine unabdingbaren Voraussetzungen für das Vorliegen eines als Vergnügungsstätte zu qualifizierenden Wettbüros, sondern lediglich weitere Indizien hierfür. Selbiges gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Diese ist lediglich relevantes Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 21.5.2015 – 15 CS 15.9 – juris Rn. 15; B.v. 15.1.2016 – 9 ZB 14.1146 – juris 8; B.v. 19.5.2016 – 15 CS 16.300 – juris Rn. 24).
Die Nutzung der Räumlichkeiten als Wettbüro und damit als Vergnügungsstätte wurde seitens der Klägerin nicht bestritten. Im Übrigen lässt die Ausstattung der Räumlichkeiten beim Gericht auch keine Zweifel darüber offen, dass deren Nutzung auf ein Wettbüro gerichtet ist. So waren die Räumlichkeiten mit zahlreichen Bildschirmen, auf denen teils Sportübertragungen bzw. -Sendungen und teils Live-Wettquoten sichtbar waren, ausgestattet. In den Räumlichkeiten lagen zudem Wettprogramme der Marke „…“ mit der Aufschrift „Live sehen & Wetten“ aus. Auch befanden sich in den Räumen zahlreiche Tische und Stühle, Bänke bzw. Barhocker, die aufgrund ihrer Positionierung auch die Möglichkeit einer gemeinschaftlichen Beobachtung des Live-Wetten-Angebots und der Sportübertragungen auf den vorhandenen TV-Bildschirmen ermöglichten. Damit entsprach die vorgefundene Betriebsform einem Wettbüro und damit einer Vergnügungsstätte, da hier die Kunden durch die konkrete Ausgestaltung der Räumlichkeiten dazu animiert werden, sich dort länger aufzuhalten, um im geselligen Beisammensein Wetten abzuschließen.
Die Nutzungsänderung ist baugenehmigungspflichtig. Die Voraussetzungen für eine Genehmigungsfreiheit nach Art. 57 Abs. 4 BayBO liegen nicht vor. An eine Nutzung als Wettbüro sind andere öffentlich-rechtliche Anforderungen zu stellen als an eine Nutzung als Ladengeschäft, weil die Annahme von Sportwetten und die zum Nutzungskonzept gehörende Möglichkeit, „in gesellschaftlicher Atmosphäre“ zu verweilen und die Sportereignisse live an Bildschirmen mitzuverfolgen, die Variationsbreite eines typischen Ladengeschäfts überschreitet. Ein Wettbüro ist gerade geeignet, in Bezug auf die in § 1 Abs. 5 BauGB genannten Ziele der Bauleitplanung bodenrechtliche Spannungen auszulösen (vgl. VGH BW, B.v. 1.2.2007 – 8 S 2606/06 – juris Rn. 6). Überdies ergeben sich auch andere bauordnungsrechtliche Anforderungen vor allem im Hinblick auf die Stellplatzanzahl.
2.1.2 Die Nutzungsuntersagung erweist sich auch nicht als ermessensfehlerhaft. Die Beklagte hat das ihr eingeräumte Ermessen vielmehr rechtsfehlerfrei innerhalb der gesetzten Grenzen und unter Berücksichtigung des Zwecks der Eingriffsermächtigung ausgeübt (§ 114 Satz 1 VwGO). Falls wie hier die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vorliegen, muss im Regelfall nicht näher begründet werden, weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird. Eine weitergehende Begründung der Ermessenserwägung ist somit entbehrlich, da es sich bei dem durch Art. 76 Satz 2 BayBO eingeräumten Erschließungsermessen um ein sogenanntes intendiertes Ermessen handelt. Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind vorliegend Ermessensfehler der Beklagten nicht ersichtlich. Insbesondere ist die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung weder unverhältnismäßig, noch ist die Auswahl des in Anspruch genommenen Adressaten zu beanstanden.
