IT- und Medienrecht

Beihilfe für Magnetfeldtherapie und autogenes Training

Aktenzeichen  B 5 K 15.306

Datum:
31.1.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtStG BeamtStG § 45
BBhV BBhV § 23 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Magnetfeldtherapie und autogenes Training sind in § 23 Abs. 1 BBhV und der dazugehörigen Anlage 9 nicht aufgeführt und damit nicht beihilfefähig. (redaktioneller Leitsatz)
2 Aus dem Gesichtspunkt einer Fürsorgepflichtverletzung wegen fehlender Beratung steht dem Beamten kein Schadensersatzanspruch zu, weil den Dienstherrn keine allgemeine Pflicht zur Belehrung über Beihilferegelungen trifft, zumal wenn der Beamte sich über in das Intranet eingestellte Merkblätter informieren kann.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Über die Streitsache konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
2. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der mit Bescheid vom 9. Februar 2015 geänderte Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. April 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für die im Rahmen seines Klinikaufenthalts durchgeführten Heilbehandlungen (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Die Gewährung von Beihilfe richtet sich für den Kläger nach § 80 des Bundesbeamtenge-setzes (BBG) i.V.m. der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV). Unstreitig ist er mit einem Bemessungssatz von 70 v.H. beihilfeberechtigt. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BBG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV sind Aufwendungen nur beihilfefähig, wenn sie medizinisch notwendig und wirtschaftlich angemessen sind. In diesem Zusammenhang stützt die Beklagte ihre Entscheidung zutreffend auf § 23 Abs. 1 BBhV i.V.m. Anlage 9 zu § 23 BayBhV in der seit dem 26. Juli 2014 geltenden Fassung, weil nach ständiger Rechtsprechung für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich ist, für die Beihilfe verlangt wird (BVerwG U.v. 2.4.2014 – 5 C 40/12 – ZBR 2015, 30). Gemessen daran hat der Beklagte zu Recht einen Anspruch des Klägers auf eine weitere Beihilfegewährung für seine Anschlussheilbehandlung abgelehnt. Zur Begründung nimmt das Gericht auf die zutreffenden Gründe des Widerspruchsbescheids Bezug und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen:
a) Der Kläger begehrt die Gewährung von Beihilfeleistungen im Hinblick auf die ihm von der … Klinik Bad … in Rechnung gestellten Aufwendungen für autogenes Training und für eine Magnetfeldtherapie. Zudem begehrt er für die übrigen Heilmittelaufwendungen Beihilfeleistungen, ohne Anwendung der in Anlage 9 zu § 23 Abs. 1 BBhV genannten Höchstbeträge.
In nicht zu beanstandender Weise kommt die Beklagte zunächst zu dem Ergebnis, dass der Kläger seinen Anspruch nicht auf § 23 Abs. 1 BBhV i.V.m. Anlage 9 zu dieser Regelung stützen kann. Nach Satz 1 dieser Regelung sind Aufwendungen für ärztlich verordnete Heilmittel und die dabei verbrauchten Stoffe u.a. dann beihilfefähig, wenn diese in Anlage 9 aufgeführt sind; gemäß Satz 3 dieser Vorschrift sind beihilfefähigen Aufwendungen auf die in dieser Anlage genannten Höchstbeträge beschränkt. Gemessen daran hat die Beklagte die Beihilfeleistungen für die Heilbehandlungskosten auf der Grundlage der von ihr zutreffend ermittelten Höchstbeträge berechnet und festgesetzt, ohne dass die Klägerseite im Hinblick auf die Ermittlung dieser Höchstbeträge Einwände erhoben hätte. Zudem hat die Beklagte die Ablehnung der Gewährung einer Beihilfe für die Durchführung einer Magnetfeldtherapie und für das autogene Training zutreffend mit § 23 Abs. 1 BBhV und der dazugehörigen Anlage 9 begründet. Beide Therapien sind unstreitig nicht in der Anlage 9 zu § 23 BBhV aufgeführt, so dass eine Beihilfegewährung nicht auf diese Vorschrift gestützt werden kann.
Der Einwand des Klägers, die erbrachten, medizinisch notwendigen Leistungen – insbesondere die Magnetfeldtherapie und das autogene Training – seien in der Rechnung nachvollziehbar dargestellt, so dass die Beklagte eine Berechnung nach GOÄ vornehmen könne, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Im Hinblick auf die beim Kläger während der Anschlussheilbehandlung durchgeführte Magnetfeldtherapie ist grundsätzlich festzustellen, dass Aufwendungen nach Nr. 7 des Abschnitts 2 der Anlage 1 zu § 6 Abs. 2 nur bei Behandlung von dort abschließend aufgeführten Diagnosen beihilfefähig sind. Eine solche Diagnose ist bei dem Kläger, der am 15. September 2014 an der Bandscheibe operiert worden war, ohne jeden Zweifel nicht gegeben.
