Aktenzeichen 33 O 2806/17
UWG UWG § 8 Abs. 4
ZPO ZPO § 138
Leitsatz
1 Das Verlangen nach Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung, die mit einer unangemessen hohen Vertragsstrafe bewehrt ist, kann grundsätzlich ein Indiz für missbräuchliches Verhalten darstellen. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Vertragsstrafeversprechen in Höhe von 20.000 € in einer Unterlassungsverpflichtungserklärung wegen behauptet unzulässiger Äußerungen im Streit zwischen im Kapitalanlagerecht tätigen Rechtsanwaltskanzleien ist unangemessen hoch. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
3 Beantragt der Antragsteller eine Beschlussverfügung ohne Beteiligung des Antragsgegners, ohne dem Gericht eine Abmahnungserwiderung vorzulegen, spricht dies ebenfalls für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen. (Rn. 56 – 64) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
IV. Der Streitwert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung war aufgrund rechtsmissbräuchlichen Verhaltens gemäß § 8 Abs. 4 UWG bzw. § 242 BGB als unzulässig zurückzuweisen.
A.
Der Antrag war entgegen der Ansicht der Antragsgegner hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 ZPO: Das Bestimmtheitsgebot erfordert, dass der Schuldner die Möglichkeit hat, allein anhand des Titels zu erkennen, welches Verhalten ihm verboten wird; die Entscheidung darüber darf nicht dem Vollstreckungsgericht überlassen werden (Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 12 Rdnr. 2.35).
Dies ist angesichts der gewählten Antragsfassung gewährleistet: Für die Antragsgegner ist klar zu erkennen, dass die konkret angegriffenen Textpassagen weder in dieser Form geäußert noch verbreitet werden dürfen, insbesondere wenn dies geschieht wie in Anlage 2. Eine Unsicherheit zu Lasten der Antragsgegner vermag die erkennende Kammer nicht zu erkennen.
Der Antrag stellt auch keine unzulässige Verallgemeinerung dar, da die Antragsteller im zuletzt gestellten Antrag diesen ausdrücklich auf die konkrete angegriffene Verletzungsform beschränkten.
B.
Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG ist nicht widerlegt; das Verhalten der Antragsteller im Laufe des Verfahrens war nicht dringlichkeitsschädlich.
Ob dringlichkeitsschädliches Verhalten vorliegt, ist anhand einer Gesamtbetrachtung aller Umstände zu beurteilen: Weder die Wahl des Gerichtsstandes noch der Zeitpunkt des Verweisungsantrages führen zu dem Ergebnis, dass von einem dringlichkeitsschädlichen Verhalten der Antragsteller auszugehen ist.
Selbst das Einreichen eines Antrags bei einem eindeutig unzulässigen Gericht ist nicht als dringlichkeitsschädlich zu werten (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Auflage, § 12 Rn 3.16 a). Das Ausnutzen einer durch einen Richter für den konkreten Einzelfall gesetzten Frist vermag diesen Vorwurf ebenso nicht zu begründen.
Auch die erst im Verlauf des Verfahrens ausführlicher erfolgte Begründung des Unterlassungsanspruches mit den Normen des UWG ist nicht dringlichkeitsschädlich: Sofern innerhalb eines Streitgegenstand die rechtliche Begründung im Verlauf des Verfahrens geändert wird, ist die Dringlichkeit weiterhin gewahrt (Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Auflage, § 12 Rn 117). Nach der ständigen Rechtsprechung wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGH, NJW 2012, 1449 – Branchenbuch Berg). Vorliegend hatten die Antragsteller bereits mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung den für die Beurteilung unter verschiedenen Gesichtspunkten relevanten Lebenssachverhalt vollständig vorgetragen, so dass es sich bei den späteren rechtlichen Ausführungen zur Wettbewerbswidrigkeit lediglich um die Anwendung konkreter Vorschriften, jedoch nicht um neuen Lebenssachverhalt handelte; der Antrag blieb dabei im Wesentlichen unverändert.
C.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war jedoch als unzulässig zurückzuweisen, da er rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG bzw. § 242 BGB war (vgl. BGH, GRUR 2012, 730 Tz 47 – Bauheizgerät, Köhler/Bornkamm-Köhler/Feddersen, UWG, 35. Auflage, § 8 Rn. 4.3).