Die Nutzungsuntersagung ist verhältnismäßig, insbesondere da das klägerische Vorhaben nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist. Für das Gebiet, in dem sich das streitgegenständliche Anwesen befindet, setzt der Bebauungsplan Nr. … zwar ein Kerngebiet fest, in dem Vergnügungsstätten und damit auch Wettbüros zwar grundsätzlich allgemein zulässig sind (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Hier schließt der bestehende Bebauungsplan Vergnügungsstätten (mit Ausnahme von Lichtspieltheatern) allerdings gerade ausdrücklich aus, d.h. die ausgeübte Nutzung widerspricht dessen Festsetzungen. Soweit die Klägerin die Wirksamkeit des Bebauungsplans infrage stellt, hat dies nicht zur Folge, dass davon ausgegangen werden kann, dass das Vorhaben als offensichtlich genehmigungsfähig einzustufen wäre und zweifelsfrei im Einklang mit allen im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Vorschriften stünde. Zum einen ist hinsichtlich der vorgetragenen Nichtigkeitsgründe schon nicht ohne Weiteres von einer Unwirksamkeit auszugehen. Zum anderen würde selbst die Annahme der Nichtigkeit des Bebauungsplans nicht zu einer Offensichtlichkeit der Genehmigungsfähigkeit führen, da nicht per se absehbar ist, ob das dann nach § 34 BauGB zu beurteilende Vorhabengrundstück einer und ggf. welcher Gebietskategorie entsprechend der BauNVO zuzuordnen wäre und ob sich das Vorhaben in die nähere Umgebung einfügen würde. Selbst wenn der Gebietscharakter der hier maßgeblichen näheren Umgebung tatsächlich einem faktischen Kerngebiet, wie die Klägerin es vorträgt, entsprechen sollte und das streitgegenständliche Vorhaben als kerngebietstypische Vergnügungsstätte entsprechend § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO nach der Art der baulichen Nutzung grundsätzlich zulässig wäre, kann sich eine Unzulässigkeit nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO im Einzelfall ergeben, wenn das Vorhaben nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen würde. Eine abschließende Aussage hierzu wie auch zur materiellen Rechtmäßigkeit im Übrigen steht jedoch entgegen, dass es mangels Vorliegens von Bauantragsunterlagen mit einer detaillierten Betriebsbeschreibung schon an einer eindeutigen und prüffähigen Darstellung des Vorhabens, anhand dessen die Genehmigungsfähigkeit zu prüfen wäre, fehlt. Vor diesem Hintergrund kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht die Rede sein.
Die Nutzungsuntersagung ist auch hinsichtlich der Ermessensausübung durch die Beklagte nicht zu beanstanden. Die Klägerin durfte als Störerin im ordnungsrechtlichen Sinne zur Beendigung des festgestellten baurechtswidrigen Zustands in Anspruch genommen werden. Die Störereigenschaft des Ordnungspflichtigen gehört zu den Eingriffsvoraussetzungen, so dass für die gerichtliche Prüfung insoweit auf den Zeitpunkt des Erlasses der Nutzungsuntersagung abzustellen ist. Zwar hat die Klägerin, nachdem ihr die Nutzungsuntersagung zugestellt worden war, der Beklagten mit Schreiben vom 27. Juni 2017 mitgeteilt, dass sie überhaupt keine Wettbüros betreibe und folglich auch nicht Betreiberin des streitgegenständlichen Wettbüros sei. Dieser Umstand führt jedoch nicht zu einer rechtswidrigen Störerauswahl. Denn unabhängig davon, ob sich die Störereigenschaft dadurch begründen ließe, dass die Klägerin die streitgegenständlichen Räumlichkeiten an die …GmbH weitervermietet hat und damit auch als mittelbare Handlungsstörerin in Anspruch genommen werden könnte, konnte sie hier jedenfalls als Anscheinsstörerin herangezogen werden. Auch im Bauordnungsrecht gelten die im Polizei- und Ordnungsrecht zum sogenannten Anscheinsstörer entwickelten Grundsätze (vgl. OVG NRW, B.v. 28.4.2014 – 10 A 1018/13 – juris Rn. 7).
