Aktenzeichen Au 6 K 18.264
Leitsatz
Die Kosten für die An- und Abfahrt einer Schrubb-Saug-Maschine zur Beseitigung einer Ölspur können festsetzen werden, wenn die Preise der Leistungsbeschreibung und dem Leistungsverzeichnis aus dem Vergabeverfahren entsprechen, wonach die betreffende Firma im Wege der öffentlichen Ausschreibung den Auftrag zur Straßenreinigung in solchen Fällen für einen bestimmten Zeitraum erhalten hat. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg ist zuständig und die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg ist zuständig, da insbesondere der Verwaltungsrechtsweg angesichts des Vorliegens einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit eröffnet ist (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Streitentscheidende Norm ist Art. 16 Hs. 2 BayStrWG als Rechtsgrundlage für die Möglichkeit des hier vorliegenden öffentlich-rechtlichen Kostenersatzes, der neben etwaigen zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen nach § 7 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB geltend gemacht werden kann (BGH, U.v. 9.12.2014 – VI ZR 138/14 – juris Rn. 9; U.v. 15.10.2013 – VI ZR 471/12 – juris Rn. 13 ff. m.w.N.).
II.
Die zulässige Klage ist jedoch in dem noch anhängigen Umfang unbegründet. Insofern ist der Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2018 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Der Bescheid ist formell rechtmäßig, denn eine etwaige Unbestimmtheit des Verwaltungsakts dadurch, dass die Rechnungsposten im Bescheid nicht einzeln aufgeführt waren, wurde im Verwaltungsprozess zulässigerweise durch die Klageerwiderung geheilt (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 37 Rn. 17b).
2. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
Nach Art. 16 BayStrWG hat derjenige, der eine Straße über das übliche Maß hinaus verunreinigt, die Verunreinigung ohne Aufforderung unverzüglich zu beseitigen, andernfalls kann der Träger der Straßenbaulast die Verunreinigung auf Kosten des Verursachers beseitigen. Art. 16 Hs. 2 BayStrWG enthält hinsichtlich der Beseitigung von Verunreinigungen eine Regelung zur unmittelbaren Ausführung sowie zur Kostenerhebung durch einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (nicht zur Ersatzvornahme). Sie ist insoweit eine Sonderregelung gegenüber Art. 7 Abs. 3 LStVG sowie – was die Kostenerhebung durch Leistungsbescheid anbelangt – gegenüber Art. 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 10 KG (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2013 – 8 ZB 12.2576 – juris Rn. 6).
a) Die Voraussetzungen des Art. 16 BayStrWG liegen vor. Die Klägerin ist als Halterin und Führerin des an einem Verkehrsunfall im Stadtgebiet der Beklagten auf einer in deren Baulast stehenden öffentlichen Straße (Art. 46, 47 Abs. 1 BayStrWG) beteiligten PKWs unstreitig Verursacherin des Verkehrsunfalls. Die Straße wurde über das übliche Maß in Form der ausgetretenen Betriebsflüssigkeit verunreinigt. Die Beklagte war als Trägerin der Straßenbaulast zur Vornahme der Straßenreinigung berechtigt und angesichts der Verkehrssicherungspflicht wohl verpflichtet, da die Klägerin ihren Verpflichtungen nicht nachkommen konnte, da sie verletzungsbedingt ins Klinikum … verbracht werden musste. Die Beklagte hat nach pflichtgemäßem Ermessen vorliegend selbst das taugliche Mittel zur Beseitigung gewählt und hat den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet (vgl. Wiget in Zeitler, BayStrWG, Art. 16 Rn. 10 [Stand: 25. EL Oktober 2014]).
b) Auch die Kostenerstattung – insbesondere die Kostenhöhe – ist rechtmäßig. Grundsätzlich genügt bei der Geltendmachung der entstandenen Aufwendungen für die Straßenreinigung die Vorlage der Rechnung des beauftragten Fachunternehmens (VG München, U.v. 27.10.2017 – M 2 K 17.1131 – juris Rn. 19; BGH, U.v. 15.10.2013 – VI ZR 471/12 – juris Rn. 26). Die Beklagte hat zu Recht die Kosten für die An- und Abfahrt der Schrubb-Saug-Maschine (siehe aa)) sowie die Kosten für das Absperrmaterial (siehe bb)) in der jeweiligen Höhe festgesetzt.
