Aktenzeichen M 2 K 15.5836
Leitsatz
Für die Geltendmachung von Zahlungsansprüchen aus einem Erschließungsvertrag im Sinn von § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB (§ 124 BauGB a.F.) ist der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 VwGO) eröffnet. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 52.032,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit 24. Dezember 2015 zu bezahlen.
II.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Rüge des Beklagten, der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 VwGO) sei nicht eröffnet, ist unbegründet. Die Klägerin macht gegen den Beklagten einen Zahlungsanspruch aus einem Erschließungsvertrag (§ 124 BauGB a. F., nunmehr § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB) geltend, der offenkundig dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist (vgl. z. B. BayVGH, B.v. 14.7.2014 – 4 C 14.1135 – juris Rn. 2; OVG Saarl, U.v. 7.11.1988 – 1 R 322/87 – juris Rn. 40; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 6 Rn. 4, 48).
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 52.032,32 € wegen dessen nicht erfüllter Verpflichtungen aus dem Erschließungsvertrag vom 15. März 2000. Die gegen den Klageanspruch dem Grunde nach seitens des Beklagten erhobenen Einwendungen greifen nicht durch (nachfolgend 2.). Auch der Höhe nach steht der Zahlungsanspruch nicht in Frage (nachfolgend 3.).
1. Der Zahlungsanspruch der Klägerin ergibt sich aus der Bestimmung B. 2. (2) des Erschließungsvertrags vom 15. März 2000, nachdem der Beklagte seine vertragliche Verpflichtung zur Herstellung der Erschließungsanlage nicht rechtzeitig erfüllte und die Klägerin in der Folge berechtigt war, die noch erforderlichen Arbeiten zur Fertigstellung der Erschließungsanlage auf Kosten des Beklagten selbst auszuführen oder ausführen zu lassen. Zweifel an der Wirksamkeit dieses Erschließungsvertrags (vgl. hierzu: BayVGH, B.v. 21.10.2013 – 4 ZB 13.538 – juris Rn. 13 ff.; VG München, U.v. 15.1.2013 – M 2 K 12.2850 – UA S. 8) oder an der Durchsetzbarkeit des konkreten Zahlungsanspruchs sind weder ersichtlich, noch vorgetragen.
2. Die Einwendungen, die der Beklagte dem Grunde nach der klägerischen Forderung entgegen hält, greifen nicht durch.
Die entscheidende Kammer hat bereits in ihrem den Beteiligten bekannten – rechtskräftigen – Urteil vom 15. Januar 2013 (M 2 K 12.2850) festgestellt, dass und warum der Beklagte die ihn (noch) treffenden Verpflichtungen aus dem Erschließungsvertrag nicht rechtzeitig erfüllte, dass die Klägerin dem Beklagten auch (mehrfach) schriftlich angemessene Fristen zur Ausführung der Arbeiten setzte, die ergebnislos verstrichen und dass die Klägerin schließlich berechtigt war, die noch erforderlichen Arbeiten zur Fertigstellung der Erschließungsanlage im Wege der Ersatzvornahme auf Kosten des Beklagten selbst auszuführen oder ausführen zu lassen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem ebenfalls den Beteiligten bekannten Beschluss vom 21. Oktober 2013 (4 ZB 13.538) ebenfalls ausgeführt, dass „der Beklagte als Erschließungsträger die im Vertrag vom 15. März 2000 übernommenen Herstellungs- und Nachweispflichten nicht bzw. nur mangelhaft erfüllt hat und die Klägerin daher nach der Vertragsklausel B.2.(2) berechtigt ist, die noch ausstehenden Arbeiten auf seine Kosten auszuführen oder ausführen zu lassen“ (BayVGH, a. a. O., juris Rn. 22; vgl. im Übrigen auch Rn. 26: „Es bestehen schließlich auch keine Zweifel daran, dass die Klägerin dem Beklagten vor gerichtlicher Geltendmachung des Vorschussanspruchs die nach B.2.(2) erforderliche angemessene Frist gesetzt hat“). Der Beklagte hat im vorliegenden Verfahren nichts schlüssig vorgetragen, was die Richtigkeit dieser seinerzeitigen Beurteilung, an der das Gericht festhält, in Frage stellen könnte.
Soweit der Beklagte geltend macht, wegen des Eigentumsübergangs am Straßengrundstück im Jahr 2006 sei ihm eine Einflussnahme auf die Straße (z. B. die Abwehr möglicher Beschädigungen durch Aufgrabungen seitens Dritter) verwehrt gewesen, ist auf die Ausführungen des Gerichts im Urteil vom 15. Januar 2013 (UA S. 10 f.) zu verweisen, an denen ebenfalls festgehalten wird: Darin wurde ausgeführt, dass und warum die vertragliche Vereinbarung vom 6. April 2006 nicht dazu führte, dass die Verpflichtungen des Beklagten aus dem Erschließungsvertrag entfallen oder modifiziert worden wären, da das „Ob und Wie“ der Herstellungsverpflichtung des Beklagten hinsichtlich der …straße nicht Regelungsgegenstand dieser Vereinbarung war. Substantiierte Einwände gegen die seinerzeitige Begründung der Kammer wurden von Beklagtenseite nicht erhoben. Insbesondere wurde auch in keiner Weise inhaltlich und zeitlich konkretisiert vorgetragen, wann und wodurch die Klägerin den Beklagten von einer von ihm – ebenfalls nicht ersichtlichen – tatsächlich beabsichtigten Fertigstellung der Erschließungsanlage abgehalten hätte.
