IT- und Medienrecht

Keine Unterlassungsansprüche eines Schutzbriefversicherers gegen einen Kfz-Reparaturbetrieb wegen der Erbringung von Pannenhilfe- und Abschleppleistungen

Aktenzeichen  8 O 4244/15

Datum:
15.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 123989
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 823 Abs. 1, Abs. 2, § 1004 Abs. 1 S. 2
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 8 Abs. 3 Nr. 1
StGB § 13, § 263

 

Leitsatz

Lässt sich ein Kfz-Reparaturbetrieb am Unfallort einen Auftrag über die Erbringung von Pannenhilfe- und Abschleppleistungen sowie eine Abtretung der Ansprüche auf Ersatz der Pannenhilfekosten gegen den Schutzbriefversicherer erteilen, handelt es sich dabei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt um einen Eingriff in Rechte des Schutzbriefversicherers sondern um reine Vorbereitungshandlungen vor der Geltendmachung der Ansprüche gegenüber dem Schutzbriefversicherer. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für den Zeitraum von 11.09.2016 (Eingang der Klage) bis 21.02.2016 auf 56.484,76 €, für den Zeitraum von 22.02.2016 (Eingang der ersten Klageerweiterung) bis 01.05.2016 auf 57.031,96 € und ab dem 02.05.2016 (Eingang der zweiten Klageerweiterung) auf 57.341,44 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die zulässige Klage erweist sich bezüglich sämtlicher Klageanträge aus rechtlichen Gründen als unbegründet.
II.
1. Allgemein zu den Unterlassungsansprüchen:
Die Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr ist materielle Anspruchsvoraussetzung der Unterlassungsklage. Erforderlich ist eine ernstliche, auf Tatsachen gründende Besorgnis, dass in Zukunft gegen eine bestehende Unterlassungspflicht erstmals oder wiederholt verstoßen wird. Hat ein Eingriff bereits stattgefunden, begründet dies für gleichartige Verletzungshandlungen die widerlegbare Vermutung einer Wiederholungsgefahr. Diese Vermutung kann widerlegt werden, wenn die tatsächlichen Umstände bzw. die weitere Entwicklung einen neuen Eingriff unwahrscheinlich machen (Palandt, 75, Auflage, Rdn. 29 Einf. v. § 823 BGB).
Vorliegend hat die Beklagte nach dem eigenen Vortrag der Klagepartei nach der Kenntniserlangung von dem „Geschäftsmodell“ von der Geltendmachung von Forderungen abgesehen und auch keine neuen Forderungen angemeldet. Die Klägerin lässt durch eine Vielzahl von Klageverfahren im gesamten Bundesgebiet die Rechtmäßigkeit des „Geschäftsmodells“ klären. Vor diesem Hintergrund ist es als unwahrscheinlich anzusehen, dass die Beklagte bis zur höchstrichterlichen Klärung der Sach- und Rechtslage neue Abrechnungen erstellt. Die Befürchtung der Klägerin, sie könnte neuen Verletzungshandlungen ausgesetzt werden, begründet sich damit nicht auf konkreten Tatsachen und ist eher theoretischer Natur.
2. Zum Klageantrag 1.:
Der Unterlassungsanspruch zielt von seinem Inhalt auf die Unterlassung einer konkret drohenden Verletzungshandlung, wobei sich der objektiv widerrechtliche Eingriff auf ein absolutes Recht im Sinne der deliktischen Ansprüche der §§ 823 ff. BGB beziehen muss (Palandt, 75. Auflage, Rdn. 28 und 32 Einf. v. § 823 BGB). Eine Auftragserteilung und eine Abtretung durch einen Versicherungsnehmer an die Beklagte stellen noch keine Verletzungshandlung im Hinblick auf die geschützte Rechtssphäre der Klägerin dar. Es handelt sich um reine Vorbereitungshandlungen vor der Geltendmachung der Ansprüche gegenüber dem Schutzbriefversicherer. Deshalb kann die unter Ziffer 1, der Klage verlangte Unterlassung, sich einen Auftrag von den Versicherungsnehmern für Pannen- und Abschlepphilfe erteilen und/oder sich deren Erstattungsansprüche aus dem Versicherungsverhältnis gegen die Klägerin abtreten zu lassen, nicht verlangt werden. Abgesehen davon besteht keine materiell-rechtliche Grundlage für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs (siehe nachfolgend Ziffer 3.).