I. Nach § 8 Abs. 4 UWG ist die Geltendmachung der in § 8 Abs. 1 UWG bezeichneten Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung einer unzulässigen geschäftlichen Handlung unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, wobei die Annahme eines derartigen Rechtsmissbrauchs eine sorgfältige Prüfung und Abwägung der maßgeblichen Einzelumstände erfordert: Dabei ist vor allem auf das Verhalten des Gläubigers bei der Verfolgung des Verstoßes abzustellen; ebenso zu berücksichtigen sind aber auch die Art und Schwere des Wettbewerbsverstoßes sowie das Verhalten des Schuldners nach dem Verstoß (BGH GRUR 2012, 730, 731 – Bauheizgerät, Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, 4. Auflage, § 8 Rn 644 m.w.N.). Ein Missbrauch liegt dabei insbesondere vor, wenn die Anspruchsberechtigten mit der Geltendmachung ihrer Ansprüche überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgen und diese als eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen; ein vollständiges Zurücktreten legitimer wettbewerbsrechtlicher Ziele ist dabei nicht erforderlich (Köhler/Bornkamm-Köhler/Feddersen, UWG, 35. Auflage, § 8 Rn. 4.10 mit zahlreichen Nachweisen).
II. Aufgrund der Gesamtabwägung aller Umstände gelangt die Kammer zu der Überzeugung, dass die Antragsteller im vorliegenden Fall aufgrund ihrer konkreten Vorgehensweise rechtsmissbräuchlich und nicht mehr in Wahrnehmung ihrer berechtigten Interessen gehandelt haben.
1. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die Antragsteller auf dem stark umkämpften Markt der Rechtsberatung in Kapitalanlagesachen zu einem kritischen Zeitpunkt (vor einer wichtigen Gläubigerversammlung) sich erheblichen Vorwürfen durch die Antragsgegner ausgesetzt sahen, wobei sie zumindest subjektiv davon ausgehen durften, dass die Äußerungen gegenüber einer Vielzahl von Anlegern getätigt wurden. Es sprechen erhebliche Argumente dafür, dass aufgrund der konkreten Wortwahl („Manipulation“) die streitgegenständliche Äußerung der Antragsgegner gegen §§ 3, 4 Nr. 1 UWG verstieß, was jedoch im Ergebnis offen bleiben kann. Die Antragsteller fürchteten somit um ihren guten Ruf, welcher gerade in dem auf Vertrauen basierenden Bereich der Rechtsberatung von besonderer Bedeutung ist, da die Äußerungen der Antragsgegner als Vorwurf standeswidrigen wie auch strafrechtlich relevanten Verhaltens verstanden werden könne: Insbesondere stand der Vorwurf im Raum, dass die Antragsgegner entgegen der ureigenen Pflicht eines Rechtsanwaltes, der bestmöglichen Vertretung der Interessen seines Mandanten, vorgingen und sich vielmehr von den Interessen der Initiatoren des Anlegermodells leiten ließen. Ebenso wurde berücksichtigt, dass faktisch keine Beschlussverfügung erging, sondern Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt und somit die Antragsgegner Gelegenheit zur Äußerung erhielten, die sie auch bereits im Wege der Schutzschrift ausgeübt hatten.
2. Selbst wenn man zu Gunsten der Antragsteller unterstellt, dass es sich bei den streitgegenständlichen Äußerungen weder um zulässige Wertungen noch um wahre Tatsachenbehauptungen bzw. den Wertungen zugrunde liegende wahre Tatsachenkerne handelte, kann die konkrete Vorgehensweise nicht mehr als zulässige Form der effektiven und nachdrücklichen Durchsetzung eigener Rechte angesehen werden, da sie gegen diverse Grundsätze des Wettbewerbs- bzw. Verfahrensrechts verstieß und somit in der Gesamtbetrachtung als rechtsmissbräuchlich zu werten war.
a) Die Antragsteller legten den Antragsgegnern eine Unterlassungsverpflichtungserklärung vor, in der sie für den Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe von 20.000 € forderten.
Das Verlangen nach Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung, die mit einer unangemessen hohen Vertragsstrafe bewehrt ist, kann grundsätzlich ein Indiz für missbräuchliches Verhalten darstellen (vgl. BGH MMR 2012, 820 – Bauheizgerät, Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, 4. Auflage, § 8 Rn 672 f m.w.N.).
Die Kammer sieht auch in Anbetracht der möglichen Verbreitung der streitgegenständlichen Äußerung an 3.600 Anleger sowie des Angriffs auf den guten Ruf eines Rechtsanwaltes das vorgeschlagene Vertragsstrafeversprechen als unangemessen überhöht an.
