IT- und Medienrecht

Keine sittenwidrige Schädigung des Erwerbers eines Daimler-Diesel-Fahrzeugs (hier: Mercedes Benz GLK 220 CDI)

Aktenzeichen  28 U 2517/20

Datum:
1.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 50973
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 826
Fahrzeugemissionen-VO Art. 5
ZPO § 522 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Vgl. auch zur Thematik des “Thermofensters” bei Daimler-Fällen grundlegend BGH BeckRS 2021, 847 sowie KG BeckRS 2020, 9869, mwN in Rn. 17; OLG Köln BeckRS 2019, 15640; BeckRS 2019, 38788; BeckRS 2020, 8398; OLG Stuttgart BeckRS 2019, 17247; OLG Koblenz BeckRS 2019, 25135; BeckRS 2019, 32707; BeckRS 2020, 9863; OLG München BeckRS 2020, 24517; OLG Celle BeckRS 2019, 33326; OLG Frankfurt a.M. BeckRS 2019, 30856; OLG Schleswig BeckRS 2019, 23793; BeckRS 2020, 37024; OLG Oldenburg BeckRS 2020, 8864; BeckRS 2020, 9827; BeckRS 2020, 48179; OLG Bamberg BeckRS 2019, 43152; BeckRS 2020, 9901; OLG Brandenburg BeckRS 2020, 35733; BeckRS 2020, 35731; BeckRS 2020, 35720; BeckRS 2021, 7532; BeckRS 2021, 7536; BeckRS 2021, 7533; BeckRS 2021, 19037; OLG Dresden BeckRS 2019, 23150. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Verwendung eines Thermofensters begründet grundsätzlich keine Haftung aus § 826 BGB (vgl. vorausgehenden Hinweis OLG München BeckRS 2020, 51083 Rn. 15). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

6 O 2379/19 2020-03-20 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 20.03.2020, Aktenzeichen 6 O 2379/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 28.324,10 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen eines vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs, eines am 23.5.2016 erworbenen gebrauchten Mercedes Benz GLK 220 CDI, ausgestattet mit einem Dieselmotor des Typs OM 651, auf Schadensersatz in Anspruch.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 20.03.2020 Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Ein Anspruch aus § 311 Abs. 3 BGB wegen Inanspruchnahme besonderen Vertrauens bestehe nicht, da die Beklagte lediglich die Herstellerin des Fahrzeugs sei.
Einen Anspruch aus § 826 BGB verneinte das Landgericht, da es keine sittenwidrige Schädigung zu erkennen vermochte. Es liege keine „echte Abschalteinrichtung“ vor, die diesbezügliche Behauptung des Klägers sei ins Blaue hinein erfolgt. Ein Sachverständigengutachten sei hierzu nicht zu erholen. Der unstreitige Umstand, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug eine Software verbaut sei, die ein sog. „Thermofenster“ reguliere, genüge nicht für die Annahme einer sittenwidrigen Schädigung. Zudem habe der hierfür beweisbelastete Kläger den notwendigen Vorsatz der Beklagten nicht nachgewiesen.
Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bestehe nicht, da der Kläger den Vorsatz der Beklagten nicht darzulegen und zu beweisen vermocht habe und im Übrigen auch keine Täuschung des Klägers.
Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 12, 18 der Richtlinie Nr. 2007/46/EG, §§ 4, 6, 25, 27 EG-FGV sowie Art. 5 VO (EG) 715/2007 scheitere daran, dass diese Normen keine Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB darstellten.
Ebenso wenig bestehe ein Anspruch aus § 831 BGB i.V.m. § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB, da der Kläger einen Schädigungsvorsatz der Verrichtungsgehilfen der Beklagten weder dargelegt noch bewiesen habe.
Im Übrigen wird hinsichtlich der Begründung des Ersturteils auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Der Kläger verfolgt seine erstinstanzlichen Anträge im Wege der Berufung weiter.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe der Kläger gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch insbesondere aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gem. § 826, 249 ff BGB sowie aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV und i.V.m. § 263 StGB sowie gem. §§ 280 Abs. 1 Satz 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB sowie aus § 831 BGB.
Der Kläger vertritt insbesondere die Auffassung, dass entgegen der Ansicht des Landgerichts der Einsatz einer temperaturabhängigen Motorsteuerung, mithin des „Thermofensters“ die Haftung der Beklagten begründe.
Auf die Einzelheiten der Berufungsbegründung des Klägers wird Bezug genommen.
Im Berufungsverfahren beantragt der Kläger:
I.
Unter Aufhebung des am 20.03.2020 verkündeten Urteils des Landgerichts München I, Az.: 6 O 2379/19, wird die Beklagte verurteilt, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs, der Marke Daimler (Mercedes Benz) GLK 220 CDI, mit der Fahrgestellnummer …997 an die Klagepartei 28.324,10 € nebst Zinsen
a) in Höhe von 4% aus 30.100,00 € vom 23.05.2016 bis zum 19.07.2018 sowie
b) in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 28.324,10 € seit dem 20.07.2018 zu bezahlen.
II.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs gemäß vorstehender Ziffer 1. in Annahmeverzug befindet.
III.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klagepartei die Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von 1.358,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.06.2018 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die Berufungserwiderung der Beklagten vom 12.8.2020 wird Bezug genommen.
Der Senat hat mit Verfügung vom 29.10.2020 (Bl. 251/255 d.A.) darauf hingewiesen, dass und aus welchen Gründen er beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Innerhalb der gesetzten Frist ging keine Stellungnahme ein.
Ergänzend wird auf die Schriftsätze im Berufungsverfahren Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 20.03.2020, Aktenzeichen 6 O 2379/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 29.10.2020 Bezug genommen.
Eine Gegenerklärung hierzu ist innerhalb der gesetzten Frist nicht eingegangen, so dass es keiner weiteren Ausführungen bedarf.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 3 ZPO, 47, 48 GKG bestimmt.

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