Aktenzeichen 18 U 1310/19 Pre
StGB § 185, § 192
NetzDG § 1 Abs. 3
BGB § 241 Abs. 2, § 242, § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 S. 2
Leitsatz
1. Macht der Nutzer eines Facebookkontos geltend, eine erfolgte Sperrung des Kontos werde auch nach ihrem Ablauf im System von Facebook im Datensatz des Nutzers vermerkt und bei künftigen Verstößen gegen die Gemeinschaftsstandards bei der Verhängung von Sanktionen berücksichtigt, muss ein etwaiger Anspruch auf Entfernung dieses Vermerks mit einem entsprechenden Leistungsantrag geltend gemacht werden. Denn die bloße Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrung würde noch nicht zu einer Entfernung des Vermerks aus dem Datensatz des Nutzers führen. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Anspruch des Nutzers einer Social-Media-Plattform , einen gelöschten Textbeitrag auf der Plattform wieder freizuschalten, kann ebenso wie der Anspruch auf Unterlassung der Löschung eines von ihm auf der Plattform geposteten Textbeitrags sowie der hierauf gestützten Sperrung allein auf den Erfüllungsanspruch aus dem Vertrag, durch den sich der Plattformbetreiber verpflichtet, dem Nutzer die Nutzung der von ihr angebotenen Dienste zu ermöglichen, in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB und der bei dessen Auslegung zu beachtenden mittelbaren Drittwirkung des Grundrechts des Nutzers auf Meinungsfreiheit gestützt werden. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
3. Den Gesamtkontext als Voraussetzung der korrekten rechtlichen Bewertung der konkreten Äußerung – und damit auch die behauptete Rechtswidrigkeit der Löschung/Sperrung – muss nach den allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast der Kläger, der hieraus Ansprüche gegen die Beklagte ableiten will, darlegen und beweisen (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
4. Personenbezogene Schimpfwörter, die ohne erkennbaren Bezug zu einer Sachdebatte geäußert werden und bei denen – insbesondere in der Gesamtschau – der diffamierende Charakter eindeutig überwiegt, sind als Formalbeleidigungen grundsätzlich nicht hinzunehmen und damit als unzulässig anzusehen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
9 O 4795/17 2018-12-17 Endurteil LGMUENCHENII LG München II
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 17.12.2018, Az. 9 O 4795/17, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Der Senat beabsichtigt, die Streitwertbeschwerde des Klägers vom 22.04.2019 gegen den Beschluss des Landgerichts vom 17.12.2018, mit dem der Streitwert auf 16.500 € festgesetzt wurde, als unzulässig zu verwerfen. Jedoch ist beabsichtigt, die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung von Amts wegen gemäß § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG dahingehend abzuändern, dass der Streitwert für das Verfahren erster Instanz auf 22.000 € festgesetzt wird.
3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 13.09.2019.
Gründe
I.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 17.12.2018 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Die Berufung kann nach § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dies zeigt die Berufungsbegründung nicht auf. Das Landgericht hat zu Recht die Klageanträge auf Feststellung, auf Freischaltung, auf Auskunft und Zahlung ebenso wie die Hilfsanträge abgewiesen. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung rechtfertigen keine andere Entscheidung.
1. Der Antrag auf Feststellung, dass die am 02.12.2017 vorgenommene „Sperrung des Berufungsklägers“ auf www.facebook.com rechtswidrig war, ist abweichend von der Auffassung des Landgerichts bereits als unzulässig anzusehen, da damit entgegen § 256 Abs. 1 ZPO nicht die Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses begehrt wird und es an einem Feststellungsinteresse des Klägers fehlt.
a) Dies folgt zwar nicht bereits daraus, dass die Klage nur auf die Feststellung einer Vorfrage oder eines Elements eines Rechtsverhältnisses gerichtet wäre, wenn auch grundsätzlich bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein können (vgl. BGH, Urteil vom 27.03.2015 – V ZR 296/13, NJW-RR 2015, 915, juris Rn. 7; Urteil vom 03.05.1977 – VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, juris Rn. 28). Die Auslegung des Klageantrags ergibt nämlich, dass er auf die Feststellung zielt, der Beklagten habe kein Recht zugestanden, am 02.12.2017 das Nutzerkonto des Klägers auf www.facebook.com zu sperren, also auf die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses im Sinn des § 256 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 17.06.2016 – V ZR 272/15, NJW-RR 2016, 1404, juris Rn. 10).
b) Es fehlt aber an dem für die Feststellungsklage notwendigen rechtlichen Interesse.
