Aktenzeichen 21 O 11713/18
PatAnwO § 3, § 39
PatG § 1 Abs. 3 Nr. 3, § 5
Leitsatz
1. Bei der Beratung im Zusammenhang mit einer Patentanmeldung hat der Patentanwalt seinem Mandanten den sichersten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären. Zweifel und Bedenken, zu denen nach der Sachlage Anlass besteht, muss der Patentanwalt darlegen und mit seinem Auftraggeber erörtern. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die pauschale Erklärung eines Patentanwaltes, die Patentanmeldung könne schwierig werden, reicht gegenüber einem Mandanten, der ersichtlich in Fragen des Patentrechts und in Bezug auf Patentanmeldungen nicht bewandert ist, nicht aus. Steht für den Anmeldungsgegenstand ein Patentierungsausschluss im Raum (hier § 1 Abs. 3 iVm Abs. 4 PatG), hat der Patentanwalt explizit auf die Vorschrift und die damit verbundenen, Risiken des Versuchs einer Patentanmeldung hinzuweisen und diese im Einzelnen näher zu erläutern, zumal dann, wenn diese kaum überwindbar sind. (Rn. 72) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 37.018,69 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.01.2016 zu zahlen.
II. Im Übrigen ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.
III. Die Widerklage wird abgewiesen.
IV. Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klage ist in Bezug auf den noch anhängigen Zahlungsantrag zulässig und begründet. Die durch einseitige Erledigterklärung im Wege der Klageänderung erhobene Feststellungsklage ist zulässig und begründet. Die zulässige Widerklage ist unbegründet.
A. Zahlungsantrag
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch in Höhe von EUR 37.018,69 EUR aus §§ 280 Abs. 1, 675 Abs. 1, 611 BGB.
I. Pflichtverletzung
Die Beklagtenseite hat im Rahmen des vorliegenden Mandatsverhältnisses ihre anwaltlichen Pflichten verletzt.
1. Anforderungen an die patentanwaltliche Beratung
Bei einem Auftrag treffen den Patentanwalt im Rahmen seines Aufgabengebiets (§§ 3, 39 PatAnwO) grundsätzlich die gleichen Aufklärungs- und Beratungspflichten, wie sie für einen Rechtsanwalt gelten (BGH, 30.11.1999, X ZR 129/96, Rn. 14, zitiert nach juris). Es besteht demnach für ihn eine allgemeine Vertragspflicht, seinen Auftraggeber vor voraussehbaren und vermeidbaren Schäden zu bewahren (BGH NJW 1988, 1079, 1080). Er ist, genau wie der Rechtsanwalt, zur umfassenden Belehrung und Beratung seines Auftraggebers verpflichtet (BGH 05.02.1987, IX ZR 65/86, Rn. 18, zitiert nach juris). Ziel ist es, dem Mandanten eigenverantwortliche, sachgerechte (Grund-) Entscheidungen (Weichenstellungen) in seiner Rechtsangelegenheit zu ermöglichen. Die Erklärungen des Anwalts müssen dem Mandanten, der verlässlich über bestimmte Rechtsfolgen unterrichtet werden will, um darauf seine Entscheidung gründen zu können, eine annähernd zutreffende Vorstellung von Handlungsmöglichkeiten und deren Vor- und Nachteilen vermitteln (BGH 06.02.2003, IX ZR 77/02, Rn.17, zitiert nach juris). Inhalt und Umfang der Aufklärung haben sich nach den erkennbaren Interessen des Mandanten zu richten. Erscheint unter mehreren rechtlich möglichen Alternativen die eine deutlich vorteilhafter als die andere, hat der Anwalt darauf hinzuweisen und eine entsprechende Empfehlung zu erteilen (BGH 01.03.2007, IX ZR 261/03, Rn. 10).
Der konkrete Umfang der anwaltlichen Pflichten richtet sich nach dem erteilten Mandat und den Umständen des einzelnen Falles (BGH 01.03.2007, IX ZR 261/03, Rn. 10, zitiert nach juris). Der Kläger begehrte hier die Beratung im Zusammenhang mit einer von ihm angestrebten Patentanmeldung (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 PatAnwO). Dazu hat der Patentanwalt seinem Mandanten den sichersten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit sein Mandant eine sachgerechte Entscheidung treffen kann. Zweifel und Bedenken, zu denen nach der Sachlage Anlass besteht, muss der Patentanwalt darlegen und mit seinem Auftraggeber erörtern (OLG Düsseldorf, 11.07.1996, 2 U 5/96, Rn. 61, zitiert nach juris).
