IT- und Medienrecht

notwendige Dringlichkeit für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

Aktenzeichen  39 O 9810/19

Datum:
29.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 18309
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 940

 

Leitsatz

1. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nicht mehr als dringlich anzusehen, wenn nach Kenntnis des zu beanstandenden und aus objektiver Sicht erfolgversprechend mit gerichtlicher Hilfe zu verfolgenden Verhaltens bzw. sich diesbezüglich aufdrängender Umstände in Kenntnis des dafür Verantwortlichen bis zur Antragstellung bei Gericht ein Zeitraum von mehr als einem Monat vergangen ist (OLG München BeckRS 2011, 8329). (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Dringlichkeit für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kann während des Verfahrens entfallen, z.B. durch das Stellen von Fristverlängerungs- oder Terminsverlegungsanträgen oder durch Unterlassen einer Begründung der Beschwerde innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist (OLG München WRP 1091, 533). (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 15.07.2019 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfügungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 50.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin beantragte am 15.07.2019, bei Gericht per Fax eingegangen am 16.07.2019 und im Original am 17.07.2019, den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der Antragsgegnerin verboten werden sollte, das elektronische Adressverzeichnis ( Adressverzeichnis mit Kliniken) der Antragstellerin, welches von Frau Laura Sen kopiert wurde, zu benutzen und/oder zu vervielfältigen.
Anlass für diesen Antrag war eine von Frau Sen unter der email-Adresse der Antragsgegnerin am 17.06.2019 an die Antragstellerin versandte Email, aus der sich nach Auffassung der Antragstellerin ergibt, dass ihr Adressverzeichnis von Frau Sen kopiert worden sein muss.
Die Kammer wies die Antragstellerin mit Verfügung vom 16.07.2019, der Antragstellerin per beA zugestellt am 17.07.2019, darauf hin, dass der Antrag unbestimmt sei und konkretisiert werden müsse, damit klar sei und nicht dem Vollstreckungsverfahren überlassen bleibe, welche Adressen zum Zeitpunkt des vermuteten Kopiervorgangs Gegenstand des Adressverzeichnisses waren.
Der Antragstellerin wurde zur Konkretisierung des Antrags eine Frist von einer Woche gesetzt.
Am 29.07.2019 rief der Antragstellerin bei der Vorsitzenden der Kammer an um nachzufragen, ob das kopierte Adressverzeichnis in Papierform vorgelegt werden müsse oder ob eine elektronische Vorlage auf einem Stick ausreichend sei.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war mangels Dringlichkeit zurückzuweisen.
Nach der Rechtsprechung beider mit Verfahren des gewerblichen Rechtsschutzes befasster Senate des Oberlandesgerichts München ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht mehr als dringlich anzusehen, wenn nach Kenntnis des zu beanstandenden und aus objektiver Sicht erfolgversprechend mit gerichtlicher Hilfe zu verfolgenden Verhaltens bzw. sich diesbezüglich aufdrängender Umstände in Kenntnis des dafür Verantwortlichen bis zur Antragstellung bei Gericht ein Zeitraum von mehr als einem Monat vergangen ist ( OLG München, Urteil vom 21. April 2011 – 6 U 4127/10 -, Rn. 41, juris mit weiteren Nachweisen).
Die Antragstellerin hat zwar zunächst diese Dringlichkeitsfrist noch gewahrt, indem sie den Antrag genau einen Monat nach Kenntniserlangung der angegriffenen Handlung am 16.07.2019 per Fax bei Gericht eingereicht hat.
Die Dringlichkeit kann aber auch noch während des Verfahrens entfallen, z.B. durch das Stellen von Fristverlängerungs- oder Terminsverlegungsanträgen oder durch Unterlassen einer Begründung der Beschwerde innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist (OLG München WRP 1981, 533).
Ein vergleichbarer Fall liegt hier vor. Die Antragstellerin hat dadurch, dass ihr Vertreter nicht sofort nach Erhalt der Verfügung der Kammer vom 16.07.2019, die ihm am 17.07.2019 per beA zugestellt wurde, bei der Kammer angefragt hat, in welcher Form das Adressverzeichnis vorgelegt werden müsse und deshalb den Antrag nicht innerhalb der vom Gericht hierzu gesetzten Frist konkretisiert hat, selbst gezeigt, dass ihr die Erlangung einer einstweiligen Verfügung nicht dringlich ist.

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