Ein Vertragsstrafeversprechen in Höhe von 20.000 € geht weit über das hinaus, was der auf Wettbewerbs- und Markenrecht spezialisierten erkennenden Kammer aus vergleichbaren lauterkeitsrechtlichen Vertragsstrafeversprechen geläufig ist und übersteigt insbesondere auch noch übliche kennzeichenrechtliche Vertragsstrafeversprechen, die in der Regel aufgrund der Beeinträchtigung eines Ausschließlichkeitsrechtes höher angesetzt werden. Vergleichbaren Verfahren mit niedrigeren Vertragsstrafeversprechen liegen aber häufig die Verbreitung von Äußerungen im Internet, d.h. weltweit, zu Grunde, bei denen von einem vergleichsweise höheren Angriffsfaktor auszugehen ist. In Kennzeichenstreitsachen wiederum sind ebenso z.B. durch Inverkehrbringen von Fälschungen sowohl der gute Ruf als auch unmittelbar die Absatzmöglichkeiten betroffen und dennoch werden zumeist erheblich geringere Vertragsstrafeversprechen gefordert.
b) In Ziff. 2 der geforderten Unterlassungserklärung forderten die Antragsteller für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine von den Antragsgegnern gesamtschuldnerisch zu tragende Vertragsstrafe.
Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Vertragsstrafe unabhängig vom jeweiligen Verursachungsbeitrag gesamtschuldnerisch von beiden Antragsgegnern versprochen werden soll.
c) Hinzu kommt, dass die Antragsteller die Zurücksendung der beigefügten Unterlassungsverpflichtungserklärung forderten und so suggerierten, dass nur die Abgabe dieser Erklärung aus ihrer Sicht wirksam eine Wiederholungsgefahr ausräumen würde.
d) Mit der Abmahnung machte der Antragsteller eigene Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.511,90 € geltend.
Ein Rechtsanwalt, der sich selbst für die Abmahnung eines unschwer zu erkennenden Wettbewerbsverstoßes mandatiert, kann keine Abmahnkosten beanspruchen (Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG, 35. Auflage, § 12 Rn. 1.114 unter Berufung auf BGH GRUR 2004, 789 – Selbstauftrag): Vorliegend waren für den Ausspruch einer Abmahnung keine besonderen lauterkeitsrechtlichen Kenntnisse erforderlich; vielmehr kam es auf die grundlegende Differenzierung zwischen Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung sowie die Beurteilung der entsprechenden Tatsachengrundlage an, die hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes am besten durch die Antragsteller selbst vorgenommen werden konnte.
e) Zeitgleich mit der Abmahnung an die Antragsgegner übersandten die Antragsteller eine Stellungnahme zu den streitgegenständlichen Vorwürfen an die Redaktion der Internetseite d….de, in welcher sie sich sowohl gegen die erhobenen Vorwürfe verteidigten als auch die Antragsgegner des strafbaren Verhaltens gegenüber den Antragstellern bezichtigten. Die Antragsgegner übten damit nicht nur ein etwaiges Recht zum Gegenschlag aus, sondern nahmen den Antragsgegnern auch die Möglichkeit innerhalb der von den Antragstellern gesetzten Frist von den angegriffenen Behauptungen Abstand zu nehmen, ohne dass eine breite Öffentlichkeit zuvor über den seitens der Antragsteller scharf kritisierten Verhaltens informiert wurde.
f) Die innerhalb der in der Abmahnung vorgegebenen Frist eingegangene Abmahnungserwiderung wurde weder mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht M… eingereicht noch nach Rückkehr des bis 20.01.2017 kanzleiabwesenden Antragsgegners zu 1) nachgereicht, obwohl der Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung beantragt worden war.
(1) In § 937 Abs. 2 ZPO geht das Gesetz davon aus, dass die Entscheidung über den Verfügungsantrag aufgrund einer mündlichen Verhandlung den Regelfall darstellt und hiervon in besonders dringenden Fällen, in denen für den Antragsteller nach seinem glaubhaft gemachten Vorbringen die mit der Terminsanberaumung verbundene Verzögerung nicht hinnehmbar ist, abgewichen werden kann. Die gerichtliche Praxis im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes negiert diesen Grundsatz weitgehend, da die Beschlussverfügung in diesem Bereich den Regelfall darstellt und eine mündliche Verhandlung meist nur dann anberaumt wird, wenn es sich um einen umfangreichen oder komplex gelagerten Sachverhalt handelt, eine Zurückweisung des Antrags im Beschlusswege nicht in Betracht kommt oder aus sonstigen Gründen eine mündliche Verhandlung angezeigt erscheint. Das gesetzliche Regel-Ausnahmeverhältnis wird damit umgekehrt, wobei im Rahmen des dem Gericht zustehenden Ermessens eine Interessenabwägung für erforderlich gehalten wird, welche Nachteile und Beeinträchtigungen der Antragsgegner erleiden kann, wenn ohne, mündliche Verhandlung entschieden wird und sein Anspruch auf rechtliches Gehör nur in einem nachfolgenden Widerspruchsverfahren gewahrt werden kann. Ebenso sei zu berücksichtigen, ob aufgrund der eindeutigen Sachlage hinsichtlich der Beurteilung des Verfügungsanspruchs damit gerechnet werden kann, dass die Beschlussverfügung mangels erheblicher Einwendungen des Antragsgegners voraussichtlich Bestand haben wird und deshalb die mit einer Terminierung verbundene Zeitverzögerung den Erlass des erstrebten Verbots somit nur hinauszögern würde. Bei der Frage, ob die Interessenlage der Parteien eine Entscheidung im Beschlusswege – insbesondere eine solche ohne Anhörung des Antragsgegners – erfordert bzw. sachgerecht erscheinen lässt, ist auch zu berücksichtigen, ob zuvor eine Abmahnung erfolgt ist und der Antragsgegner daher die Möglichkeit hatte, sich gegenüber dem Abmahnenden zu äußern (vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Retzer, UWG, 4. Auflage, § 12 Rdnr. 374 ff.; LG München I, Urteil vom 24.01.2017, 33 O 7366/16).
