Aktenzeichen 9 O 14070/20 (2)
Leitsatz
Ein so genanntes presserechtliches Informationsschreiben greift dann rechtswidrig in den Gewerbebetrieb eines Presseunternehmens ein, wenn es keine Informationen enthält, die dem Presseunternehmen die Beurteilung erlauben, ob Persönlichkeitsrechte durch eine etwaige Berichterstattung verletzt werden. (Rn. 19 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die am 10.11.2020 angeordnete einstweilige Verfügung wird bestätigt.
2. Die Verfügungsbeklagte hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Widerspruch ist zulässig, aber unbegründet.
II.
Die einstweilige Verfügung vom 10.11.2020 war aufrechtzuerhalten, da die Antragstellerinnen einen Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Schreiben Anlagen AST 1 und AST 2 haben.
Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes (Az: VI ZR 506/17) greift ein presserechtliches Informationsschreiben in der Regel nicht rechtswidrig in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eines Presseunternehmens ein. Eine andere Beurteilung ist allerdings dann geboten, wenn das übersandte Informationsschreiben von vorneherein ungeeignet ist, präventiven Rechtsschutz zu bewirken. Hiervon ist auszugehen, wenn es keine Informationen enthält, die dem Presseunternehmen die Beurteilung erlauben, ob Persönlichkeitsrechte durch eine etwaige Berichterstattung verletzt werden.
So verhält es sich im vorliegenden Fall.
Die angegriffenen Schreiben enthalten gerade keine fallbezogenen Informationen, die dem Presseunternehmen eine Abwägung der Persönlichkeitsrechte der … einerseits und ihres Rechtes auf Presseberichterstattung gemäß Art. 5 GG andererseits ermöglichen würden.
Insofern verhält sich das presserechtliche Informationsschreiben in keiner Weise dazu, inwiefern die Berichterstattung über das „private Beziehungsleben“ die Persönlichkeitsrechte der Klientin verletze.
Nun kann ein rechtswidriger Eingriff in ein Persönlichkeitsrecht nur durch eine Abwägung des Persönlichkeitsrechts der Klientin einerseits und des Rechtes auf freie Berichterstattung andererseits festgestellt werden. Hierzu enthält das Informationsschreiben jedoch keine näheren Darlegungen. Es wird lediglich im nächsten Satz ausgeführt: „Es ist rechtskräftig anerkannt, dass sie eine Berichterstattung über ihr Privatleben nicht hinnehmen muss“. Diese Aussage ist unzutreffend, da zwar in der Vergangenheit das Oberlandesgericht Köln am 29.03.2019 eine Berichterstattung über eine neue Beziehung von … rechtswirksam untersagt hat (vorgelegt als Anlage AG 4), zuvor jedoch auch gemäß der von der Antragstellerseite vorgelegten Entscheidung des OLG Hamburg eine Berichterstattung über ihre frühere Beziehung für zulässig erklärt wurde. Die Rechtskraft des Beschlusses des OLG Köln kann sich auch nicht auf neue Sachverhalte wie die mit dem streitgegenständlichen Informationsschreiben in Bezug genommene Berichterstattung erstrecken.
Auch aus der Unzulässigerklärung durch das Landgericht Berlin, welche die Antragstellerseite auch akzeptiert hat, lässt sich nicht ableiten, dass eine Berichterstattung generell unzulässig wäre.
Die Verwendung des Begriffes „Hartnäckigkeit“ verweist, für presserechtliche Unternehmen sofort erkennbar, auch auf die Geltendmachung eines Geldentschädigungsanspruches, was gleichfalls hier für die Umkehrung des Regel-Ausnahmeverhältnisses des wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche spricht.
Durch den in dem presserechtlichen Informationsschreiben behaupteten Anspruch, dass eine Berichterstattung generell unzulässig wäre, wird damit in rechtswidriger Art und Weise in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragstellerinnen eingegriffen, so dass ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB besteht.
Der Streitwert war mit dem von der Antragstellerseite angegebenen 50.000,- € zu bemessen. Aufgrund der Schwere des Eingriffes und auch der wiederholten Rechtsverletzung durch die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerseite war dieser auch in dieser Höhe angemessen.