2. Hohe Wahrscheinlichkeit des Scheiterns einer Patentanmeldung
Letztlich wollte der Kläger von dem Beklagten zu 3 bei der ersten Besprechung mit dem Zeugen R. wissen, ob für seine Erfindung betreffend ein Verfahren zum Registrieren, Inventarisieren, Verwalten, Überprüfen und Überwachen von materiellen und immateriellen Gegenständen Aussicht auf Erteilung zum Patent in der beantragten oder zumindest in einer geänderten Fassung besteht.
Im Ergebnis war dies zu verneinen.
An der materiellen Patentfähigkeit, §§ 1 bis 5 PatG, der Softwarelösung des Klägers bestehen im vorliegenden Fall ganz erhebliche Zweifel, denn der Gegenstand liegt wahrscheinlich bereits nicht auf technischem Gebiet (§ 1 I PatG) oder fällt jedenfalls unter den Patentierungsausschluss des § 1 III Nr. 3, IV PatG – zumindest dürfte er aber – unter Berücksichtigung des Patentierungsausschlusses – sehr wahrscheinlich nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
Bei Erfindungen mit Bezug zu einem von der Patentierung ausgeschlossenen Gegenstand ist zunächst zu klären, ob der Gegenstand der Erfindung als solcher auf technischem Gebiet liegt (§ 1 I PatG). Ist das zu bejahen, ist auf der Grundlage der Regelung in § 1 III Nr. 3 PatG weiter zu prüfen, ob er Anweisungen enthält, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen (vgl. BGH GRUR 2011, 610 (612) – Webseitenanzeige; und BGH 19.10.2004, X ZB 34/03 – Rentabilitätsermittlung, Rn. 28, zitiert nach juris). Ist auch das zu bejahen, dürfen bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nur diejenigen dem Patentierungsausschluss des § 1 Abs. 3 PatG unterfallenden Merkmale berücksichtigt werden, die die Lösung eines technischen Problems beeinflussen (vgl. bereits BGH GRUR 2004, 667 (669) – Elektronischer Zahlungsverkehr; BGH GRUR 2017, 57 (60) – Datengenerator).
a) Erfindung auf technischem Gebiet
Der Gegenstand der Anmeldung erschöpft sich hier in bloßen Plänen, Regeln und Verfahren für geschäftlichen Tätigkeit beziehungsweise in einem Programm für eine Datenverarbeitungsanlage i.S.d. § 1 III Nr. 3, IV PatG.
Bei Plänen, Regeln und Verfahren für geschäftliche Tätigkeit handelt es sich zwar in der Regel um planmäßiges Handeln mit kausal übersehbarem Erfolg. Es fehlt allerdings der Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung dieses Erfolgs dann, wenn ein über die nötigen kaufmännischen und mathematischen Kenntnisse verfügende Mensch entsprechend den dieser Pläne, Regeln und Verfahren vorgehen kann (vgl. BGH GRUR 1977, 96 – Dispositionsprogramm). Anweisungen und Anleitungen zur Arbeitsordnung einschließlich der kaufmännischen Buchhaltung und Lagerhaltung als solche liegen daher nicht auf technischem Gebiet (vgl. Bacher in Benkard, PatG, 11. Aufl., § 1 Rn. 103).
Auch Programme für den Einsatz in einer Datenverarbeitungsanlage liegen als solche nicht auf technischem Gebiet. Einen technischen Charakter kann eine programmbezogene Lehre aber bereits dann gewinnen, wenn sie die Funktionsfähigkeit einer Datenverarbeitungsanlage betrifft und damit das unmittelbare Zusammenwirken ihrer Elemente ermöglicht (BGH GRUR 2010, 613 – Dynamische Dokumentengenerierung). Unerheblich ist, ob die Erfindung prinzipielle Abwandlungen der Arbeitsweise der Komponenten einer Datenverarbeitungsanlage lehrt. Es genügt, dass sie die Nutzung solcher Komponenten lehrt und damit eine Anweisung zum technischen Handeln gibt (BGH, GRUR 2009, 479 Rdnr. 8 – Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten).
Ausgehend davon ist es nicht ersichtlich, dass der Gegenstand der Anmeldung auf technischem Gebiet liegt.
