Aktenzeichen 158 C 21362/15
Leitsatz
1. Einer Supermarktbetreiberin obliegen alle zumutbaren und erforderlichen Maßnahmen, um Gefahren von Kunden abzuwenden, die sich in ihren öffentlichen Verkaufsräumen bewegen. Absolute Sicherheit ist indessen nicht geschuldet. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 2.620,62 € festgesetzt.
Gründe
Die Klage ist zulässig.
Insbesondere ist das angerufene Gericht gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig.
Die Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht kein Anspruch aus §§ 823 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 253 Abs. 1 BGB auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes zu.
Ein solcher Anspruch setzt die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte voraus.
Der Beklagten oblagen insofern alle zumutbaren und erforderlichen Maßnahmen, um Gefahren von Kunden und so auch der Klägerin abzuwenden, die sich in ihren öffentlichen Verkaufsräumen bewegen. Absolute Sicherheit ist indessen nicht geschuldet (Sprau, in Palandt (Hrsg.): BGB, 75. A. 2016, § 823 Rn. 51).
Eine Verkehrssicherungspflicht hat die Beklagte bei Anwendung dieser Maßstäbe indessen nicht verletzt. Die Klägerin kam nach Überzeugung des Gerichts insbesondere nicht auf einer durch eine unzureichende Reinigung noch vorhandenen Putzlache ins Rutschen. Die Beklagte hat nach Auffassung des Gerichts alles ihr Zumutbare und Notwendige getan, um Schaden von der Klägerin und anderen Kunden abzuwenden.
Die Vernehmung des Zeugen … hat hier zu Überzeugung des Gerichts ergeben, dass die streitgegenständliche Unfallstelle umgehend von einem Mitarbeiter der Beklagten – dem Zeugen … – von den vorhandenen Scherben gereinigt wurde und sich der Zeuge … sodann in das Lager begab, um eine Putzmaschine zu holen, mit deren Hilfe er den restlichen Rotwein beseitigen wollte. Es ist für das Gericht nicht ersichtlich, welche Maßnahmen noch veranlasst gewesen wären, um Schaden von der Klägerin abzuwenden.
Die Aussage des Zeugen … ist in sich lückenlos und widerspruchsfrei. Die Bekundungen des Zeugen, … sind glaubhaft. Ein besonderes Interesse des Zeuge, der mittlerweile nicht mehr bei der Beklagten angestellt ist, sich im Interesse der Beklagten der Wahrheit zuwider zu äußern, besteht nach Dafürhalten des Gerichts nicht. Auch die teils abweichende Darstellung des Sachverhalts durch die Klägerin anlässlich ihrer informatorischen Anhörung rechtfertigt keine ernsthaften Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Aussage.
Die Klägerin hat im Rahmen der informatorischen Anhörung zwar angegeben, der Zeuge … habe ihr gegenüber auf Nachfrage bestätigt, dass es sich bei der Flüssigkeit am Boden um Wasser gehandelt habe, während der Zeuge … bei seiner Vernehmung bekundete, es habe sich um Rotwein gehandelt. Ernsthafte Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen … folgen hieraus indessen nicht. Die Klägerin hat sich im Rahmen der informatorischen Anhörung selbst dahingehend eingelassen, dass sie beobachtet habe, wie ihr ein Mitarbeiter der Beklagten vor dem Sturz mit einer Putzmaschine entgegenkam. Dies deckt sich insbesondere hinsichtlich der zeitlichen Abfolge mit der Aussage des Zeugen …, der insofern bekundete, er habe – gerade vom Lager kommend – die Putzmaschine im Bereich des späteren Unfalls abgestellt, als er durch einen Schrei der Klägerin auf deren Sturz aufmerksam wurde. Auch bestätigte die Klägerin die Aussage des Zeugen … dahingehend, dass sich keine Scherben mehr am Unfallort befanden. All dies spricht dafür, dass der Zeuge … sich nach einer provisorischen Reinigung der Unfallstelle umgehend ins Lager begab, um Putzgerät zur Aufnahme der noch am Boden befindlichen Flüssigkeit zu holen.
Die Klägerin hat ferner bekundet, der betreffende Mitarbeiter der ihr mit der Putzmaschine vor dem Sturz entgegenkam, sei auf der Putzmaschine gefahren, was der Zeuge … auf Vorhalt des Prozessbevollmächtigten der Klägerin verneinte, da man die betreffende Maschine nur Schieben könne. Auch dieser Widerspruch zwischen den Einlassungen der Klägerin während der informatorischen Anhörung und der Aussage des Zeugen … machen dessen Aussage nicht unglaubhaft. Die Klägerin hat nach eigenem Bekunden nach dem Sturz kurz das Bewusstsein verloren; es ist daher naheliegend, dass sie sich deshalb und aufgrund des mit dem Vorfall verbundenen Schocks nicht mehr an alle Einzelheiten zutreffend zu erinnern vermochte, während nach Auffasung des Gerichts davon auszugehen ist, dass dem Zeugen … die bei seiner Arbeit einzusetzende Gerätschaft vertraut ist.
Soweit die Klägerin überdies der Ansicht ist, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, in der Nähe der Unfallstelle ein Warnschild vorzuhalten, um in Fällen wie dem streitgegenständlichen eine schnelle Absicherung der Stelle zu ermöglichen, kann dem gerichtlicherseits nicht beigetreten werden. Die Beklagte schuldet lediglich erforderliche und zumutbare Maßnahmen, um Gefahren von den sich in ihren Verkaufsräumen befindlichen Personen abzuwenden, nicht jedoch absolute Sicherheit. Die Beklagte war nicht verpflichtet, in sämtlichen Bereichen ihrer öffentlichen Verkaufsflächen Warnschilder vorzuhalten, um für sämtliche erdenklichen Schadensfälle vorzusorgen. Denn Nämliches hieße die dem Verkehrssicherungspflichtigen obliegenden Pflichten zu überspannen und ihn über das wirtschaftlich zumutbare Maß hinaus zu belasten.
Bei der Bestimmung des Maßes der für den Verkehrssicherungspflichtigen zumutbaren Vorkehrungen ist insofern insbesondere auf die Wahrscheinlichkeit und die Schwere eines möglichen Schadenseinritts Acht zu nehmen. Daraus folgt, dass bestimmte Vorkehrungen zur Sicherheit der sich auf den Verkaufsflächen der Beklagten bewegenden Personen im genannten Sinne über die bereits ergriffenen Maßnahmen hinaus dann geschuldet sein können, wenn dies aufgrund der Umstände, insbesondere der naheliegenden Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts, angezeigt ist. Derlei Umstände hat die Klägerin hier jedoch nicht vorgetragen.
Aus nämlichem Grund scheidet ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB auf Ersatz der Kosten einer Heilbehandlung aus.
Nebenforderungen kommen mangels Hauptforderung nicht in Betracht.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.