Aktenzeichen 2 HK O 38/15
Leitsatz
1 Für die Klagebefugnis eines Verbandes gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist es ausreichend, wenn die Mitglieder dem Verband nicht unmittelbar selbst angehören, sondern nur mittelbar über eine Mitgliedschaft in verbandsangehörigen Spitzen- oder Fachverbänden. (red. LS Dirk Büch)
2 Die Werbung mit Fähigkeiten einer Fahrschule, die diese mangels entsprechender Fahrschulerlaubnis nicht erbringen kann, ist irreführend. (red. LS Dirk Büch)
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Dienstleistung einer Fahrschule zu bewerben unter Hinweis auf Ausbildungsklassen, für die eine Fahrschulerlaubnis nicht besteht und in denen eine Ausbildung nicht stattfindet.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 246,10 € zu zahlen.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist in Ziffer 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 € vorläufig vollstreckbar, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
I. Zulässigkeit der Klage
1. Zuständigkeit
Das angerufene Gericht ist gemäß §§ 13 Abs. 1,14 Abs. 1 UWG, §§ 94, 95 Abs. 1 Nr. 5 GVG zuständig, da der Beklagte im Landgerichtsbezirk Aschaffenburg seine gewerbliche Niederlassung
hat und der Kläger Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geltend gemacht hat.
2. Bestimmtheit des Klageantrags Ziffer 1.
Der Klageantrag Ziffer 1. ist auch genügend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten.
Der Begriff des „Bewerbens von Dienstleistungen einer Fahrschule” ist als hinreichend bestimmt zur Kennzeichnung des Klageziels anzusehen. Durch diesen Begriff ist sowohl für den Beklagten als auch für Vollstreckungsgericht hinreichend deutlich, worauf sich der Unterlassungsanspruch bezieht.
3. Prozessführungsbefugnis
Der Kläger ist auch prözessführungsbefugt.
Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Nach dieser Vorschrift kann ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen ein Be-seitigungs- oder Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 UWG zustehen, soweit ihm eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, soweit er insbesondere nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande ist, seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen seiner Mitglieder berührt.
Der Beklagte hat ursprünglich mit Nichtwissen bestritten, dass dem Kläger eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden angehöre, die mit dem Beklagten auf demselben räumlichen und sachlichen Markt in Wettbewerb stünden. Zwischen den Parteien ist aber unstreitig, dass die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände sowie 18 Landesverbände der Fahrlehrer Mitglieder beim Kläger sind. Der entsprechende substantiierte Vortrag der Klägerseite wurde nämlich in der Folgezeit nicht mehr substantiiert bestritten.
Es ist ausreichend, wenn die Mitbewerber dem Verband im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. UWG nicht unmittelbar selbst angehören, sondern nur mittelbar über eine Mitgliedschaft in verbandsangehörigen Spitzenverbänden oder Fachverbänden (Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 30. Auflage 2012, § 8 Rz. 3.43).
II. Begründetheit der Klage
Die Klage ist in vollem Umfang begründet.
1. Unterlassungsanspruch
Der Kläger kann von dem Beklagten gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 UWG die Unterlassung der beanstandeten Werbung verlangen.
Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG berechtigt, Ansprüche gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG geltend zu machen.
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG kann derjenige, der eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Gemäß § 3 Abs. 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Eine geschäftliche Handlung ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie insbesondere dessen Befähigung oder Zulassung enthält.
Der Beklagte wirbt auf der Sozialplattform www.facebook.com für die „Fahrschule …..“. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es unter der Adresse …….. zwei Fahrschulen gibt, nämlich die des Vaters des Beklagten und seine eigene.
Die Werbung täuscht über Eigenschaften seines Unternehmens. Der Beklagte wirbt für seine Fahrschule mit Fahrschulklassen, die er in seiner Fahrschule gerade nicht anbieten kann, weil ihm dazu die Fahrschulerlaubnis fehlt.
Für den facebook-Nutzer ergibt sich aus der Info-Unterseite des facebook-Auftritts, dass der Beklagte für seine eigene Fahrschule und nicht für die seines Vaters wirbt.
Als Impressum ist nämlich angegeben:
Fahrschule ….
Auch als Kontakt sind die Telefonnummern des Beklagten sowie seine E-Mailadresse …… angegeben.
Der Beklagte hat sich auch als inhaltlich Verantwortlicher gemäß § 55 Abs. 2 RStV angegeben.
Hinweise auf die Fahrschule ……….. finden sich auf der Info-Seite überhaupt nicht, auch ist nicht erkennbar, dass der Beklagte lediglich Telemediendienste für das Unternehmen seines Vaters erbracht hätte.