Im Einzelnen:
Der Anspruch 1 betrifft ein Verfahren zum Registrieren, Inventarisieren, Verwalten, Überprüfen und Überwachen von materiellen und immateriellen Gegenständen (lediglich der Klarheit halber im Folgenden als „Inventargegenstände“ bezeichnet), dadurch gekennzeichnet, dass eine Bestandserfassung vorgesehen ist, in die alle Inventargegenstände mit ihren Identifikationsdaten eingetragen werden. Nach der Beschreibung soll dadurch als Leistungsergebnis eine umfassende Datenbasis geschaffen werden, die die Kontrolle von Sicherungsübereignungen wiederkehrende Vor-Ort-Prüfungen, sogenannte Floor-Checks, zu vermeiden und dadurch Kosten einzusparen (Anmeldung, [0002]-[0007]). Die Registrierung, Inventarisierung, Verwaltung, Überprüfung und Überwachung von materiellen und immateriellen Gegenständen im Wege der Bestandserfassung sind kaufmännische Tätigkeiten, für die der Einsatz beherrschbarer Naturkräfte nicht erforderlich ist. Der Gegenstand des Anspruchs 1 liegt daher schon nicht auf technischem Gebiet.
Anspruch 2 betrifft die individuelle Kennzeichnung der in Anspruch 1 genannten materiellen und immateriellen Gegenstände. Dadurch soll vermieden werden, dass Inventargegenstände doppelt erfasst werden (Anmeldung [0009]). Der Anspruch lässt allerdings offen, wie diese Kennzeichnung zu realisieren ist, und lässt damit auch eine abstrakte, gedankliche Kennzeichnung zu, wie sie der Durchschnittskaufmann durchführen könnte. Technische Schritte unter Einsatz von beherrschbaren Naturkräften sind anspruchsgemäß nicht gefordert.
Anspruch 3 hingegen betrifft die optische und elektronische Kennzeichnung und folglich den Einsatz von beherrschbaren Naturkräften. Der Gegenstand des Anspruchs 3 dürfte daher auf technischem Gebiet liegen.
Anspruch 4 betrifft die Ausbildung der Kennzeichnung als aus- bzw. einlesbar, wobei auch eine Fernauslesung vorgesehen sein kann. Das Aus- und Einlesen setzt die körperliche Kennzeichnung des Inventargegenstands voraus, sodass auch der Gegenstand des Anspruchs 4 auf technischem Gebiet liegen dürfte.
Nach Anspruch 5 sollen Zustandsdaten, Laufzeitdaten, Wartungsdaten, Ortsdaten, Bilder oder dergleichen erfasst werden und ebenfalls erfassbar sind. Vorteilhaft daran soll es nach der Anmeldung sein, dass sehr viele, relevante Informationen über jeden Gegenstand ermittelt und abgeglichen werden können. Insbesondere könne der Standort beispielsweise über GPS verifiziert werden (Anmeldung, [0015]). Diese Anweisung kann der Durchschnittskaufmann auch ohne den Einsatz beherrschbarer Naturkräfte, durchführen, sodass der Gegenstand des Anspruchs 5 nicht auf technischem Gebiet liegt.
Anspruch 6 betrifft den Einsatz eines Lesegeräts und damit den Einsatz eines technischen Mittels. Sein Gegenstand dürfte daher auf technischem Gebiet liegen.
Nach Anspruch 7 sollen Finanzierungsdaten, Sicherungsübereignungsdaten, Finanzdaten, Eigentümerdaten, Versicherungsdaten, Schadensereignisse oder dergleichen erfasst und eingetragen werden. Auch diese Anweisung kann der Durchschnittskaufmann auch gedanklich, ohne den Einsatz beherrschbarer Naturkräfte erfassen können, sodass der Gegenstand des Anspruchs 7 wohl nicht auf technischem Gebiet liegt.
Nach Anspruch 8 wird auf allen Datenebenen bei der Erfassung von Daten eine Dublettenprüfung durchgeführt. Hierdurch sollen Doppel-Beleihungen oder dergleichen und auch gestohlene Gegenstände ermittelt werden (Anmeldung [0020]). Die Dublettenprüfung ist eine kaufmännische Tätigkeit, die sich auch ohne Einsatz von beherrschbaren Naturkräften umsetzen lässt.