3. Zum Klageantrag 2.:
a) Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog:
Bei dem Unterlassungsanspruch ist das Vorliegen eines objektiv widerrechtlichen Eingriffs in ein nach den Deliktsvorschriften geschütztes Recht zwar ausreichend. Insbesondere kommt es auf ein Verschulden des Täters oder das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit nicht an (Palandt, 75. Auflage, Rdn. 28 Einf. v. § 823 BGB). Auf der anderen Seite muss bei einer behaupteten Schutzgesetzverletzung im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB die Verwirklichung der tatbestandlichen Merkmale des Schutzgesetzes bewiesen werden.
Die Voraussetzungen des Betrugstatbestands sind in mehrfacher Hinsicht nicht gegeben:
Die behauptete Betrugshandlung kann nicht darin liegen, dass nicht ausgeführte Leistungen in Rechnung gestellt wurden. Denn die abgerechneten Pannenhilfe- und Abschleppleistungen wurden unstreitig tatsächlich erbracht. Die Betrugshandlung soll nach Ansicht der Klägerin darin liegen, dass bei der Vorlage der Abrechnungen nicht offenbart wurde, dass der Versicherungsnehmer die Pannenhilfe vom … erbeten hatte und die Beklagte vom … mit der Erbringung der von Ihm geschuldeten Pannenhilfe beauftragt worden war (Bl. 5/6, 128/129 und 143 der Akten).
Ein Betrug durch Unterlassen setzt nach § 13 StGB eine Rechtspflicht zum Tätigwerden voraus und zugleich, dass das Unterlassen dem Tun wertmäßig entspricht. Das Bestehen einer Garantenpflicht aus Vertrag, Gesetz oder Treu und Glauben wurde jedoch nicht dargestellt. Die Beklagte handelte bei der Abrechnung auf der Grundlage der Vorgaben des … laut Rundschreiben vom 31.07.1995 (Anlage K 19). Demnach wurde den Abschleppunternehmen im Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips aus Ziffer 5 d) der … Pannen- und Unfallhilfe-Richtlinien (Anlage B 1) mitgeteilt, dass bei einem anderweitig bestehenden Versicherungsschutz keine Kosten übernommen werden und in diesen Fällen nach Abtretung der Ansprüche die Rechnung bei dem anderen Leistungsträger eingereicht werden kann. Der Beklagte war nach damaligen Kenntnisstand nicht verpflichtet, die Vorgaben auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen oder rechtlich komplexe Überlegungen zum Verhältnis von sich entgegenstehenden Subsidiaritätsklauseln des … und der Schutzbriefversicherer anzustellen. Dass der … und die Abschleppunternehmen kollusiv zum Nachteil der Versicherer gehandelt haben, konnte die Klägerin nicht belegen. Die vorgebrachten Verdachtsmomente sind spekulativ und werden nicht mit Beweismitteln untermauert. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, warum die von den Versicherern verwendete Subsidiaritätsklausel legitim sein soll, während die gleiche vom … angeführte Klausel unwirksam sein soll. Beide Leistungsträger spekulieren doch bei ihrer Kalkulation auf eine Überversorgung des Kunden und die Möglichkeit, dass der jeweils andere Träger mit den Kosten belastet wird. Immerhin sehen die Regelungen des … vor, dass der Auftrag über den … abzurechnen ist, wenn die Leistung durch den Dritten begründet abgelehnt wird (Anlage K 19).