Soweit der Beklagte sodann unter „Produkte” mit den Führerscheinklassen wirbt, für die er keine Fahrschulerlaubnis hat, nämlich die Klassen A, C/CE und AM, wirbt er mit Fähigkeiten für seine Fahrschule, die er mangels Fahrschulerlaubnis insoweit nicht erbringen darf.
Bei einem Wettbewerbsverstoß wird die Wiederholungsgefahr tatsächlich vermutet (Köhler/Bornkamm/Bornkamm, a. a. O., § 8 UWG Rz. 1.32). Diese Wiederholungsgefahr kann durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserkiärung ausgeräumt werden (Köhler/Bornkamm/Bornkamm, a. a. O., § 8 UWG Rz. 1.34). Eine solche Unterlassungserklärung hat der Beklagte gerade nicht abgegeben. Die Abgabe der straf bewehrten Unterlassungserklärung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Beklagte den facebook-Auftritt zwischenzeitlich geändert hat.
Die Wiederholungsgefahr bezieht sich auch auf den gesamten unter Ziffer 1. der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Entgegen der Ansicht der Beklagtenseite bezieht sich die Wiederholungsgefahr nicht nur auf den beanstandeten facebook-Auftritt (Bl. 34), sondern auf die damit verbundene Werbung insgesamt.
Die im Wettbewerbsrecht bestehende Vermutung für die Gefahr einer Wiederholung beschränkt sich grundsätzlich auf die Verletzungsform der konkreten Verletzungshandlung, wobei gewisse Verallgemeinerungen miterfasst werden, sofern darin das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt (BGH, Urteil vom 15.03.1984, Aktenzeichen.! ZR 74/82, MDR 1984, 911). Die Wiederholungsgefahr erstreckt sich auch auf im Kern gleichartige Verstöße (Köhler/Bornkamm/Bornkamm, a. a. O., § 8 UWG Rz. 1.36). Im Kern gleichartig ist ein Verhalten, das – ohne identisch zu sein – von der Verletzungshandlung nur unbedeutend abweicht. Entscheidend ist, dass sich das Charakteristische der Verletzungshandlung wieder findet (Köhler/Bornkamm/Bornkamm, a. a. O., § 8 UWG Rz. 1.37).
Bei dem Begriff der „Werbung” im Klageantrag Ziffer 1. handelt es sich um eine Verallgemeinerung zum konkret beanstandeten facebook-Auftritt handelt. Maßgebend ist aber, ob in dieser Verallgemeinerung das Charakterische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt. Vorliegend ist nach Ansicht der Kammer nicht der facebook-Auftritt als solcher, sondern die Werbung mit Führerscheinklassen, für die keine Ausbildungsberechtigung besteht, für die Verletzungshandlung charakterisch mit der Folge, dass die Verallgemeinerung ohne Einschränkung auf den facebook-Auftritt als zulässig erachtet wird und insoweit auch von einer umfassenden Wiederholungsgefahr ausgegangen wird.
2. Aufwendungsersatzanspruch
Der Kläger kann von der Beklagten Aufwendungsersatz für die berechtigte Abmahnung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG verlangen. Die Höhe des Aufwendungsersatzes wurde von dem Beklagten nicht bestritten.
III. Prozessuale Nebenentscheidungen
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
Die zu bestimmende Sicherheitsleistung gemäß § 709 Satz 1 ZPO bestimmt sich nach dem Nachteil, der dem Beklagten bei einer evtl. Abänderung des für vorläufig vollstreckbaren Urteils gemäß § 717 Abs. 2 ZPO entstehen könnte. Das Gericht hat diesen Nachteil hinsichtlich des Tenors Ziffer 1. auf 10.000 € geschätzt.
IV. Streitwert
Der Gebührenstreitwert wird gemäß §§ 43 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG, §§ 2, 3 ZPO auf 15.000 € festgesetzt. Dabei ist das Gericht davon ausgegangen, dass die in der Klageschrift enthaltene Wertangabe dem objektiven Interesse des Klägers an der Unterlassung zukünftiger Verstöße zutreffend widerspiegelt.
Rechtsbeheifsbelehrung:
Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem
Oberlandesgericht Bamberg Wilhelmsplatz 1 96047 Bamberg
einzulegen.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung., spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.
Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.
Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.
Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.
Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem
Landgericht AschaffenburgErthalstr. 363739 Aschaffenburg
einzulegen.
Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der ,Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt-gemacht.
Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.
Verkündet am 12.07.2016