Im Anspruch 9 sind verschiedene Zugangsebenen zur Datenbasis vorgesehen, die eine missbräuchliche Nutzung unterbinden. Hierdurch soll verhindert werden, dass Querverbindungen gezogen werden können. So könne zum Beispiel verhindert werden, dass aufgrund einer Beleihung oder Finanzierung von Maschinen auf die Bonität einer Firma geschlossen werden kann (Anmeldung [0022]). Dabei handelt es sich ebenfalls um eine kaufmännische Tätigkeit. Der sorgfältige Kaufmann unterbindet den unbefugten Zugang zu seinen Geschäftsdaten, um deren missbräuchliche Nutzung zu unterbinden. Der Einsatz von beherrschbaren Naturkräften dürfte anspruchsgemäß nicht gefordert sein.
Nach Anspruch 10 ist die Softwareimplementierung des Verfahrens nach einem der vorangegangenen Ansprüche vorgesehen. Bei einer derartigen programmbezogenen Lehre reicht für das Überwinden der Hürde der Technizität schon aus, wenn der Anspruch die Nutzung einer Datenverarbeitungskomponente vorsieht. Jedenfalls ausdrücklich lässt sich dies dem Anspruch nicht entnehmen. Allerdings könnte der Fachmann dies als Selbstverständlichkeit oder als Notwendigkeit mitlesen (vgl. nur BGH GRUR 2009, 382 (384) – Olanzapin). Dann wäre die Technizität des Gegenstands des Anspruchs 10 zu bejahen.
b) Anweisungen zur Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln
Soweit auf der ersten Stufe davon auszugehen wäre, dass der Gegenstand der Ansprüche (insbesondere der abhängigen Ansprüche 3,4, 6 und 10) der Anmeldung auf technischem Gebiet liegt, stellt sich auf der zweiten Stufe die Frage, ob dieser Gegenstand Anweisungen enthält, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen.
Maßgeblich ist auf der zweiten Stufe – anders als auf der ersten Stufe – nicht der technische Charakter der erfindungsgemäß zum Einsatz kommenden Mittel, sondern die Frage, ob mit den Anspruchsmerkmalen ein konkretes technisches Problem gelöst wird (vgl. BGH 19.10.2004, X ZB 34/03 – Rentabilitätsermittlung, Rn. 28, 29, zitiert nach juris).
Welches Problem durch eine Erfindung gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsächlich leistet. Die in der Patentschrift angegebene Aufgabe ist lediglich ein Hilfsmittel für die Ermittlung des objektiven technischen Problems (BGH GRUR 2005, 141 (142) – Anbieten Interaktiver Hilfe).
Sofern Anweisungen beansprucht werden, mit denen ein konkretes technisches Problem gelöst wird, kommt es nicht weiter darauf an, ob der Patentanspruch auch auf die Verwendung eines Algorithmus, einen im geschäftlichen Bereich liegenden Zweck des Verfahrens oder den Informationscharakter von Verfahrensergebnissen abstellt (vgl. BGH 19.10.2004, X ZB 34/03 – Rentabilitätsermittlung, Rn. 34, zitiert nach juris).
Jedoch genügt die Informationserfassung und Übermittlung mit Hilfe elektronischer Datenverarbeitung nicht, um eine beanspruchte Lehre dem Patentschutz zugänglich zu machen, wenn sich deren Zweck darin erschöpft, die für ein angestrebtes betriebswirtschaftliche Ergebnis relevanten Daten mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung selbsttätig zu ermitteln und zu übertragen. Darin ist nämlich keine Lösung eines konkreten technischen Problems zu sehen, sondern nur die allgemeine Zielsetzung, sich zur Erreichung eines außertechnischen Ergebnisses der elektronischen Datenverarbeitung und -übertragung zu bedienen (BGH 19.10.2004, X ZB 34/03 – Rentabilitätsermittlung, Rn. 34, zitiert nach juris; sowie BGH GRUR 2005, 141 (142) – Anbieten interaktiver Hilfe).
Gemessen an den genannten Grundsätzen ist nicht erkennbar, dass der beanspruchte Gegenstand Anweisungen enthält, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen.
Anspruch 3 betrifft die optische und elektronische Kennzeichnung. Anspruch 4 betrifft die Ausbildung der Kennzeichnung als aus- bzw. einlesbar, wobei auch eine Fernauslesung vorgesehen sein kann. Anspruch 6 betrifft die Verwendung eines Lesegeräts. Nach der Anmeldung sollen diese Maßnahmen der Vermeidung von sogenannten Floor-Checks und damit der erleichterten Datenermittlung dienen (Anmeldung, [0042]). Diese Problemstellung geht aber nicht darüber hinaus, sich zur Erreichung eines außertechnischen Ziels, der Überwachung und Kontrolle eines Inventarbestands, der elektronischen Datenverarbeitung zu bedienen. Ein technisches Problem wird damit nicht gelöst.
