Aktenzeichen M 15 M 18.31321
VV RVG Nr. 7000, Nr. 7002
Leitsatz
1 Nach § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO können Behörden den Höchstsatz der Pauschale nur „an Stelle ihrer tatsächlich notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen“ fordern. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2 Zum Prozessverfahren (Erkenntnisverfahren) sind Nebenverfahren, wie das vorliegende Erinnerungsverfahren, nicht zuzurechnen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3 Juristische Personen des öffentlichen Rechts können die Pauschale gemäß Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG nicht geltend machen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte und Erinnerungsführerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.
Gründe
I.
Mit Beschluss vom 16. Oktober 2017 (M 15 K 16.36391) erging zusammen mit der Verfahrenseinstellung eine Kostenentscheidung, wonach die Parteien die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte tragen.
Auf den Kostenfestsetzungsantrag der Bevollmächtigten der Klägerin vom 5. November 2017 hin forderte die Kostenbeamtin die Beklagte zur Bekanntgabe etwaiger Einwände auf sowie dazu, ihre außergerichtlichen Parteiaufwendungen zum Zwecke des Kostenausgleichs einzureichen.
Mit Schreiben vom 20. November 2017 beantragte die Beklagte, Prozessaufwendungen im Rahmen des Kostenausgleichs zu berücksichtigen und machte Postauslagen entsprechend § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO in Höhe von … EUR geltend.
Auf schriftlichen Hinweis der Kostenbeamtin vom 22. November 2017, dass in der Gerichtsakte weder ein Schreiben der Beklagten noch ein Hinweis auf Post- und Telekommunikationsdienstleistungen enthalten sei und die Akte lediglich auf elektronischem Weg übermittelt worden sei, erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 28. November 2017, dass die Pauschale, auf die § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO verweise, keine Überprüfung des konkreten Aufwands erfordere. Der Beklagten seien außergerichtliche Kosten entstanden, ein Einzelnachweis sei nicht erforderlich. Zudem seien auch die Schriftsätze im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen, die postalisch übermittelt worden seien. Hilfsweise werde eine Gebühr nach Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG geltend gemacht.
Mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9. Januar 2018 (dem Bundesamt zugestellt am 12.1.2018) wurden die der Klägerin entstandenen notwendigen Aufwendungen auf … EUR festgesetzt, von denen die Beklagte nach dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts … vom 16. Oktober 2017 die Hälfte (* … EUR) zu tragen habe.
Die von der Beklagten geltend gemachten Kosten für Postauslagen wurden nicht berücksichtigt und zur Begründung ausgeführt, dass § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO voraussetze, dass tatsächliche notwendige Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen entstanden seien. In der Gerichtsakte sei weder ein Schreiben der Beklagten noch ein Hinweis auf Post- und Telekommunikationsdienstleistungen enthalten. Die Akte sei auf elektronischem Weg über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach, das den Nutzern kostenfrei zur Verfügung stehe, übermittelt worden. Die hilfsweise geltend gemachte Gebühr nach Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG scheide aus, da diese Vorschrift nur in Kombination mit Nr. 7000 Nr. 1 Buchstabe d VV RVG für die Herstellung und Überlassung von Kopien Anwendung finde.
Mit dem am 17. Januar 2018 bei Gericht eingegangenen Schreiben beantragte die Beklagte die Entscheidung des Gerichts.
Zur Begründung wurden im Wesentlichen die bereits mit Schreiben vom 28. November 2017 vorgetragenen Argumente wiederholt.
Die Kostenbeamtin half dem Antrag nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 16. März 2018 dem Gericht unter Beibehaltung ihrer im Kostenfestsetzungsbeschluss geäußerten Rechtsauffassung zur Entscheidung vor.
Die Klägerin hat sich zur Erinnerung nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem und im Verfahren M 15. K 16.36391 verwiesen.
II.
Die Kostenerinnerung ist zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Kostenfestsetzungsbeschlusses erhoben (§§ 165, 151 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Sie ist jedoch nicht begründet. Die Urkundsbeamtin hat die Festsetzung der Pauschale für Post- und Telekommunikationsleistungen i.H.v. … EUR zu Recht abgelehnt.
Ein Anspruch des Bundesamts aus Nr. 7002 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) ergibt sich insoweit nicht. Nach § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO können Behörden den Höchstsatz der Pauschale nur „an Stelle ihrer tatsächlich notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen“ fordern. Auch nach Nr. 7002 Abs. 1 VV RVG besteht der Anspruch auf die erhöhte Pauschale nur „an Stelle der tatsächlichen Auslagen nach Nummer 7001“. Das Bundesamt hatte aber mangels Äußerung im Asylklageverfahren keine Aufwendungen oder Auslagen. Zum Prozessverfahren (Erkenntnisverfahren) sind Nebenverfahren, wie das vorliegende Erinnerungsverfahren, nicht zuzurechnen. Aber auch nach Abschluss des Prozessverfahrens im Zusammenhang mit der notwendigerweise zu erfolgenden Abwicklung der Kostenerstattung anfallende Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen sind keine solchen zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung.
Auch eine Gebühr nach Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG kann nicht geltend gemacht werden, weil juristische Personen des öffentlichen Rechts diese Pauschale nicht geltend machen können (vgl. § 1 RVG; SG Fulda, B.v. 4.4.2016 – S 4 SF 45/15 E – juris Rn. 18). Die Erstattungsmöglichkeit des § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass bei Behörden die Kosten der Prozessführung generell nicht erstattet werden (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 162 Rn. 3).
Die Entscheidung über die Kostentragung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.