Aktenzeichen 6 CS 18.1548
Leitsatz
1 Gerade in einem Eilverfahren können die Beteiligten, wenn seitens des Gerichts keine Frist zur Äußerung gesetzt wurde, nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass der Senat eine unbestimmte Zeit abwartet, um einer eventuell noch erfolgenden Äußerung eines Beteiligten entgegen zu sehen (Anschluss an BayVGH BeckRS 2011, 31759). (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung des rechtlichen Gehörs wird erst angenommen, wenn die vor Erlass einer Entscheidung verbleibende Frist zur Äußerung objektiv nicht ausreicht, um eine sachlich fundierte Äußerung zu erbringen, das rechtliche Gehör also in unzumutbarer Weise erschwert wird (Anschluss an BVerfG BeckRS 2003, 21072). (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RN 1 S 18.155 2018-05-16 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
I. Die Anhörungsrüge des Antragstellers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Juli 2018 – 6 CS 18.1205 – wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens über die Anhörungsrüge.
Gründe
Die zulässige Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 13. Juli 2018, mit dem der Senat der Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. Mai 2018 – RN 1 S 18.155 – stattgegeben hat, ist unbegründet. Der Senat hat bei seiner Entscheidung den Anspruch des Antragstellers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verletzt (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
Der Anspruch der Prozessbeteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, seine Entscheidung nur auf Tatsachen oder Beweisergebnisse zu stützen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (§ 108 Abs. 2 VwGO), sowie ihre rechtzeitigen und möglicherweise erheblichen Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BayVerfGH, E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 44 m.w.N.).
Der Antragsteller lässt vortragen, die fehlende Fristsetzung zur Erwiderung auf die Beschwerdebegründung der Antragsgegnerin habe seinen Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt. Es sei im Fall des Antragstellers, aber auch generell im Hinblick auf die Geschäftsabläufe im Verwaltungsprozessrecht nicht möglich, in weniger als zwei Wochen schriftsätzlich zu reagieren, zumal die Angelegenheit keine Sache auf Leben und Tod sei.
Damit wird kein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs aufgezeigt. Der Antragsteller bzw. seine Bevollmächtigten hatten ausreichend Gelegenheit, sich zur Beschwerdebegründung zu äußern. Das Gericht hat den Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 21.Juni 2018 am 26. Juni 2018 an ihn versandt, ohne eine Frist zur Äußerung zu setzen. Das entspricht durchaus der üblichen Vorgehensweise in Verwaltungsgerichtsverfahren. Der Antragsteller musste daher davon ausgehen, dass in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Entscheidung in absehbarer Zeit erfolgen würde. Es wäre an ihm gewesen, eine Frist zur Erwiderung telefonisch oder schriftlich per Telefax zu erbitten. Gerade in einem Eilverfahren können die Beteiligten, wenn seitens des Gerichts keine Frist zur Äußerung gesetzt wurde, nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Senat eine unbestimmte Zeit abwartet, um einer eventuell noch erfolgenden Äußerung eines Beteiligten entgegen zu sehen (vgl. BayVGH, B.v. 13.9.2011 – 2 NE 11.1815 – juris Rn. 37). Entgegen der Auffassung des Antragstellers bestand keine entsprechende Hinweispflicht des Gerichts.
Ungeachtet dessen hat der Senat aber auch eine angemessene Zeitspanne nach der Versendung des Beschwerdeschriftsatzes (26.6.2018) bis zum Erlass einer Entscheidung verstreichen lassen: Die Entscheidung über die Beschwerde der Antragsgegnerin erging erst am 13. Juli 2018. Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung des rechtlichen Gehörs wird erst angenommen, wenn die vor Erlass einer Entscheidung verbleibende Frist zur Äußerung objektiv nicht ausreicht, um eine sachlich fundierte Äußerung zu erbringen, das rechtliche Gehör also in unzumutbarer Weise erschwert wird (BVerfG, B.v. 5.2.2003 – 2 BvR 153/02 – juris Rn. 28 ff m.w.N.). Vorliegend blieben den Bevollmächtigten des Antragstellers – selbst wenn, wie vorgetragen, die Übermittlung des Schreibens ungewöhnlich lang gedauert hat – neun Arbeitstage zu einer Äußerung, so dass auch nicht von einer objektiv zu kurz bemessenen Wartezeit die Rede sein kann (vgl. BayVGH, B.v. 29.9.2014 – 22 CS 14.1834 – juris Rn. 16). Darüber hinaus ist anzumerken, dass eine Äußerung auch innerhalb der vom Antragsteller selbst für angemessen erachteten Frist von vierzehn Tage nach Zustellung der Beschwerdebegründung nicht erfolgt ist.
Die bereits erstinstanzlich vorgebrachte Rüge des Antragstellers, eine Versetzung zu einer nicht mit Dienstherrnbefugnissen ausgestatteten Organisationseinheit sei rechtlich nicht möglich, ist im Senatsbeschluss vom 13. Juli 2018 zur Kenntnis genommen und gewürdigt worden (Rn. 15). Die Einwände gegen die inhaltliche Richtigkeit dieser Erwägungen können im Rahmen des Anhörungsrügeverfahrens keine Berücksichtigung finden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil sich die Gebührenhöhe für die Anhörungsrüge unmittelbar aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).