Nach diesen ist die Klägerin hier zu Recht durch die an sie gerichtete Nutzungsuntersagung als Pflichtige in Anspruch genommen worden. Aus Sicht der Beklagten sprachen im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung am 19. Juni 2017 die äußeren Umstände dafür, dass die Klägerin selbst die ungenehmigte Nutzung der Räume zu verantworten hatte. Nachdem die Hausverwaltung der Eigentümergemeinschaft der Beklagten auf deren Nachfrage hin mitgeteilt hatte, dass die Klägerin Mieterin des streitgegenständlichen Anwesens sei, wies die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 24. Mai 2017 auf die Illegalität der (beabsichtigten) Nutzung und auf den Erlass einer Untersagungsanordnung für den Fall der Nutzungsaufnahme hin. Eine Klarstellung der Klägerin i.S.d. jetzigen Vortrages, dass ihr die Nutzung nicht zuzurechnen sei, bzw. eine Reaktion überhaupt auf das Schreiben erfolgten bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nicht. Der Beklagten lagen insofern keine Anhaltspunkte für einen Zweifel an der Verantwortlichkeit der Klägerin vor, zumal „das Anmieten und Betreiben von Sportwettbüros“ nach dem Handelsregisterauszug gerade zur deren Unternehmensgegenstand zählen.
Entgegen des Vortrags der Klägerin ergibt sich nichts anderes aus der Gestaltung der Schaufenster. Zwar sind auf diesen – wie auch auf den in den Räumlichkeiten vorhandenen Theken – Aufkleber mit dem Schriftzug „…“ angebracht. Davon, dass sich der Beklagten daher das Vorhandensein eines anderen Störers, nämlich der … GmbH habe aufdrängen müssen, kann jedoch nicht ausgegangen werden. Aus dem Schriftzug geht schon nicht hervor, dass es sich hierbei um einen Firmennamen handeln könnte, da entgegen den firmenrechtlichen Anforderungen (vgl. § 4 GmbHG) kein Rechtsformzusatz enthalten war. Im Übrigen ist „…“ für sich betrachtet lediglich die englische Bezeichnung für Wettschalter, so dass für den Schriftzug durchaus auch eine andere sinnvolle Deutungsmöglichkeit jenseits einer Firmenbezeichnung eröffnet ist. Auch war die Beklagte nicht verpflichtet, im Vorfeld der Störerauswahl in das Gewerberegister Einsicht zu nehmen, um so eventuell an weitere Informationen zu möglichen anderen Verantwortlichen zu gelangen (vgl. dazu OVG NRW, B.v. 28.4.2014 – 10 A 1018/13 – juris Rn. 12).
Vor diesem Hintergrund kann die Nichtberücksichtigung der tatsächlichen Betreiberin, der … GmbH, der Beklagten nicht vorgeworfen werden, denn die Beklagte war aufgrund der vorstehend genannten Umstände nicht nach Art. 24 Abs. 1 BayVwVfG verpflichtet, hinsichtlich der für die Nutzung Verantwortlichen weitere Ermittlungen (insbesondere durch Befragen des beim Ortstermin angetroffenen Mitarbeiters) anzustellen. Der Umfang der behördlichen Sachverhaltsaufklärung bestimmt sich nämlich maßgeblich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls und korreliert mit der Mitwirkungspflicht der Beteiligten aus Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG. Die behördliche Aufklärungspflicht findet dort ihre Grenzen, wo ein Beteiligter oder sein Vertreter zu Fragen Aufklärung geben kann, dies aber unterlässt, obwohl ihm die Bedeutung für das Verfahren bewusst sein muss und die Aufklärung von ihm erwartet werden kann, weil sie ihm zumutbar ist. Diese Mitwirkungsobliegenheit erstreckt sich insbesondere auf solche Tatsachen, die für den Betroffenen günstig sind und die die Behörde nicht ohne Weiteres festzustellen vermag (vgl. OVG NRW, B.v. 28.4.2014 – 10 A 1018/13 – juris Rn. 12 ff.; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 24 Rn. 28)
Die Klägerin hat es hier im Rahmen der im Verwaltungsverfahren erfolgten Anhörung gerade unterlassen, die gegen ihre Inanspruchnahme sprechenden, für sie günstigen Tatsachen offen zu legen und auf die Existenz und Verantwortlichkeit (auch) der … GmbH hinzuweisen. Ein solcher Hinweis wäre der Klägerin ohne besonderen Aufwand möglich und zumutbar gewesen. Weitere Ermittlungen seitens der Beklagten waren insoweit nicht mehr veranlasst. Dass die Beklagte die Existenz und die Betreibereigenschaft der … GmbH nicht bei der Störerauswahl berücksichtigt hat, führt insofern nicht zu einem Verstoß gegen Art. 24 BayVwVfG und damit in der weiteren Konsequenz auch nicht zu einer ermessensfehlerhaften Störerauswahl.
