IT- und Medienrecht

Rechtmäßige Rundfunkbeiträge

Aktenzeichen  M 26 S 16.61

Datum:
28.1.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 V, VI 1, 88
BayVwVfG BayVwVfG Art. 37 V
RBStV RBStV § 2 I, 9 II

 

Leitsatz

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 44,10 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Im Rahmen des einmaligen Meldedatenabgleichs wurde der Antragsteller vom Antragsgegner als Inhaber einer Wohnung ermittelt. Nachdem der Antragsteller Auskunftsersuchen des Antragsgegners nicht nachkam, meldete ihn dieser rückwirkend zum … Januar 2013 als Beitragspflichtigen an. Mit Schreiben vom … Dezember 2013 informierte der Antragsgegner den Antragsteller hierüber.
Gegen den Antragsteller wurden in der Folgezeit wiederholt rückständige Rundfunkbeiträge und Säumniszuschläge festgesetzt. In Bezug auf die Bescheide vom … Mai 2014 (über a. EUR für Januar 2013 bis Dezember 2013) und … Juni 2014 (über b. EUR für Januar 2014 bis März 2014) leitete der Antragsgegner mit dem Vollstreckungsersuchen vom … September 2014 an das Amtsgericht A. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ein. Gegen Bescheide vom … September 2014 (für April 2014 bis Juni 2014) und … März 2015 (für Juli 2014 bis September 2014) über jeweils b. EUR legte der Antragssteller mit Schreiben vom … September 2014 und … März 2015 Widersprüche ein, über die der Aktenlage nach noch nicht entschieden wurde.
Weitere Bescheide, mit denen jeweils rückständige Rundfunkbeiträge und ein Säumniszuschlag von c. EUR festgesetzt wurden, ergingen am … Mai 2015 (über d. EUR für Oktober 2014 bis März 2015), … Juli 2015 (über e. EUR für April 2015 bis Juni 2015) und … Oktober 2015 (über e. EUR für Juli 2015 bis September 2015). Gegen die Bescheide vom … Mai 2015 und … Oktober 2015 legte der Antragsteller jeweils Widerspruch ein (Schreiben vom …5.2015 und …10.2015). Zur Begründung teilte er mit, dass er dem Vertrag nicht zugestimmt habe. Er erläuterte ausführlich, worin aus seiner Sicht Formfehler der angegriffenen Bescheide bestünden, weshalb auch eine Zwangsvollstreckung unzulässig sei. Außerdem verwies er auf Gutachten zur Verfassungswidrigkeit des Rundfunkbeitrags und übte Kritik am Fernsehprogramm.
Mit Widerspruchsbescheid vom … Dezember 2015 wies der Antragsgegner die Widersprüche des Antragstellers gegen die Bescheide vom … Mai 2015 und … Oktober 2015 zurück.
Mit Schriftsatz vom … Januar 2015, der am selben Tag beim Bayerischen Verwaltungsgericht München einging, beantragte der Antragsteller, die Bescheide des Antragsgegners vom … Mai 2015 und … Oktober 2015 sowie den Widerspruchsbescheid (Eingang …12.2015) aufzuheben, außerdem, den Antragsteller beitragsfrei zu stellen. Daneben beantragte er,
dem Antragsgegner die angedrohte Vollstreckung bis zur endgültigen gerichtlichen Entscheidung in der Sache zu untersagen.
Zur Begründung trug er vor, die Bescheide verletzten die Rechte und Grundrechte des Antragstellers. Für die Begründung der Klage erbitte er sich eine ausreichend lange Frist.
Der Antragsgegner legte mit Schriftsatz vom … Januar 2015 seine Verwaltungsakte vor und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung verwies er auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Mit Beschluss vom … Januar 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Einzelrichterin übertragen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren M 26 K 16.60 sowie auf die Akte des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO).
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg.
1. Das als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu verstehende Begehren des Antragstellers, dem Antragsgegner die angedrohte Vollstreckung bis zur endgültigen Entscheidung in der Sache zu untersagen (§ 88 VwGO analog) ist mangels Durchführung des Verfahrens nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO bereits unzulässig.
§ 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO regelt eine Zugangsvoraussetzung zur Entlastung der Verwaltungsgerichte, die nicht nachholbar ist und deshalb bereits bei Rechtshängigkeit des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens vorliegen muss. Danach ist bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Dies gilt nur dann nicht, wenn entweder die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder eine Vollstreckung droht (s. § 80 Abs. 6 Satz 2 VwGO).
Der Antragsteller hat keinen Aussetzungsantrag beim Antragsgegner gestellt. Hiervon hätte er in Bezug auf die Bescheide vom … Mai 2015 und … Oktober 2015 nicht absehen dürfen, da noch nicht deren Vollstreckung drohte. Es war vom Antragsgegner hinsichtlich der streitgegenständlichen Bescheide weder der Beginn von Vollstreckungsmaßnahmen für einen unmittelbar bevorstehenden Termin angekündigt, noch liefen Vorbereitungen für eine alsbaldige Vollstreckung. Dass die Behörde zu erkennen gibt, dass sie die Vollziehung eines Abgabenbescheids nicht von sich aus aussetzen will, genügt grundsätzlich noch nicht, ebenso nicht der formularmäßige Hinweis auf Vollstreckung bei nicht fristgerechter Zahlung (vgl. VGH BW, B.v. 28.2.2011 – 2 S 107/11 – juris; BayVGH, B.v. 18.2.2010 – 10 CS 09.3204 – juris).
