Aktenzeichen B 1 K 16.23
Leitsatz
1 Der Anwendungsbereich von § 12 Abs. 2 VereinsG beschränkt sich nicht auf Sachen, denen die verfassungswidrige Zweckbestimmung unmittelbar anhaftet. Er erfasst alle Sachen, die objektiv zur Förderung der verfassungswidrigen Bestrebungen geeignet sind, damit auch vordergründig „neutrale“ Sachen wie Immobilien, von denen aus der Verein seine verbotenen Bestrebungen verfolgt. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2 Unter einem Überlassen nach § 12 Abs. 2 VereinsG ist ein bewusstes, rechtserhebliches Handeln des Eigentümers zu verstehen. Auf die Art der Überlassung kommt es nicht an. Ein Überlassen liegt aber nicht vor, wenn die Sache zB durch verbotene Eigenmacht in den Gewahrsam des Vereins gelangt ist. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3 Für die Annahme von Vorsatz im Sinne des § 12 Abs. 2 VereinsG reicht es aus, dass der Berechtigte aufgrund einer sog. „Parallelwertung in der Laiensphäre“ auf der Grundlage seines Wissens über die tatsächlichen Vereinsaktivitäten den sozialen Sinngehalt der Verbotsgründe des Art. 9 Abs. 2 GG und damit den Begriff der „verfassungswidrigen Bestrebungen“ richtig begriffen hat. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Verfügung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die in Ziffer 7.1 des Bescheids des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr verfügte Beschlagnahme und Einziehung des Anwesens der Klägerin O. … … in O. … ist nicht zu beanstanden.
Das Gericht schließt sich zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen im Wesentlichen zunächst den Gründen der angefochtenen Verbotsverfügung vom 2. Juli 2014 an und sieht insoweit von einer gesonderten Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist zur Sache sowie zum Klagevorbringen noch Folgendes auszuführen:
Die Beschlagnahme und Einziehung beruht auf § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. § 10 und § 12 Abs. 2 VereinsG. Danach ist mit dem Vereinsverbot in der Regel die Beschlagnahme und die Einziehung von Sachen Dritter zu verbinden, wenn der Berechtigte durch die ÜberIassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind.
Die in Ziffer 7.1 des Bescheids verfügte Beschlagnahme und Einziehung des streitgegenständlichen Grundstücks der Klägerin ist danach nicht zu beanstanden, denn die Klägerin hat das Grundstück dem FNS zur Förderung seiner verfassungswidrigen Ziele zur Verfügung gestellt, wobei sie zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat.
Die Klägerin ist richtige Adressatin der Beschlagnahme- und Einziehungsverfügung. Sie war im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses Eigentümerin des Anwesens.
Beim FNS handelt es sich um einen Verein i.S.d. § 2 Abs. 1 VereinsG, der als Nachfolgeorganisation der verfassungswidrigen F.A.F. bestandskräftig verboten ist nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 8 VereinsG.
In dem auch von der Klägerin betriebenen Klageverfahren 4 A 14.1787 hat sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zwar nicht mit der Frage der Verfassungswidrigkeit des FNS als Nachfolgeorganisation der F.A.F. befasst, weil die Kläger des dortigen Verfahrens nicht als Vertreter des FNS geklagt hatten, sondern sich als Individualpersonen auf fehlende organisatorische Strukturen des FNS berufen und damit die Vereinseigenschaft nach § 2 Abs. 1 VereinsG in Frage gestellt hatten. Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den Gründen seiner Entscheidung ausführt, könne den Klägern des dortigen Verfahrens als individuell betroffene Personen vor dem Hintergrund einer möglichen Strafbarkeit nach § 85 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB die Klagebefugnis nicht abgesprochen werden. Demgemäß sei die gerichtliche Prüfung der Verbotsverfügung auf das Vorbringen der fehlenden Vereinseigenschaft beschränkt. Ob die sonstigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen vorlägen, bleibe außer Betracht. Die Verbotsverfügung wurde, auch nachdem im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs die Vereinseigenschaft des FNS unter Benennung der maßgeblichen Führungspersonen bestätigt wurde, von diesem bzw. den zu seiner Vertretung befugten Personen nicht angefochten. Es steht damit bestandskräftig fest, dass das FNS als Nachfolgeorganisation der F.A.F. verboten ist. Dies wird auch von Klägerseite nicht in Frage gestellt.