2.1.3 Die Nutzungsuntersagung ist auch nicht aus anderen Gründen zu beanstanden. Sie greift hinsichtlich der zu untersagenden Nutzung nicht zu weit und genügt hinsichtlich Bestimmtheit und Form auch den Voraussetzungen des Art. 37 BayVwVfG.
Soweit die Klägerin die Rechtswidrigkeit der Nutzungsuntersagung damit begründet, dass diese zu weit gefasst sei, da die Beklagte nicht nur den Betrieb des Wettbüros untersagt habe, sondern die Untersagung – wegen der Tenorierung „Wettbüro/Wettannahmestelle“ – auch auf den Betrieb einer „bloßen“ Wettannahmestelle gerichtet sei, teilt das Gericht diese Einschätzung nicht. Die Formulierung in Ziffer 1 des Bescheidtenors „Wettbüro/Wettannahmestelle“ mag zwar sprachlich unglücklich sein. Letztlich besteht aber kein Zweifel daran, dass hier lediglich die Nutzung der Räumlichkeiten als ein als Vergnügungsstätte zu qualifizierendes Wettbüro untersagt wird. Zum einen zeigt schon die Formulierung des Tenors, dass die Nutzung einzustellen ist. Hieraus wird hinreichend deutlich, dass sich die Nutzungsuntersagung nur auf die aktuell ausgeführte Betriebsform bezieht. Zum anderen hat die Beklagte sowohl in den Gründen des streitgegenständlichen Bescheids als auch im vorangegangenen Schriftverkehr (Schreiben an die Klägerin vom 24. Mai 2017) eindeutig erkennen lassen, dass es ihr um die Ausübung des ihrer Auffassung nach baurechtlich unzulässigen Betriebs einer Vergnügungsstätte geht („muss eine derartige Nutzung […] als ‚Vergnügungsstätte‘ eingestuft werden“; „dass eine Nutzung im Sinne einer Vergnügungsstätte […] sowohl formell als auch materiell unzulässig ist.“). Für eine Interpretation der angefochtenen Nutzungsuntersagung dergestalt, dass auch ein nicht vergnügungsstättenartiger Betrieb untersagt worden ist, besteht insofern kein Raum. Da der Klägerin letztlich ausreichend erkennbar ist, dass ihr mit der streitgegenständlichen Anordnung lediglich die Nutzung der Räumlichkeiten zur Vermittlung und Abschluss von Sportwetten im Sinne eines vergnügungsstättenartigen Betriebs untersagt wurde, ist der Bescheid letztlich auch hinreichend bestimmt (vgl. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG).
Auch die Anforderungen des Art. 37 Abs. 3 BayVwVfG sind gewahrt. Durch die Namenswiedergabe der handelnden Mitarbeiterin auf Seite 1 des Bescheids und die im Bescheid enthaltene Unterschrift – mag sie auch für sich genommen unleserlich sein – mit dem Zusatz „im Auftrag“ lässt der Bescheid unzweifelhaft den behördenintern für Inhalt und Bekanntgabe des Bescheids Verantwortlichen erkennen. Es besteht auch kein Anlass für Zweifel daran, dass der Bescheid mit Wissen und Willen des Verantwortlichen in den Rechtsverkehr gelangt ist und nicht lediglich ein Entwurf vorliegt. So ist behördenintern beispielsweise mehrfach dokumentiert, dass der streitgegenständliche Bescheid – wie geschehen – erlassen werden soll.
