Aktenzeichen AN 2 K 15.02339
BMStPO/PSL § 24, § 33, § 38, § 46 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
VwGO VwGO § 161 Abs. 2
Leitsatz
1 Gesundheitliche Probleme stellen keine von der Änderungsvorschrift des § 38 Abs. 2 S. 4 BMStPO/PSL unbeabsichtigten Härtefälle dar. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Regelung des § 38 BMStPO/PSL verstößt nicht gegen höherrangiges Recht und ist insbesondere mit Art. 3, 12 und Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Das Verfahren wird insoweit eingestellt, als im Bescheid vom 6. August 2015 das endgültige Nichtbestehen der Diplomprüfung Psychologie festgestellt worden ist.
2. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6.
Gründe
Nach dem Vorbringen der Klägerin und insbesondere nach den gestellten und im Laufe des Verfahrens mehrfach abgeänderten Klageanträgen geht das Gericht unter sachgerechter Auslegung des Willens der Klägerin von einem dreifachen Klagegegenstand aus: 1. dem Aufhebungsbegehren hinsichtlich des endgültigen und des erstmaligen Nichtbestehens des Diplomstudiengangs Psychologie im Bescheid der Beklagten vom 6. August 2015, 2. dem Begehren auf Fortführung und Beendigung des Diplomstudiengangs Psychologie nach der Diplomstudienordnung der FAU vom 23. Juli 1982, und 3. der Anerkennung der im Diplomstudiengang Psychologie erworbenen Leistungen als Bachelorabschluss- bzw. als Zugang zum Masterstudiengang Psychologie.
1. Hinsichtlich des mit Klageschriftsatz vom 18. Oktober 2015 zunächst anhängig gemachten Streitgegenstandes der Feststellung des endgültigen Nichtbestehens der Diplomprüfung Psychologie im Bescheid der Beklagten vom 6. August 2015 ist das Verfahren einzustellen, nachdem es von den Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 20. Oktober 2016 insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist. Nachdem die Beklagte die Feststellung des endgültigen Nichtbestehens mit Schriftsatz vom 24. Mai 2016 ausdrücklich aufgehoben hat und eingeräumt hat, dass ihr Bescheid insoweit rechtswidrig war, stellte die beidseitige Erledigungserklärung die angemessene prozessuale Reaktion hierauf dar. Für diesen Teil-Streitgegenstand waren unter Anwendung des § 161 Abs. 2 VwGO die Kosten der Beklagten aufzuerlegen, nachdem diese ohne die zur Erledigung führende Aufhebung insoweit unterlegen wäre.
Zusätzlich wehrte sich die Klägerin gegen die Feststellung des erstmaligen Nichtbestehens ihrer Diplomprüfung im Bescheid vom 6. August 2015. Dies ergibt sich insbesondere aus ihren Ausführungen im Schriftsatz vom 18. Januar 2016 und ihrer Argumentation auch im weiteren Verfahren, dass sie sich zu einer Diplomprüfung niemals angemeldet habe und eine solche deshalb auch nicht nicht bestanden haben könne. Was diesen Teil-Streitgegenstand des erstmaligen Nichtbestehens der Diplomprüfung betrifft, ist die erhobene Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) bereits unzulässig, weil der Klägerin für die Klärung dieser Frage kein Rechtsschutzbedürfnis zukommt. Ob die Diplomprüfung – wegen nicht fristgerechter Anmeldung zur Prüfung – als einmal abgelegt und nicht bestanden anzusehen ist, ist für die Klägerin ohne rechtliche Bedeutung, da der Diplomstudiengang von ihr ohnehin nicht mehr beendet werden kann (vgl. hierzu Ausführungen unter 2.) und die Feststellung deshalb keine rechtlichen Konsequenzen hat. Auch für ein mögliches Bachelor- oder Masterstudium hat die Frage keine Auswirkung. Die BMStPO/PSL knüpft keine Folge an ein eventuelles erstmaliges Nichtbestehen einer Diplomprüfung in einem Studiengang, aus dem Prüfungsleistungen anerkannt wurden. Lediglich das endgültige Nichtbestehen der Vordiplomprüfung oder Diplomprüfung in Psychologie würde nach § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BMStPO/PSL zur Versagung der Zulassung zur Bachelorprüfung führen. Auch die Übergangsvorschrift des § 38 BMStPO/PSL trifft keine Regelung hierzu. Damit entstehen der Klägerin keine Nachteile aus dem Bescheid vom 6. August 2015. Eine möglicherweise belastende psychologische Wirkung auf die Klägerin ist weder ersichtlich, noch geltend gemacht und wäre auch rechtlich nicht ausschlaggebend.
