Aktenzeichen 4 HK O 12615/17
UWG § 4 Nr. 3a, Nr. 3b, § 8 Abs. 1
Leitsatz
1. Verzögert sich die Zustellung einer einstweiligen Verfügung im Ausland aufgrund der Nichteinzahlung des angeforderten Vorschusses für einen Übersetzer über einen Zeitraum von mehr als 6 Wochen, ist die Zustellung nicht mehr demnächst im Sinne des § 167 ZPO erfolgt. (Rn. 40) (red. LS Dirk Büch)
2. Zur unlauteren Nachahmung von Badelatschen von P… mit Fellbesatz durch Hersteller von Luxusgütern. (Rn. 43 – 49) (red. LS Dirk Büch)
Tenor
1. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 28.08.2017 wird aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 25.08.2017 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Antragsgegnerin hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die einstweilige Verfügung der Kammer war sowohl wegen Versäumung der Vollziehungsfrist nach § 929 Abs. 2 ZPO als auch wegen mangelnden Verfügungsanspruchs aufzuheben.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Die einstweilige Verfügung der Kammer war schon deshalb gemäß § 927 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO aufzuheben, weil die einstweilige Verfügung nicht innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO vollzogen wurde.
Die Frist des § 929 Abs. 2 ZPO beginnt mit Zustellung oder Aushändigung des Beschlusses an den Gläubiger. Dies war im vorliegenden Fall der 29.08.2017.
Die fristwahrende Vollziehung der einstweiligen Verfügung muss nach herrschender Meinung im Regelfall durch Zustellung im Parteibetrieb erfolgen (BGHZ 120, 78 f., 86). Ausnahmsweise wird auch lediglich die amtswegige Zustellung als ausreichend angesehen, wenn nach den Umständen an der Ernstlichkeit des Anliegens des Klägers kein Zweifel besteht und eine (zusätzliche) Parteizustellung auf eine bloße Formalität hinaus liefe.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass bei einer einstweiligen Verfügung im Ausland durch Amtszustellung die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO nur dann gewahrt bleibt, wenn der Antrag auf Auslandszustellung innerhalb eines Monats bei Gericht gestellt wird und die Zustellung im Anschluss „demnächst“ i.S.d. § 167 ZPO auch erfolgt.
Dies war im vorliegenden Fall jedoch nicht so. Der Zustellungsauftrag der Antragstellerin ging erst am 6. September 2017 bei Gericht ein und musste sodann erst übersetzt werden. Auf die Anforderung des Gerichts vom 08.08.2017, hierzu € 740,– als Vorschuss einzubezahlen, erfolgte eine Einzahlung erst am 22.09.2017 (mit Buchungstag vom 25.9.2017), mit der Folge, dass die Zustellung im Rechtshilfeweg erst eingeleitet werden konnte, als die Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO abgelaufen war. Dies führte dazu, dass die einstweilige Verfügung erst am 10.01.2018, und damit nicht mehr „demnächst“ i.S.v. § 167 ZPO zugestellt wurde.
Hinzu kommt, dass die Antragstellerin die Möglichkeit gehabt hätte, nach § 15 EuZustVO eine unmittelbare Zustellung im Parteiwege vorzunehmen, die ihr eine Zustellung binnen eines Monats ermöglicht hätte.