2.2 Auch die in Ziffer 2 des Bescheids zur Durchsetzung der in Rede stehenden Untersagungsanordnung enthaltene Zwangsgeldandrohung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere genügt die Zwangsgeldandrohung den rechtlichen Anforderungen der Art. 31 und 36 VwZVG. Auch die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes hält sich in dem in Art. 31 Abs. 2 VwZVG eröffneten Rahmen. Die Höhe ist bezogen auf das wirtschaftliche Interesse der Klägerin am Betrieb des Wettbüros angemessen. Entgegen des Vorbringens der Klägerin genügt die Zwangsgeldandrohung auch (noch) den an die inhaltliche Bestimmtheit von Verwaltungsakten zu stellenden Anforderungen. Insbesondere verhalten sich Ziffer 1, wonach die Nutzung „innerhalb einer Frist von 1 Woche“ einzustellen ist, und Ziffer 2, wonach Zwangsgeld angedroht wird, wenn „der Nutzungsuntersagung nicht sofort Folge geleistet wird“ nicht widersprüchlich und insoweit unbestimmt. Einer hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit i.S.v. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG ist bereits dann genügt, wenn der Regelungsinhalt bestimmbar ist. Dies ist hier der Fall. Da die Ziffer 2 des Bescheids mit dem Begriff Nutzungsuntersagung vollumfänglich auf die Anordnung in Ziffer 1 und damit eben auch auf die dort geregelte Frist von einer Woche ab Zustellung verweist, ist hinreichend deutlich, dass sich „sofort“ in Ziffer 2 nur auf den Zeitpunkt nach Ablauf der in Ziffer 1 benannten Wochenfrist beziehen kann, d.h. dass das Zwangsgeld sofort fällig wird, wenn die streitgegenständliche Nutzung nicht innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung des Bescheids eingestellt wird.
3. Nach alledem hat die Klage keinen Erfolg.
Dies gilt – ungeachtet der Frage der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage (dazu bereits oben) – auch dann, wenn man den streitgegenständlichen Bescheid entgegen der Ansicht der Beklagten als Dauerverwaltungsakt qualifizieren würde, so dass die Voraussetzungen für dessen Erlass noch bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses vorgelegen haben müssten. Problematisch wäre in diesem Fall allein die Frage, ob die Klägerin bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Beklagte erstmals mitteilte, dass sie den streitgegenständlichen Bescheid als erledigt ansehe, also bis zum Schreiben vom 17. August 2017, noch als Anscheinsstörerin angesehen werden konnte. Dies ist jedoch der Fall. Das Schreiben der Klägerin vom 27. Juni 2017, mit dem sie der Beklagten nach Bescheiderlass mitteilte, dass sie keine Wettbüros betreibe, ist schon nicht geeignet den Störeranschein zu beseitigen. Zum einen handelt es sich lediglich um eine unsubstantiierte Behauptung. Zum anderen hat die Beklagte sogar anlässlich dieses Schreibens im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes Ermittlungen zur Entlastung der Klägerin angestellt, hierbei aber anhand des Handelsregisterauszug die Erkenntnis gewonnen, dass der Gesellschaftszweck der Klägerin unter anderem durchaus auch auf den Betrieb von Wettbüros gerichtet ist. Die Klägerin hat mithin erstmals im Laufe des anhängigen Gerichtsverfahrens offen gelegt, mit welchem Dritten überhaupt der Untermietvertrag geschlossen wurde, nämlich der … GmbH, und dass dieser Vertrag zwischenzeitlich gekündigt wurde bzw. mit Schriftsatz vom 3. August 2017 den mit der … GmbH bestehenden Untermietvertrag vorgelegt. Erst im Gerichtsverfahren hat die Klägerin nachweislich belegt, dass sie tatsächlich nicht Betreiberin des Wettbüros ist und dass das von ihr bis dato lediglich behauptete Untermietverhältnis mit der … GmbH besteht bzw. bestanden hat. Erst hierdurch hat die Beklagte hinreichend Kenntnis davon erlangt, dass die Klägerin jedenfalls nicht (mehr) als Anscheinsstörerin anzusehen ist. Mögen die Voraussetzungen für den Erlass des Bescheids, sofern man ihn als Dauerverwaltungsakt qualifiziert, damit ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vorgelegen haben und die Beklagte daher verpflichtet gewesen sein, aus diesem keine Befugnisse mehr abzuleiten, führt dies dennoch nicht zum Erfolg der Klage. Die Beklagte reagierte nämlich bereits mit Schreiben vom 17. August 2017 hierauf und erklärte den Bescheid sinngemäß für erledigt. Die Zeit zwischen Kenntnisnahme der Beklagten von den neuen Tatsachen und deren Reaktion hierauf, muss man der Beklagten als zulässige Reaktionszeit zubilligen, ohne aus dieser Untätigkeit einen Erfolg der Klage ableiten zu können. Dies ergibt sich allein schon aus den Wertungen des § 75 Satz 2 VwGO.
Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.