Anspruch 10 betrifft die Softwareimplementierung des Verfahrens nach einem der vorangehenden Ansprüche. Dadurch lassen sich diese Verfahren mit Hilfe einer Datenverarbeitungsanlage automatisieren. Eine darüberhinausgehende technische Wirkung ist nicht erkennbar, sodass sich das Leistungsergebnis in der automatischen Informationserfassung mit Hilfe elektronischer Datenverarbeitung erschöpft. Auch insoweit ist die Lösung eines technischen Problems nicht erkennbar.
c) Keine Neuheit bzw. erfinderische Tätigkeit
Schließlich ist es auch nicht ersichtlich, dass der beanspruchte Gegenstand den Erfordernissen der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit gerecht wird.
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit wären nämlich nur diejenigen dem Patentierungsausschluss des § 1 Abs. 3 PatG unterfallenden Merkmale zu berücksichtigen, die die Lösung eines technischen Problems beeinflussen (vgl. bereits BGH GRUR 2004, 667 (669) – Elektronischer Zahlungsverkehr; noch deutlicher in BGH GRUR 2017, 57 (60) – Datengenerator).
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit wären daher allenfalls Merkmale, wie etwa die elektronischen und optischen Kennzeichnungsmittel und das Lesegerät, zu berücksichtigen (soweit man davon ausginge, dass diese die Lösung eines konkreten technischen Problems beeinflussen, was schon zweifelhaft ist). Diese dürften allerdings dem allgemeinen Fachwissen des Fachmanns zuzurechnen sein, deren Einsatz im gegebenen Zusammenhang, der Datenerfassung zur Buchhaltung und Inventarisierung von Gegenständen, sich dem Fachmann auch als objektiv geeignet und nicht untunlich darstellen. Selbst nach der neueren strengeren Rechtsprechung des BGH zur Heranziehung des Fachwissens (vgl. nur BGH 27.03.2018, X ZR 59/16 – Kinderbett, Rn. 29 zitiert nach juris) dürfte daher der Gegenstand der Ansprüche nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
Dem vergleichsweise kurzen und sich teilweise wiederholenden Beschreibungsteil lässt sich ebenso keine Rückfallposition entnehmen, mit der der Anmelder zu einem Gegenstand gelangen würde, der patentfähig ist. Ausgehend von der Gesamtoffenbarung der Patentanmeldung ist es daher auch ausgeschlossen, durch die Neufassung der Patentansprüche Patentschutz zu erlangen.
d) Ergebnis
Nach allem stellt sich die streitgegenständliche Softwarelösung des Klägers als nicht patentierbar dar. Auf diesen Umstand hat der Beklagte zu 3, selbst wenn man seinen eigenen Vortrag zum Gesprächsverlauf am 05.04.2012 als richtig unterstellt, nicht ausreichend hingewiesen. Denn wird dem Patentanwalt eine Pflichtverletzung seitens seines Mandanten vorgeworfen, darf er sich keinesfalls damit begnügen, die Pflichtverletzung zu bestreiten oder ganz allgemein zu behaupten, er habe den Mandanten ausreichend unterrichtet. Vielmehr muss er den Gang der Besprechung im Einzelnen schildern, insbesondere konkrete Angaben darüber machen, welche Belehrungen und Ratschläge er erteilt und wie darauf der Mandant reagiert hat (BGH 01.03.2007, IX ZR 261/03, Rn. 11; BGH 05.02.1987, IX ZR 65/86, Rn. 19, beide zitiert nach juris). Er muss im Einzelnen darlegen, in welcher Weise er seiner Beratungspflicht nachgekommen sein will (vgl. BGH 14.07.2016, IX ZR 291/14, Rn. 6, zitiert nach juris; BGH 10.12.1998, IX ZR 358/97, Rn. 7, zitiert nach juris).
