Aktenzeichen 7 BV 17.770
SGB II § 7 Abs. 5
SGB XII § 22 Abs. 1
Leitsatz
1. Die im Katalog des § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 RBStV aufgenommenen Befreiungstatbestände sind als Ausnahmen von der Rundfunkbeitragspflicht eng auszulegen und nicht analogiefähig. Sie sind entsprechend dem gesetzgeberischen Ziel einer Verwaltungsvereinfachung auf den Kreis der dort genannten Begünstigten beschränkt und damit abschließend geregelt. (Rn. 18 – 19)
2. Weder der Bezug von Wohngeld noch das geringe Einkommen eines Studenten oder einer Studentin, der oder die während des Zweitstudiums keine Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhält, rechtfertigen die Annahme einer Sondersituation, die zu einem „besonderen Härtefall“ i.S.d. § 4 Abs. 6 RBStV als Voraussetzung für die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht führen könnte. (Rn. 23)
Verfahrensgang
AN 6 K 15.2442 2017-02-02 Urt VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide, mit denen die Pflicht zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen für den Zeitraum vom 1. April 2014 bis 30. September 2014 festgestellt bzw. eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht abgelehnt wurde, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Sie ist nach § 2 Abs. 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (RBStV) i.d.F.d. Bek. vom 7. Juni 2011 (GVBl S. 258; BayRS 2251-17-S) zur Zahlung des Rundfunkbeitrags verpflichtet und hat keinen Anspruch darauf, von dieser Zahlungsverpflichtung befreit zu werden.
1. Nach § 2 Abs. 1 RBStV hat die Klägerin als Wohnungsinhaberin einen Rundfunkbeitrag zu entrichten. Die Beklagte konnte die rückständigen Rundfunkbeiträge für den Zeitraum vom 1. April 2014 bis 30. September 2014 festsetzen (§ 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV). Die Klägerin ist weder gemäß § 4 Abs. 1 RBStV von der Beitragspflicht zu befreien noch liegt ein besonderer Härtefall i. S. v. § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV vor, der zu ihrer Befreiung von der Beitragspflicht führen könnte.
a) Nach § 4 Abs. 1 RBStV werden von der Beitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV auf Antrag natürliche Personen befreit, die eine der in § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 RBStV aufgeführten Sozialleistungen erhalten. Die Befreiung einkommensschwacher Personen von der Rundfunkbeitragspflicht ist „bescheidgebunden“ (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2013 – 7 ZB 13.1817 – juris LS 2). Die Voraussetzungen für die Befreiung sind durch Vorlage einer entsprechenden Bestätigung der Behörde nachzuweisen (§ 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV). Die Klägerin erhält unstreitig keine dieser Leistungen. Insbesondere erhält sie keine Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) i.d.F.d. Bek. vom 7. Dezember 2010 (BGBl I S. 1952), weil es sich beim Studium der Klägerin in der Fachrichtung Psychologie um ein Zweitstudium handelt, für das – abgesehen von hier nicht vorliegenden Ausnahmen – keine Leistungen gewährt werden.
b) Entgegen dem Vortrag der Klägerin scheidet eine analoge Anwendung von § 4 Abs. 1 Nr. 1 RBStV (Beitragsbefreiung für Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII) oder von § 4 Abs. 1 Nr. 3 (Beitragsbefreiung für Empfänger von Sozialgeld oder Arbeitslosengeld II) im Hinblick darauf, dass die Klägerin Wohngeld bezieht, aus. Die im Katalog des § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 RBStV aufgenommenen Befreiungen von der Rundfunkbeitragspflicht sind grundsätzlich eng auszulegen und deshalb nicht analogiefähig (vgl. BayVGH, B.v. 11.7.2001 – 7 B 00.2866 – VGHE 54, 166/170 zum damals geltenden Rundfunkgebührenrecht). Dies ergibt sich aus der enumerativen Aufzählung der Befreiungstatbestände als Ausnahmen von der grundsätzlich für jeden Wohnungsinhaber bestehenden Beitragspflicht. Mit den im Katalog der in § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 RBStV aufgenommenen Befreiungen beabsichtigte der Normgeber eine Vereinheitlichung und Vereinfachung des Verfahrens (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2013 – 7 ZB 13.1817 – juris Rn. 22).
