Aktenzeichen AN 6 K 15.02480
AO AO § 44
GG GG Art. 3
Leitsatz
Die Befreiungs- und Ermäßigungstatbestände des § 4 Abs. 3 RBStV sind abschließend. Sie erstrecken sich – mit Ausnahme der Regelung des § 4 Abs. 3 Nr. 3 RBStV – nicht auch auf eine Person, die mit der von der Befreiung oder Ermäßigung begünstigten Person in eheähnlicher Gemeinschaft lebt. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Aufgrund der erfolgten Teilerledigungserklärungen der Beteiligten, die zur Abtrennung des Verfahrens AN 6 K 16.00897 geführt haben, ist im vorliegenden Urteil nurmehr insoweit über die Klage vom 9. Dezember 2015 zu entscheiden, als damit die Festsetzung eines Betrages in Höhe von 525,64 EUR wegen rückständiger Rundfunkbeiträge durch den Bescheid des Beklagten vom 9. November 2015 angefochten wird.
Die Klage mit diesem Streitgegenstand ist abzuweisen, weil sie zwar zulässig, jedoch gemäß § 113 Abs. 1 VwGO unbegründet ist; die Festsetzung eines Betrages von 525,64 EUR – zusammengesetzt aus Rundfunkbeiträgen in Höhe von 517,64 EUR und einem Säumniszuschlag in Höhe von 8,00 EUR – stellt sich als rechtmäßig dar und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin ist unbestritten Inhaberin der Wohnung … in … und insoweit Beitragsschuldnerin nach § 2 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (RBStV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Juni 2011 (GVBl. Seite 258).
Entgegen ihrer Auffassung kann sie sich nicht darauf berufen, dass sie die genannte Wohnung gemeinsam mit Herrn … bewohnt und dieser in seiner Person gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 RBStV Ermäßigung des Rundfunkbeitrags auf ein Drittel beanspruchen kann. Denn gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 RBStV haften mehrere Beitragsschuldner nach § 2 RBStV als Gesamtschuldner entsprechend § 44 der Abgabenordnung und gemäß § 4 Abs. 3 RBStV erstreckt sich die einem Antragsteller gewährte Befreiung oder Ermäßigung innerhalb der Wohnung (nur) 1. auf dessen Ehegatten, 2. auf den eingetragenen Lebenspartner und 3. auf die Wohnungsinhaber, die bei der Gewährung einer Sozialleistung nach Absatz 1 als Teil einer Einsatzgemeinschaft im Sinne des § 19 des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches berücksichtigt worden sind.
Da die Klägerin gesamtschuldnerisch als Wohnungsinhaberin für den Rundfunkbeitrag haftet, sie in ihrer Person keinen Befreiungs- oder Ermäßigungstatbestand geltend gemacht hat (und offenbar auch nicht geltend machen kann) und schließlich auch nach dem von ihr vorgetragenen Sachverhalt keinen der ersichtlich abschließend aufgezählten Tatbestände in Nr. 1 bis 3 des § 4 Abs. 3 RBStV erfüllt, hat sie der Beklagte für den Zeitraum Januar 2013 bis November 2015 zu Recht in der Höhe von 525,64 EUR (Berechnungsfehler sind weder von Klägerseite geltend gemacht worden noch dem Gericht aufgefallen) zu Rundfunkbeiträgen einschließlich Säumniszuschlag herangezogen und diese als rückständig festgesetzt.
Eine Erstreckung der Ausnahmetatbestände des § 4 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 RBStV auf die Situation der Klägerin ist auch nicht von Verfassungs wegen – insbesondere unter dem Blickwinkel von Art. 3 GG – geboten. Da Herr … nicht etwa nach den für die Rundfunkbeitragsgesamtschuld über § 2 Abs. 3 RBStV, § 44 AO geltenden Bestimmungen der §§ 421 ff BGB von der Klägerin im Ausgleichswege zu einer Erstattung der Rundfunkbeitragsleistungen der Klägerin in einer den ermäßigten Rundfunkbeitrag übersteigenden Höhe herangezogen werden kann und da die in § 4 Abs. 3 RBStV aufgeführten Tatbestände sich maßgeblich von der Situation der Klägerin dadurch unterscheiden, dass aufgrund problemlos feststellbarer objektiver Umstände von einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit einer zumindest doch faktischen Belastung der von Befreiung oder Ermäßigung begünstigten Person durch die Entrichtung des Wohnungsrundfunkbeitrags durch den/die andere/n Wohnungsinhaber/in ausgegangen werden kann, lässt sich ein Verfassungsverstoß durch die einschlägigen Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags bzw. deren hier getroffene Auslegung nicht erkennen. Nachdem bei der Ausgestaltung des „Massengeschäfts“ Rundfunkbeitragserhebung durch den neuen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag unter der Prämisse der Beitragsgerechtigkeit zu Recht Wert auf Erhebungstatbestände gelegt worden ist, die nicht aufgrund von Schwierigkeiten in der praktischen Erfassung (nicht zuletzt wegen Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten privaten Lebenssphäre) einem strukturellen Erhebungsdefizit Vorschub leisten (vgl. dazu etwa auch zuletzt BVerwG, U.v. 18.3.2016 – 6 C 21.15 – Rd.Nrn. 32f.), stellt insbesondere der Umstand problemloser Feststellbarkeit von Beitragstatbeständen einen auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zureichenden Rechtfertigungsgrund für die unterschiedliche Behandlung dar.
Der Beklagte war im Übrigen hier auch nach den für die Gesamtschuld geltenden Regelungen nicht durch die ursprüngliche Heranziehung von Herrn … zu Rundfunkbeiträgen für die Wohnung … in … an der Inanspruchnahme der Klägerin als Beitragsschuldnerin für diese Wohnung gehindert, solange und soweit nicht von Herrn … als anderem Gesamtschuldner die Gesamtschuld bereits erfüllt worden ist; Letzteres (eine Erfüllung) war im streitgegenständlichen Zeitraum nur in Höhe von 107,82 EUR der Fall.
Die Festsetzung eines Säumniszuschlages in Höhe des Mindestbetrages von 8,00 EUR ist ebenfalls hier nicht zu beanstanden, sie ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 10 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 RBStV sowie § 11 Abs. 1 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge vom 19. Dezember 2012 (StAnz Nr. 51 – 52/2012) i. V. m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV.
Da nach alledem die hier noch streitgegenständliche Festsetzung aus dem Bescheid des Beklagten vom 9. November 2015 nicht zu beanstanden und somit die Klage der Klägerin im verbliebenen Verfahren abzuweisen ist, ist die Klägerin mit den Kosten des (verbliebenen) Verfahrens zu belasten (§ 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO).
Die Aussprüche hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift:
Promenade 24 – 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift:
Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift:
Ludwigstraße 23, 80539 München;
Postfachanschrift:
Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in
in Ansbach:
Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 525,64 EUR festgesetzt(§ 52 Abs. 3 GKG; Höhe des nach dem Aufhebungsbescheid vom 24.5.2016 noch verbliebenen Festsetzungsbetrages aus dem Bescheid vom 9.11.2015).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift:
Promenade 24 – 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift:
Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.