IT- und Medienrecht

Erinnerungsführerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss

Aktenzeichen  M 24 M 17.47867

Datum:
26.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 13277
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 162 Abs. 2 S. 3, § 165

 

Leitsatz

1. Ein Anspruch auf eine Pauschale für Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen besteht nur, soweit im Verfahren Auslagen oder Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen tatsächlich angefallen sind. (Rn. 17 – 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Kostenerinnerung wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte (Erinnerungsführerin) hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Die Beklagte und Erinnerungsführerin wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts München vom 31. August 2017 im Verfahren M 24 K 16.34096.
Mit Urteil vom 2. Juni 2017 (M 24 K 16.34096) hat das Verwaltungsgericht München den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 2. November 2016 in Nrn. 4, 5 und 6 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, festzustellen, dass bei den Klägern die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) hinsichtlich Afghanistans vorliegen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Kosten hat das Gericht zu 3/4 den Klägern und zu 1/4 der Beklagten auferlegt. Auf Seiten der Klagepartei (zugleich Erinnerungsgegner) war bereits im Klageverfahren die Bevollmächtigte tätig. Die Entscheidung im Klageverfahren war durch Kammerbeschluss auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen gewesen. Im Klageverfahren hat das Bundesamt lediglich die elektronische Akte übermittelt, sich aber ansonsten nicht geäußert.
Mit Schriftsatz vom 10. August 2017 beantragte die Bevollmächtigte der Klagepartei die Kostenfestsetzung. Hierzu wurde die Beklagte mit Schreiben der Kostenbeamtin vom 16. August 2017 angehört und gleichzeitig aufgefordert, ihre außergerichtlichen Parteiaufwendungen zum Zwecke des Kostenausgleichs einzureichen.
Mit Schriftsatz vom 22. August 2017 beantragte die Beklagte, Postauslagen entsprechend § 162 Abs. 2 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Höhe von 20,00 € als notwendige Aufwendungen des Bundesamtes im Rahmen des Kostenausgleichs gem. § 106 Zivilprozessordnung (ZPO) zu berücksichtigen.
Mit Schreiben vom 23. August 2017 teilte die Kostenbeamtin des Verwaltungsgerichts München der Beklagten mit, juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden könnten gem. § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nr. 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern. Voraussetzung sei somit, dass der Behörde im jeweiligen Verfahren tatsächlich Kosten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen entstanden seien, gleichgültig in welcher Höhe. Da in der Gerichtsakte weder ein Schreiben der Beklagten noch ein Hinweis auf Post- und Telekommunikationsdienstleistungen enthalten sei, sondern lediglich die Akte auf elektronischem Weg übersandt worden sei, und die Beklagte in ihrem Kostenfestsetzungsantrag auch keine weitere Begründung für das Entstehen derartiger Kosten angeführt habe, sei davon auszugehen, dass der Beklagten im Klageverfahren tatsächlich keine derartigen Kosten entstanden seien.
Hierzu nahm die Beklagte mit Schriftsatz vom 28. August 2017 Stellung und führte aus, der Begriff der Telekommunikationsdienstleistungen umfasse sowohl Telefon, Fax als auch E-Mail, somit auch die Übersendung der Akte auf elektronischem Weg. Die geltend gemachten Kosten seien damit entstanden und erstattungsfähig.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31. August 2017 – M 24 K 16.34096 – (KFB) setzte die Kostenbeamtin des VG München antragsgemäß die entstandenen notwendigen Aufwendungen der Klagepartei auf 1.532,13 € fest und verfügte, dass die Beklagte hiervon ein Viertel – entsprechend dem Urteil vom 2. Juni 2017 – M 24 K 16.34096 – in Zahlen 383,03 € zu tragen hat. Aufwendungen der Beklagten wurden nicht angesetzt. Zur Begründung dazu wurde ausgeführt, in der Gerichtsakte finde sich weder ein Schreiben der Beklagten noch ein Hinweis auf Post- und Telekommunikationsdienstleistungen. Es sei lediglich die Akte auf elektronischem Wege über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) übersandt worden, welches kostenfrei zur Verfügung stehe. Tatsächliche Kosten, die die Entstehung der Pauschale nach Nr. 7002 RVG rechtfertigen würden, seien der Beklagten nicht entstanden. Die Grundgebühren für den Internet-Anschluss zählten zu den allgemeinen Geschäftskosten. Bei Ausführung des einzelnen Auftrags (Versendung der elektronischen Akte) seien keine Kosten entstanden und könnten daher auch keinen Vergütungsanspruch nach Nr. 7002 Abs. 1 VV RVG auslösen.