Voraussetzung für die Beschlagnahme und nachfolgende Einziehung ist, dass die im Eigentum eines Dritten stehenden Sachen dem Verein überlassen worden und damit dessen verfassungswidrige Zwecke gefördert worden sind.
§ 12 Abs. 2 VereinsG erfasst Sachen Dritter, die objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt sind, die verfassungswidrigen Bestrebungen eines Vereins zu fördern. Der Anwendungsbereich der Vorschrift beschränkt sich dabei nicht auf Sachen, denen die verfassungswidrige Zweckbestimmung unmittelbar anhaftet. Er erfasst alle Sachen, die objektiv zur Förderung der verfassungswidrigen Bestrebungen geeignet sind, damit auch vordergründig „neutrale“ Sachen wie Immobilien, von denen aus der Verein seine verbotenen Bestrebungen verfolgt (vgl. BayVGH, U. v. 26.11.2007 – 4 B 07.104 – juris Rn. 25 m.w.N.).
Unter einem Überlassen ist ein bewusstes, rechtserhebliches Handeln des Eigentümers zu verstehen. Auf die Art der Überlassung kommt es nicht an. Mithin ist eine Sache dem Verein überlassen, wenn dem Verein durch z.B. Miet-, Pacht-, Leih- oder ähnlichem Vertrag der Gewahrsam an der Sache von dem Dritten eingeräumt wurde. Ein Überlassen liegt hingegen nicht vor, wenn die Sache z.B. durch verbotene Eigenmacht in den Gewahrsam des Vereins gelangt ist (Seidl in Albrecht/Roggenkamp, Vereinsgesetz, 1. Auflage 2014, Rn. 22 zu § 12). Dass mit dem FNS bzw. seinen führenden Repräsentanten kein schriftlicher Mietvertrag geschlossen wurde und die Klägerin damit argumentiert, sie habe das Anwesen ihrem Sohn zur Nutzung im Rahmen seiner gewerblichen Betätigung überlassen bzw. für einen gewissen Zeitraum teilweise zu Wohnzwecken vermietet, ist unerheblich, da diese nur formalen Kriterien nicht darüber hinwegtäuschen können, dass das Anwesen rein tatsächlich vollumfänglich von Aktivisten des FNS genutzt wurde, sei es im Rahmen der Tätigkeit des Final Resistance Versands oder als Treffpunkt für Veranstaltungen des FNS als „Nationales Zentrum Hochfranken“. Schließlich ist auch nicht außer Acht zu lassen, dass der Sohn der Klägerin eine herausgehobene Position im FNS eingenommen hat (vgl. S. 32 der Verbotsverfügung).
