Aktenzeichen 33 O 16000/16
Leitsatz
Die Verwendung der Bezeichnung „Bauernhof-Olympiade“ zur Kennzeichnung einer Veranstaltung mit lediglich sportlichem Charakter rund um das Thema Bauernhof stellt keine Rechtsverletzung gemäß § 3 Abs. 2 OlympSchG dar, da es an einer Verwechslungsgefahr fehlt (§ 3 Abs. 2 Alt. 1 OlympSchG) und auch keine Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung der Olympischen Spiele oder der Olympischen Bewegung (§ 3 Abs. 2 Alt. 2 OlympSchG) vorliegt. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert wird endgültig auf EUR 150.000,– festgesetzt.
Gründe
Die Klage war abzuweisen, da die Beklagte die olympische Bezeichnung „Olympiade“ nicht rechtsverletzend im Sinne des § 3 Abs. 2 OlympSchG benutzt.
A. Eine Rechtsverletzung gemäß § 3 Abs. 2 OlympSchG liegt nur vor, wenn die Verwendung der olympischen Bezeichnungen entweder zu einer Verwechslungsgefahr führt (§ 3 Abs. 2 Fall 1 OlympSchG) oder zu einer Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung der Olympischen Spiele oder der Olympischen Bewegung (§ 3 Abs. 2 Fall 2 OlympSchG). Das ist vorliegend nicht der Fall.
I. Eine Verwechslungsgefahr zwischen der olympischen Bezeichnung „Olympiade“, und der angegriffenen Bezeichnung „Bauernhof-Olympiade“ im Rechtssinne kann nicht festgestellt werden.
1) Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist nicht gegeben.
Sowohl die Werbung mit als auch die Bezeichnung der Veranstaltung als „Bauernhof-Olympiade“ ist nicht geeignet, eine unmittelbare Verwechslungsgefahr mit den vom Kläger oder dem IOC erbrachten Dienstleistungen oder vertriebenen Produkten hervorzurufen (vgl. auch BGH GRUR 2014, 1215 Rn. 41).
Die maßgeblichen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder der erkennenden Kammer gehören, sind sich beim Lesen des Begriffs „Bauernhof-Olympiade“ bewusst, dass es sich hierbei nicht um eine Sportwettkampf-Veranstaltung handelt, die vom IOC oder der Klägerin durchgeführt wird.
Wie die Klägerin selbst ausführt, veranstaltet sie höchst professionelle Sportveranstaltungen auf dem Gebiet des Spitzensports.
Der Begriff „Bauernhof-Olympiade“ weist hingegen auf eine Veranstaltung mit lediglich sportlichem Charakter rund um das Thema Bauernhof hin. Bereits aufgrund des Begriffs „Bauernhof“ geht der Verkehr von einer Veranstaltung mit Freizeitcharakter aus, die nicht zur Erbringung sportlicher Höchstleistungen dient.
Die Bezeichnung „Olympiade“ stellt weiter klar, dass mehrere verschiedene Spiele zur Auswahl stehen, so wie bei den Olympischen Spielen auch Wettkämpfe in verschiedenen Sportdisziplinen ausgetragen werden. Dass dabei keine ernsthaften sportlichen Leistungen im Sinne der vom IOC oder dem NOK durchgeführten Veranstaltungen zu verstehen sind, erschließt sich aufgrund des Veranstaltungsorts „Bauernhof“ ohne weiteres von selbst.
Demnach scheidet eine unmittelbare Verwechslungsgefahr aus.
2) Auch eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des gedanklichen Inverbindungbringens kann nicht angenommen werden.
Eine solche kann nach der Rechtsprechung des BGH nur dann vorliegen, wenn der Verkehr von wirtschaftlichen oder organisatorischen Zusammenhängen zwischen dem Kläger oder dem IOC und dem mit den olympischen Bezeichnungen werbenden Unternehmen ausgeht. Eine solche Verwechslungsgefahr ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände anzunehmen. Das Hervorrufen bloßer Assoziationen an die Olympischen Spiele oder die Olympische Bewegung reicht dafür nicht aus (BGH GRUR 2014, 1215 Rdnr. 43 – Olympia-Rabatt).
