Aktenzeichen M 9 K 18.5199
VwGO § 43, § 91 Abs. 1, § 124, § 124a Abs. 4
BayBO Art. 55 Abs. 1, Art. 57
RDGEG § 3, § 5
ZeS § 3 Abs. 3 Nr. 5
Leitsatz
1. Besteht Streit, ob eine Nutzung unter das Zweckentfremdungsverbot fällt, kann dies mit der Feststellungsklage gerichtlich geklärt werden. Dagegen besteht kein Anspruch, dass die Behörde die Zulässigkeit einer Nutzung durch einen feststellenden Verwaltungsakt bestätigt. (Rn. 19 und 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Anspruch auf Herausgabe der Daten des Melders des Verdachts einer Zweckentfremdung besteht nicht, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er wider besseres Wissen falsche Anschuldigen erhoben hat. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die Klage bleibt erfolglos.
Sie ist im Antrag zu Ziff. I bereits unzulässig (1.), im Übrigen unbegründet (2.).
1. Der nach § 91 Abs. 1 VwGO durch Einwilligung der Beklagten zulässig geänderte Klageantrag zu Ziff. I ist unzulässig mangels Rechtsschutzbedürfnisses.
Dies gilt für alle Lesarten des offen formulierten klägerischen Antrags.
Im Hinblick auf das konkrete Ermittlungsverfahren ist das Klageziel mit den Erklärungen der Beklagten vom 10. Dezember 2019 und vom 8. Januar 2020 bereits erreicht, wurde doch schriftlich/zur Niederschrift des Gerichts klargestellt, dass nach den Feststellungen der Beklagten vor Ort keine Zweckentfremdung von Wohnraum vorliegt. Diese Aussagen stellen “rechtsverbindliche Erklärungen”, wie sie von Klägerseite gefordert wurden, dar.
Ein diesbezügliches Bedürfnis bzw. eine diesbezügliche Notwendigkeit für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes wäre im Übrigen bestenfalls dann anzuerkennen, wenn die Beklagte – nach durchgeführter Ortseinsicht – eine Erklärung des Inhalts abgegeben hätte, dass die Einheit ihrer Ansicht nach zweckfremd genutzt werde. Das aber hat sie gerade nicht getan. Selbst für den Fall einer entsprechenden Aussage der Beklagten hätten der Kläger bzw. seine Bevollmächtigte nach der obergerichtlichen Rechtsprechung weiter zur gerichtlichen Durchsetzung ihrer Interessen die falsche Klageart gewählt: Nach BayVGH, U.v. 2.9.1986 – 26 B 83 A. 2240 – NVwZ 1988, 944, kommt (nur) eine Feststellungsklage, § 43 VwGO, in Betracht, wenn eine vor ins Werk setzen der Nutzung eingeholte Auskunft ergeben hätte, dass zwischen den Beteiligten streitig ist, ob die Nutzung eine Zweckentfremdung darstellt. Dass der Kläger sich ohnehin nicht vor Aufnahme der Nutzung an die Behörde wandte, ist deshalb nur ergänzend zu erwähnen.
Wenn die Klägerseite darüber hinaus einen (feststellenden) Verwaltungsakt entsprechenden Inhalts in Bescheidform begehren sollte, so ist ihr entgegenzuhalten, dass keine Rechtsgrundlage existiert, die der Behörde das Recht hierzu einräumte. Der Rechtsordnung ist auch kein generelles (Gewohnheits-) Recht dahingehend zu entnehmen, dass eine Behörde einem Antragsteller “rechtsverbindlich” mittels Verwaltungsakt (“Negativ-Bescheid”) bestätigen müsste – oder dürfte -, dass ein bestimmtes Vorhaben oder eine bestimmte Praxis zulässig ist (vgl. statt aller BayVGH, a. a. O.). Die in § 4 Abs. 2 der Satzung der Beklagten über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) gewählte Regelungstechnik ist bspw. Art. 55 Abs. 1, Art. 57 BayBO vergleichbar; auch der Bauherr aber kann keinen “Negativ-Bescheid” über die Verfahrensfreiheit seines Vorhabens verlangen. Diesbezüglich ist wiederum darauf hinzuweisen, dass es selbst unter Annahme eines solchen Rechts an der notwendigen Vorbefassung der Behörde mit einem entsprechenden Antrag gefehlt hätte. Dieser wurde erstmals in der mündlichen Verhandlung vor Gericht gestellt. Ein Bedürfnis zur Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe kann aber regelmäßig nur dann bestehen, wenn der Betroffene sich mit seinem hinreichend konkreten gefassten Anliegen zuvor erfolglos an die Verwaltung gewandt hat (vgl. statt aller BayVGH, B.v. 29.10.2013 – 3 ZB 09.1593 – juris).
Die Beklagte kann darüber hinaus, bereits mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage, nicht zu über den konkreten Einzelfall hinausgehenden “allgemeingültigen” Erklärungen – schon gar nicht in Bescheidform – verpflichtet werden. Damit kann dahinstehen, wie weit die klägerische Forderung (“eine Vermietung”) diesbezüglich gehen sollte. §§ 5 ff. ZeS und § 10 ZeS beziehen sich nur auf Einzelfälle – Genehmigung einer bestimmten zweckfremden Nutzung bzw. Negativattest für bestimmte Maßnahmen – und sind von vorn herein nicht einschlägig, was auch die Klägerseite so für sich in Anspruch nimmt: Weder wird Wohnraum zweckfremd genutzt noch wäre Wohnraum nicht (mehr) vorhanden, bspw. wegen eines schweren Mangels/Missstandes (vgl. dazu § 3 Abs. 3 Nr. 5 ZeS).
2. Die Klage ist im Antrag zu Ziff. II zwar zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Herausgabe der Daten des Melders, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. Art. 39, Art. 5 des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG), § 1, § 6 der Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen des eigenen Wirkungskreises der Beklagten (IfS). Anhaltspunkte dafür, dass der Mitteiler/die Mitteilerin falsche Behauptungen wider besseres Wissen aufgestellt oder leichtfertig unbeteiligte Dritte bei Behörden angeschwärzt hätte, liegen nicht vor, sodass das Geheimhaltungsinteresse des Mitteilers das Auskunftsinteresse des Klägers überwiegt (VG München, U.v. 28.8.2019 – M 9 K 18.4706 – juris, bestätigt von BayVGH, B.v. 29.11.2019 – 12 ZB 19.2156 – EA).
Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.