IT- und Medienrecht

Kein Rückzahlungsanspruch für unter Vorbehalt gezahlte Rundfunkbeiträge

Aktenzeichen  M 26 K 16.140

Datum:
15.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RBStV RBStV § 9 Abs. 2, § 10 Abs. 3
RBStV RBStV § 4 Abs. 1, Abs. 4, Abs. 6, Abs. 7

 

Leitsatz

Sind keine Leistungen nach § 4 Abs. 1 RBStV beantragt worden und keine Belege für das Vorliegen eines besonderen Härtefalls vorgelegt, kann Beitragsbefreiung nicht gewährt werden. Die Befreiungstatbestände sind auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle beschränkt.  (redaktioneller Leitsatz)
Wird der Befreiungsantrag nicht innerhalb von 2 Monaten ab dem Erstellungszeitpunkt eines Bescheids über Sozialleistungsbezug gestellt, kann erst für den Folgemonat Beitragsbefreiung gewährt werden. (redaktioneller Leitsatz)
Erstattung kann nicht verlangt werden, wenn die geleisteten Zahlungen auf Säumniszuschläge und ältere Beitragsschulden zu verrechnen sind. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Entscheidung konnte nach Anhörung der Beteiligten im Wege des Gerichtsbescheids ergehen (§ 84 Abs. 1 VwGO).
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Soweit der Kläger mit seiner Klage die Rückzahlung der von ihm für die Jahre 2013 und 2014 geleisteten Beträge verfolgt, legt das Gericht sein im Klageschriftsatz vom … Januar 2016 nicht näher beziffertes Klagebegehren dahingehend aus, dass er die Zahlung von f… EUR durch den Beklagten anstrebt. Dieser Betrag entspräche den Rundfunkbeiträgen für 24 Monate in den Jahren 2013 und 2014 und wurde vom Kläger sowohl gegenüber dem Beklagten im dem den Befreiungsantrag betreffenden Verfahren als auch im Schriftsatz zum Gericht vom … Mai 2016 als Rückzahlungsbetrag benannt (§ 88 VwGO). Die insoweit erhobene allgemeine Leistungsklage ist zwar zulässig, jedoch unbegründet. Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung von Rundfunkbeiträgen oder Kosten.
Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung von Rundfunkbeiträgen käme zwar grundsätzlich § 10 Abs. 3 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – RBStV – in Betracht. Danach kann gemäß Satz 1 dieser Vorschrift derjenige, auf dessen Rechnung Zahlungen bewirkt wurden, von der zuständigen Landesrundfunkanstalt die Erstattung des entrichteten Betrags fordern, soweit Rundfunkbeiträge ohne rechtlichen Grund entrichtet wurden. Dies ist beim Kläger jedoch nicht der Fall.
Der Kläger kann die Rückzahlung von f… EUR schon deshalb nicht beanspruchen, weil er an den Beklagten – wie nach dessen Aktenlage ersichtlich – insgesamt nur i… EUR (j… EUR am …5.2014, e… EUR am …10.2014) entrichtet hat. Er kann sich aber auch in Bezug auf den von ihm tatsächlich geleisteten Betrag nicht auf einen Erstattungsanspruch berufen, auch nicht im Hinblick auf die von ihm vorgetragenen Befreiungsgründe.
Der Kläger war in der Zeit vom … Januar 2013 bis einschließlich … Dezember 2014 als Inhaber einer Wohnung verpflichtet, die anfallenden Rundfunkbeiträge in Höhe von insgesamt f… EUR zu entrichten. Gemäß § 2 Abs. 1 RBStV, § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags (in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.7.2001 [GVBl S. 566], in der Fassung, die er durch Art. 6 Nr. 8 des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 7.6.2011 gefunden hat), war im streitgegenständlichen Zeitraum im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein monatlicher Rundfunkbeitrag von 17,98 EUR zu leisten. Der Rundfunkbeitragspflicht des Klägers in den Jahren 2013 und 2014 steht kein Befreiungsanspruch für diesen Zeitraum entgegen.
Insoweit ist bereits von Bedeutung, dass der Kläger erst mit Schreiben vom … Oktober 2014 die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht beantragte (s. § 4 Abs. 7 Satz 1 RBStV). Er hat diesen Antrag nicht innerhalb von 2 Monaten ab dem Erstellungszeitpunkt eines Bescheids über Leistungsbezug im Sinne des § 4 Abs. 7 Satz 2 i. V. m. § 4 Abs. 1 RBStV gestellt, so dass im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen frühestens ab November 2014 eine Befreiung in Betracht gekommen wäre (§ 4 Abs. 4 Sätze 1 und 2 RBStV; s. auch § 4 Abs. 6 Satz 3 RBStV). Für die Zeit ab November 2014 hat der Kläger jedoch noch gar keine Rundfunkbeiträge entrichtet, die zur Erstattung gelangen könnten. Denn mit seiner Zahlung vom … Mai 2014 (j… EUR) hat er die Rundfunkbeiträge für den Zeitraum Januar 2013 bis März 2014 beglichen und der weitere Zahlungseingang vom … Oktober 2014 (e… EUR) wurde vom Beklagten – zu Recht – zunächst mit bereits festgesetzten Säumniszuschlägen und sodann mit den jeweils ältesten Rundfunkbeitragsschulden verrechnet (s. § 9 Abs. 2 RBStV i. V. m. § 13 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge – Rundfunkbeitragssatzung). Er war in seiner Höhe nicht einmal ausreichend, um die mit Bescheiden vom 1. September 2014 und 1. Oktober 2014 festgesetzten Beträge (insgesamt k… EUR: h… EUR Rundfunkbeiträge für April 2014 bis September 2014 und l… EUR Säumniszuschlag) auszugleichen. Im Übrigen ergäbe sich auch aus dem Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 1. Juni 2015, den der Kläger nicht mit Rechtsmitteln angegriffen hat, ein Rechtsgrund dafür, dass der Beklagte auf den der Festsetzung unterliegenden Zeitraum Oktober 2014 bis März 2015 anzurechnende Zahlungen des Klägers behalten dürfte, so sie denn von diesem geleistet worden wären.