Die Mitglieder des FNS wollten bei ihrem Tun nach außen hin zudem ganz bewusst den Anschein erwecken, kein vereinsmäßiger Zusammenschluss von Personen zu sein, weshalb rein faktisch auch kein Ansprechpartner als Vertreter des Vereins öffentlich in Erscheinung getreten ist. Dass es aber hierauf nicht ankommen kann, liegt auf der Hand, weil sich ansonsten allein durch die Verschleierung der wahren Strukturen der verfassungswidrigen Vereinigung eine Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen erreichen ließe. Die Klägerin hat das Anwesen ihrem Sohn und dessen Mitstreitern zur Verfügung gestellt. Der Sohn der Klägerin hatte nicht nur wegen seiner Aufbauarbeit bei der Internetpräsentation des FNS und als Kameradschaftsführer im Raum … eine herausgehobene Position im FNS. Vor allem in der Anfangszeit des FNS war er als verantwortlich im Sinne des Presserechts (V.i.S.d.P.) auf zahlreichen Propagandamitteln des FNS genannt (Flyer, Aufkleber, etc.). Er hat das FNS darüber hinaus auch bei öffentlichen Veranstaltungen und Versammlungen vertreten (siehe insgesamt S. 32 der Verbotsverfügung). Dass darüber hinaus auch einer der Repräsentanten des FNS, …, im Anwesen seine Ideen zur Schaffung eines „eigenen Freiraums“ (vgl. Bl. 198 der Behördenakte I, Fußnote 6) umsetzen wollte, belegt die Überlassung des Anwesens für die verfassungswidrigen Bestrebungen der verbotenen Vereinigung.
Das Anwesen O. … wurde bereits kurze Zeit nach dem Erwerb durch die Klägerin (Auflassung vom 25. März 2010, eingetragen im Grundbuch am 25. Mai 2010) dem FNS zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Die mit den weiteren Aktivisten des FNS zeitweilig geschlossenen Verträge zur Wohnnutzung können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich das Anwesen im Wesentlichen zu einem Stützpunkt für das FNS entwickelt hatte. Die angebliche Nutzung als Altersruhesitz wurde nach Klägerangaben und den ausgewerteten Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden nach von der Klägerin bereits Mitte 2010 aufgegeben, was sich auch anhand einer Fülle von Dokumenten, beginnend mit dem im Rahmen der Durchsuchung beim Sohn der Klägerin sichergestellten handschriftlichen Berichts über die Entwicklung des Anwesens (Asservat Nr. …, vgl. Bl. 236 der Behördenakte I) mit dem dort erklärten Ziel, der Errichtung eines „Bürgerbüros“ belegen lässt. Unmittelbar nach dem Erwerb der Immobilie wurde damit begonnen, diese für eine Nutzung durch Mitglieder des FNS zu ertüchtigen (vgl. die aus den Ermittlungsakten zitierten schriftlichen Äußerungen auf S. 118 ff. der Verbotsverfügung sowie z.B. S. 64 der Behördenakte I). Schließlich wurde das Ziel des FNS, dauerhaft „unabhängige und eigene Räumlichkeiten“ und schließlich mit O. … … eine sog. „Nationalbefreite Zone“ – und nicht nur einen Veranstaltungsort für private Feiern – zu schaffen, durch den zwischen den Mitgliedern und Sympathisanten des FNS geführten E-Mail-Verkehr sowie sonstige Äußerungen im Internet hinreichend dokumentiert (vgl. z.B. Bl. 195 ff. der Behördenakte I), was dann schließlich auch durch die Anbringung des Banners „Nationales Zentrum Hochfranken“ nach außen hin deutlich gemacht wurde. Zudem erfolgte auf der Internet-Seite des FNS die Angabe des Anwesens als Veranstaltungsort für Aktivitäten der Vereinigung.
Soweit der Klägerbevollmächtigte moniert, es hätten über das Jahr verteilt lediglich wenige zeitlich begrenzte Veranstaltungen dort stattgefunden, so dass von einem Überlassen nicht gesprochen werden könne, überzeugt dies nicht. Unabhängig davon, dass auch bei nur wenigen Veranstaltungen der Tatbestand des Überlassens nicht entfiele, diente nach den Ermittlungsergebnissen das Anwesen nicht nur der Abhaltung von wenigen Veranstaltungen, sondern es stand in der alleinigen Nutzung des FNS, das hier eine allgemeine Anlaufstelle hatte, so dass isoliert auf die Anzahl von Veranstaltungen und ggf. ihren Anlass (es hätten nach Klägerangaben auch Geburtstags- und Silvesterfeiern stattgefunden) nicht abgestellt werden kann, zumal es sich bei den einladenden und teilnehmenden Personen um den eng begrenzten Kreis von Mitgliedern und Aktivisten des FNS handelte. Anderweitige – außerhalb des FNS stehende – Nutzer gab es nicht. Das FNS konnte über die Nutzung des Objekts frei bestimmen. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass der zwar rechtlich vom FNS unabhängige, aber tatsächlich als Versandhandel für den FNS fungierende Final Resistance Versand dort seine Betriebsräume hatte und von dort seine Tätigkeiten verfolgte. Dass darüber hinaus auch Veranstaltungen aus nach außen hin rein privatem Anlass stattgefunden haben (z.B. Geburtstagsfeiern), lässt eine Überlassung zur Verfolgung der verfassungswidrigen Ziele nicht entfallen.
