IT- und Medienrecht

Rundfunkbeitragspflicht nach Zwangsanmeldung

Aktenzeichen  M 26 K 16.1311

Datum:
24.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RBStV RBStV § 2 Abs. 1, Abs. 2, § 7 Abs. 1 S. 1, § 8 Abs. 1 S. 1, § 14 Abs. 9
VwGO VwGO § 43 Abs. 1, § 173 S. 1
ZPO ZPO § 256 Abs. 1

 

Leitsatz

Der Antrag auf Feststellung, dass eine Anmeldung im Sinne von § 8 Abs. 1 S. 1 RBStV nicht durch den Beitragsschuldner, sondern durch die Rundfunkanstalt bzw. in deren Verantwortungsbereich vorgenommen wurde, ist unzulässig, wenn diese Anmeldung gar nicht streitig ist und überdies die Entscheidung in der Hauptsache von der begehrten Feststellung auch nicht abhängt (Verweis auf BVerwG NVwZ 2012, 1184). (redaktioneller Leitsatz)
Die Anzeige der Inhaberschaft einer Wohnung (Anmeldung gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 RBStV) ist nicht Voraussetzung für das Bestehen der Rundfunkbeitragspflicht, sondern versetzt die zuständige Landesrundfunkanstalt nur in die Lage, hiervon Kenntnis zu nehmen und die erforderlichen Maßnahmen für die Einziehung der zu leistenden Rundfunkbeiträge einzuleiten. Es ist daher unerheblich, ob die Rundfunkbeitragsverpflichtung infolge eines zum Zwecke der Bestands- und Ersterfassung im Rundfunkbeitragssystem durchgeführten Meldedatenabgleichs festgestellt wurde. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über die Klage konnte trotz der Abwesenheit des Beklagten aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2016 entschieden werden. Der Beklagte ist ausweislich der Feststellung in der Sitzungsniederschrift vom 24. Oktober 2016 zur mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen worden (s. § 102 Abs. 1 und 2 VwGO).
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Die gegen die Bescheide des Beklagten vom 1. Oktober 2014, 2. November 2015, 1. Dezember 2015 und 3. Januar 2016 gerichtete Anfechtungsklage in Form der Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) ist zum Teil bereits unzulässig. Der Bescheid vom 2. November 2015 ist bestandskräftig. Es ist nicht ersichtlich, dass gegen ihn rechtzeitig innerhalb der mit der Bekanntgabe eingeleiteten Rechtsmittelfrist von einem Monat ein Rechtsbehelf eingelegt worden wäre (s. § 74 Abs. 1, § 68 Abs. 1 VwGO, Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung – AGVwGO analog). Jedenfalls ist die Anfechtungsklage (in Bezug auf alle gegen den Kläger ergangenen Rundfunkbeitragsbescheide) unbegründet. Sämtliche Bescheide des Beklagten, mit denen dieser Rundfunkbeiträge und Säumniszuschläge festsetzte, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Kläger hat nicht in Abrede gestellt, im streitgegenständlichen Zeitraum Inhaber einer Wohnung gewesen zu sein (s. § 2 Abs. 2 Nr. 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – RBStV). Er war demnach Beitragsschuldner (§ 2 Abs. 1 RBStV). Die Festsetzung durch Bescheid durfte erfolgen, weil der Kläger die Rundfunkbeiträge trotz deren Fälligkeit nicht gezahlt hat (§ 10 Abs. 5 Satz 1, § 7 Abs. 3 RBStV). Die Festsetzung eines Säumniszuschlags von a… EUR beruht auf § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV i. V. m. § 11 Abs. 1 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge – Rundfunkbeitragssatzung.
Das Gericht folgt der Begründung des Gerichtsbescheids vom 13. Juli 2016 und sieht daher insoweit von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (s. § 84 Abs. 4 VwGO).
2. Daran, dass die Klage abzuweisen ist, ändert sich auch durch den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2016 gestellten Feststellungsantrag nichts. Diesen auslegungsbedürftigen Antrag, den der Kläger ausdrücklich auf § 256 ZPO stützt, versteht das Gericht unter Würdigung des gesamten Sachvortrags des Klägers als Begehren, festzustellen, dass eine Anmeldung im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 RBStV nicht durch den Kläger, sondern durch den Beklagten bzw. in dessen Verantwortungsbereich vorgenommen wurde (§ 88 VwGO). Der Kläger bringt die Auffassung zum Ausdruck, dass ohne sein Zutun in Form eines Einverständnisses (mit einem Vertragsschluss) oder einer entsprechenden Erklärung kein seine Rundfunkbeitragspflicht begründendes Rechtsverhältnis zum Beklagten entstanden sei.
2.1. Soweit der Kläger mit seinem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag eine Zwischenfeststellung nach § 173 VwGO i. V. m. § 256 Abs. 2 ZPO (s. hierzu W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 173 Rn. 4) begehrt, ist dies hier unzulässig, weil die Anmeldung durch den Beklagten gar nicht streitig ist und überdies die Entscheidung in der Hauptsache von der begehrten Feststellung auch nicht abhängt (s. BVerwG, U. v. 12.1.2012 – 7 C 5/11 – NVwZ 2012, 1184-1188; B. v. 14.2.2011 – 7 B 49/10 – NVwZ 2011, 509-511). Die Rundfunkbeitragspflicht des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum resultierte daraus, dass er Inhaber einer Wohnung war (s. § 2 Abs. 1 RBStV, s. auch § 7 Abs. 1 Satz 1 RBStV). Die Anzeige der Inhaberschaft einer Wohnung (Anmeldung, s. § 8 Abs. 1 Satz 1 RBStV) ist nicht Voraussetzung für das Bestehen der Rundfunkbeitragspflicht, sondern versetzt die zuständige Landesrundfunkanstalt nur in die Lage, hiervon Kenntnis zu nehmen und die erforderlichen Maßnahmen für die Einziehung der zu leistenden Rundfunkbeiträge einzuleiten. Dass der Beklagte den Kläger trotz Nichterfüllung der Anzeigepflicht nach § 8 Abs. 1 Satz 1 RBStV als Beitragsschuldner ermitteln konnte, beruhte vorliegend auf der nur für einen zweijährigen Übergangszeitraum eingeräumten gesetzlichen Ermächtigung, zum Zweck der Bestands- und Ersterfassung im Rundfunkbeitragssystem bundesweit einen einmaligen Meldedatenabgleich durchzuführen (§ 14 Abs. 9 RBStV; zur Verfassungsgemäßheit s. BayVerfGH, E. v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 – juris Rn. 156 ff.).
2.2. Versteht man den Feststellungsantrag des Klägers als Klage im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO (s. hierzu § 173 Satz 1 VwGO), erachtet das Gericht diese nachträgliche Erweiterung in Form einer objektiven Klagehäufung zwar als sachdienlich, zumal der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt (s. § 91 VwGO). Die Feststellungsklage ist jedoch jedenfalls deshalb unzulässig, weil der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung nicht dargetan hat (vgl. auch § 256 Abs. 1 ZPO zum Erfordernis eines rechtlichen Interesses). Wie vorstehend ausgeführt, kann ein solches nicht darin liegen, dass der Beklagte beim Kläger Rundfunkbeiträge erhebt, denn wer den Kläger beim Beklagten angemeldet hat, ist hierfür nicht entscheidend.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 405,26 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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