Die Klage war insoweit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO zu Lasten der Klägerin abzuweisen.
2. Die im Klageschriftsatz vom 18. Oktober 2015 erhobene Klage auf Ermöglichung des Abschlusses des Diplomstudiengangs Psychologie ist als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) zulässig, aber unbegründet, weil die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, dass sie den Diplomstudiengang nach der Diplomprüfungsverordnung vom 23. Juli 1982 beendet. Die Diplomprüfungsverordnung ist nämlich nach § 38 Abs. 1 Satz 3, Satz 1 BMStPO/PSL – vorbehaltlich der Übergangsregelungen in Abs. 2 – zum 1. Oktober 2007 außer Kraft getreten und stellt damit keine geeignete Rechtsgrundlage mehr für ihr Begehren dar.
Ein Abschluss nach der Übergangsregelungen des § 38 Abs. 2 BMStPO/PSL kommt für die Klägerin nicht mehr in Betracht. Nach § 38 Abs. 2 Satz 2 BMStPO/PSL konnte die Diplomprüfung nur bis spätestens zum Ende des Sommersemesters 2013 nach der alten Prüfungsordnung abgelegt werden. Eine Einzelfallausnahme nach § 38 Abs. 2 Satz 4 BMStPO/PSL über diesen Zeitpunkt hinaus kann die Klägerin nicht beanspruchen. Diese wäre nur im Falle eines unbeabsichtigten Härtefalls möglich. Ein solcher kann aber nicht festgestellt werden und ist auch in der Langzeiterkrankung und Behinderung der Klägerin nicht zu erblicken. Vielmehr wurde die Übergangsfrist mit fünf Jahren (vom 1. Oktober 2007 bis zum 30. September 2013) erkennbar deshalb so großzügig festgelegt, um alle erdenklichen sozialen Sonderfälle, auch Langzeiterkrankungen und Einschränkungen aufgrund Behinderung, aufzufangen. Gesundheitliche Probleme stellen gerade keine von der Änderungsvorschrift unbeabsichtigten Härtefälle dar. Darüber hinaus wurde der Klägerin mit Schreiben vom 13. November 2013 bereits eine individuelle Verlängerung bis zum 30. November 2014 gewährt und wurde sie auch darauf hingewiesen, dass eine weitere Verlängerung nicht möglich ist.
Die Regelung des § 38 BMStPO/PSL verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht und ist insbesondere mit Art. 3, 12 und Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz vereinbar. Die Vereinheitlichung des Bildungssystems auf europäischer Ebene (Bologna-Prozess) rechtfertigt die Einstellung der Diplomstudiengänge und Umstellung auf das System der Bachelor- und Masterabschlüsse. Dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz ist bei der in § 38 BMStPO/PSL getroffenen Übergangsregelung vorliegend ausreichend Rechnung getragen und bei der Klägerin in nicht zu beanstandender Weise angewendet worden (zum Vertrauensschutz beim Außer-Kraft-Treten einer Diplomprüfungsordnung und Schließung eines Studiengangs vgl. OVG Bremen, B.v. 10.3.2014, 2 A 146/12 und VGH Kassel, B.v. 23.3.2015, 9 A 1479/13.Z).