aa) Gegenstand einer Feststellungsklage kann grundsätzlich nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses sein. Ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn sich aus der Feststellung noch Rechtsfolgen für die Gegenwart und die Zukunft ergeben können (BGH, Urteil vom 17.06.2016, a.a.O., juris Rn. 13; Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., § 256 Rn. 3 a). Da sich der vorliegende Feststellungsantrag auf eine Maßnahme der Beklagten bezieht, die unstreitig seit Anfang Januar 2018 beendet ist, hängt die Zulässigkeit des Antrags davon ab, ob der Kläger noch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat, dass die Beklagte eine „Sperrung“ oder, wie die Beklagte meint, eine „Funktionseinschränkung“ des klägerischen Facebook-Accounts nicht vornehmen durfte. Davon kann auf der Grundlage des Vorbringens des Klägers nicht ausgegangen werden.
bb) Zwar ist seine Behauptung, die Sperrung werde auch nach ihrem Ablauf im System der Beklagten im Datensatz des Klägers vermerkt und bei künftigen Verstößen gegen die Gemeinschaftsstandards bei der Verhängung von Sanktionen berücksichtigt, unbestritten geblieben. Einen etwaigen Anspruch auf Entfernung dieses Vermerks könnte bzw. müsste der Kläger allerdings mit einem entsprechenden Leistungsantrag geltend machen. Die bloße Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrung würde noch nicht zu einer Entfernung des Vermerks aus dem Datensatz des Klägers führen.
c) Im Übrigen wäre der Feststellungsantrag aber auch unbegründet, da die Sperrung des Klägers nicht rechtswidrig erfolgte. Auf die nachstehenden Ausführungen unter Ziff. 2, wonach die Löschung des streitgegenständlichen Beitrags rechtmäßig war, mit der Folge, dass auch eine Sperre verhängt werden durfte, wird Bezug genommen.
2. Der unverändert gestellte Antrag auf Freischaltung des am 02.12.2017 gelöschten Beitrags des Klägers ist nach wie vor – mangels Konkretisierung des Inhalts des Beitrags sowohl im Antrag selbst als auch in den weiteren Ausführungen der Berufungsbegründung, in denen nur auf eine Anlage (B 4) verwiesen wird – zu unbestimmt und nicht vollstreckbar und damit unzulässig, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Aber selbst wenn der Kläger eine ordnungsgemäße Antragstellung nachholen sollte, führt dies in der Sache nicht zum Erfolg:
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kommt als Grundlage für den Anspruch des Nutzers einer Social-Media-Plattform auf Unterlassung der Löschung eines von ihm auf der Plattform geposteten Textbeitrags sowie der hierauf gestützten Sperrung allein der Erfüllungsanspruch aus dem Vertrag, durch den sich der Plattformbetreiber verpflichtet, dem Nutzer die Nutzung der von ihr angebotenen Dienste zu ermöglichen, in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB und der bei dessen Auslegung zu beachtenden mittelbaren Drittwirkung des Grundrechts des Nutzers auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) in Betracht (vgl. Beschluss vom 24.08.2018 – 18 W 1294/18, NJW 2018, 3115, juris Rn. 13; Beschluss vom 28.12.2018 – 18 W 1955/18, BeckRS 2018, 36727, Rn. 13). Gleiches muss auch für den Anspruch des Nutzers gelten, einen gelöschten Textbeitrag auf der Plattform wieder freizuschalten, wenn die Löschung unter Verletzung seines Grundrechts auf Meinungsfreiheit und damit unberechtigt bzw. rechtswidrig erfolgte.
b) Dass die von der Beklagten vorgenommene Löschung des Beitrags des Klägers mit dem Wortlaut „Faustficker, Frequent Fucker, fauler Furz…“ (vgl. Anlage B 4) – bei dem es sich nach dem nunmehr übereinstimmenden Vortrag der Parteien um den am 02.12.2017 gelöschten Beitrag des Klägers handelt – rechtswidrig war, vermag der Senat vorliegend nicht zu erkennen, weil der Kläger den gelöschten Beitrag nicht in dem für seine Interpretation maßgeblichen Kontext wiedergibt.
Die Interpretation einer Äußerung setzt die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus der Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums voraus. Bei der Erfassung des Aussagegehalts muss die beanstandete Äußerung ausgehend von dem Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers und dem allgemeinen Sprachgebrauch in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst und einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (BGH, Urteil vom 12.04.2016 – VI ZR 505/14, MDR 2016, 648 f., juris Rn. 11 m.w.N.). Fern liegende Deutungen sind auszuscheiden. Ist der Sinn einer Äußerung unter Zugrundelegung des vorstehend erörterten Maßstabs eindeutig, ist er der weiteren Prüfung zugrunde zu legen. Zeigt sich dagegen, dass ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum die Äußerung als mehrdeutig wahrnimmt, oder verstehen erhebliche Teile des Publikums den Inhalt jeweils unterschiedlich, ist von einem mehrdeutigen Inhalt auszugehen (BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 – 1 BvR 1696/98, BVerfGE 114, 339-356, juris Rn. 31).