Auch das Argument des Beklagten, er sei nicht für denjenigen Teil des Aufwands zur Fertigstellung der Straße verantwortlich, der auf die Behebung der Schäden in Folge der bereits mehrjährigen Benutzung der nicht fertiggestellten Straße entfalle, greift nicht durch. Hierzu hat die Kammer im Urteil vom 15. Januar 2013 festgestellt: Sollten aufgrund der langjährigen Benutzung der …straße in ihrem bisherigen Ausbauzustand vor der Aufbringung der Feinschicht erst Reparaturen oder Anpassungen des bestehenden Straßenunterbaus erforderlich werden, sind diese allein der Sphäre des Beklagten und der von ihm langjährig verzögerten endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage zuzurechnen (VG München, a. a. O., UA S. 12). Diese Auffassung scheint auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zu teilen (vgl. BayVGH, a. a. O., Rn. 23: „…die – ebenfalls vom Beklagten zu tragenden – Vorbereitungs- und Anpassungsarbeiten an der Tragschicht vor Aufbringung der Feinschicht…“; vgl. ferner Rn. 24). Durchgreifende Argumente dafür, weshalb nicht an dieser Rechtsauffassung festgehalten werden sollte, sind weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen worden.
Zum – ohnehin lediglich pauschalen, zeitlich nicht im Einzelnen konkretisierten – Vortrag des Beklagten schließlich, ihm sei die Fertigstellung der Erschließungsanlage wegen der fortwährenden Bauarbeiten auf Anliegergrundstücken nicht möglich gewesen, ist festzustellen: Dem Gericht ist nicht ersichtlich, aus welchem rechtlichen Grund heraus der Beklagte verpflichtet gewesen sein sollte, Bauarbeiten auf Anliegergrundstücken vor der Aufbringung der Feinschicht auf der Erschließungsanlage abzuwarten. Auch aus der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird deutlich, dass es hierfür keinen Anhaltspunkt gibt: „Soweit der Beklagte […] vortragen lässt, er sei an der Aufbringung der noch fehlenden Feinschicht gehindert gewesen, weil die Klägerin immer wieder Teile der Straße habe aufreißen lassen und ihrerseits notwendige Vorarbeiten nicht erbracht habe, begründet auch dies keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung“. Dass eine Auslegung des Erschließungsvertrags dahingehend, dass die Anlage nach der Intention des Vertrags möglichst ‚in einem Zug‘ hergestellt werden sollte, unrichtig wäre, „ist nicht erkennbar und hat auch der Beklagte nicht darlegen können (BayVGH, a. a. O., Rn. 24).
3. Auch der Höhe nach steht der Zahlungsanspruch nicht in Frage.
Soweit der Beklagte auf das von ihm eingeholte Angebot der Firma … Tiefbau vom 21. September 2012 verweist, wurde bereits im Urteil der Kammer vom 15. Januar 2013 festgestellt, dass darin die ebenfalls vom Beklagten zu tragenden Vorbereitungs- und Anpassungsarbeiten an der Straße aufgrund deren mehrjähriger Benutzung nicht enthalten sind (VG München, a. a. O., UA S. 13). Das Angebot ist schon deshalb nicht geeignet, die nunmehr streitgegenständliche Schlussabrechnung der Klägerin der Höhe nach in Frage zu stellen.
Zu der nicht näher substantiierten Behauptung der Beklagtenseite, in der klägerischen Forderung seien zu Unrecht auch Kosten für die allein von der Klägerin zu finanzierende Herstellung von Schräg- bzw. Querparkern enthalten, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 14. Juni 2016 schlüssig Stellung genommen. Dem Gericht sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich – und wurden auch von Beklagtenseite nicht konkret dargelegt -, dass in der noch streitgegenständlichen Klageforderung Kosten für Aufwendungen enthalten wären, die allein aufgrund von Seiten der Klägerin veranlassten Umplanungen des Baugebiets verursacht wären. Soweit der Beklagte im Übrigen im Schriftsatz vom 7. April 2016 erwähnt, die Klägerin habe dem Beklagten die vergebens erbrachten Aufwendungen für die Herstellung der Längsparker zu erstatten, ist hierfür eine vertragliche oder gesetzliche Anspruchsgrundlage nicht ansatzweise erkennbar und auch nicht vorgetragen.
Im Übrigen wurde die sachliche Richtigkeit der Klageforderung der Höhe nach weder in den Schriftsätzen noch in der mündlichen Verhandlung von dem Beklagen konkret in Frage gestellt.
II.
Der Zinsanspruch der Klägerin beruht auf Art. 62 Satz 2 BayVwVfG i. V. m. § 291, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB i. V. m. § 90 VwGO.
Der Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 52.032,00 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.