IT- und Medienrecht

Haftung für Schäden im Zusammenhang mit einer Parteiveranstaltung

Aktenzeichen  W 2 E 17.318

Datum:
31.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayGO BayGO Art. 21
PartG PartG § 5 Abs. 1 S. 1
GG GG Art. 3 Abs. 1, Art. 21
AVB § 14. 2

 

Leitsatz

Die Gemeinde kann von einer eine öffentliche Einrichtung für eine Veranstaltung nutzenden Partei verlangen, dass etwaige Personen- und Sachschäden durch den Veranstalter in ausreichender Höhe durch eine Haftpflichtversicherung abgedeckt werden.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin, vertreten durch die Kongress- und Touristikbetriebe, einem Eigenbetrieb der Antragsgegnerin, die Anmietung des Raumes … der Stadthalle „Am Schloss“ in Aschaffenburg zur Durchführung einer nicht-öffentlichen Veranstaltung am … zwischen … Uhr. Die Antragsgegnerin ist grundsätzlich zur Vermietung des vorgenannten Raumes bereit und hat dem Antragsteller entsprechend einer zuvor erteilten Reservierungsbestätigung einen bereits von ihr gezeichneten Vertragsentwurf zugeleitet.
Der Antragsteller ist aber mit Ziffer 4.1 dieses Vertragsentwurfes nicht einverstanden, der lautet:
„4.1 Ergänzend zu § 14 Abs. 1 der Allgemeinen Veranstaltungsbedingungen CONGRESSCENTER Stadthalle am Schloss (AVB) verpflichtet sich der Veranstalter, die Haftung für Schäden zu übernehmen, die im Zusammenhang mit der geplanten Veranstaltung an der Versammlungsstätte durch Veranstaltungsteilnehmer oder Dritte entstehen.“
Der Antragsteller trägt vor, die aus diesem Zusatz resultierende Haftung entspreche einer Verdoppelung der Haftung, wie sie bereits in § 14.1 und 2 AVB geregelt sei. Die weitere besondere Vereinbarung in Ziffer 4.2, die den Abschluss einer Haftpflichtversicherung oder eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von jeweils 3000 Euro zum Inhalt habe, werde vom Antragsteller akzeptiert. Es liege eine Ungleichbehandlung nach § 5 PartG vor, weil die Antragsgegnerin die entsprechenden Räume an andere Parteien ohne die Zusätze 4.1 und 4.2 vermiete. Die Forderung sei auch unverhältnismäßig im Hinblick darauf, dass nur ein Konferenzraum von 100 Quadratmeter Fläche angemietet werde, während die Gesamtfläche der Stadthalle ca. 3000 Quadratmeter betrage und damit einen wesentlich größeren Umfang betreffe, der vom Antragsteller nicht angemietet sei und sich im öffentlichen Verkehrsbereich befinde („Versammlungsstätte“). Diesen räumlichen Umfang könne der Antragsteller nicht kontrollieren und dürfe das auch nicht im Hinblick auf den öffentlichen Verkehrsraum. Auch der zeitliche Zusammenhang sei nicht konkret definiert. Es sei auch offen, welche Personen mit „Dritte“ gemeint seien. Die Forderung übersteige die finanziellen Möglichkeiten des Antragstellers als autonomem Kreisverband, der keine Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen des Landes- oder Bundesverbandes habe. Die geforderte Haftungsübernahme sei durch den Antragsteller auch nicht versicherbar, wie der Versicherungsmakler mitgeteilt habe. Allerdings könne die Antragsgegnerin dieses Risiko selbst über eine Gebäudeversicherung absichern. Die Partei habe seit 2013 bereits ca. 30 öffentliche Veranstaltungen in und um Aschaffenburg durchgeführt, ohne dass von den Mitgliedern und Teilnehmern eine Gefahr ausgegangen sei. Es gehe der Antragsgegnerin darum, öffentliche Veranstaltungen der Partei zu verhindern, also um politische Motive. Der Antragsteller habe alle Forderungen aus den bisherigen Kooperationsgesprächen erfüllt und für den Innenraum der Versammlungsstätte alles Mögliche getan, dass es dort zu einem reibungslosen Ablauf ohne Schäden komme. Die von der Antragsgegnerin behauptete „Schadensneigung“ der Veranstaltung ergebe sich durch etwaige Gegendemonstrationen, für die der Antragsteller nicht haftbar gemacht werden könne. Mit der Veranstaltung des Bundesverbandes könne die jetzige Veranstaltung nicht verglichen werden.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
1.die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung ohne mündliche Verhandlung bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festgesetzten Ordnungsgeldes in Höhe von 10.000 Euro vorläufig zu verpflichten, am … von … Uhr dem Antragsteller den Konferenzraum … in der Stadthalle am Schloss zur Durchführung einer nicht-öffentlichen Veranstaltung zu überlassen und den Teilnehmern der Veranstaltung sowie den vom Antragsteller angestellten Hilfskräften in der Zeit der Veranstaltung Zutritt zu der Veranstaltung zu gewähren;