Den Gesamtkontext als Voraussetzung der korrekten rechtlichen Bewertung der konkreten Äußerung – und damit auch die behauptete Rechtswidrigkeit der Löschung/Sperrung – muss nach den allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast der Kläger, der hieraus Ansprüche gegen die Beklagte ableiten will, darlegen und beweisen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 18.10.2018 – 15 W 57/18, ZUM 2019, 265, juris Rn. 6). Dabei kann im konkreten Fall offen bleiben, ob dem Kläger – wie von ihm gerügt – erstinstanzlich in der mündlichen Verhandlung noch eine Schriftsatzfrist zum Vorbringen der Beklagten betreffend den gelöschten Beitrag in Anlage B 4 hätte eingeräumt werden müssen. Denn vorliegend kann jedenfalls ausgeschlossen werden, dass der etwaige Verfahrensverstoß für die Entscheidung des Landgerichts kausal geworden ist, d.h. zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung geführt hätte.
Unter Zugrundelegung der vorgenannten Maßstäbe beinhaltet der streitgegenständliche Beitrag des Klägers in Anlage B 4 jedenfalls isoliert betrachtet drei personenbezogene Schimpfwörter, die ohne erkennbaren Bezug zu einer Sachdebatte geäußert werden und bei denen – insbesondere in der Gesamtschau – der diffamierende Charakter eindeutig überwiegt. Diese sind als Formalbeleidigungen gemäß §§ 185, 192 StGB grundsätzlich nicht hinzunehmen und damit als unzulässig anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 01.02.1977 – VI ZR 204/74, BGHZ 1, 58, juris Rn. 49 ff; BVerfG, Beschluss vom 29.09.2016 – 1 BvR 2646/15, NJW 2016, 2870, juris Rn. 13; Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, 2. Aufl., § 21 Rn. 13). Dem Kläger kann auch nicht darin gefolgt werden, dass sich der Beitrag nicht auf eine bestimmte Person bezogen hätte. Denn die geposteten Beiträge der Nutzer sind grundsätzlich chronologisch geordnet und beziehen sich aufeinander. Allein die abstrakte Überlegung der Klagepartei, es sei ein Beispielsfall denkbar, wonach jemand eine Frage nach möglichen Schimpfwörtern mit „F“ in die Runde stelle (s. Seite 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2018, Bl. 77 d.A.) beinhaltet weder die konkrete Behauptung des Klägers, dass dies vorliegend der Fall gewesen sei noch wird ein solch vorangegangener Textbeitrag eines anderen Nutzers vorgelegt. Da auch eine Löschung weiterer Beiträge – abgesehen von den nicht mit der streitgegenständlichen Äußerung in Zusammenhang stehenden Beiträgen in den Anlagen B 5, B 6 und B 7 – nicht behauptet wird, wäre dem Kläger ein entsprechender Vortrag bzw. die Vorlage ohne Weiteres zuzumuten und als möglich anzusehen.
Die Löschung des Beitrags erfolgte auf Grundlage der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Gemeinschaftsstandards der Beklagten (Anlage KTB 3). Maßgebend ist insoweit die Klausel „Mobbing und Belästigung“, auf deren Inhalt im Einzelnen Bezug genommen wird.
Bei den Gemeinschaftsstandards handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Jedenfalls die vorgenannte Klausel unterliegt jedoch nach § 307 Abs. 3 BGB nicht der Inhaltskontrolle, da sie, ohne hinsichtlich der Einordnung eines Inhalts als „Mobbing und Belästigung“ auf die subjektiven Vorstellungen der Beklagten bzw. der für diese handelnden Personen abzustellen, im Wesentlichen Äußerungen verbietet, die durch §§ 185 ff. StGB unter Strafe gestellt sind und damit auch einen rechtswidrigen Inhalt im Sinne von § 1 Abs. 3 NetzDG darstellen.
