Aktenzeichen M 26b K 19.3452
Leitsatz
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Über die Klage konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 VwGO – Verwaltungsgerichtsordnung). Auf ein Einverständnis der Beteiligten kommt es nicht an (Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 84 Rn. 10).
1. Die Klage hat keinen Erfolg.
1.1. Die Klage bedarf zunächst der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB analog unter Beachtung der von § 88 VwGO gesetzten Grenzen.
Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz findet im Rundfunkbeitragsrecht in der Regel im Wege der Anfechtung der Festsetzungsbescheide statt. Das Gericht legt die vom anwaltlich nicht vertretenen Kläger erhobene Klage in dessen wohlverstandenem Interesse dahingehend aus, dass er die Aufhebung der Festsetzungsbescheide vom 6. April 2018, 2. Januar 2019 und 1. März 2019 begehrt. Mit der Aufhebung dieser Bescheide könnte der Kläger das Ziel erreichen, die im Zeitraum von November 2015 bis Januar 2019 bis nicht entrichten zu müssen.
Soweit mit der Klage auch das Ziel verfolgt wird, für Oktober 2015 keine Beiträge zahlen zu müssen, ist ein Festsetzungsbescheid nach Aktenlage nicht ersichtlich. Insoweit lässt sich auch im Wege der Auslegung ein hinreichend bestimmter Klageantrag nicht ermitteln, da es bereits am Klagegegenstand fehlt.
Für den auf eine „öffentliche Rüge“ gerichteten Antrag sieht die VwGO keinen passenden Rechtsbehelf vor. Im Übrigen ist ein Rechtsschutzbedürfnis für einen derartigen Antrag nicht ersichtlich. Das Gericht misst diesem Antrag daher keine eigenständige Bedeutung zu.
1.2. Die Anfechtungsklage gegen den Festsetzungsbescheid von 6. April 2018 ist zulässig, aber unbegründet.
1.2.1. Die Klage ist als Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) zulässig, da der Kläger rechtzeitig Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid eingelegt und der Beklagte ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht über den Widerspruch entschieden hat.
1.2.2. Die Klage ist unbegründet, weil der Festsetzungsbescheid vom 6. April 2018 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1.2.2.1. Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – RBStV -vom 7. Juni 2011 (GVBl S. 258) sowie § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags -RFinStVvom 27. Juli 2001 (GVBl S. 566) in der jeweils gültigen Fassung. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist nach Zustimmung der Landesparlamente und Hinterlegung der Ratifikationsurkunden in Kraft getreten (s. Art. 7 Abs. 2 des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrags; s. BayVerfGH, E.v.14.5.2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 – juris Rn. 57). Mit dem Zustimmungsbeschluss des Bayerischen Landtags vom 17. Mai 2011 in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Juni 2011(GVBl S. 258) kommt ihm die Wirkung eines Bayerischen Landesgesetzes zu.
1.2.2.2. Die Verfassungsmäßigkeit des seit 1. Januar 2013 geltenden Beitragsmodels ist höchstrichterlich durch Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, U.v. 18.7.2018 – 1 BvR 1675/16 u.a. – juris) des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 18.3.2016 – 6 C 6/15 – juris) sowie des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 – juris) geklärt.
1.2.2.3. Gemäß § 2 Abs. 1 RBStV ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist (§ 2 Abs. 2 RBStV). Die Höhe des Rundfunkbeitrags beträgt seit 1. April 2015 17,50 EUR pro Monat (§ 8 RFinStV in der Fassung des 16. Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 9.7.2014).
Der Kläger war bereits mindestens seit 2013 als Inhaber einer Wohnung grundsätzlich beitragspflichtig.
1.2.2.4. Entgegen der Auffassung des Klägers endet die Beitragspflicht nicht automatisch mit dem Wegzug ins Ausland und auch nicht allein mit der Abmeldung beim Einwohnermeldeamt.