Nach seinen Angaben will der Beklagte zu 3 dem Zeugen R. im ersten Gespräch lediglich allgemein erklärt haben, dass die Patentanmeldung schwierig werden würde. Derartige pauschale Hinweise reichen aber gegenüber einem Mandanten, wie dem Kläger, der ersichtlich – ebenso wie der Zeuge R. – in Fragen des Patentrechts zumindest in Bezug auf Patentanmeldungen nicht bewandert war, nicht aus. Jedenfalls gegenüber dem Zeugen R. hätte der Beklagte zu 3 explizit auf die Vorschrift des § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 PatG und die damit verbundenen, kaum überwindbaren Risiken des Versuchs einer Patentanmeldung hinweisen und diese im Einzelnen näher erläutern müssen. Dies hat er pflichtwidrig unterlassen.
Es hätte hier sodann im Rahmen des ersten Beratungsgesprächs nach Auffassung der Kammer eines klaren Hinweises bedurft, dass die vom Kläger angestrebte Patentanmeldung keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Der Beklagte zu 3 hätte folglich der Klageseite empfehlen müssen, von einer Patentanmeldung abzusehen oder zumindest die Risiken einer Patentanmeldung trotz der geringen Erfolgschancen viel ausführlicher mit dem Zeugen R. erörtern müssen, damit die Klageseite selber zu diesem Schluss hätte gelangen können.
Von einer umfassenden Beratung des Klägers unter Aufzeigen verschiedener Handlungsalternativen und einer verlässlichen Unterrichtung über Rechtsfolgen durch den Beklagten zu 3 kann vor diesem Hintergrund keine Rede sein.
Deshalb liegt eine Pflichtverletzung in Form einer Falschberatung durch den Beklagten zu 3 vor.
II. Kausalität
Auch eine Kausalität zwischen der fehlerhaften bzw. unzureichenden Beratung im ersten Beratungsgespräch und den hier eingeklagten Schadenspositionen lässt sich feststellen.
Im Rahmen von Verträgen mit rechtlichen Beratern gilt die Vermutung, dass der Mandant beratungsgemäß gehandelt hätte, wenn im Hinblick auf die Interessenlage oder andere objektive Umstände eine bestimmte Entschließung des zutreffend unterrichteten Mandanten mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre. Voraussetzung sind danach tatsächliche Feststellungen, die im Fall sachgerechter Aufklärung durch den Berater aus Sicht eines vernünftig urteilenden Mandanten eindeutig eine bestimmte tatsächliche Reaktion nahegelegt hätten (BGH 16.07.2015, IX ZR 197/14, Rn. 25, zitiert nach juris). Die genannte Beweiserleichterung gilt nicht generell; sie setzt einen Tatbestand voraus, bei dem der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung des Beraters und einem bestimmten Verhalten seines Mandanten typischerweise gegeben ist, beruht also auf Umständen, die nach der Lebenserfahrung eine bestimmte tatsächliche Vermutung rechtfertigen. Um dies beurteilen zu können, müssen bestehende Handlungsalternativen miteinander verglichen werden, die nach pflichtgemäßer Beratung zur Verfügung gestanden hätten. Die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens greift dann ein, wenn bei vertragsgemäßer Beratung aus damaliger Sicht des Mandanten vernünftigerweise nur eine Entscheidung nahegelegen hätte (BGH 16.07.2015, IX ZR 197/14, Rn. 25; BGH 13.01.2005, IX ZR 455/00, Rn. 13, zitiert nach juris).
So liegt der Fall hier, denn um beurteilen zu können, wie der Kläger sich nach pflichtgemäßer Beratung verhalten hätte, müssen die Handlungsalternativen geprüft werden, die sich dem Kläger bei pflichtgemäßer Beratung gestellt hätten. Hierzu müssen deren jeweilige Rechtsfolgen miteinander und mit den Handlungszielen des Klägers verglichen werden (BGH 13.01.2005, IX ZR 455/00, Rn. 15, zitiert nach juris). Zielsetzung des Klägers war die erfolgreiche Erteilung eines Patents für seine Softwarelösung. Letztlich standen dem Kläger hier nur zwei grundsätzliche Wege offen: Zum einen, trotz der geringen Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Patentanmeldung auf dieser zu bestehen und zum anderen, auf eine Anmeldung zu verzichten. In letzterem Fall wären die gelten gemachten Schadenspositionen bzw. Kosten für den Kläger nicht angefallen. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger bei eingehender Beratung über die Kosten und Risiken der streitgegenständlichen Patentanmeldung auf diese verzichtet hätte. Dies ist die einzige Entscheidung, die vernünftigerweise nahegelegen hätte. Die andere Option, das Festhalten an einer nahezu aussichtslosen Patentanmeldung, wäre nach ordnungsgemäßer Beratung zur Überzeugung der Kammer für den Kläger nicht ernsthaft in Betracht gekommen. Insoweit kommt erschwerend hinzu, dass davon auszugehen ist, das der Kläger durch die Mitteilung vom ersten Prüfbescheid durch den Beklagten von weiteren Patentanmeldungen Abstand genommen hätte. Auch die Rechercheaufträge und die weiteren Patentanmeldungen wären nie erfolgt.