2. Die einstweilige Kammer war jedoch auch mangels Verfügungsanspruchs aufzuheben. Ein Fall der Rufausbeutung oder Herkunftstäuschung i.S.v. § 4 Nr. 3 a oder b UWG liegt nicht vor, da die Antragsgegnerin bzw. die Herstellerin D… & G… bei der angegriffenen Badelatsche einen deutlichen gestalterischen und wettbewerblichen Abstand zum Produkt der Antragstellerin einhält:
Durch die Verwendung des Echtfells erhält die Badelatsche der Antragsgegnerin einen ganz anderen Gesamteindruck als die der Antragstellerin. Sie wirkt deutlich hochwertiger und individueller, insbesondere auch dadurch, dass – wie die Kammer bei Inaugenscheinnahme eines weiteren Paares der Badelatsche der Antragsgegnerin feststellen konnte – jedes einzelne Paar, abhängig von dem verwendeten Nerzfell, eine individuelle, von einem weiteren Paar abweichende Optik hat, weil jedes Nerzfell ein wenig von dem anderen Fell abweicht. Darüber hinaus ist der von der Antragsgegnerin verwendete Nerzfellriemen breiter als der Kunstfellriemen der Antragstellerin. Auch die Sohlengestaltung unterscheidet sich und wirkt bei der Antragsgegnerin hochwertiger.
Die Antragsgegnerin, die sich mit ihrem Produkt schon aufgrund des Preises an eine ganz andere Zielgruppe wendet als die Antragstellerin, die in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass sich ihr Produkt im Wesentlichen ein jüngeres Publikum wendet.
Wer die Badelatsche der Antragsgegnerin bestellt bzw. eine getragene Badelatsche betrachtet, kann erkennen, dass es sich hierbei nicht um ein nachgemachtes P…-Modell handelt, sondern um ein Produkt der Antragsgegnerin, dass den von Rihanna kreierten Modetrand, Badelatschen mit Fellriemen zu versehen, aufgreift.
Dies gilt insbesondere für das hellblaue Modell der Antragsgegnerin, bei dem im Gegensatz zum hellblauen Modell der Antragstellerin eine andere Sohlenfarbe als die des Fells gewählt wurde.
Soweit die Antragstellerin ausführt, es bestehe eine mittelbare Gefahr der Herkunftstäuschung, weil die angesprochenen Verkehrskreise davon ausgingen, dass es sich bei dem Modell der Antragsgegnerin um ein besonders hochwertiges, in Zusammenarbeit mit P… kreierte Badelatsche handle, ist dem entgegenzusetzen, dass die Antragstellerin zwar vorgetragen hat, dass es in der Vergangenheit eine Zusammenarbeit zwischen P… und anderen Nobelmarken gab, nicht jedoch eine sozusagen dreifache Zusammenarbeit zwischen einem Popstar, einer Sportartikelfirma und einer Nobelmarke wie D… & G….
Die Antragsgegnerin bzw. D… & G… haben nach Auffassung der Kammer nicht den guten Ruf von P… ausgebeutet bzw. bezwecken eine vermeidbare Herkunftstäuschung, sondern sie sind auf den von P… in Zusammenarbeit mit Rihanna kreierten „Modetrend“ aufgesprungen, farbige Badelatschen mit Fellbesatz herzustellen und zu verkaufen.
Nichts andere behauptet letztendlich auch die Antragstellerin, wenn sie ausführt, dass es Badelatschen mit Fellbesatz, wie von der Antragstellerin erstmals in den Verkehr gebracht, vorher nicht gab und dass die Beklagte diese Gestaltungselemente übernommen hat. Der Schutz von Gestaltungselementen als solchen, also von Moden, ist jedoch eine Sache des Designrechts, das – jedenfalls wenn keine anderen wettbewerbsrechtlich unlauteren Umstände wie die vermeidbare Herkunftstäuschung oder Rufausbeutung hinzukommen – nicht durch das Wettbewerbsrecht erweitert werden kann.
Designrechtliche Ansprüche werden jedoch nicht geltend gemacht mit der Folge, dass es der Antragsgegnerin freisteht, den von P… in Zusammenarbeit mit Rihanna möglicherweise kreierten Modetrend nachzuahmen. Die Antragstellerin kann nicht für sich beanspruchen, die Einzige zu sein, der es in Zukunft erlaubt sein soll, schwarze oder farbige Plastikbadelatschen mit einem Kunst- oder Echtfellriemen zu versehen.
Die einstweilige Verfügung der Kammer war mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO aufzuheben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.