Gemäß § 7 Abs. 2 und § 8 Abs. 2 RBStV endet die Beitragspflicht mit dem Ablauf des Monats, in dem das Innehaben der Wohnung gegenüber der Rundfunkanstalt förmlich (schriftlich) abgemeldet wird. Die Regelung, dass das Ende der Beitragspflicht – anders als deren Beginn – zusätzlich von einer förmlichen Anzeige des Beitragsschuldners abhängt, ist sachlich geboten, um einen ordnungsgemäßen und ökonomischen Beitragseinzug sicherzustellen. Die Abmeldung ist damit materiell-rechtliche Voraussetzung für die Beendigung der Rundfunkbeitragspflicht. Dies führt dazu, dass derjenige, der sich nicht schriftlich gegenüber der Rundfunkanstalt abgemeldet hat, den Rundfunkbeitrag grundsätzlich weiter zahlen muss, auch wenn er keine Wohnung im Inland bewohnt (vgl. zum Ganzen Gall in Binder/Vesting, Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 4. Aufl., § 7 Rn. 24 m.w.N.). Eine Abmeldung gegenüber dem Einwohnermeldeamt ersetzt nicht die erforderliche Abmeldung gegenüber der Rundfunkanstalt.
Für die erforderliche rechtzeitige und schriftliche Abmeldung trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast. Für den fraglichen Zeitraum November 2015 bis Januar 2016 ist eine solche Abmeldung nicht aktenkundig und auch nicht anderweitig nachgewiesen. Nach der eindeutigen Formulierung des § 7 Abs. 2 Satz 1 RBStV kann eine Abmeldung ausschließlich mit Wirkung für die Zukunft erfolgen. Eine nachträgliche (rückwirkende) Abmeldung ist nicht möglich (Gall in Binder/Vesting, Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 4. Aufl., § 7 Rn. 33 m.w.N.).
Da die Beitragspflicht nicht durch rechtzeitige schriftliche Abmeldung gegenüber dem Beklagten beendet wurde, ist der Kläger für den vom Festsetzungsbescheid erfassten Zeitraum beitragspflichtig.
1.2.2.5. Der Kläger ist für den fraglichen Zeitraum auch nicht etwa gemäß § 4 Abs. 1 RBStV als Empfänger von Sozialleistungen befreit. Die Befreiung erfolgt nur auf Antrag und unter Vorlage eines Sozialleistungsbescheides. Einen einschlägigen Sozialleistungsbescheid für den Zeitraum November 2015 bis Januar 2016 hat der Kläger nicht vorgelegt.
Gegen den Festsetzungsbescheid von 6. April 2018 bestehen daher keine rechtlichen Bedenken.
1.3. Soweit die Klage gegen den Festsetzungsbescheid vom 2. Januar 2019 gerichtet sein soll ist, ist sie bereits unzulässig, da dieser Bescheid unanfechtbar geworden ist. Der Kläger hat es versäumt, innerhalb der Monatsfrist Widerspruch einzulegen oder unmittelbar Klage zu erheben. (§ 70 Abs. 1, § 74 Abs. 1 VwGO).
1.4. Unzulässig ist die Klage auch, soweit sie gegen den Festsetzungsbescheid vom 1. März 2019 gerichtet sein soll. Zwar hat der Kläger gegen diesen Bescheid rechtzeitig Widerspruch eingelegt, über den der Beklagte binnen angemessener Frist nicht entschieden hat (§ 75 VwGO). Jedoch besteht für die Klage kein Rechtsschutzbedürfnis, weil das Beitragskonto für den von diesem Festsetzungsbescheid erfassten Beitragszeitraum (Mai 2018 bis Januar 2019) vom Beklagten rückwirkend abgemeldet worden ist. Das Gericht geht davon aus, dass mit der Abmeldung des Beitragskontos die Beitragsschuld des Klägers storniert wurde, sodass für eine Klage kein Rechtsschutzbedürfnis mehr besteht.
2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
3. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.