Abgesehen davon ist für eine analoge Anwendung auch deswegen kein Raum, weil keine planwidrige, dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers entgegenstehende Regelungslücke vorliegt (vgl. BVerwG, U.v. 12.10.2011 – 6 C 34.10 – NVwZ-RR 2012, 29 im Hinblick auf die Vorgängerregelung in § 6 Abs. 3 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags – RGebStV). Die Annahme der Klägerin, der Gesetzgeber habe bei der Formulierung der Befreiungstatbestände den Bezug von Wohngeld als mögliches Indiz für ein geringes Einkommen nicht gesehen, liegt fern. Diese Fallkonstellation ist nicht so selten, dass von einem Versehen des Gesetzgebers auszugehen wäre. Dafür, dass der Gesetzgeber diesen Sachverhalt bewusst nicht in die Befreiungstatbestände aufgenommen hat, spricht vielmehr, dass trotz vielfacher Anpassungen der Staatsverträge in den vergangenen Jahren (vgl. z.B. LT-Drs. 15/1921 S. 20) hinsichtlich des Bezugs von Wohngeld offensichtlich kein Änderungsbedarf gesehen wurde. Im Übrigen dient Wohngeld im Gegensatz zu den in § 4 Abs. 1 RBStV aufgeführten Sozialleistungen nicht der Bedarfsdeckung, sondern wird gemäß § 1 Abs. 1 des Wohngeldgesetzes (WoGG) i.d.F.d. Bek. vom 24. September 2008 (BGBl I S. 1856) als Miet- oder Lastenzuschuss zu den Aufwendungen für den Wohnraum zur wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens gewährt (vgl. VGH BW, U.v. 15.1.2009 – 2 S 1949/08 – juris Rn. 16).
2. Ein Anspruch der Klägerin auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV. Ein besonderer Härtefall als Voraussetzung für die Anwendung der Vorschrift liegt nicht vor.
Nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV hat die Landesrundfunkanstalt unbeschadet der Beitragsbefreiung nach Absatz 1 in besonderen Härtefällen von der Beitragspflicht zu befreien.
a) Der Begriff des „besonderen Härtefalls“ wird im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag nicht näher umschrieben. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist darunter ein Fall zu verstehen, der den in § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 RBStV genannten Fällen weitgehend ähnlich ist und in dem es deshalb als nicht hinnehmbar erscheint, eine Gebührenbefreiung zu versagen (vgl. BVerwG, U.v. 12.10.2011 – 6 C 34.10 – NVwZ-RR 2012, 29/30 im Hinblick auf die Vorgängerregelung in § 6 Abs. 3 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags – RGebStV). Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers liegt ein besonderer Härtefall insbesondere vor, „wenn, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 vorliegen, eine vergleichbare Bedürftigkeit nachgewiesen werden kann“ (vgl. LT-Drs. 16/7001 S. 16). § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV enthält nach der Absicht des Gesetzgebers aber keine allgemeine Härte-Auffangklausel. Die Regelung soll vielmehr gewährleisten, dass auch in Ausnahmefällen, die wegen ihrer atypischen Gestaltung nicht im Einzelnen vorhersehbar sind, ein Ergebnis erreicht wird, das dem Regelergebnis in seiner grundsätzlichen Zielsetzung gleichwertig ist (vgl. BayVGH, U.v. 16.5.2007 – 7 B 06.2642 – NVwZ-RR 2008, 257/258). Kein Härtefall ist bei Fallgestaltungen anzunehmen, die im Katalog des § 4 Abs. 1 RBStV enthalten sind, auch wenn deren Voraussetzungen nicht bzw. nicht vollständig vorliegen.
Eine solche, vom gesetzlichen Normalfall abweichende, atypische Sondersituation ist dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen. Die Klägerin macht geltend, sie erhalte wegen ihres Zweitstudiums keine Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Sie verfüge lediglich über ein Einkommen von rund 577 Euro einschließlich Wohngeld; nach Abzug der Miete verblieben ihr rund 337 Euro und damit habe sie weniger Geld zur Verfügung als ein Empfänger von Arbeitslosengeld II. Beides rechtfertigt nicht die Annahme eines vom Gesetzgeber nicht vorhersehbaren und auch nicht vorhergesehenen Härtefalls nach § 4 Abs. 6 RBStV.
Im für die Befreiung vom Rundfunkbeitrag maßgeblichen Zeitraum befand sich die Klägerin in einer Ausbildung, die dem Grunde nach förderungsfähig war (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG) und war damit ähnlich betroffen wie der von § 4 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a RBStV erfasste Personenkreis. Allerdings erhielt sie tatsächlich keine Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, weil die Voraussetzungen für die Förderung eines Zweitstudiums nicht vorlagen (vgl. § 7 Abs. 2 und 3 BAföG sowie Schreiben des Studentenwerks Erlangen-Nürnberg vom 22. April 2014). Aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich, dass der Gesetzgeber Studenten nur während eines Studiums, in der Regel also während ihres Erststudiums, finanziell unterstützen will. Entsprechend ist eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht dann auch nur während dieses Erststudiums zu gewähren, weil die den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes und der Sozialgesetze zugrundeliegenden Wertungen auch im Rahmen des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV zu beachten sind (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 15.10.2015 – 11 B 7/13 – NVwZ-RR 2016, 195 [insoweit nicht veröffentlicht]; VGH BW, U.v. 15.1.2009 – 2 S 1949/08 – juris Rn. 20 f.; OVG Saarl, B.v. 29.5.2017 – 1 D 338/16 – juris Rn. 9). Gegebenenfalls ist ein Student während des nicht geförderten Zweitstudiums darauf zu verweisen, nicht nur seinen Lebensunterhalt, sondern auch den Rundfunkbeitrag durch eigene Anstrengungen zu finanzieren.