Die Kammer hat bei ihrer Wertung berücksichtigt, dass der Patentanwalt seinem Mandanten nach Eingang negativer Prüfbescheide nicht von der Weiterverfolgung Erfolg versprechender Patente abraten muss (vgl. hierzu LG Düsseldorf, 20.09.2016, 4 b O 84/15, Rn. 71, zitiert nach juris). Die Weiterverfolgung muss jedoch in einem solchen Fall im Detail besprochen werden. Zutreffend ist, dass allein der Eingang negativer Prüfbescheide nicht besagt, dass das Patent in abgeänderter Form nicht doch noch zu einer erfolgreichen Anmeldung gebracht werden kann. Hier ist jedoch, wie bereits dargestellt, eine Patentanmeldung – auch unter Berücksichtigung etwaiger Änderungsmöglichkeiten – nicht erfolgversprechend, sodass die Einwendung der Beklagten, sie hätten das Patent durch inhaltliche Abänderungen noch zu einer erfolgreichen Eintragung bringen können, nicht verfängt. Keinesfalls hätte die Beklagtenseite nach Eingang des ersten negativen Prüfbescheides noch die weiteren Anmeldungen durchführen dürfen, ohne dies im Detail und ausführlich mit dem Kläger vorher zu erörtern. Selbst wenn man den streitigen Vortrag der Beklagtenseite zu den Besprechungen und der Kenntnis von den Prüfbescheiden unterstellt, reicht dies nicht aus.
Auf die Frage, ob es in der patentanwaltlichen Praxis als normal gilt, die Beantwortung der Prüfbescheide hinaus zu ziehen, bis der Ausgang des europäischen Verfahrens absehbar ist, kommt es hier nicht mehr an, denn die Pflichtverletzung ist bereits beim ersten Beratungsgespräch erfolgt.
III. Verschulden
Der Beklagte zu 3 hat seine Pflichten schuldhaft verletzt. Das Verschulden wird nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Es ist auch nicht hinreichend vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Beklagten die Pflichtverletzung nicht vertreten müssen.
IV. Schadenshöhe
Durch die Pflichtverletzung des Beklagten zu 3, ist dem Kläger insgesamt ein Schaden in tenorierter Höhe entstanden. Zu ersetzen ist insbesondere auch der Betrag, den die Beklagte dem Kläger für Recherchetätigkeiten der Firma M. in Rechnung gestellt und dieser bezahlt hat.
Der Kläger hat substantiiert bestritten zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Auch bezüglich der I. AG mit Sitz in der Schweiz (Anlage K 5) ist keine Vorsteuerabzugsberechtigung ersichtlich.
V. Keine Verjährung
Die Ansprüche des Klägers sind auch nicht verjährt.
Für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist kommt es darauf an, wann der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis hatte, § 199 Abs. 1 BGB. Die Hemmungswirkung des Mahnbescheides ist – entgegen der Auffassung der Beklagten – in diesem Fall nicht maßgeblich. Die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit bestehende Aussichtslosigkeit der Patentanmeldung und somit eine mögliche Pflichtverletzung der Beklagtenseite, dürfte erstmalig durch den ersten negativen Prüfbescheid des DPMA für den Kläger nachvollziehbar dokumentiert gewesen sein. Die Kammer stellt deshalb maßgeblich auf die Kenntnis des Klägers von diesem ersten Prüfbescheid ab. Der Kläger hat vorgetragen, dass er erstmals im Jahr 2014 von den negativen Prüfbescheiden Kenntnis erlangt hat. Hiervon geht auch die Kammer aus. Der Prüfbescheid ist dem Kläger vorher nicht nachweislich gem. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB zugegangen, denn die Beweislast trifft denjenigen, der sich auf den Zugang beruft (Palandt, BGB, 77. Auflage, § 130, Rn. 21) und die Beklagtenseite hat einen Zugang des Prüfbescheids vor dem Jahr 2014 nicht zu beweisen vermocht. Die Beklagtenseite hat zwar vorgetragen, sie habe den ersten negativen Prüfbescheid vom 03.12.2012 dem Kläger postalisch zugestellt, zu welchem Zeitpunkt dies erfolgte, konnte sie jedoch nicht angeben. Auch hat sie keine Zustellungsnachweise vorgelegt oder die Umstände der Zustellung näher erläutert. Zu einer Reaktion des Klägers auf die angebliche Zustellung des negativen Prüfbescheids schweigt sie sich ebenfalls aus.