Zusammenfassend kann daher nicht von einer rechtswidrigen Löschung einer zulässigen Meinungsäußerung des Klägers durch die Beklagte ausgegangen werden, vielmehr erfolgte die Löschung des streitgegenständlichen Beitrags rechtmäßig. Der Kläger kann daher nicht verlangen, dass die unzulässige Meinungsäußerung von der Beklagten wieder freigeschaltet wird. Darüber hinaus hat die Beklagte auch mit der verhängten Sperre ihre vertraglichen Pflichten gegenüber dem Kläger nicht verletzt, sondern lediglich in zulässiger Weise auf einen Verstoß des Klägers gegen das Gebot der Rücksichtnahme reagiert. Dass der Betreiber eines sozialen Netzwerks grundsätzlich die von den Nutzern geschuldeten Pflichten durch das Aufstellen von Verhaltensregeln konkretisieren und deren Verletzung auch durch Sperrung eines Nutzeraccounts durchsetzen kann, ist weitgehend anerkannt (vgl. Senat, Beschluss vom 17.09.2018 – 18 W 1383/18, NJW 18, 3119, juris Rn. 20; LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 14.05.2018 – 2-03 O 182/18, Rn. 12 m.w.N.). Dies folgt nicht zuletzt auch daraus, dass die vorübergehende Sperrung gegenüber der Kündigung des Nutzerkontos bei der Verletzung von Vertragspflichten die mildere Maßnahme darstellt.
3. Einen Anspruch auf Auskunft, ob die Sperre durch eigene Mitarbeiter oder ein beauftragtes Unternehmen erfolgte und ggf. durch welches, hat das Landgericht zu Recht verneint.
a) Ein derartiger Anspruch kann sich aus § 242 BGB ergeben, wenn die zwischen den Parteien bestehende Rechtsbeziehung es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann (Palandt/Grüneberg BGB 78. Aufl. § 260 Rn. 4 m.w.N.). Verpflichtet ist dabei in der Regel derjenige, gegen den der Leistungsanspruch geltend gemacht werden soll, für den die Auskunft benötigt wird (Palandt/Grüneberg a.a.O. Rn. 9).
b) Im vorliegenden Fall scheitert ein Anspruch bereits an der Rechtmäßigkeit der verhängten Sperre.
Im Übrigen ist zum einen nicht ersichtlich, dass die Einschaltung eines dritten Unternehmens weitere Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte begründen könnte, zumal sich aus den AGB der Beklagten, insbesondere deren Datenrichtlinie, sehr weit gehende Rechte zur Nutzung und Weitergabe der von den Nutzern ihrer Dienste erhobenen Daten ergeben und nicht ersichtlich ist, dass durch die Offenlegung gegenüber beauftragten Unternehmen ein Schaden entstehen könnte.
Zum anderen konnte sich der Kläger die begehrte Kenntnis selbst verschaffen. Er hat die Bundestagsdrucksache 18/12220 vom 3.5.2017 (Anlage KTB 9) vorgelegt, aus der sich ergibt, dass die Fa. Arvato von der Beklagten mit der Prüfung und Löschung von Inhalten beauftragt ist. Dies wird bestätigt von den im Internet für jedermann einsehbaren NetzDG-Transparenzberichten der Beklagten vom Juli 2018 und Januar 2019.
4. Ein Interesse des Klägers an der Auskunft darüber, ob die Beklagte „Weisungen, Hinweise, Ratschläge oder sonst irgendwelche Vorschläge von der Bundesregierung oder nachgeordneten Dienststellen hinsichtlich der Löschung von Beiträgen und/oder der Sperrung von Nutzern erhalten hat“, das nach den oben dargestellten Maßstäben einen Auskunftsanspruch begründen könnte, ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers nicht.
a) Der Antrag lässt bereits einen konkreten Bezug zu dem streitgegenständlichen Rechtsverhältnis zwischen den Parteien vermissen. Soweit der konkrete Fall betroffen sein sollte, so fehlt es hier bereits an einer unberechtigten Löschung des klägerischen Beitrags und Sperrung seines Nutzerkontos.
b) Im Übrigen legt der Kläger auch in seiner Berufungsbegründung nicht dar, dass Anhaltspunkte für eine Einflussnahme der Bundesregierung oder sonstiger Bundesbehörden auf Sperrungen oder Löschungen durch die Beklagte bestehen, die über die aus den Anlagen K 7 bis K 12 ersichtlichen politischen Meinungsäußerungen und das Einbringen des Gesetzentwurfs zum NetzDG hinaus gehen.
5. Dem Antrag auf Zahlung von 1.500 €, den der Kläger zum einen auf einen Geldentschädigungsanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts, zum anderen auf den „Entzug vermögenswerter Rechte“ stützt, steht entgegen, dass die Löschung und Sperrung – wie dargelegt – rechtmäßig erfolgten.