Die Einziehung setzt weiter voraus, dass der Berechtigte durch die Überlassung der Sache an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat, d.h. dass der Berechtigte die verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins gekannt hat und sich bewusst war, diese durch die Überlassung zu fördern, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) ausreichend ist. Vorsatz erfordert insoweit nicht, dass die Klägerin als juristischer Laie in der Lage gewesen sein müsste, die ihr bekannten Aktivitäten des FNS im Einzelnen verfassungsrechtlich exakt zu würdigen. Vielmehr reicht es aus, dass sie aufgrund einer sog. „Parallelwertung in der Laiensphäre“ auf der Grundlage ihres Wissens über die tatsächlichen Vereinsaktivitäten den sozialen Sinngehalt der Verbotsgründe des Art. 9 Abs. 2 GG und damit den Begriff der „verfassungswidrigen Bestrebungen“ richtig begriffen hat (vgl. hierzu: BayVGH, U.v. 26.11.2005 – 4 B 07.104 – juris). Dolus eventualis ist (in Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit) dann gegeben, wenn (als voluntatives Element) der Täter die Tatbestandsverwirklichung weder anstrebt noch für sicher, sondern nur für möglich hält. Der bewusst fahrlässig Handelnde ist mit der als möglich erkannten Folge nicht einverstanden und vertraut auf ihren Nichteintritt, während der bedingt vorsätzlich Handelnde mit dem Eintritt des Erfolgs in dem Sinn einverstanden ist, dass er ihn billigend in Kauf nimmt. Dies wird bereits dann angenommen, wenn der Täter den Erfolgseintritt als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und bereit ist, diesen hinzunehmen. Ein gravierendes Indiz für eine billigende Inkaufnahme kann aus allgemeinen Erfahrungssätzen über die menschliche Wahrnehmung gewonnen werden, dagegen kann sprechen, wenn der Erfolg unerwünscht und nach der Sachlage wenig wahrscheinlich ist (vgl. hierzu auch: Fischer, Strafgesetzbuch, 62. Auflage, 2015, Rn. 9 ff. zu § 15 m.w.N.).
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin beim Erwerb des Anwesens tatsächlich die Absicht gehabt hatte, dieses in ferner Zukunft als Altersruhesitz zu benutzen. Der Umstand, dass die 1957 geborene Klägerin im Jahr 2010, also noch eine erhebliche Zeitspanne vor dem regulären Eintritt in den Ruhestand, eine längere Zeit leerstehende, ehemalige Gastwirtschaft nebst Beherbergungsbetrieb erwirbt, die stark renovierungsbedürftig ist und, wollte man sie tatsächlich als Privatwohnung nutzen, erhebliche Umbauten und den Einsatz finanzieller Mittel erforderlich gemacht hätte, nährt jedenfalls angesichts des bekanntermaßen großen Immobilienangebots im strukturschwachen Ostoberfranken Zweifel an diesem Vorbringen. Viel näher liegt die Annahme, dass bereits von vorneherein wohl das Ziel bestanden hat, dort den Aktivisten des FNS einen Ort für Zusammenkünfte zur Verfügung zu stellen. Nachdem, wie der Sohn der Klägerin in dessen Verfahren B 1 K 16.185 in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, er ein sehr enges Verhältnis zu seiner Mutter pflegt und diese auch über seine politische Einstellung im Bilde war, spricht einiges dafür, dass sie über die Art und Weise der Betätigung ihres Sohnes Kenntnis hatte und sie das Anwesen (auch) deshalb erwarb, damit ihr Sohn seinen Bestrebungen ungestört nachgehen konnte. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, denn jedenfalls im weiteren Verlauf muss davon ausgegangen werden, dass die Klägerin über die tatsächliche Nutzung im Bilde war und diese gutgeheißen hat.