Die Verjährung begann demnach erst mit dem Ende des Jahres 2014 zu laufen, da der Kläger erst in diesem Jahr von den den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangte.
VI. Gesamtschuldnerische Haftung
Die Beklagten haften für den Schaden als Gesamtschuldner. Die Beklagten sind jeweils zu vollem Schadenersatz verpflichtet, wobei die Klägerin nur einmal den Ersatz der entstandenen Kosten verlangen kann.
VII. Zinsen
Der Zinsanspruch ab Rechtshängigkeit beruht auf § 291 BGB. Die Zinspflicht beginnt wegen § 187 Abs. 1 BGB mit dem Folgetrag der Rechtshängigkeit (Palandt, BGB, 77. Auflage, § 291, Rn. 6).
B. Einseitige Erledigterklärung/Feststellungsantrag
Die hier vorliegende einseitige Teilerledigterklärung des Klägers ist der Antrag an das Gericht, die Erledigung in der Hauptsache festzustellen.
Die Feststellungsklage ist als Klageänderung gem. § 264 Nr. 2 ZPO zulässig und begründet.
Die Feststellungsklage ist begründet, wenn die Hauptsache erledigt ist. Das ist der Fall, wenn die erledigenden Tatsachen unbestritten oder zugestanden sind. Außerdem muss die Klage zusätzlich zu dem erledigenden Ereignis zulässig und begründet gewesen sein, denn diese Rechtsbehauptung enthält der Erledigungsantrag des Klägers (BGH NJW 2014, 2199), ferner muss sie durch das erledigende Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden sein (Thomas/Putzo, ZPO, 40. Auflage, § 91 a, Rn. 33).
Der Kläger kann die Gegenforderung anerkennen und den Prozess einseitig für erledigt erklären. Die Kostenentscheidung richtet sich danach, ob die Klage ursprünglich begründet war und durch Aufrechnung erloschen ist (Zöller, ZPO, 32. Auflage, § 91 a Rn. 57).
In Höhe der Summe von 2.147,40 EUR hat der Kläger – nachdem der Beklagte im Prozess seine Gegenforderung u.a. bezüglich der Bestätigung der beiden Marken (Anlagenkonvolut B 4; hier die Rechnungen 14661, 14662 vom 25.06.2014) widerklagend geltend gemacht hat – anerkannt und den Rechtsstreit einseitig diesbezüglich für erledigt erklärt. Zuvor war die Klage vollumfänglich zulässig und begründet. Sie ist durch das Aufrechnen des Klägers mit den Forderungen der Beklagtenseite in dieser Höhe vom Kläger anerkannt und damit unbegründet geworden.
C. Widerklage im Übrigen
Die zulässige Widerklage ist unbegründet. Die Beklagten haben jeweils keinen durchsetzbaren Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten, weiteren Honorarforderungen.
Selbst wenn die im Wege der Widerklage erhobenen, weiteren Honoraransprüche dem Grunde nach entstanden sein sollten, stellt sich jedenfalls die Geltendmachung dieser Honoraransprüche rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB dar.
Mangels schutzwürdiger Interessen ist das Beanspruchen einer Leistung unzulässig, die sofort zurückgewährt werden müsste (dolo facit qui petit quod statim redditurus est). So kann eine Geldforderung nicht länger durchgesetzt werden, wenn der Schuldner diesen Betrag sofort nach Zahlung als Schadenersatz zurückfordern könnte. Dies ist hier der Fall. Das von Beklagtenseite im Wege der Widerklage eingeklagte Honorar könnte der Kläger von den Beklagten unmittelbar nach Zahlung als Schadenersatz zurückverlangen, da es zu diesen Aufwendungen nie gekommen wäre, wenn die Beklagtenseite den Kläger ordnungsgemäß beraten hätte. Auf die vorstehenden Ausführungen zur Klage wird Bezug genommen.
C. Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 ZPO, 100 Abs. 4 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.