6. Die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, die für die Einholung der Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung angefallen sind, kann der Kläger mangels Bestehen eines Hauptanspruchs nicht verlangen. Unabhängig davon fehlt es aber auch an erforderlichem Vortrag seitens des Klägers, dass und warum die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur Wahrung und Durchsetzung der Rechte unter den Umständen des Falls erforderlich und zweckmäßig gewesen wäre, insbesondere warum er die Zusage vorliegend nicht selbst hätte einholen können (vgl. BGH, Urteil vom 9.3.2011 – VIII ZR 132/10, NJW 2011, 1222, juris Rn. 23 f.).
7. Der erste Hilfsantrag, mit dem der Kläger von der Beklagten Auskunft über den Kontext der in Anlage B 4 genannten Aussage begehrt, ist ebenfalls unbegründet.
Der Kläger trägt im Hinblick auf einen grundsätzlich denkbaren Auskunftsanspruch aus seinem Vertrag mit der Beklagten i.V.m. § 242 BGB bereits nicht substantiiert vor, dass und warum er auch bei einer Überprüfung der Äußerungen auf seinem Facebook-Account nicht ermitteln kann, in welchem Zusammenhang der gelöschte Beitrag in Anlage B 4 gepostet wurde. Wie oben unter Ziff. 2. b) ausgeführt, sind die Beiträge grundsätzlich chronologisch geordnet, eine Löschung weiterer Beiträge im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Beitrag wurde nicht behauptet.
8. Auch den zweiten Hilfsantrag auf Unterlassung, den Kläger auf www.facebook.com zu sperren, ohne ihm den Anlass der Sperre und die Begründung des Verstoßes in speicherbarer Form mitzuteilen, hat das Landgericht zu Recht als unbegründet angesehen.
Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil, die im Wesentlichen auf den Beschluss des Senats vom 28.12.2018 (Az. 18 W 1955/18, BeckRS 2018, 36727, Rn. 13 ff.) verweisen, wird Bezug genommen. Danach hat ein aus dem vertraglichen Erfüllungsanspruch abgeleiteter Unterlassungsanspruch – ebenso wie ein auf § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB gestützter Unterlassungsanspruch – die Besorgnis weiterer Beeinträchtigungen zur Voraussetzung (argumentum e § 259 ZPO). Auf dieser Grundlage hat das Landgericht weder eine Wiederholungsgefahr noch eine Erstbegehungsgefahr seitens des Klägers als hinreichend dargelegt angesehen. Eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr besteht mangels Rechtswidrigkeit der erfolgten Löschung und Sperrung nicht. Eine Erstbegehungsgefahr dahingehend, dass sich eine drohende Verletzungshandlung in Form einer rechtswidrigen Sperrung des klägerischen Profils ohne Begründung in tatsächlicher Hinsicht so deutlich abzeichnet, dass eine zuverlässige Beurteilung unter rechtlichen Gesichtspunkten möglich ist, hat der Kläger nicht dargetan.
Zur Vermeidung weiterer Kosten regt der Senat die Zurücknahme der offensichtlich unbegründeten Berufung an. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz).
III.
Die Streitwertbeschwerde des Klägervertreters vom 22.04.2019 gegen den Beschluss des Landgerichts vom 17.12.2018, mit dem der Streitwert auf 16.500 € festgesetzt wurde, ist nach vorläufiger Prüfung als unzulässig anzusehen. Die Parteivertreter – und damit auch der Klägervertreter – haben in der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2018 wirksam auf Rechtsmittel gegen den Streitwertbeschluss verzichtet (S. 4 des Protokolls, Bl. 78 d.A.). Der Senat regt daher die Zurücknahme der offensichtlich unzulässigen Beschwerde an.
Allerdings beabsichtigt der Senat, die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung von Amts wegen dahingehend abzuändern, dass der Streitwert auf 22.000 € festgesetzt wird. Die im streitigen Verfahren gestellten Anträge wären dabei wie folgt zu bewerten:
• Antrag Ziff. 1 (Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrung):
4.000 €
• Antrag Ziff. 2 (Freischaltung des gelöschten Beitrags):
4.500 €
• Antrag Ziff. 3 (Auskunftserteilung bezügl. Sperrung durch Drittunternehmen):
2.000 €
• Antrag Ziff. 4 (Auskunftserteilung bezügl. Weisungen durch Bundesregierung):
3.000 €
• Antrag Ziff. 5 (Schadensersatz in Höhe von 1.500 €)
1.500 €
• Antrag Ziff. 6 (vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten):
0 €
• Hilfsantrag Ziff. 1 (Auskunftserteilung bezügl. Kontext)
1.000 €
• Hilfsantrag Ziff. 2 (Unterlassung der Sperrung ohne Begründung)
6.000 €.