Die Klägerin hat sich nicht, wie von ihr vorgetragen, nach dem Erwerb vollkommen zurückgezogen und sich um nichts mehr gekümmert. Dass sie eingebunden war, belegen die Bauakten des Landratsamts … (Beiakte IV), wonach sie zunächst ausdrücklich darauf bestanden hatte, bei einer Baukontrolle selbst anwesend zu sein und dies nicht ihrem Sohn überlassen wollte. Bei dem für Oktober 2010 vereinbarten neuen Termin hatte sie dann das Betreten des Anwesens verweigert und auf ihren Anwalt verwiesen. Eindeutig belegt werden kann die Kenntnis der Klägerin über die von dritter Seite geäußerten Vorwürfe, das Anwesen werde von Neonazis genutzt, durch die wohl vom Sohn der Klägerin verfasste handschriftliche Schilderung (Beiakte II), in welcher Folgendes festgehalten ist:
„Plötzlich wurde aus einem geplanten Altersruhesitz eine „Nazi-Hochburg“. Unter diesen Umständen war es für die Familie nicht mehr möglich, in Ruhe dort zu leben und sie spielten mit dem Gedanken, Grund und Boden zu verkaufen. Um die Familie nicht im Stich zu lassen, boten Nationalisten aus der Region ihre Unterstützung an.“
In Zusammenschau mit den Angaben des Sohns der Klägerin, dass seine Mutter über seine politische Gesinnung im Bilde gewesen sei, muss hieraus der Schluss gezogen werden, dass die Klägerin bei der Überlassung des Anwesens an ihren Sohn und dessen Gesinnungsgenossen über deren politische Ausrichtung im Sinn einer neonazistischen Vereinigung vollkommen im Bilde gewesen ist. Es ist schlichtweg unglaubhaft, dass sie keinerlei Informationen erhalten haben will, da sie keine Zeitung lese und sich nicht für Politik interessiere, da die Nutzung des Anwesens O. … … durch das FNS durch die Medien ging und in der Region für Gesprächsstoff sorgte. Die Einlassung der Klägerin, sie habe vollkommen isoliert von ihrer Umgebung gelebt und mit ihrem Sohn bzw. ihrem Ehemann über die Vorgänge um das Anwesen nicht gesprochen, erscheint lebensfremd. Die vorgetragene längere Abwesenheit während der Sommermonate im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit in Italien vermag die Klägerin daher nicht zu entlasten. Spätestens mit dem Schreiben des Landratsamts … vom 28. November 2013 wurde die Klägerin eindeutig damit konfrontiert, dass das Anwesen nicht zu bloßen Wohnzwecken und einer harmlosen beruflichen Betätigung ihres Sohnes benutzt wurde, sondern es sich um eine Schulungs-, Veranstaltungs-, Versammlungs- und Begegnungsstätte für das FNS handelte. Es ist daher vollkommen irrelevant, dass sich die Klägerin ihrer Einlassung nach nur einmal zu einer Silvesterfeier am Anwesen aufgehalten und von konkreten Veranstaltungen keine Kenntnis gehabt haben will. Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass ihr Ehemann vor Ort und auch im Kontakt mit den dort aufhältigen Personen (siehe E-Mail-Verkehr) war, deren politischer Hintergrund allgemein bekannt war. Es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung, dass sich die Klägerin weder für die Lebensumstände ihres Sohnes (nach Wohnungsdurchsuchung, Inhaftierung, geänderter Nutzung des Anwesens aufgrund der Berichterstattung in den Medien) noch für die Vorgänge in ihrem Anwesen O. … … interessiert und weder mit ihrem Ehemann noch mit dem Sohn hierüber gesprochen haben will. Gerade vor dem Hintergrund der handschriftlichen Schilderung erscheint dies unglaubhaft.