Unabhängig von der Frage, ob der Versicherungsnehmer der Beklagten einen Auftrag erteilt hat und ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein hat, fehlt es aufgrund der vorgenannten Umstände an einer Täuschungshandlung und an einer Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Nach herrschender Meinung setzt eine Täuschungshandlung ein subjektives Element voraus, also das Bewusstsein von der Unrichtigkeit der Behauptung (Fischer, StGB, 63. Auflage, Rdn. 14 zu § 263 StGB unter Hinweis auf BGHSt 18, 237). Nach den aktenkundigen Erkenntnissen kann eine derartige subjektive Einstellung auf Seiten der Beklagten zum Zeitpunkt der gegenständlichen Abrechnungen nicht belegt werden.
b) Unterlassungsansprüche nach dem UWG:
Gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG stehen die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche jedem Mitbewerber zu. Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist als Mitbewerber ein Unternehmer anzusehen, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Es gilt zunächst der Grundsatz der weiten Auslegung, Grundsätzlich sind im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes an das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG keine hohen Anforderungen zu stellen (Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Auflage, Rdn. 97 zu § 2 UWG). Die Mitbewerbereigenschaft eines Unternehmers lässt sich nicht abstrakt feststellen, vielmehr ist an die jeweilige konkrete geschäftliche Handlung anzuknüpfen. Der Mitbewerberbegriff des Lauterkeitsrechts ist also handlungsbezogen. Unerheblich ist, dass die Beteiligten unterschiedlichen Branchen angehören und auf unterschiedlichen Wirtschaftsstufen tätig sind (Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Auflage, Rdn. 100 und 102 zu § 2 UWG).
Nach dem engen Mitbewerberbegriff ist ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den beteiligten Unternehmen dann gegeben, wenn sie die gleichen oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endabnehmerkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, d.h. in seinem Absatz behindern oder stören kann (Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Auflage, Rdn. 108 zu § 2 UWG). Nach diesen Grundsätzen ist ein Wettbewerbsverhältnis nicht anzunehmen. Die Klägerin bietet Versicherungsleistungen an, die Beklagte erbringt Leistungen im Bereich Pannenhilfe, Abschleppdienst und Kfz-Reparaturen. Es liegen demnach keine gleichartigen Dienstleistungen vor. Nach dem handlungsbezogenen Verständnis scheidet ein Mitbewerberverhältnis aus.
Daneben wird in der Rechtsprechung ein weiter Mitbewerberbegriff verfolgt. Demnach liegt ein konkretes Wettbewerbsverhältnis auch dann vor, wenn die Ware oder Dienstleistung des handelnden Unternehmers einen konkreten Bezug zur Ware oder Dienstleistung eines anderen Unternehmers aufweist und mit der Förderung des eigenen Absatzes die Beeinträchtigung des fremden Absatzes einhergehen kann (Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Auflage, Rdn. 109 b zu § 2 UWG). Eine derartige Wechselwirkung ist hier nicht gegeben, da sich durch die Förderung der Abschleppleistungen durch die Beklagte keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Absatz von Versicherungsleistungen durch die Klägerin ergeben.