Die Wörter „olympisch“ und „Olympia“ gehören zum allgemeinen Sprachgebrauch. Der normal informierte Verbraucher unterscheidet zudem zwischen der Werbung eines Sponsors und einer sonstigen werblichen Bezugnahme auf die Olympischen Spiele. Ihm ist ferner bekannt, dass offizielle Ausstatter, Lieferanten, Sponsoren und Werbepartner diesen Umstand deutlich herausstellen (BGH, a.a.O., Rn. 44).
Besondere Umstände, die den Eindruck eines wirtschaftlichen oder organisatorischen Zusammenhangs zwischen dem Kläger oder dem IOC und der Beklagten hervorrufen würden, sind nicht erkennbar.
Die Beklagte bringt durch die Bezeichnung „Bauernhof-Olympiade“ lediglich zum Ausdruck, dass es sich um eine Veranstaltung handelt, bei der das gemeinsame sportliche Betätigen in entspannender Umgebung (Bauernhof) im Vordergrund steht, ohne dass an die Teilnehmer der Anspruch sportlicher Höchstleistungen gestellt würde oder diese selbst solche an sich stellen müssten. Der vorhandene Wettbewerbscharakter der Veranstaltung ist nicht ernst, sondern spielerisch. Ferner wird durch den Begriff „Olympiade“ nur zum Ausdruck gebracht, dass sich die Teilnehmer in mehreren verschiedenen Spielen beweisen können. Ein gedankliches Inverbindungbringen mit den Olympischen Spielen oder der Olympischen Bewegung findet ersichtlich nicht statt.
3) Allenfalls kann von einer bloßen Assoziation der von der Beklagten benutzten Bezeichnung „Bauernhof-Olympiade“ mit den Olympischen Spielen oder der olympischen Bewegung ausgegangen werden. Das ist für das Vorliegen einer rechtlich relevanten Verwechselungsgefahr im Sinne des § 3 Abs. 2 Fall 1 OlympSchG aber nicht ausreichend (BGH, a.a.O., Rn. 43). Ansonsten würde jede mit der Bezeichnung „Olympiade“ versehene Veranstaltung, wie zum Beispiel „Geburtstags-Olympiade“ oder „Hausfrauen-Olympiade“, unabhängig davon, ob sie tatsächlich allein dem sportlichen Wettkampf dient, unter das OlympSchG fallen. Das ist vom Gesetzgeber jedoch gerade nicht gewollt. Denn § 3 Abs. 2 OlympSchG sieht kein per-se-Verwendungsverbot der olympischen Bezeichnungen vor (BGH, a.a.O., Rn. 20). Die Verwendung ist nur bei Verwechselungsgefahr und der unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung verboten (BGH, a.a.O., Rn. 30).
4) Entgegen der Ansicht des Klägers führt das auch nicht zu einem Leerlaufen des Anwendungsbereichs von § 3 Abs. 2 Fall 1 OlympSchG. Auch nach der vom erkennenden Gericht vorgenommen Auslegung ist es durchaus möglich, dass Veranstaltungen mit einem erkennbar sportlich-wettbewerblichen Charakter unter das Verbot des § 3 Abs. 2 Fall 1 OlympSchG fallen.
II. Eine Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung der Olympischen Spiele oder der Olympischen Bewegung im Sinne von § 3 Abs. 2 Fall 2 OlympSchG, auf die sich der Kläger vorrangig beruft, erfolgt durch die angegriffene Werbung bzw. Veranstaltungsbezeichnung nicht.
1) Bei der Frage, ob ein Fall des § 3 Abs. 2 Fall 2 OlympSchG vorliegt, ist zu berücksichtigen, dass die Unterscheidungskraft der olympischen Bezeichnungen vom OlympSchG nicht geschützt ist und die Vorschrift dadurch hinter dem markenrechtlichen Schutz zurückbleibt. Der durch § 3 Abs. 2 Fall 2 OlympSchG gewährte Schutz vor Rufausbeutung ist vielmehr dem Nachahmungsschutz des § 4 Nr. 9 lit. b) UWG a.F. (jetzt § 4 Nr. 3 b UWG) angenähert, der nur eine unangemessene Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung umfasst. Auch sieht § 3 Abs. 2 OlympSchG kein per-se-Verwendungsverbot der olympischen Bezeichnungen vor (siehe hierzu bereits oben I. 3). Bezugspunkt des Schutzes des § 3 Abs. 2 Fall 2 OlympSchG ist allein die Wertschätzung, die den Olympischen Spielen und der Olympischen Bewegung (und nicht der Bezeichnung selbst) entgegen gebracht wird. Danach kann ein verbotener Imagetransfer nur dann angenommen werden, wenn durch die Werbung (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 OlympSchG) oder die Bezeichnung einer gewerbsmäßigen Veranstaltung (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 OlympSchG) die Wertschätzung der Olympischen Spiele oder der Olympischen Bewegung auf die beworbene Ware oder Dienstleistung oder bezeichnete Veranstaltung übertragen wird. Dafür bedarf es der Feststellung konkreter Umstände, aufgrund derer es zu einer Rufübertragung kommt. Dies erfordert eine Gesamtwürdigung der beanstandeten Werbung bzw. der gewerbsmäßigen Veranstaltung (BGH, a.a.O., Rn. 20 ff.).