So hat auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 8. Januar 2015 (Az. 4 C 14.1708) betreffend die Durchsuchung des klägerischen Anwesens ausgeführt:
„Wie das StMIBV in der Verfügung vom 2. Juli 2014 ausführlich dargelegt hat, wurde das Anwesen O. … über Jahre hinweg von der Vereinigung FNS als ein zentraler Veranstaltungsort in Anspruch genommen, was auch in der Öffentlichkeit allgemein bekannt war. Dass diese Nutzung ohne oder gar gegen den Willen der Antragsgegnerin ausgeübt worden sein könnte, erscheint völlig lebensfremd.“
Das Gericht teilt, wie oben dargelegt, diese Einschätzung. Aus alledem ist der Schluss zu ziehen, dass die Klägerin das Anwesen O. … 47 dem FNS bewusst zur Nutzung zur Verfügung gestellt hat und damit auch zumindest bedingt vorsätzlich dessen verfassungswidrige Ziele gefördert hat. Unerheblich ist der Einwand des Klägerbevollmächtigten, ein Fördern liege deshalb nicht vor, weil die sog. „Graswurzelstrategie“ des FNS nicht aufgegangen sei und deshalb ein Schutz der Bevölkerung vor verfassungswidrigen Bestrebungen nicht vonnöten gewesen sei. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass ein „Erfolg“ der verfassungswidrigen Vereinigung bei der Verbreitung seiner Ansichten in der Bevölkerung nicht vorausgesetzt wird. Ausreichend ist vielmehr, wenn der betreffende Gegenstand objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt ist, die verfassungswidrigen Bestrebungen eines Vereins zu fördern, was vorliegend der Fall war.
Bei Vorliegen der objektiven und subjektiven Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 2 VereinsG sieht das Gesetz als Rechtsfolge “in der Regel“ die Beschlagnahme und Einziehung der Sache vor. Es sind keine besonderen Umstände erkennbar, die einen Ausnahmefall begründen könnten. Unerheblich ist, dass nach dem Sachvortrag der Klägerseite zuletzt keine Veranstaltungen des FNS mehr durchgeführt, sondern diese vom „III. Weg“ organisiert worden seien. Dass das FNS nunmehr verboten ist, kann zu keiner anderen Entscheidung führen. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Verbotsverfügung war die Beschlagnahme und Einziehung die geeignete und erforderliche Maßnahme, eine weitere verbotswidrige Benutzung zu unterbinden. Hierbei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass die Protagonisten des FNS sich im Wesentlichen im „III. Weg“ organisiert hatten. Soweit der Klägerbevollmächtigte die Unverhältnismäßigkeit der Beschlagnahme und Einziehung rügt und vorbringt, eine Versiegelung der ehemaligen Gasträume sei ausreichend, kann dem nicht gefolgt werden, zumal sich die verfassungswidrigen Vorgänge nicht allein in den genannten Räumen abgespielt haben, sondern das Anwesen vollumfänglich vom FNS genutzt worden ist. Die Klägerin hat sich durch die seit 2010 erfolgte Überlassung an das FNS den Eigentumsverlust selbst zuzuschreiben, so dass ihr Interesse, das Anwesen zurückzuerhalten, zurücktreten muss hinter dem öffentlichen Interesse zu verhindern, dass das Objekt weiterhin für verfassungswidrige Ziele genutzt werden könnte.
Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.