Der KFB wurde der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 1. September 2017 zugestellt.
Mit unterschriftlich unterzeichnetem Schriftsatz vom 11. September 2017, bei Gericht eingegangen am 14. September 2017 (zuvor ohne unterschriftliche Unterzeichnung per Fax am 11. September 2017 eingegangen) beantragte die Beklagte und Erinnerungsführerin gegen den KFB gerichtliche Entscheidung mit dem Begehren, die notwendigen Prozessaufwendungen des BAMF gemäß § 106 ZPO zu berücksichtigen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass auch die elektronische Bearbeitung von Verwaltungsvorgängen Ausgaben / Kosten (Gehalt der Mitarbeiter, technische Ausstattung, Sachausgaben, Miete, Anschaffung, Strom etc.) verursache, die eben gerade in diese Postauslagen entsprechend § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO einflössen und dass auch die Übersendung des Prozesskostenausgleichs, der Erinnerung und der Stellungnahme postalisch erfolgen würden und damit auch Porti entstünden. Es seien auch in anderen Verfahren die Kosten nach Kostenerinnerung entsprechend neu festgesetzt worden. Darüber hinaus würden die Prozessaufwendungen des Bundesamtes in jüngster Zeit vom Verwaltungsgericht München in einer nicht unerheblichen Zahl wie beantragt bei der Berechnung im KFB entsprechend der Kostenquotierung berücksichtigt. Das Bundesamt werde in den letzten Tagen vom Verwaltungsgericht München explizit dazu aufgefordert, in allen Verfahren, in denen eine Kostenquotierung ausgesprochen worden sei, vorab eine Stellungnahme zur Anmeldung eigener Kosten abzugeben.
Die Kostenbeamtin half dem Antrag nicht ab und legte den Vorgang dem Gericht zur Entscheidung vor. Unter Verweis auf die Begründung des KFB vom 31. August 2017 führte die Kostenbeamtin zu den Einwendungen der Beklagten und Erinnerungsführerin aus, dass der Auffassung des Bundesamtes, auch der elektronische Versand der BAMF-Akte verursache Kosten wie die Gehälter der Mitarbeiter, Sachausgaben, Strom etc. und begründe schon deswegen die Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG, nicht entsprochen werden könne. Die von der Beklagten/Erinnerungsführerin genannten Kosten zählten zu den allgemeinen Geschäftskosten und könnten nicht über die Geltendmachung der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen zu Lasten der Gegenseite erhoben werden. Die Entstehung von Portokosten für die Übersendung des Kostenfestsetzungsantrags, des Antrags auf Entscheidung des Gerichts sowie der Stellungnahme zählten zum Kostenfestsetzungsverfahren bzw. zum Erinnerungsverfahren und seien somit nicht in der Grundsache entstanden. Die Entstehung der Pauschale scheide auch hier aus. Zu dem Hinweis der Beklagten und Erinnerungsführerin auf Entscheidungen des Verwaltungsgerichts München, in denen nach Erinnerung die Pauschale im Rahmen des Kostenausgleichs berücksichtigt worden sei, wurde ausgeführt, dem könne mangels Angabe von Verfahrensaktenzeichen nicht nachgegangen werden; vermutlich seien der Beklagtenseite aber in diesen Verfahren tatsächlich Kosten entstanden, da nachweislich ein postalischer Schriftzugang in der Akte enthalten sei und somit der Beklagten zumindest Portokosten entstanden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten M 24 K 16.34096 und M 24 M 17.47867 Bezug genommen.
II.
Die Kostenerinnerung bleibt ohne Erfolg.
1. Zur Entscheidung im vorliegenden Erinnerungsverfahren ist der Einzelrichter berufen. Funktionell zuständig für die in § 165 Satz 2, § 151 Satz 1 VwGO vorgesehene Entscheidung über die Kostenerinnerung ist, wer die zugrundeliegende Kostengrundentscheidung getroffen hat (BVerwG, B.v. 14.2.1996 – 11 VR 40/95 – NVwZ 1996, 786, juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 03.12.2003 – 1 N 01.1845 – NVwZ-RR 2004, 309, juris Rn. 9-12). Nachdem das zugrunde liegende Klageverfahren aufgrund eines Kammerbeschlusses gemäß § 76 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen worden war, hat dieser demgemäß auch die Entscheidung über die Kostenerinnerung zu treffen.
2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig.