Die Rechtsprechung dehnt den Begriff des Mitbewerbers auf Fälle aus, in denen es um die Förderung eines fremden Unternehmers geht, der wiederum mit einem anderen Unternehmen in einem Wettbewerbsverhältnis steht. In diesem Fall kommt es darauf an, ob das konkrete Wettbewerbsverhältnis zwischen dem geförderten Unternehmer und dem Mitbewerber besteht. Der betroffene Mitbewerber ist dann berechtigt, gegen den Förderer vorzugehen, wenn er durch die Förderung des dritten Unternehmens in seinen eigenen wettbewerbsrechtlich geschützten Interessen berührt ist. Diese Erwägungen beziehen sich insbesondere auf Fallkonstellationen, in denen Berufs- oder Verbraucherverbände oder Werbepartner tätig werden (Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Auflage, Rdn. 105 zu § 2 UWG). Im Bereich der Schutzbriefversicherung besteht sicherlich ein Wettbewerbsverhältnis zwischen der Klägerin und dem …. Von einer Förderung des Wettbewerbers durch einen Dritten kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn in objektiver Hinsicht ein Verhalten vorliegt, das geeignet ist, den Absatz oder Bezug einer Person zum Nachteil einer anderen zu begünstigen und wenn ferner in subjektiver Hinsicht Wettbewerbsförderungsabsicht hinzu kommt (OLG München NJW-RR 2001, 1549). Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass durch die Abrechnungen der Beklagten der Absatz von Schutzbriefversicherungen durch die Klägerin beeinträchtigt und in Gegenzug die Vergabe von Mitgliedschaften durch den … gefördert wird. Die Beklagte möchte in erster Linie die Bezahlung ihrer erbrachten Abschlepp- und Pannenleistungen bei einem in Frage kommenden Leistungsträger verwirklichen und nicht in ein Wettbewerbsverhältnis eingreifen. Das aktive Vorgehen als vermeintlicher Gläubiger gegen einen Mitbewerber des von ihr geförderten Unternehmens stellt keinen relevanten wettbewerbsrechtlichen Tatbestand dar (BGH MDR 2014, 672). In der Erfüllung der gegenüber dem … bestehenden vertraglichen Verpflichtungen kann keine zielgerichtete Förderung des Wettbewerbs gesehen werden.
c) Anspruch aus §§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog wegen eines verbotenen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb:
Der Auffangtatbestand setzt einen unmittelbaren betriebsbezogenen Eingriff voraus. Danach muss sich der Eingriff gegen den Betrieb als solchen richten und darf nicht lediglich vom Gewerbebetrieb ablösbare Rechtspositionen beeinträchtigen. Der Eingriff muss sich anders ausgedrückt nach seiner objektiven Stoßrichtung gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten und dabei eine Schadensgefahr begründen, die über eine bloße Belästigung hinausgeht und geeignet ist, den Betrieb in empfindlicher Weise zu beeinträchtigen (Münchener Kommentar, 6. Auflage, Rdn. 257 zu § 823 BGB m.w.H.). Mit der Geltendmachung von angeblich unberechtigten Forderungen in dem vorliegenden Umfang kann eine Beeinträchtigung der betrieblichen Struktur oder der unternehmerischen Freiheit eines Großversicherers nicht begründet werden. Die Prüfung von Ansprüchen und Regulierung von Schadensfällen gehört zur üblichen Alltagsarbeit. Weder aus der Anzahl der Fälle (43 Fälle aus einem Zeitraum von mehreren Jahren), den Einzelbeträgen (Beträge ganz überwiegend im unteren dreistelligen Eurobereich) noch aus dem Gesamtbetrag von 7.341,44 € ergibt sich, dass die Grundlagen des Gewerbebetriebs betroffen sind.
4. Zum Klageantrag 3.:
a) Anspruch aus Bereicherungsrecht:
Nach der Rechtsprechung des BGH zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung ungerechtfertigt gezahlter Versicherungsleistungen muss der Versicherer, der auf eine in Wahrheit nicht bestehende Forderung aus dem Versicherungsverhältnis an einen Abtretungsempfänger (Zessionar) zahlt, wegen der Rückforderung grundsätzlich den Versicherungsnehmer (Zedent) als seinen Vertragspartner in Anspruch nehmen, sofern nicht besondere Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, dass er sich ausnahmsweise im Wege einer so genannten Durchgriffskondiktion unmittelbar an den Zessionar halten kann. Der sachliche Grund für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung im Verhältnis zwischen dem (vermeintlichen) Schuldner und dem Zedenten liegt darin, dass in dem Vertrag zwischen dem Schuldner und dem Zedenten der angenommene Rechtsgrund für die vermeintlich geschuldete Zahlung zu sehen ist; dies legt nach den hierfür maßgeblichen Gesichtspunkten der Risikoverteilung und des Vertrauensschutzes eine Leistungskondiktion in diesem Vertragsverhältnis nahe, sofern nicht besondere Umstände eine andere Risikoverteilung gebieten. Insbesondere spricht das für den Schuldner bei der Rückforderung bestehende Risiko der Insolvenz auf der Gläubigerseite im Regelfall für eine Inanspruchnahme des Zedenten. Zahlt der Schuldner an den Zessionar im Vertrauen darauf, dass die Angaben seines Vertragspartners (des Zedenten) über die geltend gemachte Forderung zutreffend sind, so ist es gerechtfertigt, ihm auch das Risiko der Insolvenz seines Vertragspartners aufzubürden, wenn sich später herausstellt, dass das Vertrauen nicht gerechtfertigt war. An der Risikozuordnung kann und darf sich durch die Abtretung der behaupteten Forderung nichts ändern; es besteht kein Grund, die Rechtsstellung des Schuldners hinsichtlich der Rückforderung auf Grund der Abtretung, auf die der Schuldner keinen Einfluss hat, zu verbessern oder auch – arg. § 404 BGB – zu verschlechtern (vgl. BGH NJW 1989, 900, NJW 1993, 1578 und NJW 2005, 1369).
