IT- und Medienrecht

Unterlassungsanspruch gegen Immobilienanzeigen ohne Angaben zur Art des Energieausweises und der Energieträger

Aktenzeichen  1 HK O 262/17

Datum:
6.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Kempten
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG UWG § 3, § 5a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4

 

Leitsatz

Informationen zur Art des Energieausweises und zu den im Energieausweis genannten Energieträgern für die Heizung sind wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 Nr. 1 UWG und müssen daher in einer Immobilienanzeige enthalten sein. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meldung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis  zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in kommerziellen Medien eine Immobilienanzeige für eine Wohnimmobilie, für die zum Zeitpunkt der Anzeigenaufgabe ein Energieausweis vorliegt, vor deren Verkauf zu veröffentlichen, ohne sicherzustellen, dass diese Anzeige
a.) Angaben zu der Art des Energieausweises (Energiebedarfsausweis oder Energieverbrauchsausweis im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 EnEV) und zu den im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträgern für die Heizung des Gebäudes enthält, wenn dies geschieht, wie in einer Immobilienanzeige der Beklagten in der … Zeitung vom … für die Wohnimmobiiie „Luxus-Penthouse in …, Baujahr 2017″ zum Kaufpreis von 980.000,00 EUR, die wie folgt wiedergegeben ist:
 
b.) Angaben zu der Art des Energieausweises (Energiebedarfsausweis oder Energieverbrauchsausweis im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 EnEV ) enthält, wenn dies geschieht wie in einer Immobilienanzeige der Beklagten in der … Zeitung vom … für die Immobilie „Wohnung in …, 97 m2 Wohnfläche, Baujahr 1995″ zum Kaufpreis von 254.000,00 EUR, die wie folgt wiedergegeben ist:
 
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 229,34 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung hinsichtlich der Unterlassung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,- € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Hinsichtlich der Abmahnkosten und hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG klagebefugt.
Der Unterlassungsanspruch ist jedenfalls nach den §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3, 5 a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 UWG gegeben.
Die Informationen zur Art des Energieausweises und zu den im Energieausweis genannten Energieträgern für die Heizung sind wesentlich im Sinne des § 5 a Abs. 2 Nr. 1 UWG. Auf die maßgeblichen und zutreffenden Ausführungen des OLG Hamm im Urteil I-4 U 137/15 und OLG München im Urteil 6 U 4725/15 wird verwiesen.
Hinreichende Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Klägers sind nicht gegeben.
Voraussetzung hierfür wäre, wenn der Kläger überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und dies als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheint.
Dies liegt nicht vor. Der Kläger hält sich, auch wenn er selber in entsprechenden Medien seinem Satzungszweck entsprechende wettbewerbswidrige Verstöße recherchiert, innerhalb seines Satzungszweckes. Die Häufigkeit von Abmahnungen belegt nicht ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Klägers, sondern vielmehr vielfachen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht.
Dem Kläger ist auch beizupflichten, dass die Größe der Anzeige für die Qualifizierung eines Inserats als wettbewerbswidrig nicht relevant ist.
Die im Abmahnschreiben beigefügte vorgeschlagene Unterlassungserklärung begründet ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen nicht.
Die Ausführungen des Klägers insoweit, dass es sich um einen Vorschlag handle, sind zutreffend. Entgegengesetzte Aussagen sind auch dementsprechenden Anschreiben nicht zu entnehmen. Wenn die Beklagte in Einzelpunkten eine andere strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben will, ist sie durch den entsprechenden Vorschlag daran nicht gehindert.
Die Formulierung in dem Vertragsstrafeversprechen beinhaltet auch keine über den Kern hinausgehende Verletzungshandlung.
Der angegebene Streitwert bewegt sich im Rahmen dessen, was in vergleichbaren Fällen angesetzt wird.
Die vorgeschlagene Vertragsstrafe ist nicht überhöht. Die Art des Verstoßes bedingt eine maßgebliche Vertragsstrafe, um weitere Verstöße zu verhindern.
Die vorgeschlagene Vertragsstrafe ist auch nicht verschuldensunabhängig ausgestaltet. Soweit die Beklagte vorträgt, durch die bewusst unklare und auslegungsbedürftige Formulierung bestehe die Gefahr, dass insbesondere ein rechtlich unkundiger die Vertragsstrafe im Fall einer nicht schuldhaften Zuwiderhandlung bezahle, ist darauf zu verweisen, dass in dem Vertragsstrafeversprechen eben eine verschuldensunabhängige Zahlung nicht erwähnt wird. Zutreffend führt der Kläger aus, dass in derartigen Fällen nur ein Verschulden die Vertragsstrafe auslöst. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass eine Vertragsstrafe grundsätzlich nur bei Verschulden fällig ist. Wenn ein Adressat insoweit nicht kundig ist, besteht für ihn die Möglichkeit, entsprechende Erkundigung einzuziehen.
Hinsichtlich der Abmahnkosten besteht der Zahlungsanspruch nach § 12 Abs. 1 UWG. Die Abmahnkosten entsprechen dem gerechtfertigten Interesse des Klägers.
Die Kostenentscheidung resultiert aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 709 ZPO.

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