Im Hinblick auf die Einwendungen des Klägers sieht sich das Gericht zu der Ergänzung veranlasst, dass der Kläger auch bei frühzeitiger gestelltem Antrag keinen Befreiungsanspruch in Bezug auf die Jahre 2013 und 2014 hätte. Der Kläger hat in diesen beiden Jahren unstreitig keine Leistungen im Sinne des § 4 Abs. 1 RBStV beantragt. Er kann folglich den Bezug oder Erhalt einer der abschließend aufgezählten Sozialleistungen auch nicht nachweisen. Darüber hinaus hat er auch keine Belege für das Vorliegen eines besonderen Härtefalls vorgelegt. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV in einem gesetzlich geregelten Härtefall wegen finanzieller Bedürftigkeit voraussetzt, dass von einer zuständigen Behörde ein Bescheid erlassen worden ist, nach dem eine zur Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht führende Sozialleistung nach Abs. 1 mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten. Aus der genannten Vorschrift und § 4 Abs. 1 sowie Abs. 7 RBStV kann abgeleitet werden, dass Befreiungstatbestände wegen Bedürftigkeit auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle beschränkt sind. Dies ist in der Rechtsprechung dieses Gerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs – auch im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, insbesondere mit dem Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG) und dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) – längst geklärt (s. BayVGH, B.v. 3.12.2013 – 7 ZB 13.1817 – juris Rn. 21 ff. m. w. N.). Es ist nicht Sache des Beklagten oder dieses Gerichts, anhand von eingereichten Unterlagen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen eine Bedürftigkeitsprüfung vorzunehmen. Hierfür wäre die Vorlage von Einkommensteuerbescheiden im Übrigen auch nicht ausreichend.
2. Soweit der Kläger die Niederschlagung der Rundfunkbeitragsforderungen des Beklagten aus dem Zeitraum Januar 2015 bis Juli 2015 begehrt (insgesamt m… EUR), ist die Klage bereits unzulässig.
Bezogen auf die Rundfunkbeitragsforderungen zu den Monaten Oktober 2014 bis März 2015 erging der Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 1. Juni 2015, gegen den der Kläger sich innerhalb der Rechtsmittelfrist mit Widerspruch oder Klage hätte wenden können. Soweit er nun in Bezug auf einen Teil der in dem Bescheid festgesetzten Forderungen die Niederschlagung im Sinne eines auf Einstellung der weiteren Beitreibung gerichteten Antrags begehrt, hätte er dies zunächst gegenüber dem Beklagten als Anordnungsbehörde geltend machen müssen (s. Art. 21 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungesetz – VwZVG). Im Übrigen wäre die Klage insoweit aber auch unbegründet. Für einen Anspruch auf Niederschlagung ist nichts ersichtlich. Die vom Kläger vorgebrachten Einwendungen sind nicht erst nach Erlass des Festsetzungsbescheids vom 1. Juni 2015 entstanden und wären folglich mit rechtzeitig eingelegten förmlichen Rechtsbehelfen gegen diesen vorzubringen gewesen (s. Art. 21 Satz 2 VwZVG).
Hinsichtlich der begehrten Niederschlagung der Beitragsforderungen für April 2015 bis Juli 2015 ist die Klage ebenfalls unzulässig. Es fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger sich gegen diese Forderungen mit Widerspruch oder Anfechtungsklage wenden kann, sobald zu ihnen ein entsprechender Festsetzungsbescheid ergangen ist (s. § 10 Abs. 5 RBStV).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 84 und 124a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen diesen Gerichtsbescheid innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist der angefochtene Gerichtsbescheid zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Gerichtsbescheids sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Anstelle der Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München mündliche Verhandlung beantragen.
Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 555,46 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz -GKG).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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