IT- und Medienrecht

Neufeststellung und Zuerkennung des Merkzeichens „RF“

Aktenzeichen  S 13 SB 44/18

Datum:
8.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 31988
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB X § 48
Rundfunkbeitragsstaatsvertrag § 4 Abs. 2

 

Leitsatz

Das Merkzeichen „RF“ setzt voraus, dass der behinderte Mensch grundsätzlich am Besuch von Veranstaltungen gehindert ist. Es reicht nicht aus, wenn bestimmte Veranstaltungen, die dazu angetan sind, bei empfänglichen Personen Panik auszulösen, nicht aufgesucht werden können. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Zurecht hat der Beklagte mit Bescheid vom 04.12.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.01.2018 die Zuerkennung des Merkzeichens „RF“ abgelehnt. Nach § 4 Abs. 2 Rundfunksbeitragsstaatsvertrag erhalten folgende behinderte Menschen eine Ermäßigung des Rundfunkbeitrags (RF):
– Blinde,
– nicht nur vorübergehend wesentlich Sehbehinderte mit einem GdB von wenigstens 60 allein wegen der Sehbehinderung,
– Hörgeschädigte, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich ist,
– Behinderte die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen grundsätzlich nicht teilnehmen können, außerdem muss der GdB mindestens 80 betragen, Voraussetzung ist zusätzlich dass auch mit Hilfe von Begleitpersonen und technischen Hilfsmitteln (z.B. Rollstuhl, Inkontinenzartikeln) eine Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen nicht möglich ist.
Unstreitig ist die Klägerin nicht blind, auch nicht sehbehindert mit einem GdB von wenigstens 60, darüber hinaus ist sie nicht gehörlos bzw. ist eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch ohne Hörhilfen möglich.
Die Klägerin macht geltend, an öffentlichen Veranstaltungen grundsätzlich nicht teilnehmen zu können und begründet dies mit ihrer seelischen Erkrankung und Schmerzstörung. Des Weiteren hat Dr. S. bescheinigt, dass die Klägerin an einer Angststörung leide und daher nicht an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen könne. Diese ärztliche Bescheinigung datiert aber aus dem Jahre 2014 und lag der Beklagten bereits vor Erlass des Bescheides vom 10.12.2014, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.02.2015, mit dem das Merkzeichen bereits bestandskräftig abgelehnt worden war, vor.
Nachdem die Klägerin keine neuen Atteste vorgelegt hat und auch ihre behandelnden Ärzte nicht nachgewiesen hat, ist nicht erkennbar, dass seit Erlass des Bescheides vom 18.02.2015 eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen gem. § 48 SGB X eingetreten wäre, die eine Neufeststellung und nunmehr die Zuerkennung des Merkzeichens „RF“ rechtfertigen würde.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Bescheid vom 10.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.02.2015 zum Zeitpunkt seines Erlasses unrichtig gewesen wäre und das Merkzeichen „RF“ aufgrund des Attestes von Dr. S. bereits 2014 hätte zuerkannt werden müssen. Insoweit folgt das Gericht dem überzeugenden und in sich schlüssigen Gutachten des Gerichtsgutachters Dr. C. vom 26.04.2018, der wie auch zuvor die versorgungsärztlichen Gutachter davon ausgeht, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens „RF“ nicht vorlagen. Die Klägerin leidet weder an einer schweren Bewegungsstörung oder Herzleistungsschwäche und Lungenfunktionsstörung, sie benötigt nicht eine Begleitperson oder einen Rollstuhl, es handelt sich nicht um einen behinderten Menschen, der auf die Umgebung unzumutbar abstoßend oder störend wirkt, sie hat keine Organtransplantation mit einer immunsuppressiven Therapie erhalten, sie ist auch keine geistig oder seelischen Behinderte die Veranstaltungen durch motorische Unruhe, lautes Sprechen und aggressives Verhalten stört. Die bei ihr vorliegende Angststörung mit chronischem Schmerzsyndrom machen nach den überzeugenden ärztlichen Feststellungen die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen nicht unzumutbar.
Das Merkzeichen „RF“ würde voraussetzen, dass die Klägerin grundsätzlich an Besuch von Veranstaltungen gehindert wäre. Zwar ist eine Rückzugstendenz mit der seelischen Störung verbunden, aber nicht eine objektiv zu begründende Unmöglichkeit, öffentliche Veranstaltungen zu besuchen. Es reicht nicht aus, wenn bestimmte Veranstaltungen, die dazu angetan sind, bei empfänglichen Personen Panik auszulösen nicht aufgesucht werden können.
Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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