Vorliegend stellen sich die Zahlungen der Klägerin an die Beklagten als Leistungen aus dem Versicherungsverhältnis dar, so dass der Bereicherungsausgleich auch in diesem Verhältnis erfolgen muss. Die Rechnungen wurden immer an die Versicherungsnehmer ausgestellt, zur Vermeidung eines doppelten Zahlflusses aber direkt an die Klägerin vorgelegt. Unabhängig davon, ob eine Auftragserteilung durch den jeweiligen Versicherungsnehmer an die Beklagte erfolgt ist oder ob in diesem Verhältnis ein wirksamer Abtretungsvertrag vorliegt, müsste die Rückabwicklung im Wege einer Doppelkondiktion erfolgen. Eine Beweisaufnahme zu diesem Thema war daher nicht veranlasst. Besondere Umstände, die in dem vorliegenden Fall zu einem Durchgriffsanspruch gegen den Zessionar führen, sind nicht gegeben. Dies könnte nach der Rechtsprechung der BGH dann der Fall sein, wenn im Wesentlichen ein Verhalten des Zessionars zu einer Überzahlung geführt hat. Wie bereits ausgeführt konnte die Beklagte nach damaligen Kenntnisstand jedoch davon ausgehen, dass die Geltendmachung der Vergütung gegenüber der Schutzbriefversicherung von den einschlägigen Regeln gedeckt war. Vor diesem Hintergrund ist es nicht angezeigt, einen Direktanspruch zuzulassen.
b) Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB:
Aus diesen Vorschriften ergibt sich auch kein Zahlungsanspruch. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Betrugstatbestands liegen nicht vor (s.o.).
5. Zum Klageantrag 4.:
Mangels bestehender Hauptforderung war auch die Nebenforderung auf Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht begründet. Bei einem unbegründeten Anspruch liegt auch die vorgerichtliche Durchsetzung nicht im wirklichen oder mutmaßlichen Interesse des Schuldners.
6. Zu dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 08.09.2016:
Die in dem Schriftsatz enthaltenen Rechtsausführungen wurden bei der Entscheidung berücksichtigt. Soweit der Schriftsatz neuen Tatsachenvortrag enthält, konnte dieser wegen Verspätung nicht mehr in die Entscheidung einbezogen werden (§ 296 a Satz 1 ZPO). Der Schriftsatz ging erst nach dem gemäß § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO bestimmten Zeitpunkt ein, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht. Eine Wiedereröffnung der Verhandlung nach §§ 296 a Satz 2, 156 ZPO war nicht veranlasst, da die Klagepartei diesen Vortrag in zumutbarer Weise bereits früher hätte einführen können und die Konzentrationsmaxime, die den raschen Abschluss der Instanz gebietet, damit überwog.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO und berücksichtigt die Veränderungen durch die eingeführten Klageerweiterungen. Im Übrigen wird auf die Ausführungen der Klage zum Streitwert Bezug genommen.

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