2.und die im vorgelegten Veranstaltungsvertrag aufgeführte Ziffer 4.1 ersatzlos zu streichen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Erwiderung wird im Wesentlichen ausgeführt:
Der frühere Bevollmächtigte des Antragstellers habe im März 2016 eingeräumt, dass es sich bei Veranstaltungen des Antragstellers um „schadensgeneigte Veranstaltungen“ handele und die Antragsgegnerin das Recht habe, das Schadensrisiko insoweit vertraglich abzuwälzen. Aufgrund eines entsprechend geänderten Vertrages habe am … April 2016 eine Veranstaltung des Antragstellers stattgefunden, die von zwei Gegendemonstrationen mit etwa 500 Demonstranten begleitet gewesen sei. Deshalb sei für den … Juni 2016 erneut ein entsprechender Vertrag abgeschlossen worden, wobei etwa 120 Demonstranten gegen diese Veranstaltung demonstriert hätten. Beide Veranstaltungen seien infolge des Polizeiaufgebotes ohne gravierende Störungen abgelaufen. Eine weitere Veranstaltung für den … November 2016 sei vom Antragsteller abgesagt worden.
Im Januar 2017 habe der Antragsteller mehrere neue Termine gebucht, darunter den streitgegenständlichen Termin vom … Nach Übersendung der üblichen Vertragsunterlagen habe der Antragsteller mit Mail mitgeteilt, dass er Ziffer 4.1 nicht akzeptiere und um Abänderung bitte. Das sei abgelehnt worden. Grundsätzlich sei auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Allerdings habe der Antragsteller die streitgegenständliche Klausel in drei Verträgen bisher akzeptiert und ihm sei auch unter dem 28. Oktober 2016 mitgeteilt worden, dass die Klausel beibehalten werde. Deshalb wäre genügend Zeit gewesen, ein Hauptsacheverfahren durchzuführen. Jedenfalls sei aber ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, da kein Anspruch auf Benutzung der Stadthalle bestehe, wenn Ziffer 4.1 nicht akzeptiert werde. Die Stadthalle werde als öffentliche Einrichtung der Antragsgegnerin betrieben und sei zumindest konkludent auch für Parteiveranstaltungen gewidmet. Die Nutzung könne aber mit Bedingungen und Beschränkungen versehen werden, insbesondere auch mit der Übernahme der Haftung. Ziffer 4.1 sei sachgerecht und insbesondere nicht gleichheitswidrig. Auch das Verwaltungsgericht Würzburg habe grundsätzlich die Verpflichtung einer Partei anerkannt, für Schäden einstehen zu müssen. Die vom Antragsteller angebotene Haftpflichtversicherung sei insoweit nicht ausreichend. Sie decke nur Schäden ab, die vom Veranstalter und seinem Personal verursacht würden. Es seien nicht einmal die Schäden gedeckt, die vom Besucherpublikum des Veranstalters verursacht würden. Ausdrücklich ausgeschlossen seien Schäden an fremden Sachen und auch Vandalismusschäden. Deshalb sei die Haftungsübernahme gemäß Ziffer 4.1 erforderlich. Es komme auf die Absicherung nicht vorhersehbarer und nicht planbarer Risiken an. Die Veranstaltungen des Antragstellers seien die einzigen Parteiveranstaltungen gewesen, die bislang Gegendemonstrationen ausgelöst hätten. Der frühere Bevollmächtigte des Antragstellers habe selbst eingeräumt, dass es sich um „schadensgeneigte Veranstaltungen“ handele. Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin selbst mit dem Bundesparteitag der … in Aschaffenburg am … … … negative Erfahrungen gemacht, weil damals gegen die Partei gerichtete Parolen gesprüht worden seien, deren Beseitigung rund 3000 Euro gekostet hätten. Deshalb bestehe bei Veranstaltungen der Antragstellerin ein höheres Haftungsrisiko.
Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte mit den Schriftsätzen des Antragstellers vom 27. und 29. März 2017 sowie die Stellungnahmen der Antragsgegnerin vom 29. und 30. März 2017, einschließlich der jeweils vorgelegten Unterlagen, Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig, aber nicht begründet.
1.1 Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung für eine einstweilige Anordnung ist demnach das Vorliegen eines Rechts, dessen Sicherung die Anordnung dient (Anordnungsanspruch) sowie die drohende Vereitelung oder Erschwerung dieses Anspruchs (Anordnungsgrund). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
1.2 Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die erforderliche Dringlichkeit einer vorläufigen Regelung folgt aus dem Umstand, dass bis zum … … … eine Hauptsacheentscheidung nicht möglich ist. Angesichts drohender vollendeter Tatsachen gebietet Art. 19 Abs. 4 GG in solchen Fällen, zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes die sachliche Prüfung des Anordnungsanspruches nicht am Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache scheitern zu lassen (vgl. BVerfG, B.v. 15.8.2002 – 1 BvR 1790/00 – BayVBl 2003, 303).