Die Klage, die im Laufe des Verfahrens nicht ausdrücklich und auch nicht konkludent zurückgenommen oder für erledigt erklärt worden ist, war somit auch hinsichtlich dieses Klagegegenstandes mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
3. Die Klage hinsichtlich der „Umdisponierung“ von im Diplomstudiengang erbrachten Leistungen in ein Masterstudium Psychologie wird angesichts der Ausführungen der Klägerin vom Gericht dahingehend ausgelegt, dass die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sie die fachlichen Voraussetzungen für ein Masterstudium der Psychologie an der FAU besitzt bzw. die von ihr erbrachten Studienleistungen im Diplomstudiengang Psychologie dem Bachelor-Abschluss Psychologie entsprechen.
Die Klage ist insoweit jedenfalls unbegründet, weil die Klägerin die Qualifikation zum Masterstudium nach § 33 BMStPO/PSL nicht nachweisen kann. Nach § 33 Satz 1 BMStPO/PSL wird die Qualifikation durch einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss einer in- oder ausländischen Hochschule bzw. einen sonstigen gleichwertigen Abschluss im Fach Psychologie nachgewiesen. § 33 Satz 1 BMStPO/PSL und auch § 33 Satz 2 BMStPO/PSL verlangen dabei ausdrücklich einen „Abschluss“, den die Klägerin gerade nicht vorweisen kann. Ohne die Gleichwertigkeit von einzelnen Fächern des Diplomstudiengangs mit Modulen des Bachelorstudiengangs im Einzelnen prüfen zu müssen, kommt eine Anerkennung der erworbenen Leistungen im Diplomstudiengang als Bachelor-Abschluss für die Klägerin nicht in Betracht, weil ihr jedenfalls die schriftliche Diplomarbeit fehlt, diese weder eingereicht noch fertig gestellt ist. Eine mit der Bachelorarbeit nach § 28 BMStPO/PSL – eventuell – vergleichbare Leistung ist damit nicht vorhanden. Die Vordiplomprüfung der Klägerin aus dem Jahr 2007 muss die Beklagte ebenfalls nicht als Bachelor-Prüfung anerkennen. Die Unterschiedlichkeit der Studienfächer, des Prüfungsverfahrens und vor allem der Bedeutung des Vordiploms für den Studienverlauf (vgl. §§ 19 ff. Diplomprüfung, §§ 26 ff. BMStPO/PSL) sprechen gegen eine Gleichstellung mit dem Bachelor-Abschluss. In jedem Fall steht der Beklagten insoweit ein vom Gericht nicht weiter zu überprüfender Beurteilungsspielraum zu, für deren Überschreitung nichts ersichtlich ist. Die Erkrankung und die Behinderung der Klägerin können nicht zu einer Sonderbehandlung in dem Sinn führen, dass fachliche Leistungen nicht erbracht werden müssen. Körperliche Einschränkungen können Verfahrenserleichterungen zum Nachteilsausgleich erfordern (so auch in § 24 BMStPO/PSL vorgesehen), nicht aber den Verzicht auf Qualifikationen bedingen. Dies widerspräche dem Grundsatz der Chancengleichheit.
Die Klage war somit auch hinsichtlich dieses Klagegegenstandes mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
4. Nicht Gegenstand dieser Klage ist die Frage, wie viele ECTS-Punkte der Klägerin im Rahmen eines Bachelorstudiums Psychologie aus dem vorausgegangenen Diplomstudiengang Psychologie im Einzelnen angerechnet werden können.
5. Insgesamt ergibt sich für die Parteien damit eine Kostenquote von 5/6 zu 1/6 zu Lasten der Klägerin, die nur hinsichtlich der Feststellung des endgültigen Nichtbestehens der Diplomprüfung keine Kosten tragen muss.