Ein Fall des Rechtsmissbrauchs läge jedenfalls in der Titelerschleichung unter Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht (vgl. zur Titelerschleichung MüKo/Braun, ZPO, 5. Auflage, Vor § 578 Rdnr. 12).
(2) Die Antragsteller wollten die Möglichkeit einer Beschlussverfügung ohne Beteiligung der Antragsgegner wahrnehmen und beantragten diese ausdrücklich.
Obwohl die Antragsteller aufgrund ihrer Wahrheitspflicht gemäß § 138 ZPO dazu verpflichtet und auch noch ausdrücklich in der Abmahnungserwiderung der Antragsgegner in Fettdruck dazu aufgefordert worden waren, legten sie die Abmahnungserwiderung dem angerufenen Gericht nicht vor bzw. reichten diese auch nicht zeitnah nach. Die von den Antragsgegnern erhobenen Einwendungen wurden somit entgegen § 138 ZPO nicht in das Verfahren eingeführt; es bestand die Gefahr, dass sie bei der Entscheidung des Gerichts unberücksichtigt geblieben wären.
Von der Schutzschrift der Antragsgegner erhielten die Antragsteller erst am 31.1.2017 Kenntnis; die Antragsteller mussten somit bis zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen, dass die Einwendungen der Antragsgegner dem angerufenen Gericht nicht bekannt waren.
Das Vorgehen kann nicht als einfaches Büroversehen oder Nachlässigkeit abgetan werden: Sofern der nach eigenem Sachvortrag alleinige Sachbearbeiter (der Antragsgegner zu 1) quasi während der gesamten in der Abmahnung gesetzten Frist kanzleiabwesend war und bereits deshalb der Verfügungsantrag vorbereitet hatte, hätte er entsprechende Vorkehrungen treffen müssen, dass in dieser Sache eingehende Schriftsätze ihm zur Kenntnis gebracht oder einen zur Entscheidung befugten Vertreter vorgelegt werden. Dies gilt umso mehr, da eine Abmahnung gerade die Abgabe einer Unterlassungserklärung einfordert und ein Instrument zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens darstellt.
Sofern ausdrücklich eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung beantragt wurde, brachten die Antragsteller gerade zum Ausdruck, dass sie aufgrund der Dringlichkeit ein Verfahren ohne Beteiligung der Antragsgegner wünschten und unterließen dennoch die Weiterleitung der Abmahnungserwiderung.
Es kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob die Nichtvorlage der Abmahnungsbeantwortung in der Antragsschrift entgegen den üblichen Gepflogenheiten und entgegen der ausdrücklichen Bitte der Antragsgegnervertreter in dem genannten Schreiben grundsätzlich als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Im vorliegenden Fall ist – neben den bereits genannten anderweitigen Umständen – zu beachten, dass die Antragsgegner nicht pauschal die Abgabe einer Unterlassungserklärung verweigerten, sondern sich umfassend und detailliert mit den streitgegenständlichen Äußerungen sowie den Vorgehen gegen diese tatsächlich wie auch rechtlich auseinandersetzten. Die Erwiderung war demnach in besonderem Maße dazu geeignet, die Positionen der Antragsgegner zu erläutern und bei einer Entscheidung des Gerichts im Hinblick auf die zu wählende Verfahrensart (Beschlussverfügung oder mündliche Verhandlung) wie auch die Beurteilung der Äußerungen berücksichtigt zu werden.