1.3 Der Antragsteller hat aber einen Anordnungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Grundsätzlich folgt ein Anspruch des Antragstellers auf Zulassung zwar aus Art. 21 Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung – GO) i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG i.V.m. Art. 3 und 21 GG, weil es sich bei der Stadthalle Aschaffenburg um eine öffentliche Einrichtung im Sinne von Art. 21 GO handelt, die zumindest konkludent auch für die Nutzung durch Parteiveranstaltungen gewidmet ist. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht strittig.
Dabei ist es grundsätzlich Aufgabe der Sicherheitsbehörden, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren und eingetretene Störungen zu beseitigen. Die mit der Veranstaltung einer Partei verbundenen Risiken liegen im Bereich dessen, was in einer auf Demokratie und Meinungsfreiheit beruhenden Rechtsordnung als Begleiterscheinung öffentlicher politischer Auseinandersetzungen in Kauf genommen werden muss. Für Veranstaltungen einer Partei gilt das, solange diese nicht gemäß Art. 21 Abs. 2 GG vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden ist (so ausdrücklich BayVGH, B.v. 10.10.2013 – 4 CE 13.2125 – juris – unter Hinweis auf B.v. 21.2.2008 – 4 ZB 07.3489). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn Tatsachen vorlägen, die die Befürchtung rechtfertigten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit polizeilichen Mitteln nicht aufrechterhalten werden könnten.
Das schließt aber nach der Rechtsprechung nicht aus, dass etwaige Personen- und Sachschäden durch den Veranstalter in ausreichender Höhe durch eine Haftpflichtversicherung abgedeckt werden. Gerade weil die Antragsgegnerin eine an das Gesetz gebundene, dem Gemeinwohl verpflichtete Gemeinde ist, muss sie nicht sehenden Auges das Risiko hinnehmen, dass Ansprüche aus Personen- oder Sachschäden etwa mangels Solvenz oder aus anderen Gründen nicht verwirklicht werden können (vgl. BayVGH, B.v. 22.11.2012 – 4 CE 12.2511 – BayVBl 2013, 346).
Eine solche ausreichende Absicherung durch eine Haftpflichtversicherung hat der der Antragsteller aber gerade nicht glaubhaft gemacht. Er hat zwar vorgetragen, dass er die Allgemeinen Veranstaltungsbedingungen CONGRESSCENTER Stadthalle am Schloss (AVB), insbesondere § 14.1 und § 14.2 akzeptiert. In § 14.2 Satz 1 AVB ist aber normiert, dass der Antragsteller die Antragsgegnerin von allen Ansprüchen Dritter freistellt, die auch von seinen Gästen oder den Veranstaltungsbesuchern verursacht werden. Hierauf bezieht sich auch die Regelung über die Haftpflichtversicherung in § 14.3 AVB. Nach der vom Antragsteller vorgelegten Mail seines Versicherungsmaklers vom 12. Mai 2016, die den Inhalt der Haftpflichtversicherung der … beschreibt, ist die Haftung für Schäden an fremden Sachen grundsätzlich ausgeschlossen und die Haftung umfasst auch nur die Partei …, deren Organe, Mandatsträger und Delegierte sowie die fest beschäftigten Mitarbeiter der Partei. Freie Mitarbeiter, einfache Parteimitglieder, Gäste oder Veranstaltungsbesucher sind nicht umfasst. Die weitere Mail des Versicherungsmaklers vom 12. Oktober 2016 schließt Schäden am Gebäude kategorisch aus und meint, der Vermieter könne eine entsprechende Versicherung selbst abschließen. Das verkennt ersichtlich die Rechtslage, weil es nicht Aufgabe der Gemeinde als Vermieter ist, die Risiken des Veranstalters selbst abzusichern. Auch Schwierigkeiten, eine hinreichende Versicherung abschließen zu können, gehen nicht zu Lasten der Gemeinde (vgl. BayVGH, B.v. 22.11.2012 – 4 CE 12.2511 – BayVBl 2013, 346). Es steht allein in der Sphäre des Antragstellers, die Mietbedingungen zu erfüllen (vgl. VG Augsburg, B.v. 16.11.2012 – Au 7 E 12.1447 – juris).
Der Mangel einer hinreichenden Haftpflichtversicherung wurde bisher durch die vom Antragsteller mehrfach akzeptierte Zusatzvereinbarung (u.a. Ziffer 4.1) ausgeglichen. Nachdem der Antragsteller diese nunmehr ablehnt, liegen bereits die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen nicht vor. Auf die weiteren Tatsachen- und Rechtsfragen, die die Beteiligten aufgeworfen haben, kommt es deshalb nicht mehr entscheidungserheblich an.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 63 Abs. 2 GKG.

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