aa) Die Beklagte konnte die Kosten für die An- und Abfahrt der Schrubb-Saug-Maschine in Höhe von 177,00 EUR für eine Stunde festsetzen. Vorliegend entsprachen die Preise der Leistungsbeschreibung und dem Leistungsverzeichnis aus dem Vergabeverfahren, wonach die Fa. … von der Beklagten im Wege der öffentlichen Ausschreibung den Auftrag zur Straßenreinigung in solchen Fällen für einen bestimmten Zeitraum erhalten hat. Die Leistungsbeschreibung nach § 121 GWB ist die Grundlage für den vertraglich geschuldeten Leistungsumfang (vgl. Stein/Wolf in: BeckOK Vergaberecht, § 121 GWB Rn. 5 [Stand: 12. Ed. Mai 2019]; Trutzel in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 3. Aufl. 2018, § 121 GWB Rn. 1). Insofern wurde für die Reinigung eine bestimmte Vergütung vorab vereinbart. Es kommt daher nicht auf die übliche (vgl. § 632 Abs. 2 BGB), ersatzweise eine im Rahmen ergänzender Vertragsauslegung ermittelte angemessene oder jedenfalls eine der Billigkeit i.S.d. § 315 Abs. 3 BGB entsprechende Vergütung an (so BGH, U.v. 15.10.2013 – VI ZR 471/12 – juris Rn. 28). Die Kostenvereinbarung zwischen der Beklagten und Fa., dass auch die Zeit für die An- und Abfahrt berechnet wird, ist nicht unangemessen, denn die Maschine kann während dieser Zeit nicht anderweitig eingesetzt werden und muss nach ihrem Einsatz noch gereinigt werden. Es kommt vorliegend nicht darauf an, was in anderen Branchen oder Wirtschaftszweigen üblich ist.
bb) Die Beklagte konnte auch die Kosten für eigenes Absperrmaterial durch die Fa. … festsetzen. Auch hier entsprach der festgesetzte Preis der Leistungsbeschreibung und dem Leistungsverzeichnis aus dem Vergabeverfahren (siehe oben). Insofern wurde für Absperrmaterial nach RSA 50,00 EUR/h berechnet. Die Rüge der Klägerin, dass für eine gesonderte Inrechnungstellung von Absperrmaterial kein Raum bestehe, da die Absperrtechnik nach BGI 800 (Sicherungsmaßnahmen bei Pannen-Unfallhilfe, Bergungs- und Abschlepparbeiten) an zertifizierter Technik bereits installiert gewesen sei und somit auch den Vorgaben nach RSA entspreche, dass vorliegend außerdem die Polizei die Einsatzstelle gesichert habe und auch die zuständige Straßenmeisterei anwesend gewesen sei, deren Fahrzeuge üblicherweise mit Warneinrichtungen ausgerüstet seien, verfängt nicht. Die Maschinen und Fahrzeuge waren nach BGI 800 oder RSA 95 gekennzeichnet, was jedoch nur dem Erkennen der Arbeitsgeräte und Fahrzeuge, nicht aber zur Verkehrsführung diente. Von der Fa. … wurden reflektierende Leitkegel (StVO-Zeichen 610) mit weißen Fußplatten im Bereich der Einsatzstelle/Arbeitsbereich (auf der Kuppe und den Rampen) aufgestellt. Die Fa. … hat daher – wie aus dem Einsatzbericht hervorgeht – die Einsatzstelle mit Absperrungen versehen, denn sowohl die Absperrung durch die Polizei bei der Linksabbiegespur des …wegs als auch durch Mitarbeiter der Beklagten bei der Rechtsabbiegespur haben nicht der Absperrung der Einsatzstelle und damit insbesondere dem Schutz der dort tätigen Arbeiter, sondern der Verkehrsführung zur Umfahrt der betroffenen Stelle gedient. Die Polizei hat selbst keine Absicherung der Einsatzstelle vorgenommen. Die Inrechnungstellung des Absperrmaterials entspricht auch dem oben genannten Leistungsverzeichnis.
3. Die Verwaltungsgebühr i.H.v. 25,00 EUR ist ebenfalls rechtmäßig. Sie entspricht § 2 Satz 3 der Satzung über die Erhebung von Verwaltungskosten für Amtshandlungen im eigenen Wirkungskreis der Beklagten vom 2. Dezember 2015. Es fehlt vorliegend an einer vergleichbaren Handlung, die im kommunalen Kostenverzeichnis der Beklagten enthalten ist, weshalb Gebühren von 10,00 bis 25.000,00 EUR festzusetzen sind. Die Gebührenfestsetzung auf 25,00 EUR, die insgesamt für den streitgegenständlichen Bescheid samt des Betrags, hinsichtlich dem der Rechtsstreit für erledigt erklärt worden ist, und samt des noch anhängigen Betrags erfolgte, ist angemessen, da sie sich im Bereich der unteren Grenze von 10,00 EUR bewegt und nicht ersichtlich ist, dass eine Gebühr von 25,00 EUR für die relevante Amtshandlung zu hoch ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.