In Bezug auf das autogene Training weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass eine solche Therapiemaßnahme gem. § 21 Abs. 2 Nr. 3 BBhV zur psychosomatischen Grundversorgung zählt. Nach Nr. 2 des Abschnitts 2 der Anlage 3 zu den §§ 18 bis 21 BBhV sind Aufwendungen für autogenes Training nur dann beihilfefähig, wenn die Behandlung durch einen Arzt, ein Psychologischen Psychotherapeuten oder einen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten durchgeführt wird. Für eine solche Durchführung sind Anhaltspunkte weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
b) Darüber hinaus hat der Kläger auch keinen wegen einer fehlenden bzw. fehlerhaften Belehrung auf eine Fürsorgepflichtverletzung gestützten Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte.
Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts obliegt dem Dienstherrn keine allgemeine Pflicht zur Belehrung des Beamten über sämtliche für seine Rechtsstellung bedeutsamen Vorschriften. Das gilt vor allem dann nicht, wenn es sich um Vorschriften handelt, deren Kenntnis bei dem Beamten vorausgesetzt werden oder sich der Beamte unschwer selbst verschaffen kann. Abweichend hiervon können besondere Fallgestaltungen eine Belehrungspflicht auslösen, beispielsweise im Fall einer ausdrückliche Bitte des Beamten um eine Auskunft, ferner bei einem vom Dienstherrn erkannten oder erkennbaren Irrtum des Beamten in einem bedeutsamen Punkt sowie bei einer bestehenden allgemeinen Praxis, die Beamten über einschlägige Rechtsvorschriften zu belehren (BVerwG U.v. 21.4.1982 – 6 C 34/79 – BVerwGE 65, 197/203; U.v. 30.1.1997 – 2 C 10.96 – BVerwGE 104, 55/57 f.; B.v. 6.3.2002 – 2 B 3/02 – Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 120; B.v. 28.1.2016 – 2 B 13/15 – Juris Rn. 7; vgl. auch: BayVGH B.v. 14.6.2016 – 14 ZB 14.1508 – Juris Rn. 6; B.v. 15.9.2010 – 14 ZB 10.1096 – Juris Rn. 7 m.w.N.).
Gemessen daran, vermag das Gericht keine einen Schadensersatzanspruch auslösende Verletzung der in § 45 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) geregelten Fürsorgepflicht durch die Beklagte zu erkennen. So hat die Beklagte dem Kläger zunächst – auf seine schriftliche Anfrage vom 16. September 2014 – im Wesentlichen mitgeteilt, dass die stationäre Anschlussheilbehandlung „dem Grunde nach im Rahmen der Beihilfevorschriften beihilfefähig“ sei. Diese Mitteilung ist angesichts der verständlicherweise allgemein gehaltenen, d.h. nicht auf bestimmte Therapiemaßnahmen bezogene Anfrage des Klägers vom 16. September 2014 nicht zu beanstanden.
Das gilt auch hinsichtlich des von der Beklagten unstreitig bereitgestellten beihilferechtlichen Informationsangebots, insbesondere bezüglich des Merkblatts „Anschlussheilbehandlung und Suchtbehandlung“, welches die Beklagte als eines von 23 Merkblättern zum Thema „Beihilfeangelegenheiten“ in ihrem Intranet bereitstellt und welches dem Kläger unstreitig vor Antritt seiner Anschlussheilbehandlung bekannt war (vgl. S. 2 f. des Schriftsatzes vom 17.8.2015). In diesem zweiseitigen Merkblatt ist in Abschnitt 3 („Beihilfefähige Aufwendungen bei Anschlussheilbehandlungen und bei Suchtbehandlungen“) ausdrücklich festgehalten, dass beihilfefähig insbesondere Aufwendungen für „ärztlich verordnete Heilmittel (§ 23 BBhV) bis zu den in der Anlage 9 zu § 23 Abs. 1 BBhV festgelegten Höchstbeträgen“ sind.