2.1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist statthaft. Er wird nicht von dem in § 80 AsylG vorgesehenen Beschwerdeausschluss erfasst. Denn es handelt sich bei der vorliegenden Kostenerinnerung schon nicht um eine “Beschwerde“ im Rechtssinn, weil § 165 Satz 2 VwGO über die Verweisung auf § 151 VwGO und die dort in Satz 1 geregelte Möglichkeit, eine Entscheidung des Gerichts zu beantragen, und die in Satz 3 der vorgenannten Norm angeordnete entsprechende Geltung der für Beschwerden maßgeblichen Bestimmungen §§ 147 bis 149 VwGO nur die analoge Anwendbarkeit einzelner Vorschriften des Beschwerderechts regelt (OVG NRW, B.v. 16.10.2014 – 11 B 789/14.A – NVwZ-RR 2015, 359, juris Rn. 8).
2.2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist gestellt (§§ 165, 151 VwGO).
3. Die Kostenerinnerung ist nicht begründet.
Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens gemäß §§ 164, 173 VwGO i.V.m. §§ 103 ff. ZPO werden auf Antrag durch Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des ersten Rechtszugs die zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits untereinander zu erstattenden Kosten festgesetzt (§ 164 VwGO). Grundlage hierfür ist die Kostengrundentscheidung im vorangegangenen Urteil.
Die Beklagte und Erinnerungsführerin hat keinen Anspruch auf eine Pauschale für Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG). Nach § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO können Behörden den Höchstsatz der Pauschale nur „an Stelle ihrer tatsächlich notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen“ fordern. Auch nach Nr. 7002 Abs. 1 VV RVG besteht der Anspruch auf die erhöhte Pauschale nur „an Stelle der tatsächlichen Auslagen nach Nummer 7001“. Der nach § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO zugunsten der Behörde vorgesehene Rückgriff auf die Geltendmachung eines Pauschhöchstbetrages als Auslagenersatz anstelle der Geltendmachung und des Nachweises der Einzelauslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen ändert nichts an der Tatsache, dass für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen tatsächlich (notwendige) Aufwendungen im Rahmen des Prozessverfahrens seitens der Behörde stattgefunden haben müssen. Die Behörde wird lediglich von der Verpflichtung, Einzelnachweise für die jeweiligen Aufwendungen zu erbringen, entbunden (vgl. a. VG München, B.v. 29.5.2018 – M 24 M 17.48674 – juris Rn. 18; B.v. 4.1.2018 – M 24 M 17.48673 m.w.N.).
Das Bundesamt hatte hier aber mangels Äußerung im Klageverfahren keine Aufwendungen oder Auslagen. Während des Erkenntnisverfahrens erfolgte kein postalischer Schriftverkehr an das Gericht. Die Behördenakte des Bundesamtes wurde nicht mit Hilfe eines Postdienstleisters (unter Entgeltaufwendung) an das Gericht übermittelt. Eine Übersendung der Kostennote im Klageverfahren kann einen Anspruch auf Festsetzung der Pauschale ebenso wenig begründen wie der Antrag auf Entscheidung des Gerichts im Erinnerungsverfahren. Denn gemäß § 162 Abs. 1 VwGO müssen die Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig gewesen sein. Die Beschränkung auf die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung bewirkt, dass die Aufwendungen während des eigentlichen Prozessverfahrens, hier also des Klageverfahrens, angefallen sein müssen (vgl. a. VG München, B.v. 29.5.2018 – M 24 M 17.48674 – juris Rn. 19; B.v. 6.3.2018 – M 17 M 18.30627 – juris Rn. 10 m.w.N.). Innerbehördliche Betriebs- und Personalkosten, d.h. allgemeine Geschäftskosten des Behördenbetriebs, sind keine Aufwendungen für tatsächlich entstandene Kosten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen. Bei Behörden sind Generalkosten, die allgemein mit der Prozessführung verbunden sind, nicht zu erstatten (vgl. VG München, B.v. 29.5.2018 – M 24 M 17.48674 – juris Rn. 19; B.v. 9.1.2018 – M 17 M 17.47881; B.v. 9.1.2018 – M 19 M 17.48581; B.v. 2.1.2018 – M 19 M 17.49875; B.v. 5.1.2018 – M 24 M 17.46144; B.v. 4.1.2018 – M 24 M 17.48673 – juris Rn. 34; Schmidt in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 162 Rn. 15; Gerold/Schmidt, RVG Kommentar, 23. Auflage, Vorb. 7 VV RVG Rn. 10).
4. Die Beklagte und Erinnerungsführerin hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.
5. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 83b AsylG sowie – mangels Listung im Kostenverzeichnis – auch § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 3 Abs. 2 Gerichtskostengesetz i.V.m. Anlage 1 Kostenverzeichnis, dort Teil 5).
6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar gemäß § 80 AsylG (vgl. VGHBW, B.v. 28.2.2017 – A 2 S 271/17 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 22.5.2013 – 8 C 13.30078 – juris Rn. 6).

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