2. Der Antrag ist im Übrigen auch unbegründet, nachdem nach dem Ergebnis der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung die gegen die Bescheide des Antragsgegners vom … Mai 2015 und … Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … Dezember 2015 gerichtete Klage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. In einem solchen Fall überwiegt das Vollzugsinteresse und es hat bei der kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) bestehenden sofortigen Vollziehbarkeit dieser Bescheide zu verbleiben (vgl. auch BayVGH, B.v. 3.12.2015 – 7 AS 15. 2585 – juris).
Die Bescheide sind nach allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsverfahrensrechts formell rechtmäßig. Insbesondere ist der Antragsgegner als die den Bescheid erlassende Stelle ohne weiteres erkennbar (zur Erledigung von Verwaltungsaufgaben des Bayerischen Rundfunks durch den ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice s. § 10 Abs. 7 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – RBStV – i. V. m. § 2 der Satzung über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge – Rundfunkbeitragssatzung). Sie mussten auch nicht unterschrieben sein (Art. 37 Abs. 5 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG – analog). In Bezug auf die Einwendungen des Antragstellers zu den Rechtsbehelfsbelehrungen ist anzumerken, dass die Bescheide selbst dann nicht (formell) rechtswidrig wären, wenn ihnen überhaupt keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt wäre. Dies hätte lediglich Auswirkungen auf die Rechtsbehelfsfrist. Die Rechtsbehelfsbelehrungen sind im Übrigen zutreffend und auch sonst nicht zu beanstanden.
Mit den streitgegenständlichen Bescheiden hat der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller für die darin genannten Zeiträume auch materiell rechtmäßig Rundfunkbeiträge und Säumniszuschläge festgesetzt. Der Antragsteller war als Inhaber einer Wohnung nach § 2 Abs. 1 RBStV verpflichtet, Rundfunkbeiträge – wie festgesetzt – zu entrichten. Einer Zustimmung des Antragstellers bedurfte es nicht. Dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag kommt nach dem Zustimmungsbeschluss des Bayerischen Landtags vom 17. Mai 2011 die Wirkung eines bayerischen Landesgesetzes zu. Die Festsetzung eines Säumniszuschlags von jeweils c. EUR beruht auf § 9 Abs. 2 RBStV i. V. m. § 11 Abs. 1 Rundfunkbeitragssatzung und ist ebenfalls zu Recht erfolgt.
Zu den verfassungsrechtlichen Einwendungen des Antragstellers ist darauf zu verweisen, dass das erkennende Gericht seit der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs zur Vereinbarkeit des Rundfunkbeitrags mit der Bayerischen Verfassung (E.v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 – juris) in ständiger Rechtsprechung alle Klagen und Eilanträge im Rundfunkbeitragsrecht abgewiesen bzw. abgelehnt hat, mit denen im engeren oder weiteren Sinne ausschließlich die Verfassungswidrigkeit der Rundfunkbeitragserhebung geltend gemacht wurde. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat schon mehrfach entschieden, dass die Anknüpfung der Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags an das Innehaben einer Wohnung nicht zu beanstanden ist und der Rundfunkbeitrag auch sonst keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (ständige Rechtsprechung des BayVGH seit U.v. 19.6.2015 – 7 BV 14.1707 – juris). Im Übrigen gibt es trotz der Vielzahl der in ganz Deutschland gestellten Rechtsschutzanträge gegen den Rundfunkbeitrag und der in der Literatur vertretenen anderen Auffassungen (u. a. Degenhart, Rechtsgutachten: Verfassungsfragen des Betriebsstättenbeitrags nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag der Länder, 2013, und Terschüren, Die Reform der Rundfunkfinanzierung in Deutschland) keine verwaltungsgerichtliche Entscheidung, in der die Verfassungswidrigkeit des Rundfunkbeitrags bejaht wird.
Auch soweit der Antragsteller Kritik am Fernsehprogramm äußert, lässt sich hieraus nicht die Rechtswidrigkeit der Erhebung des Rundfunkbeitrags ableiten. Es ist nicht Aufgabe dieses Gerichts, über die Qualität öffentlich-rechtlicher Programminhalte zu befinden (s. BayVGH, U.v. 19.6.2015 a. a. O. Rn. 36 f.; OVG NW, U.v. 12.3.2015 – 2 A 2423/14 – juris Rn. 71).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Rechtsgrundlage in § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG.

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