Bei diesem Hinweis auf die im Bereich von Heilbehandlungen geltenden Höchstbeträge hätte es dem Kläger angesichts seiner Informationspflicht (BayVGH B.v. 14.6.2016 – 14 ZB 14.1508 – Juris Rn. 6) oblegen, sich mit Hilfe des ebenfalls im Intranet der Beklagten an gleicher Stelle bereitstehenden Merkblatts „Höchstbeträge Heilbehandlungen“ einen Überblick über die beihilfefähigen Höchstbeträge und über die Voraussetzungen für bestimmte Hilfsmittel zu verschaffen. Dass sich der Kläger diese Information nicht verschafft hat, ist jedenfalls nicht der Beklagten zuzurechnen.
Das gilt auch für den Einwand des Klägers, dass im Intranet der Beklagten „23 verschiedene Merkblätter“ aufgeführt seien (S. 2 des Schriftsatzes vom 17.8.2015) und dass das vorgenannte Merkblatt so umfassend und für alle Krankheitsbilder gedacht sei, dass der Beihilfeberechtigte keinesfalls erkennen könne, „welche der dort aufgeführten Leistungen bei ihm auch nur ansatzweise zur Anwendung kommen könnten“. Zum einen ist festzuhalten, dass die Beklagte in ihrer im Intranet abrufbaren, zweiseitigen Übersicht die Merkblätter mit prägnanten Überschriften versehen und zudem mit knappen Ausführungen erläutert hat. So heißt es dort zum „Merkblatt Höchstbeträge Heilbehandlungen“ ausdrücklich: „Auflistung von Heilbehandlungen mit Höchstbetragsverzeichnis“. Das Merkblatt hat in der vom Kläger mit der Klageschrift vorgelegten Fassung einen Umfang von fünf Seiten und ist – der Anlage 9 zu § 23 Abs. 1 BBhV folgend – nach Leistungsgruppen, wie z.B. „II. Krankengymnastik, Bewegungsübungen“, „III. Massagen“, „IV. Packungen, Hydrotherapie, Bäder“ sowie „VI. Elektrotherapie“ gegliedert. Hieraus hätte sich der Kläger unschwer die Höchstbeträge für die einzelnen Heilbehandlungen ermitteln bzw. bei der Klinik vorab die zu veranschlagenden Kosten erfragen können. Auch dieses Versäumnis ist letztlich nicht der Beklagten zuzurechnen.
Der Einwand des Klägers, der Beihilfe-Kundenservice habe ihn in einem Telefongespräch in der zweiten Augusthälfte 2014 auf seine Frage hin, was er bei der Auswahl der Klinik zu beachten habe, weder auf die geltenden Höchstbeträge noch auf den Ausschluss der Erstattungsfähigkeit bestimmter Heilbehandlungen hingewiesen (S. 3 des Schriftsatzes vom 17.8.2015), führt zu keiner andern Einschätzung. Es mag zwar sein, dass sich der Kläger telefonisch an die Servicestelle der Beklagten gewandt hat. Es lässt sich aber weder den Akten noch dem Vortrag der Beteiligten entnehmen, welche Fragen er – abgesehen von der Frage nach der Höhe der Fahrtkosten – konkret gestellt und welche Auskünfte er dabei im Einzelnen erhalten hat. Jedenfalls trifft ihn als juristischen Laien, der mit den Besonderheiten des Berufsbeamtentums nicht vertraut ist und dem Feinheiten des Beihilferechts nicht bekannt sein müssen (so: BayVGH B.v. 15.9.2010 – 14 ZB 10.1096 – Juris Rn. 7), die Pflicht, sich, beispielsweise durch Studium der entsprechenden Merkblätter bzw. durch konkrete Nachfrage bei der Beihilfestelle entsprechend rechtskundig zu machen. Dieser Verpflichtung ist der Kläger aber – wie dargelegt – nur unvollständig nachgekommen.
Schließlich dringt der Kläger nicht mit seinem Vorbringen durch, eine Fürsorgepflichtverletzung sei auch darin zu sehen, dass die Beklagte den als beihilfefähig anerkannten Kliniken nicht auferlege und kontrolliere, die Patienten auf Leistungsausschlüsse oder -beschränkungen hinzuweisen (S. 4 des Schriftsatzes vom 17.8.2015). Eine solche weitreichende Hinweis- und Kontrollpflicht des Dienstherrn, die sich nicht nur auf Kliniken, sondern auf alle Erbringer beihilfefähiger Gesundheitsleistungen erstrecken müsste, lässt sich zur Überzeugung des Gerichts nicht aus § 45 BeamtStG ableiten.
3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).
4. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

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