IT- und Medienrecht

Schadensersatzanspruch, Berufung, Annahmeverzug, Rechtsverfolgung, Schriftsatz, Zinsen, Endurteil, Vollstreckbarkeit, Vertreter, Bedeutung, Sicherung, Beklagte, Klageantrag, Stellungnahme, Zug um Zug, Fortbildung des Rechts, Aussicht auf Erfolg

Aktenzeichen  9 U 7265/19

Datum:
26.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 45930
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

25 O 2564/19 2019-11-15 LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin vom 18.12.2019 gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 15.11.2019, Az.: 25 O 2564/19, wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das in Ziffer I. genannte Endurteil des Landgerichts München I ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 32.290,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um Schadensersatz hinsichtlich eines …, den die Klägerin am 03.02.2016 erworben hat und der mit einem Dieselmotor der Baureihe EA189 ausgestattet ist.
Hinsichtlich der weiteren Feststellungen wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Landgerichts München I vom 15.11.2019, Az.: 25 O 2564/19, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Mit Endurteil vom genannten Tag wies das Erstgericht die Klage ab. Tragend stellte es dabei darauf ab, dass der Klägerin gleich aus welcher Rechtsnorm kein Schadensersatzanspruch zustehe.
Gegen dieses dem anwaltlichen Vertreter der Klägerin unter dem 18.11.2019 zugestellte Endurteil legte derselbe mit Schriftsatz vom 18.12.2019, beim Oberlandesgericht München eingegangen am gleichen Tag, Berufung ein (Bl. 360/361 d.A.), die er mit Schriftsatz vom 19.02.2020, beim Oberlandesgericht München eingegangen am gleichen Tag, begründete (Bl. 367/417 d.A.). Er argumentiert, der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch zu, da die Beklagte sehr wohl getäuscht habe.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei 32.290,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4% seit dem 04.02.2016 bis 17.12.2018 und seither 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges … mit der Fahrgestell-Nr. … zu zahlen,
2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 18.12.2018 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu Ziffer 1 bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet,
3. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 2.256,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.12.2018 zu zahlen,
hilfsweise,
4. das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts München I, Az.: 25 O 2564/19, verkündet am 15.11.2019 und zugestellt am 18.11.2019, aufzuheben und zur erneuten Verhandlung zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Mit Beschluss vom 05.05.2020 hat der Senat darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen (Bl. 482/486 d.A.). Hierzu hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 29.05.2020 (Bl. 488/563 d.A.) erwidert.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat nach einhelliger Überzeugung des Senats in der Sache keine Aussicht auf Erfolg und ist deshalb, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung erfordert, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Zur Begründung wird zunächst gemäß § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO auf den Hinweis des Senats vom 05.05.2020 (Bl. 482/486 d.A.) Bezug genommen.
Im Hinblick auf die Stellungnahme vom 29.05.2020 (Bl. 488/563) ist ergänzend auf Folgendes hinzuweisen:
Für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen. Dies wird insbesondere dann bedeutsam, wenn die erste potenziell schadensursächliche Handlung und der Eintritt des Schadens zeitlich auseinanderfallen und der Schädiger sein Verhalten zwischenzeitlich nach außen erkennbar geändert hat (BGH, Urteil vom 30.07.2020 – VI ZR 5/20, BeckRS 2020, 19146).
So liegt der Fall hier.
Im September 2015 gab die Beklagte eine Ad hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG sowie eine gleichlautende Presseerklärung heraus, in der sie den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung im Motor EA189 eingeräumt hat. Anschließend war die Berichterstattung hierüber zentrales Thema in der Presse- und Medienlandschaft. In der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2019 (Bl. 337/340 d.A.) hat die Klägerin selbst eingeräumt, dass ihr Mann für sie im Internet recherchiert hat und dann das streitgegenständliche Fahrzeug ausgewählt hat. Bei der Recherche im Internet war es aber nach Überzeugung der Einzelrichterin nicht möglich, die einschlägige Berichterstattung zu übersehen. Da die Beklagte im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses am 03.02.2016 ihr Verhalten bereits geändert hatte, fehlt es an einer Täuschung durch die Beklagte. Ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB kommt damit nicht in Betracht. Auch andere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Deliktszinsen können ohnehin nicht verlangt werden (BGH, Urteil vom 30.07.2020 – VI ZR 397/19).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung gründet in §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 40, 48 GKG, 3 ff. ZPO.

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