2) Für einen unlauteren Imagetransfer reicht es generell nicht aus, wenn sich eine Werbung darauf beschränkt, positive Assoziationen zu den Olympischen Spielen oder zur Olympischen Bewegung zu erwecken. Da jede Werbung Sprache bewusst einsetzt, ist auch und gerade das bewusste Erregen solcher Assoziationen zulässig. Es kommt nicht darauf an, ob olympische Bezeichnungen nur als zufällig gewählte Begriffe des allgemeinen Sprachgebrauchs erscheinen, die ebenso gut durch gleichbedeutende andere Begriffe ersetzt werden können (BGH, a.a.O. Rdnr. 27).
3) Die Bewerbung der Veranstaltung als bzw. ihre Bezeichnung mit „Bauernhof-Olympiade“ führt zu keinem Imagetransfer, der den Interessen der Olympischen Bewegung zuwiderläuft. Wie unter I. 3) ausgeführt, wird dem Verkehr durch die Bezeichnung „Bauernhof-Olympiade“ hinreichend deutlich vor Augen geführt, dass es sich lediglich um eine sportliche Veranstaltung mit Freizeitcharakter und der Möglichkeit zum Teilnehmen an verschiedenen spielerischen Wettkämpfen handelt. Selbst wenn die „Bauernhof-Olympiade“ professionell durchgeführt wird, ist ihre Bezeichnung nicht geeignet, die Wertschätzung der Olympischen Spiele oder der Olympischen Bewegung auf die Veranstaltung zu übertragen.
4) Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es sich im Gegensatz zu dem vom BGH entschiedenen Fall in der Sache „Olympia-Rabatt“ vorliegend nicht um eine Werbung für Waren, sondern für eine gewerbsmäßige Veranstaltung bzw. ihre Bezeichnung handelt.
Das führt indes nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn eine offensichtlich nicht allein auf einen sportlichen Wettkampf und die Erzielung sportlicher Höchstleistungen ausgerichtete Veranstaltung stellt, auch wenn sie professionell durchgeführt wird, zunächst keine Rufausbeutung der Olympischen Spiele bzw. der Olympischen Bewegung dar. Ansonsten könnten professionell durchgeführte Veranstaltungen, die neben anderen Faktoren auch ein sportliches Element und einen gewissen Wettkampfcharakter aufweisen, nie mit olympischen Bezeichnungen versehen werden, was einem per-se-Verbot gleichkäme. Das widerspricht jedoch dem bereits dargelegten Sinn und Zweck des OlympSchG.
5) Auch eine Beeinträchtigung der Wertschätzung der Olympischen Spiele bzw. der Olympischen Bewegung durch das Handeln der Beklagten ist nicht erkennbar. Eine für Unternehmen durchgeführte Mitarbeiter-Veranstaltung in Form der von der Beklagten angebotenen „Bauernhof-Olympiade“ ist nicht geeignet, die Wertschätzung der Olympischen Spiele bzw. der Olympischen Bewegung zu beeinträchtigen.
III. Da die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 OlympSchG nicht erfüllt sind, kommt es auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit des OlympSchG nicht an.
B. Da dem Kläger kein Anspruch nach dem OlympSchG zusteht, hat er auch keinen Anspruch auf die Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
C. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 2 ZPO.
D. Der Streitwert war entsprechend § 3 ZPO festzusetzen.
Meinhardt
Vorsitzender Richter
am Landgericht
Dr. Käbisch
Richterin
am Landgericht
Dr. Schacht M.A.
Richter
am Landgericht
Verkündet am 23.05.2017
Koball-Glersch
Justizobersekretär
Urkundsbeamter der Geschäftsstelle