Der Einwand der Klägerin, möglicherweise habe der Gesetzgeber bei Inkrafttreten des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags die Problematik der Bachelor- und Masterstudiengänge noch nicht überblickt und deshalb eine entsprechende Regelung unterlassen, zeigt keine besonderen Umstände für eine abweichende Beurteilung auf. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Förderfähigkeit eines Zweitstudiums nur in bestimmten Fällen anzuerkennen, ist von der Art des Studienabschlusses unabhängig. Bestätigt wird dies dadurch, dass die Klägerin zwischenzeitlich für das Master-Studium wiederum Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhält.
b) Die Klägerin konnte aufgrund ihres Studiums keine Sozialleistungen i.S.v. § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 3 RBStV erhalten: Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt sind wegen der dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung der Klägerin nach § 22 Abs. 1 SGB XII ausgeschlossen, ein Anspruch auf Sozialgeld oder Arbeitslosengeld II besteht aus demselben Grund nach § 7 Abs. 5 SGB II nicht. Die Klägerin beruft sich unter Hinweis auf ihr geringes Einkommen auf eine wirtschaftliche Bedarfslage, die der eines Empfängers von Sozialleistungen entspricht bzw. dessen finanzielle Ausstattung unterschreitet. Allein der Umstand geringen Einkommens rechtfertigt es jedoch nicht, das Vorliegen eines Härtefalls nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV anzunehmen. Der Normgeber hat diese Fallkonstellation nicht ungeregelt gelassen, sondern nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 3 RBStV (nur) die Empfänger der dort genannten Hilfeleistungen von der Rundfunkbeitragspflicht befreit. Die Voraussetzungen für die Befreiung sind dabei durch Vorlage eines entsprechenden Bescheids nachzuweisen (§ 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV). Daraus folgt, dass die bloße Einkommensschwäche als solche nicht zur Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht führt (vgl. BVerwG, U.v. 12.10.2011 – 6 C 34.10 – NVwZ-RR 2012, 29/30 Rn. 20). Angesichts des Normzwecks kann die gewollte Beschränkung der Befreiungstatbestände auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Bedürftigkeit nicht dadurch umgangen werden, dass einkommensschwache Personen, die keine Sozialleistungen erhalten, weil sie deren Voraussetzungen nicht erfüllen, dem Härtefalltatbestand des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV zugeordnet werden. Dies würde auch der Intention des Gesetzgebers widersprechen, während einer zweiten – dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung – Leistungen zum Lebensunterhalt auszuschließen, um eine versteckte Ausbildungsförderung zu vermeiden (vgl. OVG Saarl, B.v. 29.5.2017 – 1 D 338/16 – juris Rn. 24). Der Tatbestand des § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV ist schon dem Wortlaut nach nicht erfüllt.
c) Der Vortrag der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe gegen den Grundsatz der Amtsermittlung verstoßen, geht ins Leere. Etwaige Defizite in der Sachverhaltsermittlung sind im Rahmen des Berufungsverfahrens beseitigt worden. Eine Veranlassung, die näheren Einzelheiten des von der Klägerin vorgelegten Abhilfebescheids des Hessischen Rundfunks vom 7. Dezember 2016 zu untersuchen, ist nicht ersichtlich. Streitgegenstand des hier zu entscheidenden Verfahrens sind die Bescheide des Beklagten. Nur deren Rechtmäßigkeit ist zu prüfen. Welche Auswirkungen dem von der Klägerin bemühten „grundgesetzlichen Postulat in Art. 28 GG über die Homogenität und Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in den verschiedenen Ländern Deutschlands“ für das hier streitgegenständliche Verfahren zukommen sollen, trägt die Klägerin schon nicht substantiiert vor.