III. In Anbetracht all dieser Umstände kommt die erkennende Kammer auch unter besonderer Berücksichtigung des erheblichen Interesses der Antragsteller an einer Unterlassung insbesondere aufgrund des Überziehens der Antragsgegner mit überzogenen Forderungen, des öffentlichen Anprangerns sowie dem Versuch, deren Beteiligung am Verfügungsverfahren zu verhindern, zu dem Ergebnis, dass die Antragsteller nicht an der Durchsetzung ihrer etwaigen Unterlassungsansprüche im Rahmen eines geordneten Verfügungsverfahrens interessiert waren, sondern um jeden Preis ihre bereits bestehenden oder potentiellen Mandate und somit Verdienstmöglichkeiten im Zusammenhang mit der E… O… mbH & Co. KH sowie L… C… GmbH & Co. KG sichern wollten.
IV. Zum selben Ergebnis gelangt man gemäß § 242 BGB hinsichtlich der nicht-lauterkeitsrechtlichen Ansprüche: Umstände, die im Rahmen des § 8 Abs. 4 UWG einen Rechtsmissbrauch begründen, können zur Begründung rechtsmissbräuchlichen Verhaltens im Sinne des § 242 BGB grundsätzlich herangezogen werden (BGH, MMR 2012, 672 Tz 21 – Missbräuchliche Vertragsstrafe, Köhler/Bornkamm-Köhler/Feddersen, UWG, 35. Auflage, § 8 Rn. 4.8), sofern sie im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Anspruch stehen. Insbesondere kann die zu § 8 Abs. 4 UWG entwickelte Rechtsprechung herangezogen werden, wenn sie nicht Besonderheiten des UWG betrifft: Die entwickelten Grundsätze stellen nicht nur Sonderregelungen des UWG dar, sondern sind zugleich Ausdruck des dem § 8 Abs. 4 UWG zugrunde liegenden allgemeinen Grundsatzes der Unzulässigkeit rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Auflage, 13. Kapitel Rn 47 a).
Selbst wenn im Rahmen des § 242 BGB zum Teil höhere Anforderungen gestellt werden (vgl. OLG Frankfurt, GRUR-RR 2008, 96 – identifizierende Berichterstattung), ist vorliegend auch von rechtsmissbräuchlichem Verhalten im Sinne des § 242 BGB auszugehen.
1. Auch nach allgemeinen Grundsätzen kann die Ausübung eines Rechts im Einzelfall unzulässig sein, wenn der Berechtigte kein schutzwürdiges Eigeninteresse verfolgt oder überwiegende schutzwürdige Interessen der Gegenpartei entgegenstehen und die Rechtsausübung im Einzelfall zu einem grob unbilligen, mit der Gerechtigkeit nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde (Jauernig/Mansel, BGB, § 242 Rn. 37, beck-online). Darunter werden u.a. auch Fälle gefasst, in denen der Gläubiger seine eigenen Interessen unter gröblicher Verletzung der ihm dem Schuldner gegenüber obliegenden Rücksichtspflicht durchsetzt (a.a.O., Rn 43).
2. Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Antragsteller und Antragsgegner Wettbewerber sind, und letztere – zu Gunsten der Antragsteller unterstellt – wettbewerbswidrig gehandelt haben, stellt die konkrete Vorgehensweise der Antragsteller keine legitime Verfolgung eigener Interessen mehr da.
Die Antragsgegner traf angesichts der von ihnen gewählten gerichtlichen Vorgehensweise (Beantragung einer Beschlussverfügung) jedenfalls eine gewisse Rücksichtnahmepflicht auf die Belange der Antragsgegner, die ebenso in der prozessualen Wahrheitspflicht gem. § 138 ZPO begründet liegt.
Unter Berücksichtigung all der unter C.II.2. genannten Umstände kommt die Kammer zu der Überzeugung, dass die Antragsteller aufgrund der konkreten Form der Vorgehensweise, ihre eigenen monetären Interessen gegenüber der Durchsetzung eines Unterlassungsanspruches im Wege eines geordneten Verfahrens in den Vordergrund rückten und dabei versuchten, die Rechtsposition der Antragsgegner gegenüber dem Gericht unberücksichtigt zu lassen, so dass die Rechtsausübung unter Berücksichtigung aller auch im Vorfeld erfolgten Maßnahmen im Verfügungsverfahren grob unbillig erscheint.
D.
Die Androhung von Ordnungsmitteln (Ziff. 2 des Antrages) kommt mangels zugrunde liegenden Verbots ebenso nicht in Betracht.
E.
Die Kostenfolge beruht auf § 91 ZPO; der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.