3. Das obige Ergebnis verstößt weder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen das Sozialstaatsgebot noch gegen die Berufswahlfreiheit.
a) Ein Härtefall i.S.d. § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV muss bei der hier zugrundeliegenden Fallgestaltung nicht deswegen angenommen werden, weil ansonsten eine rundfunkbeitragsrechtliche Schlechterstellung derjenigen, die während eines Zweitstudiums trotz Bedürftigkeit keine Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten, gegenüber Studenten im Erststudium mit Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz gegen das Gebot der Gleichbehandlung verstieße (vgl. BVerfG, E.v. 30.11.2011 – 1 BvR 3269/08 u.a. – ZUM 2012, 244/245).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, und wie er Personengruppen definiert, denen er Vergünstigungen zukommen lassen will. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt erst dann vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe abweichend behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen objektiv keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. statt aller BVerfG, B.v. 8.6.2004 – 2 BvL 5/00 – BVerfGE 110, 412/432; BayVGH, U.v. 16.5.2007 – 7 B 06.2642 – NVwZ-RR 2008, 257/258). Wie oben ausgeführt, stellt jedoch die Entscheidung des Gesetzgebers, nur ein Studium finanziell zu fördern, ein sachliches Unterscheidungskriterium dar. Danach ist es nicht zu beanstanden, dass Studenten im nicht förderungsfähigen Zweitstudium gleichzeitig auch von der Rundfunkgebührenbefreiung ausgeschlossen sind.
b) Entgegen dem Vorbringen der Klägerin verstößt das oben gefundene Ergebnis nicht gegen das Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG) und wird auch der Berufswahlfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) gerecht.
Dem Sozialstaatsgebot tragen die Befreiungstatbestände des § 4 RBStV dadurch Rechnung, dass sie einkommensschwachen Personen die Möglichkeit einer „bescheidgebundenen“ Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht einräumen (BVerwG, U.v. 12.10.2011 – 6 C 34.10 – NVwZ-RR 2012, 29/31 Rn. 24 für die Vorgängervorschrift des § 6 RGebStV). Auch im Hinblick auf das durch Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum ist diese Regelung nicht zu beanstanden, da die aktuellen Regelsatzleistungen nicht mit den verfassungsrechtlich gebotenen Mindestleistungen gleichgesetzt werden können.
Eine Verletzung der Berufswahlfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ist ebenfalls zu verneinen, weil der Rundfunkbeitrag keinen unmittelbaren Bezug zur beruflichen Tätigkeit oder sonst eine objektiv berufsregelnde Tendenz erkennen lässt (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12 u.a. – DVBl 2014, 848 Rn. 66).
Weder das Sozialstaatsprinzip noch die Berufswahlfreiheit geben einen in der Verfassung begründeten Anspruch auf Förderung einer zweiten (akademischen) Berufsausbildung. Vielmehr obliegt es demjenigen, der einen zweiten berufsqualifizierenden Abschluss anstrebt, ohne dass die Voraussetzungen für eine weitere Förderung nach § 7 Abs. 2 und 3 BAföG vorliegen, seinen Lebensunterhalt und die Kosten des Studiums durch eigene Anstrengungen zu finanzieren. Entsprechendes gilt für den Rundfunkbeitrag.
c) Soweit sich die Klägerin darauf beruft, der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag als Rechtsgrundlage sei entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung nicht verfassungsgemäß, weil es sich beim Rundfunkbeitrag um eine Steuer handele, kann dem nicht gefolgt werden. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 18.3.2016 – 6 C 6.15 – BVerwGE 154, 275), der sich der Senat angeschlossen hat (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 8.4.2016 – 7 BV 15.1779 – juris) ist geklärt, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag insgesamt mit höherrangigem Recht vereinbar ist und damit eine gültige Rechtsgrundlage für die Erhebung des hier streitigen Rundfunkbeitrags darstellt. Das Bundesverwaltungsgericht hat insbesondere dargestellt, dass der Rundfunkbeitrag eine nichtsteuerliche Abgabe ist, deren Erhebung von der Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Rundfunkrecht gedeckt ist, die Beitragserhebung verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist, weil der Rundfunkbeitrag eine angemessene Art der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks darstellt und er als Gegenleistung für den individuell zurechenbaren Vorteil anzusehen ist, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme empfangen zu können. Die Anknüpfung der Beitragspflicht an das Innehaben einer Wohnung ist sachgerecht, weil Rundfunkprogramme nicht mehr nur herkömmlich – terrestrisch, über Kabel oder Satellit – verbreitet, sondern im Rahmen des für neue Verbreitungsformen offenen Funktionsauftrags zugleich auch in das Internet eingestellt werden. Aufgrund der Vielgestaltigkeit und Mobilität neuartiger Rundfunkempfangsgeräte ist es nahezu ausgeschlossen, das Bereithalten solcher Geräte in einem Massenverfahren in praktikabler Weise und ohne unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre verlässlich festzustellen, zumal sich individuelle Nutzungsgewohnheiten und Nutzungsabsichten jederzeit ändern können. Deshalb darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass die effektive Möglichkeit der Programmnutzung als abzugeltender Vorteil allgemein und geräteunabhängig in jeder Wohnung besteht (BayVGH, U.v. 8.4.2016 – 7 BV 15.1779 – juris Rn. 28).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 188 Satz 2, § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. Da das Verfahren gerichtskostenfrei ist, entfällt die Notwendigkeit der Festsetzung eines Streitwerts.
Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).